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Tolkiens Reise nach Mittelerde

Ein neuer Blick in die Welten J.R.R. Tolkiens

AutorChristopher Snyder
VerlagHEEL Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl338 Seiten
ISBN9783868529661
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
J.R.R. Tolkien - kaum ein Autor hat einen solchen Kultstatus erreicht, seine Werke und die darin geschaffenen Welten fesseln Generationen. Sehen wir unberührte Hügellandschaften, denken wir an das Auenland. Färben sich die Blätter im Herbst golden, erinnert uns dies an Lothlorien. Und der Ruf der Möwen entführt uns in Gedanken in die 'Unsterblichen Lande'. Tolkiens Mittelerde begegnet uns als eine alte Welt, die uns auf unbestimmte Weise vertraut ist. Christpher Snyder entführt den Leser auf Tolkiens Reise nach Mittelerde und entühllt die historischen, literarischen und biographischen Quellen seiner Inspiration - von den nordischen Mythen und Sprachen über das europäische Mittelalter bis zu den Einflüssen der Inklings und C.S. Lewis'.

Dr. Christopher Snyder ist Professor für Geschichte und Dekan des Shackouls Honors Colleges an der Mississippi State University. Er hält Vorlesungen an der Smithsonian Institution und wissenschaftliche Seminare über J.R.R. Tolkien und C.S. Lewis an der Universität von Oxford. Seine zahlreichen Bücher, wie 'The Word of Kind Arthur' (2000) ider 'The Britons' (2003), wurden ins Französische, Italienische, Japanische und Chinesische übersetzt. Dr. Snyder ist als Experte für verschiedene TV-Sender tätig, darunter die BBC, History Channel, Discovery oder National Geographic.

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Leseprobe

VORWORT


»Die Welt ist im Wandel. Ich spüre es im Wasser. Ich spüre es in der Erde. Ich rieche es in der Luft. Vieles, was einst war, ist verloren, da niemand mehr lebt, der sich erinnert.«2

GALADRIEL [CATE BLANCHETT]
IN Der Herr der Ringe: Die Gefährten, TEIL 1 DER FILMTRILOGIE, 2001.

VIELE, DIE DIE WERKE J. R. R. Tolkiens gelesen oder die Filmtrilogie Peter Jacksons gesehen haben, werden den Worten Galadriels vermutlich zustimmen können. Nach unserem ersten Besuch Mittelerdes fühlt sich unsere Welt nicht mehr wie früher an. Wenn wir unberührte Hügellandschaften sehen, dann kommen wir nicht umhin, auch an das Auenland zu denken. Wenn sich die Blätter im Herbst golden verfärben, erinnert uns dies an Lothlórien. Und der Ruf der Möwen entführt uns in Gedanken gen Westen, in die »Unsterblichen Lande.« Und wie viele von uns haben sich schon vor einen mächtigen Baum gestellt in der Hoffnung, die Augen Baumbarts könnten sich auf uns richten.

Tolkiens Mittelerde wirkt auf den ersten Blick wie eine völlig neue, ungemein spannende Schöpfung, doch wenn man sie genauer betrachtet, dann handelt es sich um eine alte Welt, die uns auf unbestimmte Weise vertraut vorkommt. Professor Tolkien konnte sich — ähnlich wie sein Freund und Kollege C. S. Lewis — an die alte Welt noch erinnern oder, zutreffender formuliert, er erkannte diese Welt in den Sprachen, Mythen und der alten und mittelalterlichen Geschichte Europas wieder. Als Kind war er fasziniert von den Erzählungen, die er später als »Märchen« bezeichnete. Er schlug die wissenschaftliche Laufbahn eines Mediävisten ein und widmete sich Zeit seines Lebens der Beschäftigung mit frühmittelalterlicher Sprache und Literatur, vor allem dem Altenglischen. Er wurde auf drei Lehrstühle berufen, zwei von ihnen an der Universität Oxford, aber im Lauf der Zeit brachte er sein umfassendes Wissen mehr in seine kreative Tätigkeit, denn in seine Karriere ein. Tolkiens Welten werden für den Leser so lebendig, weil sie sich auf eine Wirklichkeit beziehen, die allerdings mit der heutigen Moderne nichts mehr gemeinsam hat. »Wir sind zur falschen Zeit (falsch für uns) in einer finsteren Epoche geboren«3, schrieb er seinem Sohn Christopher und bezog sich dabei auf die Gegenwart, nicht auf das Mittelalter, das so viele als dunkles Zeitalter abtun. Für diejenigen von uns, die sich von den abenteuerlichen Welten Mittelerdes und Narnias haben begeistern lassen, ist es ja gerade das Mittelalterliche, in dem wir uns »heimisch« fühlen, wie es Tolkien einst ausdrückte, und wir würden »unserem unerforschten Verlangen Folge leisten, nach Hause zurückzukehren.«4

Wasser, Erde und Himmel: Eine idyllische Landschaft in Devon, England (Fotografie, etwa 1890.) Tolkien besuchte die Grafschaft als Kind.

Für J. R. R. Tolkien scheint es drei »Welten« gegeben zu haben: Die physische Welt, in die er geboren und in der er erzogen wurde, in der er unterrichtete, schrieb, Freunde kennenlernte, seinen Glauben ausübte und eine Familie gründete. Diese Erfahrungen und Orte wie Birmingham und Oxford hatten einen entscheidenden Einfluss auf Tolkien als Mensch, aber auch auf Tolkien, den Schriftsteller. Die zweite Welt ist die des Intellektuellen, auf die er viel Zeit verwendete, von seiner frühen Begeisterung für Märchen bis hin zu seiner Faszination für nordische Sprachen und Legenden. Es ist die Welt von Beowulf und Brünhild, von Gawain und Fafnir — und einer Macht und Schönheit, die sich in den Namen ihrer wichtigsten Orte wiederspiegelt: Avalon, Heorot, Walhall. Und zuletzt gibt es die Welt, die den meisten Tolkienfans am vertrautesten ist: Mittelerde, ein Land der Elben, der dunklen Mächte und Tom Bombadils. In diesem Buch werden alle drei Welten besprochen und eine vierte, die Tolkien vor seinem Tod nur erahnen konnte: Souvenirs und Sammelbares, das Fandom und das Franchise, das zum Zeitpunkt dieser Buchveröffentlichung seinen (vorläufigen) Höhepunkt mit drei der erfolgreichsten Filme aller Zeiten erreichte.

LANGE ZEIT GAB ES NUR EINE maßgebliche Biografie Tolkiens. Sie wurde 1977 von Humphrey Carpenter veröffentlicht und beruhte in Teilen auf Interviews, die er mit Tolkien, seiner Familie und Freunden geführt hatte.5 Dieses Buch ist das Pendant und in seinem Ansatz ähnlich zu Carpenters The Inklings (1978), das neben Tolkien die anderen Mitglieder seines Oxforder Zirkels behandelt, allen voran die Schriftsteller C. S. Lewis und Charles Williams. Carpenter war davon überzeugt, dass Tolkien eine eigene Biografie verdient hatte, entschied sich aber klugerweise dazu, sie erst nach Tolkiens Tod herauszubringen, denn Tolkien hielt nicht viel von diesem Genre. Carpenters Buch ist nie übertroffen worden, doch muss es heute im Zusammenhang mit den veröffentlichen Briefen Tolkiens gelesen werden, der ausführlichen Darstellung John Garths, in der er die erst vor wenigen Jahren zugänglich gemachten Dokumente zu Tolkiens Dienstzeit im Ersten Weltkrieg präsentiert, und dem unschätzbaren, zweibändigen Nachschlagewerk, das Christina Scull und Wayne Hammond zusammengetragen haben. Tom Shippey gelingt es auf überzeugende Weise, einen fundierten Einblick in das Leben Tolkiens als Philologen zu vermitteln, wobei Philologie als historische Linguistik zu verstehen ist — Tolkiens (und Shippeys) Leidenschaft und Berufsfeld.6 Andere Biografien, von denen einige zeitgleich zu Jacksons »Der Herr der Ringe«-Filmtrilogie erschienen sind, vermögen über Carpenter, Shippey, Garth und Tolkien selbst hinaus praktisch nichts Neues zu vermitteln.7

Im Gegensatz dazu hat es an Literaturkritik, vornehmlich an Tolkiens bekanntesten Büchern, nie gemangelt. Nachdem sich das moderne literarische Genre der Fantasy-Literatur — das von Tolkien praktisch eigenhändig aus der Taufe gehoben wurde — in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erheblich weiterentwickelt hatte, nahm auch die ernstzunehmende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema zu. Wer sich auf »Tolkien Studies« spezialisierte (siehe Anhang I), der konnte in den letzten Jahren auf ein anwachsendes Korpus wissenschaftlicher Editionen zugreifen, u. a. zu Der Hobbit (1937), zu Der Herr der Ringe (1954–1955) und der History of Middle-earth (1983–1986), die Christopher Tolkien herausgab und in der er verschiedene Umsetzungen von Der Herr der Ringe und des »Legendarium« bespricht (d. h. Varianten des Silmarillion und andere Erzählungen, die in Mittelerde angesiedelt sind.) Die Veröffentlichung neuer Tolkienbücher, wie etwa Die Kinder Húrins (2007) und Die Legende von Sigurd und Gudrún (2009), bietet Fans und Kritikern zugleich noch mehr Diskussionsmaterial.8

In den letzten Jahren wurde in mehreren Publikationen versucht, das »Phänomen Tolkien« oder zumindest die unterschiedliche Rezeption von Tolkiens Erzählungen in den vergangenen Jahrzehnten und der Jackson-Filme zu erforschen.9 Sind die drei Hobbit-Filme 2012, 2013 und 2014 erschienen, wird J. R. R. Tolkien sicherlich Teil eines der erfolgreichsten Filmprojekte aller Zeiten sein (neben Harry Potter, James Bond und Star Wars). Da sich Tolkien zu einer geplanten Zeichentrickverfilmung des Herr der Ringe äußerst skeptisch geäußert hatte (das Drehbuch hatte er 1957–1958 gelesen) und er davon ausging, dass eine Realverfilmung niemals möglich sein würde, könnte man sich seine Überraschung über die Tatsache, dass seine erfundene Welten nicht durch seine Bücher, sondern genauso durch die große Leinwand bekannt geworden sind, vermutlich nur im Ansatz vorstellen.

Doch trotz der weiterhin großen Beliebtheit der Bücher Tolkiens und der gesteigerten Aufmerksamkeit, die durch die Jackson-Filme entstanden ist, gab es bisher keine Veröffentlichung, die diese modernen literarischen und filmischen Themen mit dem Mittelerde in Verbindung zu bringen versuchte, das Tolkien in den alten Sprachen Nordwesteuropas und ihrer Dichtkunst entdeckte. Es ist seit langem bekannt, welche Bedeutung Werke wie Beowulf und Sir Gawain und der Grüne Ritter für Tolkiens Erzählungen hatten. Doch wie steht es mit den historischen Kulturen, aus denen sie stammen? Historiker und Archäologen haben in den Jahren seit der Veröffentlichung des Herr der Ringe viel über die Kelten, Angelsachsen und die nordischen Kulturen von der späten Eisenzeit bis hin zum Frühmittelalter in Erfahrung bringen können. Tolkien selbst brachte sich mit mehreren wissenschaftlichen Publikationen in diese Debatte ein, doch werden diese von den Fans seiner Erzählungen nur selten gelesen. Tolkiens Reise nach Mittelerde ist der Versuch, Tolkiens akademische Arbeiten und seine Geschichten in den größeren Zusammenhang seines Interesses an den frühen Bewohnern der Britischen Inseln und den germanischen Stämmen auf dem Kontinent zu stellen. Die materielle...

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