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Wenn mich jemand sucht, ich befinde mich im Wandel

Ein Trostbuch für Hormonreisende

AutorKäthe Lachmann
Verlagmvg Verlag
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783961213993
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Hitzewellen kann man auch surfen Eine durchgemachte Nacht kam zwar in letzter Zeit öfter vor, aber leider nur allein im eigenen Bett und unfreiwillig. In die Disco konnte Käthe Lachmann nur, wenn sie hinterher drei Wochen Urlaub machte und sie fand auch keine Freundinnen mehr, die mitkamen. Denn die waren zu sehr beschäftigt mit Thermomix-Rezepte tauschen. Warum war sie also von einer Schnapspraline schon sturzbesoffen und weshalb legte sich alles, was schmeckte, sofort wie eine dicke Perserkatze um ihre Körpermitte? Was war nur los mit den weiblichen Wesen in ihrem Alter, einschließlich ihr selbst? Die Lösung für sämtliche, nicht nur körperliche, Ungereimtheiten hatte ihre Ärztin, die sie mit der Diagnose 'Wechseljahre' überraschte. Die preisgekrönte Komikerin findet, sie ist zu jung für diesen Scheiß und erzählt mit viel Witz und Charme von der heißen Phase. Um die kommt zwar keine Frau herum, doch Käthe Lachmann hilft, sie ein bisschen cooler zu nehmen. So können uns die Wechseljahre gar nix!

Käthe Lachmann, geboren 1971 im schwäbischen Reutlingen, ist Komikerin und Autorin. Mit ihren selbstgeschriebenen Comedy-Programmen war sie über zwanzig Jahre bundesweit unterwegs und erhielt diverse Preise (NDR-Comedypreis, Prix Pantheon, Deutscher Kabarettpreis). 2017 veröffentlichte Edel Elements 'Wenn zwei sich streiten, freut sich Brigitte' und 'Ich bin nur noch hier, weil du auf mir liegst'. Sie hat bereits vier Romane und ein Sachbuch veröffentlicht.

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Leseprobe

ICH BIN ZU JUNG FÜR DIESEN SCHEISS!


»Endlich Handtücher Ton in Ton!« Wir hatten einen kleinen Spaziergang hinter uns und waren auf dem Weg ins Café, als mir meine beste Freundin von ihren neuesten Errungenschaften berichtete. Und die hatte sie nicht in einem großen schwedischen Möbelhaus erstanden (von dem wir hier in Hamburg sogar gleich zwei haben), sondern von einem deutschen Frottierwarenhersteller.

»Äh, Steffi, ist das dein Ernst?« Ich konnte nicht glauben, was sie mir da erzählte. »Und die alten Handtücher?«

»Sind alle im Altkleidercontainer. Das sieht jetzt so gut aus im Schrank! Graublau, grau und mintgrau. Richtig edel.«

War das dieselbe Frau, mit der ich zu Schulzeiten die Secondhandshops nach löchrigen Jeans durchforstet hatte und mit der ich mir während unseres Studiums zwei, drei Töpfchen Directions-Colours für unsere Häupter geteilt hatte? Pink und grün und blau? »Und was ist mit deinen Holly-Hobbie-Handtüchern? Die hast du doch hoffentlich behalten!«

»Nein, genauso wenig wie das braun-beigefarbene Katzenhandtuch von meiner Oma!«

Ungläubig schüttelte ich den Kopf. »Aber da hängen doch Erinnerungen dran! Ich sag nur: Nachts nackt baden im Freibad! Wir hatten nur dein Katzenhandtuch! Und wir waren zu viert!«

»Das ist jetzt fast 30 Jahre her! Unsere Handtücher waren wirklich nicht mehr schön. Das beste gehörte Martin, das hatte er 1990 in einer tschechischen Jugendherberge geklaut. Ich denke, das sagt alles über die Notwendigkeit dieses Kaufs.«

»Und das durftest du wegwerfen?«

»Nein, natürlich nicht. Martin weiß es noch nicht. Aber es war an der Zeit, frischen Wind in unsere Schränke wehen zu lassen.«

Oha, das gibt Ärger, dachte ich bei mir und sagte: »Du klingst wie eine Politikerin, Steffi!«

»Was? Seit wann reden die denn von Schränken?«

Weil mir darauf keine Antwort einfiel und weil ich auf einmal fürchterlich müde war, winkte ich nur ab. Farblich zueinander passende Handtücher! Wir waren alt. Mir war ganz komisch. Waren das schon diese Wechseljahre? Fingen die so an? Wie ging das weiter? Wollte sie vielleicht bald auch eine neue Küche?

Als meine beste Freundin aus Kindertagen beim Kaffeetrinken dann auch noch koffeinfreien Kaffee orderte, weil ihr der »besser bekommt«, überlegte ich mir, was uns denn eigentlich noch blieb, wenn wir schon auf unseren jahrzehntelangen Wachmachgaranten verzichteten – und bestellte meinen auch ohne Koffein. Aber immerhin einen Cappuccino. Dazu nahmen wir beide, obschon uns die Nougattorte wesentlich mehr anmachte, eine Fruchtschnitte. Noch während wir bestellten, nahm ich mir vor, zu Hause zu googeln, ob es überhaupt stimmte, dass ein Obstkuchen weniger Kalorien als eine Cremetorte hat.

»Also, neue Handtücher. Was ist noch neu bei euch?« Irgendwie schmeckte der Cappuccino langweilig. Außer uns saßen in dem Café nur hippe junge Leute, die sich gegenseitig irgendetwas auf ihren Smartphones zeigten. Bärtige Männer in Turnschuhen und junge Frauen in Oversize-Pullovern, die keine anderen Probleme hatten, als wer wen jetzt eigentlich gerade süß fand.

Steffi strahlte: »Hab ich dir das schon erzählt? Wir haben jetzt einen Saugroboter! Das ist wirklich ganz wunderbar!«

»Oh, ihr auch?« Mir hatten schon mehrere Freundinnen erzählt, dass sie jetzt einen (oder mehrere) neue elektronische Haushaltshelfer hatten. »Und was ist mit einem Thermomix?«

»Na klar, ich dachte, das wüsstest du schon.« Steffis Wangen glühten, als sie mir erzählte: »Minka fährt total gern mit.« Als ich sie verständnislos anguckte, fügte sie hinzu: »Auf dem Saugroboter. Minka. Unsere Katze!«

»Ach so«, gab ich lahm von mir. Deshalb kaufte man die also, diese Saugroboter!

»Das ist so niedlich! Warte mal, irgendwo habe ich davon ein Video …« Und schon stürzte auch sie sich auf ihr iPhone und durchforstete Filme und Fotos. »Mir war das total wichtig, dass Minka gern mitfährt. Wenn sie jetzt etwa Angst vor dem Ding gehabt hätte, hätte ich es zurückgegeben. Es war Martins Idee, weil er ja bei uns derjenige ist, der staubsaugt. Ich mache den Rest, aber Martin saugt. Und seit wir den Roboter haben, macht er das noch lieber!« Klassische Rollenverteilung, schlimm. Und jetzt machte ihr Mann ja gar nichts mehr!

Endlich hatte sie das Video gefunden, und ich sah eine Katze, Minka, die stoisch auf einer Art fahrendem Stehlampenfuß saß und sich nicht im Geringsten darüber zu wundern schien. Steffi war wesentlich aufgeregter als ihre Katze. »Hahaha, ist das nicht irre witzig? Und sooo niedlich!« Die ersten, sehr coolen Hipster drehten sich schon zu uns um. »Mhm«, machte ich und dachte bei mir: »Wenn wir eine Katze hätten, bräuchten wir vielleicht auch so einen Roboter. Aber sonst?« Laut fragte ich: »Warum braucht ihr sowas? Es ging doch die ganzen Jahre auch ohne! Wieso plötzlich dieser Technik-Irrsinn? Diese komplette Automatisierung! Seid ihr zu alt, um selbst zu saugen?«

Steffi lachte: »Na ja, für Martins Rücken ist das tatsächlich nichts.«

»Macht er nicht Rückentraining? Vielleicht würde er das ja gar nicht brauchen, wenn er sich im Haushalt mehr bewegen würde!«

»Es ist einfach sehr praktisch, sagt Martin. Wegen Minka müssen wir ja oft saugen, und das ist schon toll, wenn das eine Maschine macht.«

»Sitzt Minka auch auf dem Thermomix?«

»Quatsch! Aber der ist erst mal toll! Du kannst alles damit machen: Suppen und Teig und … alles! Und ich bin da im Internet in einem Thermomix-Forum, da bekomme ich ständig neue Tipps, es ist einfach alles so unkompliziert und geht unheimlich schnell, ich kann es wirklich nur empfehlen!«

»Aber Suppe und Teig kann ich doch auch im Topf, beziehungsweise in der Schüssel« – sie unterbrach mich: »Das ist kein Vergleich! Da sind ja unheimlich viele Rezepte drin!«

»In dem Gerät?«, fragte ich verdutzt. Noch nie hatte ich mich eingehender mit diesem Ding auseinandergesetzt, ich rieb noch zwei Feuersteine über trockenen Ästen aneinander und hängte dann den Kochkessel darüber. Ja, ich kochte gern mit herkömmlichem Kochwerkzeug und konnte einer Kochmaschine, es war ja fast ein Kochroboter, nichts abgewinnen.

»Ja, die Rezepte sind drin! Und es ist alles total einfach! Und eine Waage ist auch eingebaut! Ich bin völlig begeistert. Man lädt sich das Rezept runter, das man machen möchte, dann gibt man die Zutaten hinein, und – schwups – ist es fertig! Zum Beispiel Teig. Seit ich den Thermomix habe, backe ich Brot.«

»Mit dem Ding?«

»Ja!«

»Das backt Brot? Du schmeißt alles rein und dann backt es?«

»Nein, es macht den Teig. Und dann kannst du backen.«

»Aber das kann ich doch auch in einer Schüssel!«

»Ja, schon, aber der Thermomix wiegt ja alles ab und rührt. Und das Rezept steht auf dem kleinen Display. Da steht jeder Schritt drauf! Und der Teig geht dann bei der optimalen Temperatur!«

Ich kam mir uralt und, vor allem, altmodisch vor. War es nicht das Besondere am Kochen und Backen, dass man mit den eigenen Händen etwas machte? Teig kneten, zum Beispiel. Dieses Gefühl war doch so gut, so besonders und ursprünglich. Mit den eigenen Händen sein Essen zuzubereiten, das war es doch, was den Genuss noch intensiver machte! Gerade ein Brot. Gab es etwas Besseres als frisch gebackenes Brot mit guter Butter? Wie seltsam musste es sein, wenn C3PO einem das Brot so weit fertigmachte, dass man es nur noch in den Ofen legen musste? Ach.

Und was war eigentlich, wenn man etwas verfeinern wollte, zwischendurch abschmecken, noch eine Knoblauchzehe mehr hinzugeben? Ich war eine große Verfechterin des Röstaromas: Eine gebratene Zwiebel legte doch den Grundstock fast jeder Mahlzeit, außer vielleicht bei Grießbrei – war das denn im Thermomix auch gegeben? Ich fragte nach.

»Na klar, oft kommen auch Zwiebeln rein. Die kannst du ja sogar am Stück hineingeben, der Thermomix zerhackt sie dann!«

Zerhackt. Ich musste schlucken. Da war die Frage meines Mannes dann unnötig, wie grob oder fein die einzelnen Zwiebelstücke denn sein sollten. Kein prüfender Blick von mir, ob die Würfelchen exakt in der richtigen Größe für das jeweilige Gericht waren. Ganz beim Zwiebelschneiden zu sein, alles um sich herum zu vergessen, nur er und die Zwiebel – das fiel dann weg. Stattdessen gefühlloses Plumpsenlassen des glatten, weißglänzenden Gemüses in eine Maschine, die es mit groben Klingen zerhackte. Kein Zwiebelduft, mal sehr scharf, mal nur würzig-zwiebelig, kein prüfender Blick...

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