0-EURO-TOUR
– das vergessene Abenteuer mitten in Deutschland für lau
Zielgruppe: Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren (oder darüber hinaus)
Dauer der Freizeit: 9 Tage (variabel)
Gruppengröße: maximal 20 Teilnehmende, 5 Mitarbeitende bei 20 Teilnehmenden
Art der Freizeit: Wanderfreizeit
Kurzbeschreibung:
Feuer machen, im Busch pinkeln, der Natur ausgesetzt sein, per Karte navigieren, 20 km am Tag wandern mit Andacht auf dem Weg, eigenen Erfolg „erschwitzen“ und nicht bequem im Sessel „erzocken“ – das ist, grob zusammengefasst, die 0-EURO-TOUR für Jugendliche. Ein simples (altes) wie wertvolles Konzept, das die Teilnehmenden nichts kostet, weil Wandern nichts kostet. Die dennoch benötigten ca. 1.000 Euro Budget sind durch Zuschüsse und Spenden schnell zusammengetragen. Die 0-EURO-TOUR – morgens sagt man Danke, mittags gibt es Suppe und Andacht, abends neue Blasenpflaster.
Dieses Outdoor-Freizeitkonzept wurde durch die Evangelische Jugend „Weigle-Haus“ in Essen entwickelt.
Ziel
Finanzielle Möglichkeiten von Jugendlichen
Mehr und mehr Jugendlichen steht wenig oder gar kein Geld für eine Sommererholung zur Verfügung. Die herkömmlichen Sommerfreizeitangebote können kaum noch günstiger kalkuliert werden. Ein Freizeitangebot, das Jugendliche keinen Cent kostet, ist darauf die beste Antwort. Auf der 0-EURO-TOUR lernen sie: Sinnvolle Freizeitbeschäftigung und sogar Erholung müssen kein Geld kosten.
Daher bietet sich die 0-EURO-TOUR auch gerade dann an, wenn man mit einem Konzept Jugendliche aus bedürftigen Familien erreichen möchte.
Herausforderung durch Naturerfahrung
Die Stadt und virtuelle Welten bringen Jugendliche immer weiter weg von der Natur und entsprechenden existenziellen Erfahrungen. Wandern, schwitzen, fluchen, im Wald auf Toilette müssen, Feuer machen, unter freiem Himmel schlafen (müssen) ... bringt Jugendliche an Grenzen, an denen viele von ihnen in ihrem Leben noch niemals standen – manch einen sogar darüber hinweg. Auf der 0-EURO-TOUR lernen sie: Manchmal darf man nicht aufgeben, wenn man ein Ziel erreichen will. Und anders herum: Wenn man ein Ziel erreichen will, darf man nicht aufgeben.
Konzept
Auswahl des Wandergebiets
Empfehlenswert ist ein deutsches Mittelgebirge. Entsprechend der dortigen Wanderrouten dürften die Anstiege die Teilnehmenden nicht überfordern, aber auch nicht langweilen. Wir haben beispielsweise hervorragende Erfahrungen mit einer Harz-Durchquerung von West nach Ost und auch mit dem Durchwandern des Hochsauerlandes von Nord nach Süd gemacht.
An- und Abreise
Der ausgewählte Start-(und End-)Punkt sollte nicht weiter entfernt vom Heimatort liegen als mit einer Bummel-Bahnfahrt (günstige Gruppentickets) innerhalb eines halben bis dreiviertel Tages erreichbar ist. So können sowohl am Anreisetag als auch am Abreisetag noch ein paar Kilometer gelaufen werden, falls das für das Erreichen von Unterkünften oder das Vervollständigen einer Route notwendig ist.
Unterkünfte
Es gilt: alle Unterkünfte müssen kostenfrei sein! Sonst funktioniert das 0-EURO-Prinzip nicht. Ich empfehle aber dringend, alle Unterkünfte bereits im Vorfeld zu organisieren, statt diese spontan auf der Tour erst zu suchen – aus zwei Gründen:
■ Wir wussten, dass etwa die Hälfte unserer Teilnehmenden aus finanziell schwachen Familien stammten und wollten ihnen in einem durch uns organisierten Urlaub keine Bettelerfahrung zumuten.
■ Diese Art Bettelkultur hat in Deutschland einen sehr negativen Touch. Die Bitte um ein Nachtlager trifft kaum auf eine positive Entsprechung.
Angefragt werden können Gemeindehäuser, CVJM-Keller, Schutz- oder Jagdhütten in Forstrevieren, Spritzenhäuser von Freiwilligen Feuerwehren, Schützenvereine u. v. m., die Gruppe für ein Abendessen, eine Nacht mit Isomatte und Schlafsack und ein Frühstück zu beherbergen / zu versorgen. Durchgehender Erfahrungswert: riesengroße Offenheit und geradezu Dankbarkeit, dies ermöglichen zu dürfen (vermutlich auch, weil die Quartiere jeweils Monate Zeit hatten, dies zu organisieren ...). Als Dank gibt es beim Abschied eine Medaille mit individueller Gravur und ein Gruppenfoto, das gleich zu Beginn digital aufgenommen und noch am Startbahnhof ausgedruckt wird. Wir bitten jeden Gastgeber, uns noch ein „Wort auf den Weg“ zu geben, damit unsere Teilnehmenden lernen können, dass nicht nur die eigenen Mitarbeitenden Glaubende sind und Werte wie Gastfreundschaft, Teilen, Anstrengung oder manchmal auch Glauben hoch halten.
Tipp: Wer darum bittet, bekommt im Nachhinein für seine Lebensmittelkosten vom Veranstalter eine Spendenbescheinigung ausgestellt.
Tipp: Deutsche Gastgeber lieben es, eine genaue Ankunftszeit bereits im Vorfeld zu erfahren ... Allerdings ist das mit einer genauen Ankunftszeit auf einer Wandertour so eine Sache ... Daher haben wir stets versprochen, uns etwa eine Stunde vor Ankunft zu melden – oder wenn gewünscht, auch permanent im Laufe des Ankunftstages mit „Wasserstandsmeldungen“.
Verpflegung
Für die Mittagsmahlzeit kommt das Mitarbeitendenteam auf, das zu Beginn der Tour rationierte Verpflegungsbeutel an die Teilnehmenden ausgibt. Darin enthalten: Brühe (pro Tag ein Würfel/Person), Mettwurst (pro Tag eine halbe Wurst/Person), eine Tafel Schokolade (pro Tag eineinhalb Stück/Person), Müsliriegel (pro Tag ein halber/Person) und Tee (mehr als genug). Die Teilnehmenden müssen sich in Kochgruppen zusammenfinden, um die Spirituskocher gemeinsam zu nutzen (ca. drei Personen/Kocher). Frühstück und Abendbrot werden möglichst über die Quartiere organisiert. Für jede Mahlzeit, von der wir wissen, dass sie vor Ort nicht abgedeckt wird, stellen wir nahrhafte Tütensuppen und Müsli mit Milchpulver, das mit Wasser angemischt werden muss, bereit. Wie sowieso alles, was auf die Tour mitgenommen werden muss, dient auch hier die Auswahl der Verpflegung der Vermeidung von unnötig viel Gewicht im Rucksack.
Andacht
Zumeist nach dem Mittagessen – siehe Tagesablauf
Ausflüge und Besonderheiten
Jeder See und jedes Freibad auf dem Weg, aber auch Außergewöhnlicheres wie Besuch beim Förster im Revier oder Besuch einer Glasbläserei ist eine willkommene Abwechslung zum Wandern (und verkürzt jede Tagesetappe – einplanen!). Bedenkenswert: Wie hart wollt ihr „0 EURO“ interpretieren?
Weiteres Programm
Wir haben vorsichtshalber ein paar Spielprogramme für den Abend vorbereitet, sogar ein Geländespiel. Unsere Erfahrung zeigt: Zum UNO-Spielen reicht es gerade noch – der Rest ist Essen, Trinken, Reden und Ausruhen. Um 22:00 Uhr gehen sowieso alle freiwillig schlafen (mit Ausnahme des ersten Abends).
Finanzen (bei 20 Teilnehmenden)
0 Euro für die Teilnehmenden, gut 1.000 Euro für die Mitarbeitenden und zwar für Bahn-Tickets, Erste-Hilfe-Material (u. a. Blasenpflaster!), Verpflegung, Gastgeschenke für die Unterkünfte, Eintritte bei Ausflügen, Vorbereitungstreffen, weiteres Material, Sicherheitspuffer. Allen Teilnehmenden ist ein Taschengeld verboten, das den Gegenwert von „ein wenig Eis“ übertrifft: aus Solidarität allen gegenüber, die keines haben und aus der Disziplin heraus, einmal die Wirklichkeit von rationierten Lebensmitteln erleben zu müssen.
Zeitraster
Wochenplan
Tagesablauf
Die folgende Übersicht stellt einen exemplarischen Tagesablauf auf Grundlage einer Tagesetappe von 20 km dar. Die Tagesabläufe sind entsprechend des Umfangs der Tagesetappe jeweils anzupassen. Sprich: auf kurzen Etappen können beispielsweise noch Gottesdienste vor Ort besucht oder Ausflugsziele wahrgenommen werden; auf längeren Etappen muss früher aufgestanden und direkt losgewandert werden und das Quartier wird erst später erreicht.
Themen für die Andachten
Verkündigung ist uns wichtig. Genauso aber die Berücksichtigung von Jugendlichen und ihren Familiensituationen, z. B. auch von Jugendlichen, die im Heim leben. Etwa dreiviertel unserer Gesamtgruppe kam aus Hintergründen ohne Glaubensprägung. (Für die Tour wurde stadtweit Werbung gemacht, u. a. in Zusammenarbeit mit Sozialarbeitern, Sozialbetreuern, Jugendamt, Zeitung und Radio.)
Auf der 0-EURO-TOUR 2011, die durch den Harz führte, riefen wir „My Harz will go on!“ als Tour-Motto aus und entschieden gleichzeitig, dass wir die Andachten so nah wie möglich an die Strapazen einer tagelangen Naturerfahrung heranrücken wollten. So kamen wir auf die Idee, Tag für Tag Survival-Übungen auf dem Weg einzuüben, von denen wir annahmen, dass sie den Teilnehmenden irgendwann noch einmal nützlich sein könnten. Und an diese glichen wir dann unsere Andachtseinheiten an, die ich nachstehend einzeln benenne.
Auf dieser 0-EURO-TOUR haben wir abends nach dem Abendessen Kleingruppen angeboten....