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E-Book

Wahre Halluzinationen

AutorTerence McKenna
VerlagNachtschatten Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl177 Seiten
ISBN9783037885277
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Im Jahre 1971 macht sich eine Gruppe junger amerikanischer Anthropologen und Botaniker auf ins Amazonasgebiet, um die Wirkung von halluzinogenen Pflanzen auf das Weltbild der eingeborenen Schamanen zu erforschen. Die Einnahme dort wachsender Psilocybin-Pilze versetzt zwei von ihnen, Terence McKenna und seinen Bruder Dennis, selbst in den Zustand, den sie an visionssuchenden Schamanen untersuchen wollten. Dieses Erlebnis überzeugte McKenna, dass die Welt der ekstatischen Trance des Schamanen, die visionäre Welt des Psilocybins und die Welt, in der man Ausserirdische antrifft, verschiedene Aspekte ein und derselben paradoxen Realität sind. In den Jahren danach festigte sich seine Ansicht, dass man Psilocybin dazu benutzen kann, das Verhältnis von Geist und dem Unbekannten zu erforschen. Als Forscher einer neuen Generation erkundete er die nicht rationalen Teile der Psyche und entwickelte mit Hilfe seiner rationalen wissenschaftlichen Ausbildung eine 'Quantenpsychologie'. Sein Buch liest sich so spannend wie ein Bericht über die Erkundung eines fremden Kontinents.

Terence McKenna (* 16. November 1946; ? 3. April 2000) war ein US-amerikanischer Philosoph, Sprachwissenschaftler, Autor, Biologe, Mathematiker, Psychologe, Bewusstseinsforscher, Historiker und Wegbereiter der Ethnopharmakologie. Einer der Schwerpunkte seiner Forschungsarbeit war die Erforschung des Schamanismus. Er veröffentlichte etliche Bücher vor allem über Bewusstseinserweiterung, verschiedene pflanzliche Drogen sowie psychoaktive Pilze, insbesondere über die Pilze Amanita Muscaria (Fliegenpilz), Psilocybe cubensis und andere Psilocybe. Im Rahmen seiner Forschungen verbrachte er viel Zeit im südamerikanischen Regenwald und sammelte dort Erfahrung mit vielen schamanistischen Techniken und bewusstseinsverändernden Pflanzen

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Leseprobe

WILLKOMMEN ZU WAHREN HALLUZINATIONEN!


Geschichte, das ist doch dieser kurze, etwas ruppige Übergangstrip, dem sich Pilze essende Affen unterziehen, ehe sie erwachsen und zu freifliegenden Engeln werden. In jeder Sekunde durchlaufen sie, genau wie du und ich, die komplette Entwicklung vom Affen zum Engel und treten in Resonanz mit allen Zwischenphasen, mit vergangener wie zukünftiger Zeit und den darin enthaltenen Querverbindungen. Daß die grandiose Palette nur häppchenweise und im Halbschlaf wahrzunehmen ist, verdanken wir, die Neandertal-Engel, der sich so bezeichnenden Realität. Realität definiert als dasjenige Kuchenstück, auf welches gerade die kulturgeschichtlich sanktionierte Lampe scheint. Weil dahinter aber keine große Wattleistung steckt, stehen die Neugierigen unter den Lebenden mit einem ziemlich dürftigen und flickschusterhaften Bild des Universums wie auch des eigenen Bewußtseins da. Halluzination wird genannt, wenn du beim Sehen auf Farben stößt, die du mit dem eigenen Geist beleuchten mußt, um von ihnen zu erfahren, daß sie genauso existieren wie Giraffe, Tintenfisch und Libelle, die auch nicht irreal sind, nur weil sie aussehen, als könnte es sie gar nicht geben. Wahr werden Halluzinationen, sobald du dich erinnerst, daß es keine unwahren gibt. Und diese Erkenntnis beschwingt wie nichts auf der Welt den Umgang mit diesen.

Jetzt schaukeln wir also im Boot der menschlichen Geschichte dahin, und je höher die Wogen gegen die Bordwand schwappen, desto sichtbarer wird das Meer der Zeit, durch das wir navigieren; sein Tidenhub, seine Topographie, seine Tumulte. Die Konturen von Zeitebben und Zeitfluten erscheinen im Urnebel der auf ihre Form wartenden Gelegenheiten. Ab und zu blinkt ein Leuchtturm. Sobald nun die Affen mit Hilfe der Leuchtpilze die Zeitwellen zu einer geordneten, chaosdynamischen Landkarte zusammenfügen lernen – sie folgt den Regeln des I Ging –, können sie ihre Position orten und zugleich erkennen, wohin die Zeit die ganze Zeit geht, daß wir uns inzwischen auf dem obersten fraktalen Kamm der Gesamtgeschichtswelle befinden, kurz vor der Ziellinie, kurz vor dem Jackpot. «Es ist Zeit, mit den Engelsflügeln zu flattern!» schallt es aus allen Affenmolekülen. Die Frage lautet also: was sind das für Pilze?

Sie wehen als winzige Sporen durch die vakuumhaften Weiten des Weltalls, sie landen auf dem nächstbesten Planeten mit wohlgesonnener Biosphäre, sie wachsen heran im Dung wiederkäuender Huftiere, und sie bieten sich umherschweifenden, zweibeinigen Allesfresser-Primaten telepathisch zum Verzehr an. Kaum sind die Pilze im Zielkörper eingetroffen, verrichten sie ihren biokybernetischen Minnedienst. Sie schütteln allen Neurotransmittern des Gast-Hirns persönlich die Hände, sie schließen es ans Spinnengewebe der kosmischen Weisheit an, sie überbringen evolutionäre Grüße von den Universen nebenan, und sie öffnen ganz nebenbei sämtliche Schleusen, die das Denken und Fühlen gehemmt haben. Diejenigen, die die Pilze verzehren, sehen sich auf einem kontemplativen Trampolin durch die Ekstasen von Mythos, Kalauer, Raumfahrt, Sex und Quantenschamanismus hüpfen. Und in aller Ruhe werden sie mit der Drehzahl des großen Mysteriums synchronisiert, von wo aus es keine Rückkehr in die selbstverschuldete Doofheit von Second-Hand Erkenntnis und institutionalisierter Sozialverkalkung mehr gibt.

Warum machen die Pilze das? Andererseits, warum nicht? Vielleicht bereitet es ihnen maßloses Vergnügen, hunderttausendmillionenjährige Rumpelstilzchen zu spielen; vielleicht sind sie geil darauf, zur planetaren Intelligenzverschönerung beizutragen, wo immer sie einen Planeten mit rudimentärer Intelligenz antreffen; vielleicht lassen sie spaßeshalber eines dieser Dialogprogramme laufen, bei denen selbstreflektives Schöpfungsbewußtsein aus mechanischen Reflexinstinkten wächst wie Mandelbrots «Apfelmännchen»-Geometrie aus dem Garten von Euklid. Manchmal verkleiden sich die Pilze auch als außerirdische Invasoren. Das tun sie aus Mitleid mit unserer Einfalt, weil wir uns nichts Besseres vorstellen können, und um uns nicht unnötig damit zu beunruhigen, wer oder was sie wirklich sind.

Oder die Mayas in Mexiko. Je mehr Pilze sie verzehrten, desto präziser wurde ihre Astronomie. Europa hingegen verbrannte seine pilzkundigen Astronominnen und zog dann mit Rachsucht im Herzen aus, um auch den Rest der Welt mit dem eigenen Manko in Einklang zu bringen.

Bewußtseinsintensivierende Pflanzen gehören zur Ökologie des Kosmos wie bewußtseinsintensivierende Endorphine zur Neurologie von Säugetieren. Ein Mensch ohne sie ist wie ein Bienennest ohne Bienen. Oder wie ein Computer ohne Software, und der ist ungefähr so viel wert wie ein solider, doch etwas sperriger Briefbeschwerer. Unglücklicherweise unternehmen die unter ihrem Eigengewicht ächzenden Briefbeschwerer der westlichen Welt alles, um die brachliegende Realität ihres Nervensystems, das heißt die Freiheit von Erleuchtung und Abenteuer nicht wahrnehmen zu müssen, und New Age ist über weite Strecken der Versuch, high zu werden, ohne Drogen zu nehmen. Nenne es Hyperspace oder Ewigkeit, aber irgendwann schlägt die psychedelische Vorschau in Kunst und Wirklichkeit um wie Dada in den Duden. Schon sind UFOs und andere voll bizarrem Mitgefühl strotzende Hebammen der menschlichen Überseele dabei, uns einzulotsen. Die Antwort müssen wir nicht suchen, wir müssen ihr nur ins Gesicht sehen. Die Antwort wächst mitten unter uns, sie lehrt uns die Ehe zwischen menschlicher und pflanzlicher Intelligenz und verkündet die Entkreuzigung der Großen Göttin, auf daß unter dem Glanze ihres Busens alle fühlenden Wesen die ihnen angemessenen geo-tantrischen Beziehungen eingehen.

Einmal nur habe ich Terence McKenna deprimiert erlebt. Das war, als er den Gedanken äußerte, es könne ein Mensch sterben, ohne je ein markantes psychedelisches Erlebnis gehabt zu haben. Terence McKenna vertritt die Auffassung, daß das einzig Unwichtige an der psychedelischen Erfahrung der Versuch sei, sie für irrelevant zu erklären.

Viele Leute können hellsehen, Terence kann hellsprechen. Daß er bei gewissen ethnopharmakologischen Anlässen drei Dutzend neue Naturgesetze in radikal obskuren Milchstraßen auf einmal entdeckt, ist die eine Sache, die im Prinzip jeder und jede nachvollziehen kann. Die andere, auf lange Sicht bedeutendere, ist Terences Bereitschaft, seine Entdeckungen verstandesmäßig zu überprüfen, und koste es, daß sie ihm selbst unglaublicher erscheinen, als seinem inzwischen recht zahlreichen Publikum.

Ein Interviewer des «L. A. Weekly» fragte ihn unlängst, welches denn die organisch-planetaren Werte jenseits des Konsumdenkens seien. Terence antwortete: «Nun, das Leben hat Vorrang, vor dem Tod brauchen wir uns nicht zu fürchten, die Sexualität ist die Glorie der Lebenserfahrung und so weiter und so fort …»

McKennas naturphilosophische Eluzidationen klingen im menschlichen Ohr wie ein Rockfestival von Elfen, Kobolden und Nymphen, die aber allesamt in Berkeley studiert haben («die erste Pflicht eines politischen Aktivisten ist, sich zu psychedelisieren») und die zusammen mit keltisch-poetischen Extraterrestriern Forschungsfahrten über die Teller der Wissenschaft hinaus in die Dschungel des Amazonas unternehmen. Von nicht mehr und nicht weniger künden die vorliegenden Wahren Halluzinationen.

Weil kein amerikanischer Verleger sie drucken wollte, zirkulierten sie jahrelang als «Talking book» in Kassettenform, vom Autor selbst besprochen. Es ist sicher kein Zufall, daß die Spielzeit der Tapes identisch ist mit der Fahrzeit eines Greyhoundbusses zwischen San Francisco und Los Angeles, wo ich sie das erste Mal hörte. Vorher war ich Terence bei der Ojai Foundation in Südkalifornien begegnet. Er trug eine punkige Sonnenbrille, saß unter einer Eiche und erläuterte anhand eines sonnenkollektorbetriebenen Apple Computers die vier Zöpfe, an denen wir uns aus dem zeitgenössischen Sumpf in die galaktische Mainstream-Transzendenz emporziehen werden: der Feminismus, Kybernetik, Weltraum und Psychedelik. Ich war begeistert! Seitdem zitiere ich gern freimütig aus dem Füllhorn seines Gedankenguts, allerdings, wie auch im Falle vorliegender Zeilen, nicht immer mit vollständiger Quellenangabe, und die einzige Entschuldigung für diesen Raub sehe ich in der Tatsache, daß das endgültige Copyright hier nicht bei Terence, der Person, sondern bei McKenna, dem Pilzgeist liegt.

Terence McKenna ist alles andere als ein Luftkopf. Nicht nur ist er ein Familienvater und profilierter Exponent des psychedelischen Rationalismus, sondern auch der große junge Mann einer skeptischen Halluzinologie. Die Debatte um diese Disziplinen wird spätestens dann öffentlich werden, wenn wir aufhören zu glauben, daß irgend eine physische Autorität oder metaphysische Ideologie irgend eine Antwort habe, der wir mehr trauen müßten als unserem Geburtsrecht auf gnostische Selbsthilfe. Das anhaltende Phänomen «Leben», das uns stets aufs neue mit seinem spendablen Dasein erstaunt, ist genetisch nicht haltbar ohne die Dimension des...

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