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E-Book

Titanic

Mit Physik in den Untergang

AutorMetin Tolan
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783492964128
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
400 Millionen Menschen sahen in dem Film »Titanic« Kate Winslet und Leonardo DiCaprio beim Untergehen zu. Wie korrekt war dieser Filmuntergang aus physikalischer Sicht? Erstaunlich realitätstauglich, beweist Bestsellerautor und Physikprofessor Metin Tolan. Er hat die einzelnen Szenen genau unter die Lupe genommen und erklärt, warum die Titanic sinken musste. Hätte die Kollision mit dem Eisberg verhindert werden können? Was haben die Titanic und eine Ente gemeinsam? Und warum sind Sonnenuntergänge so romantisch? Tolan erzählt eine der größten Katastrophen der Seefahrt aus einem ungewöhnlichen Blickwinkel. Er liefert spannende neue Erkenntnisse zu einem Ereignis, das unvergessen bleibt.

 Metin Tolan, 1965 geboren,  ist seit 2001 Professor für Experimentelle Physik an der Technischen Universität Dortmund und war zwölf Jahre Prorektor. Zwischendurch war er für vier Jahre Präsident der Georg-August-Universität Göttingen.  Er gilt als »Deutschlands womöglich coolster Physikprofessor« (Der Spiegel) und wurde mit seinen Physik-Erklärbüchern zum Bestseller-Autor. Sein Buch »Geschüttelt, nicht gerührt« nimmt James Bond physikalisch ins Visier. In »Manchmal gewinnt der Bessere« erklärt der Communicator-Preisträger, warum Fußball der ungerechteste Sport der Welt ist. Den Untergang der Titanic und die filmische Hollywood-Umsetzung der Katastrophe beleuchtet er physikalisch in seinem gleichnamigen Buch. »Die Star Trek Physik« ist ein unentbehrliches Handbuch für jeden Star-Trek-Fan - und für jeden, der wissen will, ob wir im Jahr 2200 tatsächlich neue Galaxien erforschen werden. In »Stille Nacht, eilige Nacht« verfolgt Tolan mit physikalischen Berechnungen  und einem Augenzwinkern  die Spur des Weihnachtsmanns.   2017 erhielt Metin Tolan den Robert-Wichard-Pohl-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, 2018 die DPG-Ehrennadel und 2024 wurde er mit dem Kulturpreis der Eduard-Rhein-Stiftung ausgezeichnet. 

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Leseprobe

»Ich weiß nicht, ob Felix Magath die ›Titanic‹ gerettet hätte. Aber alle Überlebenden wären zumindest topfit gewesen.«

(Jan Åge Fjørtoft von Eintracht Frankfurt kommentiert die Qualitäten seines Trainers Felix Magath im Jahr 2000)

1

/

DIE REISE BEGINNT

Die »Titanic« – ein Luxushotel auf dem Wasser

1907 hatten Lord William James Pirrie, Seniorpartner und Aufsichtsratsvorsitzender der Belfaster Werft Harland & Wolff, und Joseph Bruce Ismay, der Generaldirektor der britischen Reederei White Star Line, die Idee, drei prunkvolle riesige Schiffe zu bauen, die sozusagen schwimmenden First-Class-Hotels entsprechen sollten. Aller erdenkliche Luxus sollte den Passagieren die langen Reisen versüßen. Benennen wollte man diese Wunderwerke der Schifffahrt »Olympic«, »Titanic« und »Gigantic«. Die »Gigantic« wurde nach dem »Titanic«-Unglück in »Britannic« umbenannt.7 Während die »Titanic« ihr bekanntes Schicksal erlitt, ging es ihren beiden Schwesterschiffen auch nicht viel besser, denn der Erste Weltkrieg stand vor der Tür. Es wurden die »Olympic« als Truppentransporter und die »Britannic« als Hospitalschiff eingesetzt. Die »Britannic« folgte ihrer Schwester »Titanic« auf den Meeresgrund: Im November 1916 ging sie in der Ägäis wahrscheinlich durch einen Torpedo- oder Minentreffer unter.8 Die »Olympic« hingegen war nach dem Ersten Weltkrieg noch bis zum Jahr 1935 im Dienst.

Die »Titanic« wurde von der Werft Harland & Wolff Ltd. in Belfast für 1,5 Millionen Pfund Sterling gebaut, was heute etwa 110 Millionen britischen Pfund und damit etwa 130 Millionen Euro entsprechen würde. Am 31. März 1909 war die Kiellegung, mehr als zwei Jahre später am 31. Mai 1911 der Stapellauf und am 2. April 1912 die Indienststellung. Geplant wurde die »Titanic« von dem Ingenieur Thomas Andrews. Er war der Chefkonstrukteur bei Harland & Wolff und hat das Schiff nach dem damaligen Stand der Technik gebaut. Andrews befand sich bei der Jungfernfahrt der »Titanic« mit an Bord und starb bei dem Unglück.

Die Ausmaße des Luxusliners waren für die damalige Zeit gigantisch. Bei einer Länge von 269,04 Meter (882 Fuß) hatte das Schiff eine Breite von maximal 28,19 Meter und einen Tiefgang von 10,54 Meter bei einer Gesamthöhe von der Unterkante des Kiels bis zu den Oberkanten der Schornsteine von 53,33 Meter. Abbildung 2 zeigt die Größe der »Titanic« im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln und die Passagierzahlen in den verschiedenen Klassen. Die »Titanic« bot allerdings nicht nur den Passagieren der ersten Klasse großen Luxus, auch die zweite und dritte Klasse waren verhältnismäßig großzügig eingerichtet. Generell sagt man, dass die dritte Klasse in etwa dem Niveau der zweiten Klasse auf vergleichbaren Schiffen der damaligen Zeit entsprach, die zweite Klasse dem der ersten, und die erste Klasse der »Titanic« war eine Klasse für sich und nur mit dem Luxus in den besten Hotels des 20. Jahrhunderts zu vergleichen.

Abbildung 2 Größenvergleich der »Titanic« mit anderen Verkehrsmitteln und Passagierzahlen der unterschiedlichen Klassen nominell und bei der Jungfernfahrt.

Angetrieben von Dampfmaschinen mit einer Gesamtleistung von 51 000 PS, erreichte die »Titanic« eine Reisegeschwindigkeit von 21 Knoten (39 km/h) und eine Maximalgeschwindigkeit von 24 Knoten (44 km/h). Sie war damit nicht auf Geschwindigkeit optimiert, denn der eilige Fahrgast konnte mit der »Mauretania« der mit der White Star Line hart konkurrierenden Cunard Line deutlich schneller über den Atlantik reisen. Sie schaffte mit ihren 78 000 PS immerhin 25 Knoten (46 km/h) Reise- und 28 Knoten (52 km/h) Maximalgeschwindigkeit und brauchte damit ungefähr einen Tag weniger für eine Atlantiküberquerung als die »Titanic«. Die »Mauretania« war deswegen etwa 20 Jahre lang im Besitz des ruhmreichen Blauen Bandes, welches für die schnellste Atlantiküberquerung eines Linienschiffs vergeben wird. Wir werden noch sehen, dass man die PS-Leistung eines Schiffs direkt in seine Reisegeschwindigkeit umrechnen kann. Daher war es schon beim Bau der »Titanic« klar, dass man mit ihr keine Geschwindigkeitsrekorde aufstellen würde. Somit ist auch die These, dass sich die »Titanic« bei der unglücklichen Atlantiküberquerung auf der Jagd nach dem Blauen Band befand und daher viele Sicherheitsvorkehrungen vom Kapitän außer Kraft gesetzt wurden, völlig haltlos. Es war von vornherein klar, dass sie dies niemals schaffen konnte. Allerdings hatte die große Geschwindigkeit der »Mauretania« auch ihren Preis. Der Brennstoffverbrauch war nämlich deutlich höher als der der »Titanic«. Dies werden wir noch genauer analysieren, wenn wir uns mit dem Strömungswiderstand eines Schiffs und mit seinem Antrieb befassen.

Auf der »Titanic« reiste man mit Stil. Kate Winslet als Rose DeWitt Bukater auf dem Weg in die Luxusklasse. [2]

Der Luxus auf der »Titanic« hatte ebenfalls seinen Preis. So kostete eine Überfahrt in einer Luxussuite 660 Pfund, in der herkömmlichen ersten Klasse 86 Pfund, in der zweiten Klasse 13 Pfund und in der dritten immerhin noch 7 Pfund. Zum Vergleich, ein Heizer an Bord der »Titanic« verdiente 72 Pfund pro Jahr und ein Zimmermädchen etwa 42 Pfund. Diese Preise hielten natürlich die damals zu den reichsten Menschen der Welt zählenden Amerikaner John Jacob Astor und Benjamin Guggenheim nicht davon ab, bei der Jungfernfahrt der »Titanic« dabei zu sein. Im Gegenteil, die Aussicht auf eine Überfahrt nach Amerika, die einem wie ein Aufenthalt in einem der besten Hotels der Welt vorkommt, übte eine magische Anziehungskraft gerade auf besonders betuchte Personen aus. Obwohl die »Titanic« bei ihrer Jungfernfahrt nur zu etwa zwei Dritteln ausgebucht war, schien das Konzept, welches man verkürzt mit »Luxus vor Geschwindigkeit« bezeichnen könnte, voll aufzugehen.

Am 2. April 1912 verließ die »Titanic« ihren Werfthafen in Belfast mit dem Ziel Southampton. Am 4. April gegen Mitternacht hatte sie diese 917 Kilometer lange erste Reise zu ihrem Wahlheimathafen zurückgelegt. In Southampton wurden die Mannschaft angeheuert, Kohle und Proviant für die Überfahrt geladen und auch noch letzte Arbeiten an der Einrichtung durchgeführt. Am 10. April um 12.00 Uhr lief die »Titanic« dann zu ihrer ersten großen Reise aus. Zunächst ging es in das 108 Kilometer entfernte französische Cherbourg, um noch weitere Passagiere aufzunehmen. Dort kam man um 18.35 Uhr an und legte um 20.10 Uhr ab mit dem Ziel Queenstown, dem heutigen Cork in Irland. Queenstown wurde am folgenden Tag um 11.30 Uhr erreicht. Es gingen einige Passagiere bereits wieder von Bord, 120 Passagiere stiegen noch zu, und 1 400 Postsäcke und andere Kleinigkeiten wurden geladen. Am 11. April um 13.30 Uhr begann die »Titanic« dann mit der Atlantiküberquerung, mit dem Ziel, am 17. April morgens in New York einzutreffen. Die gesamte Reiseroute zeigt noch einmal Abbildung 3.

Wie wiegt man ein Schiff?

Die »Titanic« wog etwa 53 000 Tonnen. Doch woher weiß man das eigentlich? Man kann ein so großes Schiff natürlich nicht mit einer Waage wie beispielsweise ein Pfund Bananen wiegen. Auch erscheint es nicht wirklich praktikabel, dieses Gesamtgewicht aus dem Gewicht der Einzelteile zu bestimmen. Diese hätte man dann ja alle beim Einbau wiegen müssen, um am Ende das Gesamtgewicht zu bestimmen. Allerdings waren recht viele Einzelteile des Rumpfs der »Titanic« allein schon so groß, dass ein Wiegen etwa mit einer herkömmlichen Balkenwaage gar nicht möglich gewesen wäre, und man wusste auch gar nicht so genau, wie viele Teile in die »Titanic« eingebaut würden. Insbesondere die recht schwere Ausstattung hat sich in der Planungsphase ständig geändert. Woher kennt man dann trotzdem recht genau das Gesamtgewicht eines so großen Schiffs?

Abbildung 3 Die Reiseroute der »Titanic« vom Werfthafen Belfast bis zur beginnenden Atlantiküberquerung von Southampton mit Zwischenstopps in Cherbourg und Queenstown.

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir erst einmal etwas anderes klären. Warum schwimmt ein Schiff überhaupt? Die »Titanic« war doch aus Stahl bzw. Eisen gefertigt, und ein Stück Eisen schwimmt normalerweise nicht im Wasser, sondern sinkt, bedingt durch die Erdanziehung oder, vornehmer ausgedrückt, durch die von der Erde verursachte und zum Erdmittelpunkt gerichtete Gravitationskraft9, auf den Meeresboden. Wenn ein Körper schwimmt, dann muss es also eine nach oben gerichtete Kraft geben, welche die Gravitation ausgleicht. Diese Kraft ist die Auftriebskraft. Sie wirkt auf jeden Körper, der sich in einer Flüssigkeit befindet, und sie ist der Schwerkraft entgegengerichtet. Wenn ein Körper trotzdem untergeht, dann ist die Auftriebskraft kleiner als die Schwerkraft. Der Körper ist dann im Wasser aber immer noch leichter als an Land. Wenn die Auftriebskraft größer ist als die Schwerkraft, dann steigt ein Körper im Wasser auf. Dies passiert beispielsweise mit einem Stückchen Holz, welches man untertaucht. Es wird...

Blick ins Buch

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