3.1 | Grundlagen der Betriebsorganisation |
Der Definition von REFA (Verband für Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung) folgend wird unter einem Unternehmen eine wirtschaftlich-rechtliche Einheit verstanden, die auch mehrere Betriebe umfassen kann [REF93]. Ein Betrieb ist eine wirtschaftlich-organisatorische Einheit, die zum Zweck der Erfüllung bestimmter Arbeitsaufgaben auf Dauer gebildet wird. In der Regel bildet er eine räumliche Einheit von Menschen, Gebäuden, Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Arbeitsmitteln.
Während die formale Gestaltung der Organisation durch gesetzliche Vorschriften bestimmt wird und ihren Ausdruck in der Rechtsform des Unternehmens findet, beschäftigt sich die Betriebsorganisation mit der Gestaltung des innerbetrieblichen Geschehens nach bestimmten Organisationsprinzipien. Die in Kapitel 2 beschriebene Prozessgestaltung ist ein Bestandteil der Betriebsorganisation.
Der Betrieb als wirtschaftlich-organisatorische Einheit ist eine Aneinanderkettung von Funktionen, Bereichen oder Abteilungen zur wirtschaftlichen und menschengerechten Erfüllung spezifischer Aufgaben. In einer Funktion werden bestimmte Tätigkeiten zusammengefasst (Tätigkeitskategorie), die zur Erfüllung spezifischer Aufgaben notwendig sind. Die Funktion gibt an, welchen Beitrag der Mensch bzw. eine Organisationseinheit zur Erfüllung der Aufgabe leisten soll.
Die Betriebsorganisation umfasst folglich die Planung, Gestaltung und Steuerung von Betriebsfunktionen. Darunter wird das Zusammenspiel klassischer Funktionen wie z. B. Vertrieb, Produktion, Personalwesen und Finanzwesen verstanden.
Die Kennzeichnung und Ausprägung von Funktionen kann von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich ausfallen. Einzelne Funktionen sind zum Teil in andere integriert, können bei einem anderen Betrieb aber auch als eigenständige Funktion mit abgegrenztem Kompetenz- und Verantwortungsbereich definiert sein.
Die Aufgabe der Betriebsorganisation lässt sich aus den beiden Kernzielen, der Humanisierung der Arbeit und der Steigerung der Wirtschaftlichkeit, ableiten (Bild 3.1).
Sie beinhaltet die Planung, Gestaltung und Steuerung der Aufbauorganisation und der Ablauforganisation derart, dass sich die an den Arbeitsabläufen beteiligten Menschen unter möglichst geringen Belastungen (physischer und psychischer Natur) in vorgegebenen Grenzen frei entfalten können, um zusammen bestmögliche Ergebnisse (Profit) erzielen zu können.
Bild 3.1 Ziele und Aufgaben der Betriebsorganisation[BIN97]
3.2 | Aufbau- und Ablauforganisation |
Für das wirtschaftliche Zusammenwirken unterschiedlicher Unternehmensfunktionen ist es unabdingbar, dass zwischen den Unternehmenseinheiten, und damit zwischen verschiedenen Personengruppen, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen klar geregelt sind (Aufgabenverteilung). Mit Verantwortung ist die Pflicht einer Person oder auch einer Gruppe von Personen gemeint, für die Erfüllung einer Aufgabe Rechenschaft abzulegen und rechtlich wie auch wirtschaftlich einen Aufgabenbereich zu vertreten. Kompetenzen sind Rechte, Befugnisse und Fähigkeiten, die zur Durchführung dieser Aufgaben notwendig sind. Die Aufbauorganisation (Bild 3.2) beschäftigt sich demnach mit der Frage: Wer macht was bei der Erfüllung einer Unternehmensaufgabe?
Bild 3.2 Aufbau- und Ablauforganisation [IFU02]
Die Ablauforganisation legt dann die zur Erfüllung der Arbeitsaufgaben notwendigen Arbeitsschritte mit Hilfe von Betriebs- und Arbeitsmitteln in räumlicher und zeitlicher Reihenfolge fest. Die zentrale Fragestellung der Ablauforganisation lautet demnach: Wie wird es gemacht?
3.3 | Grundlagen des Prozessbegriffs |
Um einen Betrieb stärker an den Bedürfnissen der Kunden auszurichten, wurde der Ansatz der Prozessorganisation entwickelt. Dessen Kerngedanke ist die Orientierung des strukturellen Aufbaus eines Betriebes an den betrieblichen Prozessen. Das bedeutet, es muss eine Ausrichtung der Aufbauorganisation an den Bedingungen des Ablaufs erfolgen. Dies ist im Gegensatz zur traditionellen Organisation eines Unternehmens insofern ein anderer Ansatz, als dass bei der damaligen traditionellen Arbeitsorganisation die Ablauforganisation den Bedingungen der Aufbauorganisation folgte.
Die im Zusammenhang mit der Prozessorientierung genannten Begriffe sind nicht einheitlich. Vielmehr existiert eine Vielzahl von Definitionen, die vor zum Teil unterschiedlichen Hintergründen und Aufgabenstellungen entwickelt wurden. Am häufigsten werden in diesem Zusammenhang die Begriffe Prozess, Geschäftsprozess, Kernprozess, Hauptprozess, Teilprozess und Subprozess genannt. Eine genaue Aufgliederung dieser Vielfalt ist an dieser Stelle jedoch nicht zweckdienlich. Deshalb wird hier nur eine Arbeitsdefinition gegeben, die für dieses Buch Gültigkeit haben soll. Dadurch soll es dem Praktiker erleichtert werden, in seinem Verantwortungsbereich eine einheitliche Verwendung von Begriffen sicherzustellen. Für eine ausführliche Diskussion sei der interessierte Leser auf die Literatur am Ende dieses Buches verwiesen.
In diesem Buch wird im Zusammenhang mit Prozessorientierung im Folgenden zwischen drei Begriffen differenziert: Prozess, Teilprozess und Aktivität (Bild 3.3).
Bild 3.3 Strukturierung von Prozessen
Unter Prozess wird dabei eine Abfolge von Tätigkeiten verstanden, die direkt oder indirekt zur Erreichung der Unternehmensziele beitragen. Ein Prozess hat einen definierten und messbaren In- und Output.
Ein Teilprozess ist ein Element einer logisch nachvollziehbaren Untergliederung eines Prozesses. Dies kann beispielsweise die Summe von Aktivitäten sein, die unmittelbar aufeinanderfolgend in einer Organisationseinheit anfallen. An einem Teilprozess sind mindestens zwei Mitarbeiter beteiligt, da so mindestens eine Schnittstelle entsteht. Er hat ebenfalls einen definierten und messbaren In- und Output und kann gegebenenfalls in weitere Teilprozesse untergliedert werden.
Eine Aktivität ist die Einheit eines Prozesses bzw. Teilprozesses, an dem nur noch ein Mitarbeiter beteiligt ist. Abhängig vom Detaillierungsgrad der Untersuchung kann auch sie in weitere Hierarchiestufen unterteilt werden.
Neben der Ausrichtung eines Betriebs an den Wünschen der Kunden ist die Reduzierung von Schnittstellen ein weiteres Ziel der Prozessorientierung. Diese treten immer beim Übergang von einer organisatorischen Einheit zu einer anderen auf. Als kleinste organisatorische Einheit sind dabei die Mitarbeiter zu sehen. Das größte Problem von Schnittstellen sind die dort auftretenden Informations- und Zeitverluste. Nach verschiedenen Untersuchungen, u. a. durch Hammer [HAM97], machen Wartezeiten bzw. Übergangszeiten in bestimmten Prozessen den wesentlichen Anteil der Durchlaufzeit aus. Diese resultieren daraus, dass die Arbeitszeit der Bearbeiter optimiert wurde und nicht die Durchlaufzeit des Prozessgegenstands. Damit die Bearbeiter keinen Leerlauf haben, sind also in vielen Prozessen Zwischenspeicher bzw. Puffer eingebaut, in denen der Prozessgegenstand auf den Bearbeiter wartet. Dadurch erhöht sich die Durchlaufzeit des Prozessgegenstands ohne zusätzliche Wertschöpfung. Je mehr Schnittstellen es in einem Prozess gibt, also je mehr Zwischenspeicher vorhanden sind, desto ungünstiger wird das Verhältnis zwischen Bearbeitungs- und Durchlaufzeit.
Wie bereits angesprochen, ist das Ziel der Prozessorientierung, die Aufbauorganisation stärker an den Bedingungen des Ablaufs zu orientieren. Dies bedeutet somit einen Wandel von der Optimierung der Wartezeiten der Bearbeiter hin...