2. Unternehmensveränderungen und -entwicklungen
2.1 Innovationen und neue Konzepte im Management
Managementtrends kommen und gehen … So schnell wie die Zahl oder das Produktangebot von Unternehmensberatungen zu- und abnimmt entstehen neue Managementtrends. In den 1970er Jahren waren es die Techniken der strategischen Unternehmensplanung (z. B. Portfolioanalyse, Produktlebenszyklus), in die 1980/90er Jahren die Welle der Diversifizierung mit Re-Organisation der Geschäftstätigkeiten und -prozesse (z. B. Konzentration auf Kernkompetenzen und Outsourcing, Lean Management, Business Reengineering), zu Beginn des 21. Jh. die Virtualisierung (z. B. internetgestützte Geschäftsmodelle und -prozesse) und aktuell die Werteorientierung mit Unternehmensethik, Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR). Teilweise überschneiden oder ergänzen sich diese Trends, manche setzen sich dauerhaft erfolgreich durch und andere bleiben kurze Modeerscheinungen.
Lean Management ist ein Ansatz für zeit- und kostenbezogene Einsparungen in der Unternehmensführung und speziell der Unternehmensorganisation. Unternehmerische Leistungsprozesse werden differenziert in die wirkliche Wertschöpfung, in Fremdleistung und sog. Blindleistung. Generelles Ziel ist die Optimierung von Prozessen und Strukturen zur Konzentration auf den wirklichen Wertschöpfungsprozess. So wurde z. B. das Anfang der 1990er Jahre gebaute neue Opel-Werk in Eisenach (Produktionskapazität jährlich rd. 150.000 Fahrzeuge) von Anfang an mit nur fünf Organisationsebenen konzipiert: Werks- und Bereichsleitung, Bereichsingenieure, Teamsprecher und -mitglieder. Vorher waren in der deutschen Automobilindustrie vom Vorstand bis zur untersten Stellenebene manchmal bis zu vierzehn Organisationsebenen üblich. Das Ergebnis ist meist eine Reduktion der Leistungsspannen und das Abschaffen von Hierarchieebenen. In der Praxis zeigt sich aber, dass eine totale Verschlankung oft viel zu weit geht und es dadurch häufig zu erheblichen Qualitäts- und Organisationsproblemen kommt.
Outsourcing (von outside resource using) übergibt unternehmerische Ressourcen in die Verantwortung Dritter oder setzt Teile/Dienstleistungen von außen im eigenen Namen ein. Hauptsächlich sind dies Leistungen die nicht zum Kerngeschäft des Unternehmens oder Kernprozess der Leistungserstellung gehören. Diese Funktionen oder Prozesse werden dann z. B. als Tochtergesellschaft ausgegründet oder an Fremdfirmen vergeben mit dem Ziel von Effizienzsteigerungen bzw. Kosteneinsparungen. Typische Beispiele sind z. B. die Bildung regionaler Rechenzentren der Sparkassen, die Übernahme einfacher Dienstleitungen durch Fremdfirmen (Wach- und Reinigungsdienste, Werkskantinen, Fuhrparks oder der Vertrieb von Versicherungen). Inzwischen werden auch ganze Querschnittsfunktionen (z. B. Unternehmenslogistik) von Fremdfirmen durchgeführt. Schon Anfang des 20. Jh. diskutierte H. Ford die Frage make or buy: Die sparsamste aller Produktionsmethoden wird in Zukunft die sein, bei der die Gesamtartikel nicht unter ein und demselben Dach hergestellt werden – es sei denn natürlich, dass der betreffende Artikel ganz einfach ist. Die moderne oder vielmehr künftige Methode wird darin bestehen, dass man jeden einzelnen Teil dort, wo er am besten fabriziert wird, herstellen lässt, und sie dann in den Verbrauchszentren zusammensetzt. Es ist die Methode, die wir schon jetzt befolgen und noch zu erweitern beabsichtigen … vorausgesetzt, dass sämtliche Fabriken das Prinzip der Dienstleistung angenommen haben … können wir die einzelnen Teile in der gleichen Güte kaufen, wie wir sie herzustellen vermögen, und sind reichlich Vorräte zu angemessenen Preisen vorhanden, so machen wir keinen Versuch, sie selbst zu fabrizieren …1) Neben den geplanten Effizienz- und Kostenvorteilen gibt es auch sehr kritische Erfahrungen, z. B. wenn externe Dienstleister eben nicht die geforderte Qualität erbringen oder das Unternehmensimage leidet. So ist auch wieder ein Trend zum Re-Sourcing (z. B. Unternehmensallianzen, Hereinnahme neuer oder zuvor ausgegliederter Leistungen) zu beobachten.
Die Konzentration auf Kernkompetenzen sieht Unternehmen langfristig im globalisierten Markt nur erfolgreich, wenn sie ihre Wertschöpfungsprozesse auf Aktivitäten konzentrieren, die sie im Konkurrenzvergleich mit weniger Kosten, Risiko oder mehr Qualität führen können. Wenn Produkte/Dienstleistungen für Kunden einzigartig in Technik, Design, Service oder Kosten sind, hat ein Unternehmen mit dieser Kernkompetenz einen wertschöpfenden Mechanismus mit nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen geschaffen. Ergänzt wird dies z. B. durch das Outsourcing (s. o.) von Bereichen/Prozessen ohne Kernkompetenzen, oder indem sich die Frage make or buy stellt (wie weit sollen eigene Fertigungstiefe und Zukauf von Systemkomponenten sein). Es gibt viele Unternehmen, die sich durch einzigartige Produkte/Dienstleistungen einen unverwechselbaren Namen gemacht haben, z. B. Sony mit der Miniaturisierung der Medienelektronik (Walkman, Handcam), Braun im Markt leicht kopierbarer Technik mit einzigartigen Produktdesign oder Apple über lange Zeit quasi als Synonym für die grafische Benutzeroberfläche.
Business Reengineering stellt die Frage: Warum führen viele Automatisierungsprozesse nicht zu den geplanten Produktivitätssprüngen? Erfahrungen zeigen, dass Rationalisierungen oft falsch laufen, automatisieren oder rationalisieren allein reicht nicht aus. Business Reengineering fordert Geschäftsprozesse völlig neu zu denken um wirklich große Kosten- und Qualitätsvorteile zu erreichen. Ziel sind nicht viele geringe Kostenvorteile durch laufende Rationalisierung, sondern große Kostenvorteile durch radikale Neuorganisation der Prozesse. Der Ansatz gleicht damit auch dem Zero-based-Budgeting (s. Kap. 4.2.2.2: Budgetierung und Kostenanalysen). Viele Untersuchungen zeigen aber inzwischen, dass über 70 % der Reengineering-Projekte nicht den erhofften Erfolg erbracht haben, da oft die notwendigen Maßnahmen der Organisations- und Personalentwicklung nicht frühzeitig genug oder gar nicht ergriffen bzw. kalkuliert wurden oder sich Einstellungen und Bedürfnisse schnell wieder verändern.
Im folgenden Kapitel sind entsprechend nur wichtige Veränderungstrends beispielhaft aufgenommen, die sich auf Dauer und weltweit erfolgreich durchgesetzt haben, oder sie sind in entsprechenden Fachkapiteln integriert (wie z. B. Benchmarking bei den strategischen Planungstechniken in Kap. 3.2, das virtuelle Management bei den Organisationsmodellen in Kap. 5.1).
2.1.1 Innovationsmanagement
Unternehmerische Innovationen sind Neuerungen mit einer wirtschaftlichen Verwertbarkeit bzw. einem wirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen. Es wird häufig unterschieden in Innovationstypen oder Innovationsarten:
| Produktinnovationen (Leistungsprogramm des Unternehmens), |
| Prozessinnovationen (z. B. Herstellungsverfahren, Organisationsstrukturen), |
| Sozialinnovationen (Kommunikation, Qualifizierung, Motivation), |
| Marktinnovationen (Erschließung neuer Beschaffungs- und Absatzmärkte). |
ABB. 14: Innovationstypen
In innovationsorientierten Unternehmen besteht ein enger Zusammenhang zum betrieblichen Innovationswillen, zur Innovationsfähigkeit und zu den Innovationsprozessen. Dieser Zusammenhang stellt eine wichtige strategische Ressource für Unternehmen dar. Die unternehmensspezifische Ausgestaltung des Innovationsverhaltens, das sich zumeist aus einer...