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Timeout statt Burnout (Fachratgeber Klett-Cotta)

Einübung in die Lebenskunst der Achtsamkeit

AutorCornelia Löhmer, Rüdiger Standhardt
VerlagKlett-Cotta
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783608103267
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Hier erhalten Sie eine Reihe von Impulsen zur eigenen Standortbestimmung und Selbstklärung. In jedem Kapitel regen die Autoren an, Pausen einzulegen, innezuhalten und zu entschleunigen. Ihre praxiserprobten Timeout-Übungen sind auf der beiliegenden CD zusammengestellt und ermöglichen es Ihnen, die Lebenskunst der Achtsamkeit ganz konkret einzuüben. Buch und CD laden Sie ein, die Kunst der Achtsamkeit für Ihren privaten und beruflichen Alltag nutzbar zu machen: - Was ist in meinem Leben in Ordnung und für was bin ich dankbar? - Wie kann ich mein Leben mit mehr Selbstverantwortung gestalten? - Wie kann ich Selbstliebe und Selbstfürsorge in meinem Leben verankern? - Wie kann ich mein Leben auf das neu ausrichten, was für mich wesentlich ist? - Wie lerne ich, den Menschen und Dingen, die für mich bedeutsam sind, mehr Raum zu geben?

<p>Dr. Cornelia Löhmer, M.A., TZI-Gruppenleiterin (RCI.int), zertifizierte MBSR-Lehrerin (CFM), Hochschuldozentin (1986 - 1997), Gründung und Leitung des Giessener Forums mit Rüdiger Standhardt (1990 - 2016). Seit 1990 selbstständige Seminarleiterin, Trainerin, Ausbilderin für achtsamkeitsbasierte Verfahren und Buchautorin.<br /><br /><br /><br /></p>

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Leseprobe

1. Den alltäglichen Wahnsinn erkennen


Bist du gestresst?

Bist du so damit beschäftigt, in die Zukunft zu gelangen,

dass die Gegenwart zum reinen Mittel geworden ist,

dort anzukommen?

Stress wird verursacht, wenn du »hier« bist,

aber »dort« sein willst,

wenn du in der Gegenwart bist, aber in der Zukunft sein willst.

Das ist eine Spaltung, die dich innerlich zerreißt.

Eine solche innere Spaltung zu schaffen

und mit ihr zu leben ist verrückt.

Die Tatsache, dass jeder es tut,

lässt es nicht weniger verrückt sein.

Eckhart Tolle

Unser alltägliches Leben hat sich in den letzten fünfundzwanzig Jahren auf allen Ebenen – privat, beruflich und kollektiv – nachhaltig verändert. Für uns persönlich ist es immer wieder eindrucksvoll, wenn wir uns daran erinnern, wie unsere jeweiligen Büros noch Ende der 80er Jahre aussahen. Damals arbeiteten wir an unseren wissenschaftlichen Abschlussarbeiten. Cornelias Büro an der Universität war nicht anders ausgestattet als der Schreibtischarbeitsplatz von Rüdiger zu Hause. Wir hatten ein Festnetztelefon, eine elektrische Schreibmaschine, einen Stapel Papier, Schere, Klebstoff und jede Menge Tipp-Ex. Um uns herum lagen die Bücher – viele davon über die universitäre Fernleihe bestellt. Mit manchen Autoren traten wir in brieflichen Kontakt – Antworten dauerten Tage, manchmal Wochen. Das wichtigste Gebäude außerhalb war ein Kopiercenter. Hier entstanden die zusammengeklebten Vorlagen unserer wissenschaftlichen Arbeiten, hier entstanden auch die Ausschreibungsflyer für Seminare, unsere Programmübersichten und Rundbriefe. Das einzige Faxgerät, zu dem wir Zugang hatten, befand sich in der Universitätsbibliothek – es war jedes Mal aufregend zu sehen, wie schnell die Daten den Adressaten erreichten. Dies war jedoch die Ausnahme – alles andere brauchte seine Zeit. Pausen waren vorprogrammiert – nicht zuletzt durch die Öffnungszeiten von Bibliotheken und Kopiercenter.

Das Ganze ist aus aktueller Perspektive kaum mehr vorstellbar. Schon auf der Außenebene sind unsere Büros heute gänzlich anders bestückt. Allein die Anzahl der Steckdosen für die Kommunikationsmedien ist beeindruckend. In jedem Büro gibt es einen PC und einen Laptop, einen Festnetzanschluss mit Anrufbeantworter und ein Handy. Gemeinsam nutzen wir ein Faxgerät, einen Scanner, einen weiteren PC und einen Kopierer. Wir kommunizieren per E-Mail, per Brief und per Telefon. Außerdem unterhalten wir Homepages, auf denen sich Interessenten jederzeit über unsere Arbeit informieren können. Technisch ist es nicht nur möglich, rund um die Uhr erreichbar zu sein, wir sind auch in der Lage, dank Laptop, Rufumleitung vom Festnetztelefon und Handy von nahezu jedem Ort auf der Welt unsere Bürogeschäfte weiterzuführen.

Wir schätzen die kommunikativen Möglichkeiten sehr und sind uns gleichzeitig bewusst, welche Schattenseiten sie bergen. Die Informationsweitergabe per Handy und E-Mail hat das Arbeitstempo deutlich erhöht und entpuppt sich als enormer Zeitfresser.

Wir laden Sie ein, beim Lesen dieses Textes immer wieder innezuhalten und die entsprechenden Fragen zu beantworten. Vielleicht legen Sie ein spezielles Heft, einen Block oder eine Datei in Ihrem PC an, die Sie ausschließlich für Ihr ganz persönliches »Timeout-Tagebuch« reservieren.

Timeout-Tagebuch

  • Wie stark ist mein Leben von den derzeit üblichen Kommunikationsmöglichkeiten (Handy, Internetzugang, ...) bestimmt?
  • Wie viele Stunden verbringe ich täglich im Internet, um mit anderen in Kontakt zu treten (E-Mail, Facebook, twitter, Xing, ...)?
  • Wie leicht fällt es mir, mein Handy oder meinen PC auszuschalten oder gar auszulassen – abends, am Wochenende, im Urlaub?

Aus unserer Seminararbeit wissen wir, wie »normal« der berufliche Wahnsinn für die meisten Menschen heute ist. Nicht selten berichten Teilnehmende unserer Veranstaltungen stolz von ihrer »Multitaskingfähigkeit« – die Mittagspause verbringen sie essend vor dem PC, checken ihre Mails und verschicken schnell noch die eine und andere SMS. Beruflicher Leistungs- und Zeitdruck, Konflikte am Arbeitsplatz, Überforderung durch zusätzliche Aufgabengebiete, Informationsüberlastung, unklare bzw. widersprüchliche Arbeitsanweisungen, der Einsatz immer neuer Technologien, ständige Veränderungen der Arbeitsprozesse, Arbeitsverdichtung, Überstunden, Arbeit am Wochenende, Angst um den eigenen Arbeitsplatz, Konkurrenzverhalten unter den Mitarbeitern – dies alles gehört für viele Menschen ganz selbstverständlich zum beruflichen Alltag.3

Wer als Führungskraft Karriere machen will, dem bleibt also kaum noch Zeit zum Atemholen, zum Auftanken, zur Weiterentwicklung seiner persönlichen Interessen, Kompetenzen und Hobbys.

Klaus Linneweh

Neben dem beruflichen Wahnsinn hat auch der private Wahnsinn Einzug in unser Leben gehalten. Immer mehr Menschen hetzen auch in ihrer freien Zeit von Termin zu Termin. Jede Minute ist verplant, an den Abenden, den Wochenenden und sogar im Urlaub. Die meisten von uns haben immer etwas zu tun – wer »in« sein will, ist »aktiv«.

Hand aufs Herz: Wann hatten Sie zuletzt einen Tag, an dem Sie absolut nichts vorhatten und den Sie in mußevoller Beschäftigung verbracht haben? Einen Tag oder doch wenigstens ein paar Stunden, in denen nichts im Außen passiert ist – kein Fitnessprogramm, keine Telefonate, keine Informationen über Zeitung, Fernsehen oder PC, kein Einkaufen, keine Freizeitveranstaltung, kein Lesen, kein Hobby, keine Garten- oder Hausarbeit, keine Kontakte – nicht mal über Facebook?

Erinnern Sie sich daran, wann Sie zum letzten Mal »Stille« erlebt haben. Mit welchen Geräuschen umgeben Sie sich normalerweise im Alltag? Wie selbstverständlich lassen Sie sich vom Radiowecker aus dem Schlaf holen, schalten beim Autofahren das Radio an und sorgen für Begleitmusik bei Ihren sportlichen Aktivitäten und für Hintergrundmusik, sobald Sie nach Hause kommen?

Timeout-Tagebuch

Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und lassen Sie den gestrigen Tag noch einmal vor Ihrem inneren Auge ablaufen. Beantworten Sie folgende Fragen:

  • Wie lief mein gestriger Tag ab?
  • Wie viele Momente gab es, in denen ich mich intensiv gespürt habe?
  • Wie viel Zeit habe ich mir genommen für all das, was mir wichtig ist?
  • Welche Medien habe ich genutzt, um mich abzulenken? (Radio, Fernsehen, Telefon, Musikanlagen)
  • Gab es Zeiten von Stille?
  • In welcher Stimmung habe ich den Tag beendet?

Aus Umfragen wissen wir, dass jeder Bundesbürger im Schnitt täglich drei Stunden fernsieht – wie selbstverständlich schalten Sie den Fernseher ein, um sich zu informieren, berieseln zu lassen oder ihn einfach nur »nebenbei« laufen zu haben?

Jederzeit können wir uns über Tageszeitungen, das Fernsehen und im Internet über den kollektiven Wahnsinn informieren: Finanzkrisen, politische Unruhen, Gewalt, Terror und Kriege existieren überall auf der Welt, dazu kommt die systematische Zerstörung unserer Erde auf allen Ebenen – in der Luft, im Wasser und im Boden. Wir sind konfrontiert mit den Folgen unseres Fortschritts: Klimaerwärmung, Treibhauseffekt, saurer Regen, Ozonloch, Waldsterben, Verseuchung des Wassers, explodierende Bohrinseln und undichte Atomkraftwerke, um nur einige Stichworte zu nennen. Gewaltige Naturkatastrophen tun ihr Übriges – in ungewohnt kurzen Abständen erschüttern heftige Erdbeben, extreme Überschwemmungen, schwere Hurrikans, sintflutartige Regenfälle und lange Dürreperioden unsere Welt. Täglich sterben Pflanzen- und Tierarten aus und zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit ist unser eigenes Überleben als Spezies Mensch ernsthaft in Frage gestellt.4

Wer stellt sich in normalen Zeiten schon Fragen wie: Wie finde ich Zeit, um meinem Inneren zu lauschen? Wie finde ich Zeit, mit mir selbst zu sein? Aber genau um diese Fragen geht es, wenn Sie wirklich etwas Neues wollen.

Eva-Maria Zurhorst

Bislang lebten die Generationen vor uns in der übergeordneten Gewissheit, dass es eine Zukunft für ihre Kinder und Kindeskinder gibt. Diese Sicherheit haben wir nicht mehr – im Gegenteil: Wir leben mit einer ungewissen Zukunft für uns selbst und für alle, die nach uns kommen, und wir leben mit dem Wissen, dass wir Menschen in der Lage sind, allein durch unsere atomaren Waffen uns selbst und die gesamte Schöpfung jederzeit komplett vernichten zu können.

Wir sind mit dem zweifelhaften Privileg ausgestattet, die erste Spezies in der Geschichte des Planeten zu sein, die das Potential für einen kollektiven Selbstmord entwickelt hat.

Stanislav und Christina Grof

Timeout-Tagebuch

Lassen Sie die unterschiedlichen Ausprägungen des kollektiven Wahnsinns vor Ihrem inneren Auge auftauchen und beantworten Sie folgende Fragen:

...
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