Gestaltung und Steuerung der externen Wertschöpfung entlang der Supply Chain und des Produktlebenszyklus
Risikoprävention zur Absicherung bzw. Wiederherstellung der vereinbarten Lieferantenleistung
Branchen- und technologieübergreifende Überwachung und Optimierung der operativen Regelprozesse des Lieferantenmanagements
Koordination der Zielkonflikte und des Auftretens aller betroffenen Fachbereiche gegenüber den Lieferanten
Bausteine und Qualitätsmerkmale eines ganzheitlichen Lieferantenmanagements
Reifegrad und Wirksamkeit eines durchgängigen Lieferantenmanagements
Beitrag zur nachhaltigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und des Unternehmenserfolges
Das Lieferantenmanagement beschreibt alle Tätigkeiten eines Unternehmens zur Qualifizierung, Auswahl, Steuerung und Entwicklung von Lieferanten. Die Prozesse des Lieferantenmanagements lassen sich in Abläufe des operativen Tagesgeschäftes der verschiedenen Fachbereiche (Einkauf, Qualität, Logistik etc.) und in bereichsübergreifende Steuerungs- und Koordinationsfunktionen unterteilen. Im operativen Tagesgeschäft werden Regelprozesse durchlaufen, die im Lieferantenmanagement bei jedem Lieferanten Anwendung finden (Nominierung, Disposition etc.).
Werden entlang der Regelprozesse bei einem Lieferanten bestehende oder drohende Leistungsdefizite erkannt, so werden anhand standardisierter Risikofilter bei diesem kritischen Lieferanten zusätzliche Maßnahmen zur Integration, Qualifizierung und Steuerung durchgeführt. Mit diesem Vorgehen stellt die Lieferantenbewertung einen Risikofilter dar, der permanent auf alle Lieferanten angewendet wird und kritische Situationen rechtzeitig identifiziert, damit frühzeitig Verbesserungsmaßnahmen initiiert werden können. Durch das ganzheitliche Lieferantenmanagement wird somit der operative Betrieb abgesichert. Bild 2.1 verdeutlicht diese Filterfunktion und zeigt auch, dass eine Maßnahme umso effizienter ist, je früher sie im Lebenszyklus eingeleitet wird. Das unterstreicht den hohen Stellenwert eines präventiven Vorgehens.
Bild 2.1 Regelprozesse und Risikofilter im Lieferantenmanagement
Dieses präventive und bereichsübergreifende Risikomanagement führt zum Ansatz von Total Supplier Management. Total Supplier Management verfolgt den Ansatz, dass die Risiken innerhalb der Supply Chain ihren Ursprung in unzureichend abgesicherten Prozessen haben. Lieferantenverursachte Fehler in Produkt- und Fertigungstechnologien dienen als Indikator für Prozessdefizite. Fehlerhafte Teile sind fast immer auf ungenügende Qualifizierungs- und Absicherungsprozesse zurückzuführen. Durch diesen prozessorientierten Ansatz von Total Supplier Management erfolgt eine ursachenbasierte und somit nachhaltige Absicherung der Lieferantenbasis.
Total Supplier Management ist ein ganzheitlicher Ansatz, der eine effiziente Steuerung des gesamten Partnernetzwerkes eines Unternehmens zum Ziel hat. Als innovatives Steuerungsinstrument sichert es die vereinbarte Leistungserbringung der Partner ab.
Total Supplier Management setzt auf Prävention und Befähigung, um ein leistungsfähiges Netzwerk von Partnern zu schaffen. Die Lieferanten-Abnehmer-Beziehung wird über den gesamten Lebenszyklus sowie über alle Fachbereiche und Technologien hinweg koordiniert und gesteuert. So können die unternehmensinternen Zielkonflikte gelöst werden.
Das Partnernetzwerk wird im Interesse des Gesamtunternehmens optimiert. Durch die bereichsübergreifend abgestimmte Vorgehensweise lassen sich Synergieeffekte und interne Prozessoptimierungen realisieren. Dadurch werden kostenintensive Sondermaßnahmen vermieden, sodass Total Supplier Management einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Sicherung des Unternehmenserfolges und der Wettbewerbsfähigkeit darstellt.
Bild 2.2 Total Supplier Management
Bild 2.2 veranschaulicht das Prinzip von Total Supplier Management. Für das gesamte Konzept gilt, dass es branchen- und technologieübergreifend ist und entlang der einzelnen Phasen des gesamten Produktlebenszyklus zur Anwendung kommt. Dabei findet eine regelmäßige Zusammenarbeit der betroffenen Fachbereiche statt. Dies wird besonders am Lieferantenlenkungskreis und seiner Zusammensetzung deutlich.
Die Abläufe im Total Supplier Management gliedern sich in die Schritte „Informieren“, „Entscheiden“,„Durchführen“ und „Verbessern“. Bei drohenden Leistungsdefiziten werden die genutzten Daten und Informationen durch die Methoden von Total Supplier Management aufbereitet, um aus der Menge der Lieferanten frühzeitig die kritischen Lieferanten zu identifizieren und das für die Folgeschritte benötigte Wissen bereitzustellen. Dieses Wissen bietet eine transparente Entscheidungsgrundlage, sodass die Teilnehmer des Lieferantenlenkungskreises entsprechende Maßnahmen bei diesen Lieferanten einleiten können. Der regelmäßig tagende Lieferantenlenkungskreis entscheidet auf Grundlage standardisierter Eskalationsmodelle und koordiniert das Auftreten gegenüber den Lieferanten bereichsübergreifend. So wird ein „one face to the supplier“ sichergestellt. Die Durchführung der Maßnahmen folgt einem standardisierten Vorgehen in Form von verschiedenen Lieferantenprojekten und hat die Sicherstellung bzw. Wiederherstellung der vereinbarten Lieferantenleistung zum Ziel.
Total Supplier Management beschreibt ein Koordinationsmodell, welches in einem standardisierten Workflow die verschiedenen Risikoarten der Supply Chain technologie-, bereichs- und phasenübergreifend steuert.
Dieser Ablauf gilt für die drei in Bild 2.2 dargestellten Risikoarten in gleicher Weise. So werden Risiken bei Sourcing und Nominierung von neuen Lieferanten, Risiken im Rahmen der operativen Zusammenarbeit mit bestehenden Lieferanten und mögliche Risikoereignisse in der Supply Chain berücksichtigt. Zu Beginn der Zusammenarbeit mit einem neuen Partner erfolgt die systematische Einbindung in die Regelprozesse, welche eine standardisierte Integration und Qualifizierung umfasst. Während der Zusammenarbeit mit den Partnern wird die Leistungserbringung über alle Unternehmensbereiche hinweg betrachtet und nach dem gesamtunternehmerischen Optimum gesteuert. Bei kritischen Risikoereignissen in der Zusammenarbeit, wie z. B. Anläufe, Verlagerungen oder Insolvenzen, werden frühzeitig Unterstützungsmaßnahmen beschlossen, um die Lieferantenleistung präventiv abzusichern.
Der Ansatz Total Supplier Management beschreibt ein Kooperationsmodell, welches die Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Fachbereichen des eigenen Unternehmens und aufseiten des Lieferanten koordiniert. Hierfür werden die erforderlichen Kommunikationsflüsse sichergestellt. Die Ziele und Aufgaben von Total Supplier Management umfassen somit die übergeordnete Koordination aller betrieblichen Abläufe zur Gestaltung und Steuerung der externen Wertschöpfung bei akuten oder drohenden Risiken in bestehenden und zukünftigen Partnernetzwerken. Die wichtigsten Ziele sind folgende:
Prävention zur Sicherstellung bzw. Wiederherstellung der vereinbarten Lieferantenleistung,
Koordination der Zielkonflikte und des Auftretens aller betroffenen Fachbereiche gegenüber den Lieferanten,
Monitoring und Optimierung der operativen Regelprozesse des Lieferantenmanagements,
Beitrag zur nachhaltigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und des Unternehmenserfolges.
Aus welchen Bausteinen sich Total Supplier Management zusammensetzt und wie deren Wirksamkeit sichergestellt werden kann, um die aufgeführten Ziele zu erreichen, wird in den beiden folgenden Kapiteln beschrieben.
2.1 | Bausteine des Lieferantenmanagements |
Ein ganzheitliches Lieferantenmanagement besteht aus zehn aufeinander aufbauenden Bausteinen zur Integration und Steuerung der Lieferanten (Bild 2.3). Ein effizientes Lieferantenmanagement erfordert die durchgängige Implementierung aller Bausteine.
Bild 2.3 Die zehn Bausteine von Total Supplier Management
Die zentrale Organisationseinheit stellt die Standards zur Auswahl, Bewertung und Steuerung der Lieferanten zur Verfügung. Weiterhin stellt sie die Einhaltung und kontinuierliche Verbesserung dieser standardisierten Abläufe und Methoden sicher und steuert den Workflow.
Das Risikomanagement folgt dem Lebenszyklus der Zusammenarbeit mit den Lieferanten. Das Risikomanagement Materialgruppen kommt bei Sourcing und Nominierung von Lieferanten zur Anwendung. Die Identifikation kritischer Lieferanten innerhalb der Produktentstehungsphase erfolgt durch das Risikomanagement Produktentstehung. Defizite in der kontinuierlichen Zusammenarbeit mit Lieferanten und bei kritischen Ereignissen wie Produktionsanläufen und Verlagerungen werden vom Risikomanagement Supply Chain verfolgt.
Die Erkenntnisse aus dem Risikomanagement fließen in eine kontinuierliche Leistungsdatenerhebung der Lieferanten ein. Ein Kennzahlenmodell konsolidiert alle harten und weichen Faktoren der Lieferantenleistung und ergänzt diese um Trendbetrachtungen. Das resultierende Wissen über die Leistungsfähigkeit der Lieferanten und die entsprechenden Risiken bildet die Entscheidungsgrundlage für ein...