Die Begriffsdefinitionen und Grundlagen der folgenden Kapitel verfolgen zwei Ziele: Einerseits werden allgemeine Grundlagen der ERP-Einführung in einem KMU durch ein mittelständisches Softwarehaus vermittelt; andererseits werden auch die theoretischen Grundlagen für das Praxis-Projekt dieser Arbeit gelegt.
Die folgenden Begriffsdefinitionen erläutern die zentralen Begriffe dieser Arbeit, sowie deren wesentlichen Abgrenzungen zu ähnlich gelagerten Themen.
Allgemein kann ein Softwarehaus, in manchen Quellen auch als Softwareunternehmen bezeichnet, in einer strengen Definition als „eine Firma, die sich auf Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Software konzentriert“ (at-mix 2007) verstanden werden.
Für den Kontext dieser Arbeit wird der Begriff dahingehend erweitert, dass ein Softwarehaus neben diesen Kernaufgaben zusätzlich die Beratung, Schulung und Support für die vertriebene Software anbietet (vgl. Vering 2002).
Eine kurze Internet-Recherche zeigt, dass diese erweiterte Definition insbesondere in Bezug auf mittelständische ERP-Anbieter zutreffend ist, da viele dieser Anbieter das o.g. vollständige Leistungsspektrum anbieten. Auf das Marktsegment der großen ERP-Softwareanbieter, wie z.B. SAP, Oracle und Microsoft trifft diese erweiterte Definition jedoch nicht zu. Hier finden sich viele Unternehmen, die Systemintegration, Beratung und Schulung - jedoch keine Entwicklung und Produktion - für einzelne ERP-Produkte anbieten (vgl. Anhang A).
Für diese Arbeit gilt daher:
Softwarehaus
Bezeichnung für ein Unternehmen, das sich auf die Entwicklung, Produktion, Vertrieb, Beratung, Schulung und Support von Software konzentriert.
Der Begriff der KMU hat im Kontext dieser Arbeit eine besondere Relevanz, da er zum einen die typischen Kunden einer ERP-Software für den Mittelstand, zum anderen die ERP-Anbieter dieser Software typologisiert.
Allgemeine Typologisierung von Unternehmen
Allgemein definiert die Europäische Kommission kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) wie folgt (vgl. EU-Komission 2005):
Tabelle 1: Typologie KMU (vgl. EU-Komission 2005)
Laut EU-Komission (2005) bilden die KMU 99% der Unternehmen der EU mit insgesamt über 65 Millionen Mitarbeitern.
Ohne näher auf die Branchenverteilung der Unternehmen einzugehen, wird davon ausgegangen, dass das Kundenpotenzial mittelständischer ERP-Anbieter zum Großteil aus diesen Unternehmen besteht.
Für diese Arbeit gilt daher:
Kleine und mittelständische Unternehmen
Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern und weniger als € 43 Mio. Bilanzsumme bzw. € 50 Mio. Umsatz
Spezielle Typologisierung von Softwarehäusern
Bei der Typologie der Softwarehäuser in Deutschland ergibt sich ein ähnliches Bild: Fast alle Softwarehäuser beschäftigen weniger als 50 Mitarbeiter, ca. 2/3 immer noch weniger als 10 Mitarbeiter. Dies belegt sowohl eine Kurzbefragung von Hauer (1996), als auch eine Erhebung des Statistischen Bundesamtes (2004) über die wirtschaftliche Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in Deutschland.
Hauer (1996) kommt zu dem Ergebnis, dass bei 93,4% der Softwarehäuser weniger als 50 Mitarbeiter und 64,8% weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigt sind (vgl. Hauer 1996, 99).
Laut dem Statistischen Bundesamt (2002) sind 96,3% der Softwarehäuser mit weniger als 50 Mitarbeiten als Kleinunternehmen und 78,1% mit weniger als 10 Mitarbeitern als Mikrounternehmen einzustufen (vgl. Statistisches Bundesamt 2004, 53). Auch die Zahlen der Vorjahre (1999 bis 2001) zeigen hier keine größeren prozentualen Abweichungen (vgl. Statistisches Bundesamt 2004, 50ff.).
Auch wenn anhand dieser Zahlen nicht ermittelt werden kann, wie viele dieser Softwarehäuser sich mit der Entwicklung bzw. dem Vertrieb und der Beratung von ERP-Software beschäftigen, so kann doch davon ausgegangen werden, dass der Anteil nicht unwesentlich ist.
Für die D GmbH und diese Arbeit wird daher folgendes angenommen:
Mittelständisches Softwarehaus
Softwarehaus mit weniger als 50 Mitarbeitern und weniger als € 10 Mio. Bilanzsumme bzw. Umsatz.
Enterprise Resource Planning (ERP) Software bedeutet in einer engen Definition: „integrierte Software-Lösung für die Steuerung der Auftragsabwicklung, des Vertriebs und der Abrechnung in einem Unternehmen“ (Brockhaus 2005).
In einer deutlich erweiterten Definition beschreibt die Aufgaben einer ERP-Software wie folgt: Eine ERP-Software dient generell dem Verwalten sämtlicher Unternehmensressourcen, wie z.B. Kapital, Betriebsmittel und Personal. Die Software ist somit in der Lage betriebliche Prozesse umfassend abzubilden und zu unterstützen. Zu den Unternehmensbereichen, die unterstützt werden, zählen u.a.:
Materialwirtschaft
(Beschaffung, Lagerhaltung, Disposition, Bewertung)
Produktion
Finanz- und Rechnungswesen, Controlling
Personalwirtschaft
Forschung und Entwicklung
Verkauf und Marketing
Stammdatenverwaltung
(vgl. Dorrhauer, Zlender 2004, 85 f.; Wikipedia, 91.10.167.135 2007; u.a.)
Die von der D GmbH angebotene Software wird durch den erweiterten Begriff zutreffend charakterisiert, daher gilt für diese Arbeit:
ERP-Software
Integrierte Software zum Verwalten sämtlicher Unternehmensressourcen, wie z.B. Kapital, Betriebsmittel und Personal, sowie zur umfassenden Unterstützung und Abbildung betrieblicher Prozesse.
Die folgende Begriffsdefinition wurde vollständig von Hesseler/Görtz (2007) entliehen, da diese eine sehr treffende allgemeine Definition des Begriffes „Vorgehensmodell“ liefert, der sich wenig hinzufügen lässt:
„Ein Vorgehensmodell beschreibt und regelt allgemein den gesamten Prozess von der Initiierung über die Durchführung bis zum Abschluss von Projekten. Wie alle anderen Modelle auch, stellt ein Vorgehensmodell damit eine vereinfachte Abbildung der Realität dar und legt hierzu ein idealisiertes Projekt zu Grunde. (…) Es unterstützt die Projektleitung in Form einer Vorlage, ihr konkretes Projekt zu strukturieren, zu planen und zu steuern. Durch ihren Einsatz kann die Komplexität von Projekten reduziert und Ihre Transparenz erhöht werden.
Dies wird durch die Vorgabe einer methodischen Vorgehensweise erreicht. Hierbei wird durch das Vorgehensmodell grundsätzlich eine standardisierte Strukturierung von Projekten in fest definierte Projektphasen vorgenommen, die sich hinsichtlich der jeweiligen Aufgaben und Ergebnisse klar voneinander abgrenzen lassen. Darüber hinaus können durch ein Vorgehensmodell auch die zu verwendenden Methoden oder Hilfsmittel vorgegeben werden. Die Festlegung bestimmter Meilensteine erleichtert zudem das Projektmanagement.“ (Hesseler, Görtz 2007, 114 f.)
Zusammenfassend wird für diese Arbeit daher folgendes angenommen:
Vorgehensmodell
Ein Vorgehensmodell beschreibt und regelt allgemein den gesamten Projektablauf von der Initiierung über die Durchführung bis zum Abschluss. Dabei wird insbesondere eine standardisierte Strukturierung fest definierter Projektphasen, sowie der Methoden und Hilfsmittel vorgenommen.
Der Begriff der Softwareeinführung beschreibt einen Prozess, dessen Ziel die Einführung eines neuen Softwaresystems bei einem Unternehmen ist. Der Begriff der Softwareeinführung wird dabei in der Literatur synonym mit dem Begriff der Softwareimplementierung verwendet.
Die ERP-Einführung (= Kurzform von Enterprise Resource Planning Software Einführung) wird somit als Spezialisierung dieses Prozesses definiert und im Rahmen dieser Arbeit schwerpunktmäßig behandelt.
Wichtig an dieser Stelle ist die Abgrenzung gegenüber der Softwareinstallation und der Softwareauswahl....