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E-Book

Teure Fehler

Die 7 größten Irrtümer in schwierigen Verhandlungen

AutorMatthias Schranner
VerlagUllstein
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783843702966
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Knallharte Verhandlungen sind die größte Herausforderung des Geschäftslebens. Doch nur Wenige beherrschen diese Kunst. Die meisten Menschen sind zu harmoniesüchtig, nicht auf Eskalationen vorbereitet oder schätzen die Machtverteilung falsch ein. Sie legen sich zu früh fest, verfolgen ihre Ziele nicht konsequent oder sind inhaltlich zu gut vorbereitet. Der renommierte Verhandlungsprofi Matthias Schranner benennt die sieben größten Fehler der Verhandlungsführung und leitet daraus wirksame Strategien ab. Anhand vieler Beispiele aus seiner langjährigen Praxis in der Wirtschaft, der Politik und bei der Polizei gewährt er aufschlussreiche Einblicke in die Welt der Verhandlungstaktik. Ein Buch für alle, die souverän und erfolgreich verhandeln möchten. Wenn Sie Herrn Schranner als Redner buchen möchten, kontaktieren Sie bitte die Econ Referenten-Agentur.

Matthias Schranner.*1964, ist einer der führenden Experten für Verhandlungen. Am Beginn seiner Karriere stand seine Arbeit bei der Polizei, wo er mit Geiselnehmern verhandelte. Heute unterstützt er als Berater die Vereinten Nationen, globale Unternehmen, Arbeitgeberverbände und politische Parteien in schwierigen Verhandlungen. Zuletzt erschien bei Econ: 'Teure Fehler' (2009).

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Leseprobe

IRRTUM NR. 2


Eine gute inhaltliche Vorbereitung
ist entscheidend


Aus meiner Sicht sind die meisten Verhandlungsführer inhaltlich sogar zu gut präpariert. An anderer, entscheidender Stelle fehlt es jedoch an Vorbereitung: auf dem Gebiet der Strategie und Taktik.

An Infos herrscht kein Mangel: das open book


Die schwierigsten Verhandlungen werden derzeit in der Automobilindustrie geführt: zwischen den sogenannten OEM (Original Equipment Manufacturer) – das sind Hersteller wie Daimler, BMW oder Audi – und den sogenannten Tier One Suppliern, den direkten Zulieferern wie Bosch, Behr oder Siemens.

In diesen Verhandlungen gibt es eine Besonderheit, die ich aus anderen Branchen in dieser Intensität nicht kenne: das open book. Ein OEM hat mit dem Supplier meist über viele Jahre eine intensive und auch effektive Art der Zusammenarbeit aufgebaut. So ist es in der Branche Usus, dass die OEM den Supplier bitten, »die Bücher zu öffnen«, damit gemeinsam und mit vereinten Kräften nach Einsparmöglichkeiten gesucht werden kann. Diese Praxis des open book ist sehr verbreitet und bei fast allen großen Partnerschaften installiert.

Der Supplier öffnet die Bücher und lässt den OEM in seine internen Kalkulationen blicken. Zusätzlich besuchen Berater der OEM die Produktionsstätten der Supplier und suchen nach noch besseren Möglichkeiten, Kosten zu reduzieren.

Wer mit dieser Materie nicht vertraut ist, kann sich kaum vorstellen, mit welcher Verhandlungsmacht die OEM die ganzen letzten Jahre auftraten. Ein OEM mit allen Informationen über Produktionskosten, Lieferkosten, Qualitätsstandards etc. konnte ohne Probleme die firmeninterne Kalkulation des Suppliers unter die Lupe nehmen und mit Kalkulationen von anderen Suppliern vergleichen. Eine Vergleichbarkeit, die ich im Übrigen in Frage stelle.

Beispiel

Der OEM kommt auf den Supplier zu, hat alle Daten erhoben und mit anderen Suppliern verglichen und teilt dem Zulieferer nun mit, dass eine Sekretärin in einer seiner Produktionsstätten 10 % zu viel verdient.

Man möge doch die Lohnkosten der Dame um 10 % senken, die Ersparnis über die Laufzeit des Vertrages hochrechnen und die gewonnene Ersparnis an den OEM weiterreichen.

Anhand dieses simplen Beispiels können Sie sich ausmalen, welche Dimensionen die Vorgehensweise des open book angenommen hat.

Nach sagen wir 20-jähriger Zusammenarbeit und 10-jähriger open-book-Nutzung treffen sich die beiden Verhandlungsparteien zum sogenannten Jahresgespräch.

Das Jahresgespräch trug ursprünglich diesen Namen, weil nur ein Mal im Jahr intensive Besprechungen abgehalten wurden. Heute heißen die Jahresgespräche so, weil man während des ganzen Jahres über Details im Gespräch ist.

Die Vorbereitung der OEM


Die Abteilungen Einkauf, Produktion, Qualitätssicherung, Juristen und das Top-Management bereiten die Verhandlung akribisch vor. Sie werten alle verfügbaren Exceltabellen aus und erarbeiten dann die Zielvorgabe. Fast immer lautet diese: 8 % Kostensenkung pro Jahr, und das für die nächsten drei Jahre.

Der verantwortliche Einkäufer muss also für ein bereits laufendes Projekt, bei dem er Einblick in die Bücher des Zulieferers hat (open book), 8 % Kostensenkung für das nächste Jahr herausholen. Doch wie soll er das tun, da er doch über die letzten Jahre bereits die Akten des Suppliers gewälzt und mittlerweile alle Möglichkeiten ausgenutzt hat, Kosten einzusparen?

Sicherlich hat der eine oder andere Supplier in der Kalkulation ein bisschen getrickst, und es gibt eventuell noch was zu holen. Viel kann es jedoch nicht sein. Denn die Tricksereien der Zulieferer wurden von den Einkäufern über die letzten Jahre so konsequent entlarvt, dass fast alle Schlupflöcher in den Bilanzen bereits aufgespürt worden sind.

Nun sitzt der Einkäufer mit seinen Experten aus Produktion, Fertigung etc. am Verhandlungstisch und weiß genau, dass er bei diesem Lieferanten bereits am Limit angelangt ist. Er weiß, dass eine weitere Kostenreduktion schlichtweg nicht möglich ist, weil er die Kalkulation des Lieferanten genauestens kennt.

Was soll er tun?

Viele Einkaufsabteilungen wenden in einer solchen Situation eine gefährlich Taktik an: die Drohung!

Eine Drohung führt immer zu einer Reaktanz, also einer Reaktion auf die Drohung. Und die fällt selten so aus, dass sie dem weiteren Verlauf der Verhandlung von Nutzen ist. Wie genau das aussieht, werde ich in Kapitel 4 ausführen, in dem ich mich mit den psychologischen Momenten der Verhandlung auseinandersetzen werde.

Eine Drohung heißt in unserem Beispiel, eine hohe Forderung zu stellen (8 % Kostenreduktion) und eine sofortige Sanktion anzukündigen (Wechsel zu einem anderen Lieferanten).

Zusammenfassend bedeutet dies, dass die Vorbereitung der OEM zwar inhaltlich meist perfekt ist. Alle Zahlen und Daten sind verglichen und auch rational nachvollziehbar und darstellbar.

Weniger gut jedoch ist die Strategie vorbereitet. Was passiert in der Reaktanz-Phase mit dem Supplier? Wird er die Lieferung einstellen? Wird er versuchen, das im Einkauf verlorene Geld später durch Nachbesserungen wiederzubekommen? Konnte der Supplier sein Gesicht wahren?

Die Vorbereitung der Supplier


Auch hier bereiten die Abteilungen Sales, Produktion, Qualitätssicherung sowie die Juristen und das Top-Management die Verhandlung akribisch vor, werten alle verfügbaren Exceltabellen aus und erarbeiten die Zielvorgabe.

Den Supplier treffen zudem außergewöhnliche Preisentwicklungen am Rohstoffmarkt früher und deshalb meist auch härter als den OEM. Wenn die Rohstoffpreise signifikant gestiegen sind, dann kann es schon vorkommen, dass ein Key Account Manager mit einer Zielvorgabe von 10 % Preiserhöhung ins Rennen geschickt wird.

Die Preisdifferenz zwischen den Zielvorgaben der beiden Verhandlungspartner beläuft sich auf ganze 18 %, und dies in einem Prozess, der sehr transparent und rational darstellbar ist.

Rational gesehen, gibt es also überhaupt keinen Spielraum für eine Preisdiskussion.

Es sitzen sich zwei extrem gut vorbereitete Parteien gegenüber.

Jede Partei weiß, dass sie selbst keinen Deut von ihrer Forderung abweichen kann und definitiv ein Entgegenkommen der anderen Partei benötigt. Nach den gängigen Eingangsformulierungen – »Wir wollen eine Win-win-Lösung« – stellen sie ihre Positionen nochmals deutlich heraus, begründen die Forderungen rational – und was kommt dann?

Dann beginnt eine Phase der Verhandlungen, die ich »0 ZOPA« nenne. Die Phase ist eher ein Zustand, der sich in schwierigen Verhandlungen sehr, sehr häufig einstellt. Sie kennen ihn sicherlich auch.

Rien ne va plus: Die »0 ZOPA«-Phase


Die 0 steht für: Nichts geht mehr, es gibt keinen Spielraum für Zugeständnisse, und es ist nichts zu holen.

ZOPA ist die Abkürzung von »Zone of possible Agreement«. Dies ist der Bereich einer möglichen Einigung, mithin der Verhandlungsspielraum.

»0 ZOPA« beschreibt den Zustand der Verhandlung, der auch als Sackgasse bezeichnet wird. Alles ist gesagt, präsentiert, bewertet und nach rationalen Gesichtspunkten für richtig oder falsch befunden worden. In dieser Sackgasse liegt das Problem, doch in ihr liegt auch der Ansatz zur Überbrückung der »0 ZOPA«-Situation.

Aus diesen auswegslosen Lagen können Sie sich nur herausmanövrieren, wenn Sie sich nun endgültig, wie im vorherigen Kapitel beschrieben, von Bewertungen wie richtig und falsch trennen.

Abschied vom rein rationalen Verhandeln


Wenn Sie rational verhandeln, haben Sie sich bei der Vorbereitung durch Daten gewühlt, mit der Produktion, der Qualitätssicherung, den Juristen, dem Einkauf, dem Verkauf usw. beraten und sind bereits zu dem Ergebnis gekommen, dass Sie mit Ihrer Forderung recht haben. Wie gesagt, es ist Ihre Gewissheit, nicht die Wahrheit.

In der Verhandlung steckt das Wort »Handeln«. Es geht also darum zu handeln, anzubieten, feilzubieten, Forderungen zu erhöhen, Forderungen wieder zurückzunehmen, auch mal einzuschwenken, sich zurückzuziehen, laut zu werden, scheinbar abzubrechen, wieder zurückzukommen: ein Spiel also, das man Verhandlung nennt.

Aber Herr Schranner, wir sind doch nicht auf dem Basar! Wir sind doch keine Kamelhändler! Das ist doch nicht seriös!

Das Treiben auf einem Basar hat sicherlich nichts Unseriöses, sondern bloß etwas für uns Ungewohntes.

Mit »uns« meine ich uns Mitglieder der westlichen Kultur, die wir gerne andere Kulturen bewerten und oft den Anspruch erheben, mit unseren Vorstellungen richtig zu liegen. Wir wissen, was sich gehört und was nicht. Wir legen fest, was seriös ist und was im Business angeblich nichts verloren hat.

 Verhandlungstipp: Sie dürfen nicht rational verhandeln!

Interessant ist, dass es tatsächlich gravierende kulturelle Unterschiede des Verhandelns gibt. Damit meine ich nicht die allseits bekannten Klischees der größtmöglichen Widersprüche: etwa den jovialen US-amerikanischen Verhandlungsführer, der einem auf differenzierte Höflichkeitscodes achtenden chinesischen Partner gegenübersitzt. Die kulturellen Unterschiede des Verhandelns betreffen oft nur Nuancen, eben und gerade auch bei der Vorbereitung der Verhandlung: inhaltlich oder strategisch?

Wie bereitet sich ein arabischer Kunde auf den Besuch im Basar vor? Indem er Exceltabellen auswertet?

Ein arabischer Kunde betritt einen Laden und möchte sich ein weißes Hemd kaufen. Er geht nicht zielstrebig auf das Objekt seiner Begierde zu, so würde er sein Ziel gleich zu Beginn verraten.

Er begibt sich also gemächlich zu den Jacken, betrachtet sie in Ruhe, befindet keine...

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