Einleitung
„Bei meinem Kampf gegen den Krebs setze ich Chemotherapie, schwedische Massage sowie Entspannung zu den gedämpften Rhythmen tibetanischer Trommeln ein.“ Dieser Satz, zusammen mit der Nahaufnahme einer lächelnden Frau mittleren Alters, die ein farbenfrohes Halstuch über den Kopf gebunden hat, um ihren Haarverlust zu kaschieren, klingt ein wenig wie ein Werbespruch für eine holistische kalifornische Wellnessklinik. Aber diese Anzeige, die in der New York Times erschien, kündigte die Eröffnung des neuen Integrative Medicine Centers im Memorial Sloan-Kettering Cancer Center an. Dieses Bollwerk der schulmedizinischen Krebsbehandlung hatte alternative Heilweisen stets vehement abgelehnt – jedenfalls bis 1999.
Der Sinneswandel kam ziemlich plötzlich, und er markierte einen überraschenden Umschwung in einem Jahrhunderte währenden Machtkampf, einem erbittert geführten Bürgerkrieg zwischen der Schulmedizin und der alternativen Medizin. Nachdem sie lange Zeit als Außenseiter galten, erfreuen sich diese alternativen Heilmethoden jetzt allgemeiner Popularität. Sie werden durch wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt und versprechen einen kommerziellen Erfolg. Eigentlich hat sich der Wind gerade erst gedreht. Wertvolle alternative Therapien setzen sich immer mehr durch, und die Behandlung von Krebs wird schon bald in keiner Weise mehr an die Vergangenheit erinnern.
Wenn Harry Hoxsey diesen grundsätzlichen Wandel in der Medizin noch miterlebt hätte, dann hätte er wahrscheinlich ziemlich gemischte Gefühle. Er hätte sicher den Wandel in der Einstellung begrüßt, der diese Entwicklung in Gang setzte und seine Krebskliniken einst so erfolgreich machte. Er wäre auch hoch erfreut über die philosophische Einsicht seiner einstigen Gegner. Aber er wäre doch ziemlich skeptisch gegenüber der Tatsache, dass gewisse Kreise darum kämpfen, ihr Monopol im medizinischen Betrieb zu behalten. Aber schließlich hatte es Hoxsey ja auch überlebt, Jahrzehnte lang wie ein wildes Tier gejagt zu werden. Seine Kliniken waren ohne jede wissenschaftliche Überprüfung einfach geschlossen worden. Er starb als gebrochener Mann. Man hatte ihn seiner Zukunft beraubt, und damit auch der Menschheit. Seine Behandlungsmethoden überlebten jedoch im Untergrund und ziehen heute mehr Patienten an als jede andere verbotene Therapie. Sie waren nicht totzukriegen.
Die erstaunliche Geschichte des Aufstiegs, Untergangs und Wiederaufstiegs der Krebskliniken von Hoxsey sind ein klassisches Beispiel für die unglückselige Politik der Medizin und die Unterdrückung vielversprechender alternativer Krebstherapien, deren Akzeptanz nun endlich unvermeidbar zu sein scheint. Als das Amt für Alternative Medizin, eine Unterabteilung des Nationalen Instituts für Gesundheit, kürzlich eine vorläufige wissenschaftliche Untersuchung der Methoden Hoxseys in Auftrag gab, stellte dies eine radikale Abkehr von seiner bisherigen Politik dar, einen Waffenstillstand in einem fast 75 Jahre andauernden Krieg der Schulmedizin gegen die angebliche „Quacksalberei“. Die Regierung sah sich endlich genötigt, die wohl umstrittenste alternative Krebstherapie in der amerikanischen Geschichte anzuerkennen.
Hoxseys mächtiger Erzfeind, die American Medical Association, hatte die Einstellung des medizinischen Establishments bereits in ihrem äußerst einflussreichen Journal of the American Medical Association (JAMA) ausgedrückt: „Es wäre nicht angemessen, zu behaupten, dass die American Medical Association oder irgendein anderer Verband oder irgendeine Person dazu verpflichtet wären, die Methoden Hoxseys anzuerkennen. Jede Person, die ernsthaft behauptet, dass die wissenschaftliche Medizin dazu verpflichtet wäre, solch eine Therapie zu untersuchen, ist entweder dumm oder unredlich.“1
Paradoxerweise beruht diese Verunglimpfung nicht auf objektiven wissenschaftlichen Arbeiten, durch die medizinische Therapien üblicherweise anerkannt oder zurückgewiesen werden. Vielmehr ist sie typisch für das alte Muster der Vorverurteilung ohne objektive und sachliche Untersuchung, durch die die „wissenschaftliche“ Medizin Jahrhunderte lang gekennzeichnet war.
Inzwischen haben Laboruntersuchungen eindeutig nachgewiesen, dass das Kräutertonikum von Hoxsey effektiv gegen Krebs wirkt. Tausende von Patienten sind davon überzeugt, dass es ihr Leben gerettet hat. Es ist vollkommen unbestritten, dass die Mittel von Hoxsey gegen äußeren Krebs wirksam sind. Im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts haben unzählige prominente Persönlichkeiten wie Senatoren, Kongressabgeordnete, Richter und sogar Ärzte die Wirksamkeit von Hoxseys Kuren bestätigt und eine unbefangene Untersuchung verlangt. Warum hat man sich also so lange geweigert?
Die Antwort ist wohl in der medizinischen Politik zu finden. Wir erleben hier einen bitteren Handelskrieg, in dem es ebenso um Geld geht wie um fundamentale gegensätzliche Standpunkte innerhalb des medizinischen Establishments. Und das Ergebnis war, dass man Hoxseys Methoden sowie unzählige andere unorthodoxe Krebstherapien vorsätzlich unterdrückte oder totschwieg.
Der Krieg lässt allmählich nach, und das, was gestern noch als Quacksalberei galt, wird allmählich zu einem Bestandteil der Medizin der Zukunft, zum Beispiel Kräutertherapien zur Bekämpfung von Krebs. Hoxsey gewinnt nun auf einem Gebiet an Boden, das gewaltig expandiert und auch die botanische und natürliche Medizin mit einbezieht.
Bei diesem Buch handelt es sich um eine Art investigativer Biographie eines Großvaters der alternativen Krebstherapie. Indem wir die außergewöhnliche Laufbahn alternativer Heiler wie Harry Hoxsey und Mildred Nelson beschreiben, zeigen wir auch die turbulenten sozialen und ökonomischen Kräfte, die die Medizin im zwanzigsten Jahrhundert mitbestimmten. Diese Geschichte bietet eine perfekte Zusammenfassung der modernen Krebspolitik und fördert ihre uralten Wurzeln zutage. Sie trägt zum Verständnis der obskuren, stets nach rückwärts gerichteten öffentlichen Politik bei, mit der wir es noch heute zu tun haben und weist einen Weg in die Zukunft, der die natürliche Medizin sinnvoll in unser Leben integriert werden wird.
Diese Beschäftigung mit der negativen Seite der modernen Medizin wirft einige sehr verstörende Fragen auf. Wenn es eine unorthodoxe Methode zur Heilung von Krebs gäbe, die wirklich effektiv ist, würden dann die Ärzte darüber irgendetwas wissen? Hat Schulmedizin unzähligen Menschen den Zugang zu einer potentiell lebensrettenden Therapie verbaut, indem sie sich einfach weigerte, sich mit dieser Möglichkeit zu beschäftigen? Und wer hat eigentlich das Recht, für den Patienten mit zu entscheiden, welchen Weg zur Heilung er einschlagen darf, besonders wenn es sich um Menschen handelt, die an einer lebensbedrohenden Krankheit leiden, gegen die die konventionelle Medizin eigentlich gar nichts ausrichten kann?
Ich begann mit meiner Beschäftigung mit der Geschichte Hoxseys 1983 als Filmemacher und Journalist. Damals führte ich meine ersten eigenen Nachforschungen über seine Behandlung und ihre erstaunliche Geschichte durch. Zusammen mit der Krankenschwester Catherine Salveson produzierte ich einen Dokumentarfilm über Hoxsey, und wir beide wurden irgendwann von neutralen Beobachtern zu aktiven Anhängern. In diesem Buch erzähle ich auch die persönliche Geschichte, wie wir in einer Zeit der dramatischen Umbrüche in die chaotische Welt der Krebspolitik hineingerieten.
Catherine und ich erlebten die Gründung des Office of Alternative Medizin (OAM) im Jahre 1991, das durch das Engagement einer großen, höchst organisierten Anhängerschaft der alternativen Medizin im Laufe der Jahre sehr schnell wuchs und erfolgreich wurde. Besonders die Wähler, die eine faire und unvoreingenommene Beschäftigung mit unkonventionellen Krebstherapien verlangten, trugen zum Erfolg dieser Organisation bei. Der amerikanische Kongress beauftragte die OAM schließlich damit, die alternativen Therapien unter besonderer Berücksichtigung der Krebstherapien zu „untersuchen und zu bewerten“. Bereits 1987 sprachen sich über die Hälfte der Amerikaner für die vollständige Legalisierung alternativer Krebsbehandlungen aus.2
Der Grund für das weit verbreitete und leidenschaftliche Interesse an alternativen Krebstherapien ist ja leider ganz offensichtlich. Die Schulmedizin hat ihren so groß angekündigten „Krieg gegen den Krebs“, in dem sie Operationen, Bestrahlungen und Chemotherapie einsetzt, praktisch verloren. Aber was der Öffentlichkeit nicht bekannt ist, ist ein anderer Krieg, der ebenfalls mit Krebs zu tun hat, nämlich die hässliche Kampagne gegen die unkonventionellen Krebstherapien und ihre Vertreter. Während des gesamten zwanzigsten Jahrhunderts haben innovative Ärzte wie Harry Hoxsey über einhundert alternative Ansätze zur Krebsbehandlung angeboten, von denen einige sehr vielversprechend waren. Die Schulmedizin zeigte jedoch nicht das geringste Interesse oder die Bereitschaft, diesen Dingen ernsthaft nachzugehen. Im Gegenteil: Die Vertreter der alternativen Methoden wurden lächerlich gemacht, mit der Entziehung ihrer Zulassung bedroht, schikaniert, verfolgt oder aus dem Land vertrieben.
Diese Tatsachen beweisen ganz eindeutig, dass ein Konsortium von Interessengruppen alternative Behandlungsmethoden grundsätzlich ohne jede Nachprüfung verurteilen und nach Möglichkeit verhindern: der Amerikanische Ärzteverband (American Medical Association = AMA), die Amerikanische FDA (Food and Drug Administration = FDA), das Nationale Krebsinstitut (National Cancer Institute = NCI) und die Amerikanische Krebsgesellschaft (American Cancer Society = NCS),...