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E-Book

Verabredung mit dem Glück

So stärken Sie Ihre seelische Widerstandskraft

AutorChristian Firus, Hans-Hermann Firus
VerlagPatmos Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl158 Seiten
ISBN9783843605878
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Der Verlust des Arbeitsplatzes, eine Krankheit oder die Trennung von einem geliebten Menschen - all dies sind Lebensereignisse, die uns herausfordern. Wer seine Stärken und Fähigkeiten pflegt und seine Ressourcen voll ausschöpft, kann solchen schwierigen Erlebnissen etwas entgegensetzen und sogar daran wachsen. Er verabredet sich mit dem Glück und glaubt fest daran. Christian Firus zeigt, dass jeder Mensch seine innere Widerstandskraft stärken kann. Illustriert an vielen Fallbeispielen und an der ergreifenden Kriegsbiografie seines Vaters Hans-Hermann Firus beschreibt er zwölf erprobte Wege zu mehr seelischer Gesundheit. So kann sich jeder Leser die für ihn stimmigen Anregungen und Übungen heraussuchen.

Christian Firus ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychiatrie, Traumatherapie und Systemische Therapie. Er ist Oberarzt in der Rehaklinik Glotterbad/Schwarzwald und Buchautor. Seine Schwerpunkte sind die Weiterentwicklung von traumatherapeutischen Arbeitsweisen in der Gruppe, die Behandlung von Depressionen und Burnout sowie die Förderung seelischer Gesundheit. Hans-Hermann Firus studierte Theologie in Hamburg und war als Pastor in verschiedenen Gemeinden und als Krankenhauspastor tätig. Im Ruhestand beschäftigt er sich mit meditativem und folkloristischem Tanz.

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Leseprobe

Sinn – ein Schlüssel zu Gesundheit und Erfüllung


Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.

Vaclaw Havel

Einstiegsfragen: Kennen Sie in Ihrem Leben die Erfahrung von Sinn mitten im Alltag? Die Erfahrung einer erfüllenden Aufgabe, die Erfahrung von beglückenden Momenten im Erleben?

Kennen Sie die Erfahrung, dass etwas genau zu Ihnen passt, es geradezu darauf wartet, von Ihnen angepackt zu werden?

Vermutlich ist uns Menschen allen die Erfahrung zu eigen, dass wir uns dann zufrieden fühlen, wenn wir Dinge erleben oder tun, die uns sinnvoll erscheinen. Und umgekehrt kennen wir alle Situationen, in denen wir nutzlos scheinende Dinge tun müssen, was uns belastet und stresst. Und so ist mittlerweile wissenschaftlich gut belegt (mehr dazu im Kapitel über Flow), dass Menschen, die dauerhaft einer sinnentleerten Tätigkeit nachgehen müssen, die sie nicht oder kaum beeinflussen können, krankheitsanfälliger werden. Es liegt also nahe, seelische Gesundheit, Zufriedenheit und Glück mit Sinn in Zusammenhang zu bringen. Wir merken dabei sehr rasch, dass es nicht um die großen Fragen nach dem Sinn des Lebens im Allgemeinen geht, sondern vielmehr darum, auf die alltäglichen Anforderungen eine sinnvolle Antwort zu finden.

Und noch etwas wird bei der Beschäftigung mit dieser Thematik bald deutlich: Es sind die kleinen Dinge des Lebens, auf die es häufig ankommt. Wer kennt nicht die Erfahrung, dass das Aufräumen oder Ausmisten einer einzigen Schreibtischschublade mit einem Gefühl von Zufriedenheit einhergeht. Das Gleiche kann ich erleben, wenn ich eine Zimmerpflanze umtopfe, die schon lange darauf gewartet hat, oder ein einfaches Essen zubereite, an dem sich die Familie erfreut. Genauso kann eine Begegnung in der Straßenbahn, ein kurzer Austausch mit den Bauern auf dem Wochenmarkt oder ein freundlicher Gruß des Nachbarn mit dem Gefühl einhergehen, am richtigen Platz zu sein.

Unsere Sprache weist bereits darauf hin, dass solche Erfahrungen von Sinn keine »Kopffüßler« sind, sondern ganz offensichtlich in unserem Körper verankert sind. Es ist ein bestimmtes Körperempfinden, was uns diese Erfahrung vermittelt. Der Hirnforscher Antonio Damasio nennt diese Körperempfindungen »somatische Marker«4. Er beschreibt damit genau das, was der Volksmund als »Bauchgefühl« kennt. Es ist ein mit Erleichterung oder Zufriedenheit einhergehendes ganzheitliches Empfinden, dass etwas zu mir passt beziehungsweise zum jetzigen Zeitpunkt genau richtig ist. Wir können also vereinfacht sagen, dass unser Körper bereits die Antwort kennt. Das hat evolutions­biologische Gründe: Unser Körper hat zum Überleben alle wichtigen Informationen abgespeichert, um im späteren Leben darauf jederzeit zurückgreifen zu können. Und wir können diese Erfahrung unseres Körpergedächtnisses nutzen, wenn wir im Alltag darauf achten, wo und wann sich Gefühle von innerer Stimmigkeit und positiver Resonanz zeigen, und ihnen mehr Beachtung schenken.

Wir Menschen machen solche Erfahrungen von Stimmigkeit und Sinn häufig, wenn wir nicht mit uns selbst, sondern mit anderem beschäftigt sind, mit Menschen, mit denen wir uns verbunden fühlen, oder mit Tätigkeiten, mit deren Beschäftigung wir über uns selbst hi­nauswachsen. Auch diese Erfahrung beschreibt der Volksmund treffend mit: »Geben ist seliger als Nehmen.« Nicht Profitstreben und das eigennützige Vermehren des persönlichen Wohlstandes, sondern das Teilen, Verbinden und Bei-anderen-Sein erfüllt uns letztlich mit Zufriedenheit und Sinn. Wir brauchen einander, diese Feststellung ist heute mindestens so aktuell wie zu Urzeiten, in denen unsere Vorfahren in kleinen Gemeinschaften ums Überleben kämpften. Die Beschäftigung mit der Sinnperspektive kann dazu verhelfen und gleichzeitig das Tor zur seelischen Gesundheit aufstoßen.

Es war Viktor Frankl, der noch vor dem zweiten Weltkrieg damit begann, die »Logotherapie und Existenzanalyse« zu entwickeln, die die Sinnorientiertheit des Menschen in den Mittelpunkt stellt. Er meint mit Sinn etwas sehr Konkretes, nämlich eine »im Hier und Jetzt durch mich zu erfüllende Aufgabe«5.

Was steht jetzt gerade für mich an? Was macht mir Sinn? Finde ich darauf eine passende Antwort, dann fühlt sich mein Leben sinnvoll an und dann geht es mit einem Gefühl innerer Resonanz und Stimmigkeit einher. Wenn Sie darauf achten, immer wieder solche Sinnerfahrungen zu machen, tun Sie viel für Ihre seelische Gesundheit!

In der Lebensgeschichte meines Vaters, die Sie im zweiten Teil dieses Buches lesen können, stoßen wir immer wieder auf solche Sinnerfahrungen, wenn er sich beispielsweise für andere Jugendliche und junge Erwachsene engagiert selbst in Zeiten eigener Not. Er findet eine Aufgabe, die ihn fordert und sein eigenes Leben sinnvoll erscheinen lässt.

Der Einsatz für notleidende Andere setzt nicht zwangsläufig seelische Gesundheit voraus, er trägt allerdings sehr wohl zur eigenen bei!

Es geht darum, eine zu mir passende Antwort auf den Augenblick zu finden. Ist das, was ich gerade tue, sinnvoll, auch wenn es vielleicht mit Mühen verbunden ist? Wenn junge Eltern gerade im Kindergeschrei und dem »ganz normalen Wahnsinn« unterzugehen drohen, kann es sehr hilfreich sein, zu sehen, wofür der Einsatz lohnt. Oder wenn ich einen schier endlosen Spülberg zu bewältigen versuche, ist dies vielleicht der Abschluss eines schönen Festes oder eines erfüllten Abends mit Freunden, an dem ich mich wohl fühlte und eingebunden erlebte im Kreis mir wichtiger Menschen.

Es zeigt sich, dass wir Sinn in den unterschiedlichsten Situationen des alltäglichen Lebens finden können, sowohl im Tun und Handeln (»schöpferische Werte«) als auch im Erleben (»Erlebniswerte«). Frankl spricht von Werten, über die Sinnerfahrung geschieht: »Den Sinn des Daseins erfüllen wir – unser Dasein erfüllen wir mit Sinn – allemal dadurch, dass wir Werte verwirklichen.«6 Typische Beispiele für schöpferisches Handeln sind nicht die großen Würfe von künstlerischer ­Kreativität, sondern die Dinge des täglichen Lebens: ein liebevoll zubereitetes Essen, ein Brief an einen Freund, die besonders gestaltete Geburtstagskarte und vieles mehr, was uns in aller Regel nicht mehr auffällt, weil wir es als selbstverständlich erleben. Genauso ergeht es uns vielleicht mit dem Erleben von Dingen oder Menschen: Da ist das Gespräch mit einem Freund, das Genießen von Musik, einer guten Speise oder der Natur. Wer hat nicht schon einmal staunend vor der sich glühend rot in den Abendhimmel versenkenden Sonne gestanden, die Zeit schien stillzustehen, und alles andere war für den Moment bedeutungslos! Um den Blick hierfür wieder zu schärfen, kann ein Freude- und Dankbarkeitstagebuch helfen, in das ich mir jeden Tag genau solche wertvollen Erlebnisse oder Handlungen hineinschreibe. Wenn Sie damit beginnen, werden Sie schon bald erstaunt feststellen, dass es viel mehr Erfreuliches gibt, als Sie dachten, was wiederum Ihr Erleben verändern wird!

Deshalb möchte ich Sie dazu anregen, ein solches Freude- und Dankbarkeitstagebuch zu führen. Darin können Sie jeden Tag Ihre schönen Erlebnisse festhalten: zum Beispiel das Zwitschern der Vögel, den ersten Sonnenstrahl, das Funkeln der Sterne, ein Lächeln eines Menschen, eine blühende Blume, der letzte freie Sitzplatz im Bus, der gerade noch erreichte Zug, gerade weil der heute wieder Verspätung hatte. Das anfängliche leere Büchlein kann von Ihnen mit freudvollen Momenten angefüllt und so zu einem Schatz werden. Es geht dabei nicht um besondere Erlebnisse, sondern um kleine Freuden, die Sie im Alltag entdecken können. Sie werden feststellen, dass der geschärfte Blick für die schönen Dinge hilft, immer weitere zu entdecken!

Um sich besser zu erinnern, können auch einfache Bohnen nützlich sein, die Sie zum Beispiel immer dann von der rechten in die linke Hosentasche wandern lassen, wenn Sie im Laufe des Tages etwas Schönes, Gutes oder Erfreuliches erlebt haben. Am Abend können Sie die Bohnen in der linken Tasche nachzählen und sich noch einmal an die positiven Begebenheiten erinnern, um sie dann in Ihrem Freudetagebuch festzuhalten.

Sie können auch andere Erinnerungshilfen kreativ nutzen. Manche verfügen vielleicht über ein Handy mit Fotofunktion, dann könnten Sie beispielsweise Aufnahmen von freudigen Situationen machen. Manche tragen einen MP3-Player bei sich und können dessen Aufnahmefunktion nutzen, um im Laufe des Tages etwas draufzusprechen. Manche gestalten vielleicht eine »Freudekiste« im Sinne einer Schatztruhe, in der sie Symbole als Erinnerungen aufbewahren. Lassen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf. Alles, was der Idee des Wahrnehmens, Festhaltens und Wiedererinnerns von positiven Erlebnissen dient, ist hilfreich.

Wer belastende oder gar traumatische Erfahrungen gemacht hat, dessen Wahrnehmung ist oft auf Probleme, Belastungen und auf die negativen Dinge im Leben fokussiert. Dafür können Sie nichts, das sind Belastungsfolgen – Ihr Gehirn hat sich sozusagen auf das frühzeitige Erkennen von Gefahren des Lebens spezialisiert. Jetzt, da die Gefahr vorüber ist, steht diese früher sinnvolle Strategie einem gesünderen Leben jedoch im Weg. Heute ist es wichtig, den Blick wieder auf das Positive zu richten, auf das, was gelingt, was Sie erfreut und wofür Sie dankbar sind. Dies kann Ihr Empfinden für die Gegenwart verändern.

Auch wenn diese Übung nicht immer leichtfällt und vielleicht so mühselig erscheint, dass man sie am liebsten vergisst,...

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