Emerging Technologies nehmen zentralen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Entscheidungen zur Annahme oder Ablehnung dieser Technologien sind somit eine bedeutende Aufgabe des Managements. Hierfür ist es notwendig, möglichst eindeutig den aktuellen Entwicklungsstand einer Technologie zu bestimmen. Modelle wie der Gartner Hype Cycle (GHC) haben genau dies zum Ziel und helfen mit der Einordnung von Emerging Technologies auf einer von Gartner entwickelten idealtypischen Verlaufskurve. Aufgrund der weiten Verbreitung des Modells und des damit verbundenen hohen Einflusses auf die Wirtschaft stellt sich die Frage nach dessen wissenschaftlicher Fundierung. Hierbei gilt es insbesondere, den Zusammenhang zwischen Hypes und technologischer Entwicklung zu erforschen, der innerhalb des Modells abgebildet wird. Vielzählige Untersuchungen zum Thema des GHC-Modells und dessen Hintergründe wurden bereits unternommen. Deren Ergebnisse dienen als Grundlage dieser Arbeit und werden anschließend erweitert.
Die Thematik der Hype-Zyklen, die sich mit dem Verlauf von Erwartungen und Aufmerksamkeit einer Emerging Technology befasst, entstand aus dem Modell des GHC und ist neben den Modellen zur Abbildung von Technologieentwicklungen die bedeutendste Theorie zu dieser Arbeit. Bis dato bezogen nur wenige Autoren beide Themengebiete in ihre Untersuchungen mit ein. Hieraus ergibt sich die Fragestellung hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Hypes und der Technologieentwicklung, das zentrale Thema dieser Arbeit. Im Fokus stehen dabei drei Forschungsfragen: 1) Welche Entwicklung nehmen Hypes bei Emerging Technologies?, 2) Welchen Einfluss nehmen Hypes auf die Technologieentwicklung? und 3) Was bedeutet dieses Wissen um die Zusammenhänge für das Management von Unternehmen?. Rückführend soll dadurch das Modell des GHC hinterfragt und bei Bedarf weiterentwickelt werden.
Aufgebaut ist diese Arbeit in drei Teile. Zu Beginn wird in Kapitel 2 ein Überblick über Modelle zur Darstellung von Technologieentwicklung gegeben. Neben diesen ist die Theorie hinter Hype-Zyklen in Kapitel 3 zweiter Bestandteil und soll bereits Antworten zur ersten Forschungsfrage liefern. Dies ist unter anderem die Grundlage für Kapitel 4, die Ausarbeitung zweier Fallstudien zur Beantwortung der zweiten und dritten Forschungsfrage. Der Abschluss der Arbeit ist eine Diskussion der Ergebnisse aus der Fallstudie, sowie eine Rückführung zum Modell des GHC bzw. dessen Weiterentwicklung.
Die Entscheidung eines Unternehmens für eine Emerging Technology birgt große Unsicherheiten. Informationen zum Potenzial der aktuellen technologischen Leistungsfähigkeit oder auch die Breite der Anwendungsmöglichkeiten sind nur in geringem Maße vorhanden. Es ist für Wirtschaftsteilnehmer Herausforderung und Risiko zugleich, die vorteilhaftesten Technologien zu wählen und in diese zu investieren. Die größte Schwierigkeit dabei ist häufig, die Aufmerksamkeit und Erwartungen um neue technologische Themen im Vergleich zum Leistungspotenzial abzuwägen. Dabei laufen Entscheidungsträger Gefahr, Fehlentscheidungen zu treffen, also zu früh oder zu spät eine Technologie anzunehmen. Damit ist die Effizienz des Ressourceneinsatzes nicht nur individuell, sondern auch gesamtwirtschaftlich gefährdet. Als Konsequenz daraus besteht eine große Nachfrage nach Methoden, die eine bessere Einschätzung von Emerging Technologies ermöglichen und damit eine Entscheidungshilfe liefern. Sie wird von Modellen wie dem GHC bedient. Es stellt sich die Frage, inwieweit sie die komplexen Zusammenhänge der Technologieentwicklung und deren Einflussgrößen abbilden können. Die vorliegende Arbeit basiert auf der Grundlage eben dieser Problematik und versucht Zusammenhänge von Hypes und technologischer Entwicklung zu ergründen und damit das bestehende Modell des GHC zur Analyse von Emerging Technologies im Rahmen von Hypes zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.
Das Thema dieser Arbeit kann in drei voneinander abzugrenzende Bereiche unterteilt werden: Hypes, Technologieentwicklung und Managemententscheidungen (siehe Abb. 1). Jeder dieser Bereiche stellt ein weitläufiges Forschungsgebiet dar und umfasst ein breites Spektrum an Theorien. Um eine zielgerichtete Untersuchung sicherzustellen, beschäftigt sich diese Arbeit mit einer spezifischen Leitfrage, wodurch das Thema eingegrenzt werden kann:
Welche Bedeutung haben Hypes für die Entwicklung von neuen Technologien?
Übergeordnetes Ziel ist die Bedeutung von Hypes und damit die Entwicklung der Aufmerksamkeit auf die Entwicklungsverläufe von Emerging Technologies zu untersuchen. Dabei wird insbesondere betrachtet, inwieweit sich Messfaktoren der Technologieentwicklung und Hypes im Zeitverlauf bedingen. Um eine gehaltvolle Aussage treffen zu können, sind dabei im Vorfeld Modelle zur Darstellung von Technologieentwicklungen, sowie zur Entwicklung von Hypes aufzuarbeiten. Die damit getroffenen Schlussfolgerungen sollen die Grundlage zur Diskussion um die Relevanz von Hypes für strategische Entscheidungsträger liefern.
Abb. 1: Themengebiete der Arbeit und Einordnung der Forschungsfragen[1]
Die Beantwortung der Leitfrage ist in drei untergeordnete Forschungsfragen gegliedert. Um eine grundlegende Wissensbasis zu schaffen, ist zuerst die isolierte Betrachtung der Thematik von Hypes notwendig. Beantwortet werden soll dabei die Frage:
Forschungsfrage 1
Wie verläuft die Entwicklung der Aufmerksamkeit hinsichtlich Emerging Technologies?
Ziel dabei ist es, die Begrifflichkeit des Hypes zu erarbeiten, Modelle zur Abbildung von Hypes zu erörtern, mögliche Verlaufsmuster herauszuarbeiten und den aktuellen wissenschaftlichen Stand in diesem Themengebiet zusammenzufassen.
Weiterführend werden die Zusammenhänge zwischen Hypes und Technologieentwicklung erarbeitet. Aus Gründen des Umfangs wird dabei eine einseitige Betrachtung des Zusammenhangs gewählt. Der Einfluss von Hypes auf die Technologieentwicklung steht dabei im Vordergrund. Die Grundlage dafür sollen die Ergebnisse aus der Beantwortung der ersten Forschungsfrage liefern. Das Ziel soll dabei sein, Einflüsse von Hypes auf die Technologieentwicklung feststellen zu können und anhand einer Fallstudienanalyse zu überprüfen. Es ergibt sich folgende Forschungsfrage:
Forschungsfrage 2
Wie beeinflussen Hypes die Entwicklung von Emerging Technologies?
Das Wissen um den Einfluss von Hypes auf Technologieentwicklungen kann für das Management von großer Bedeutung sein, da hiervon Managemententscheidungen für oder gegen eine Emerging Technology abhängen können. Um die Bearbeitung der Leitfrage abzurunden, ist demnach der Bezug zur Thematik des Managements sinnvoll. Somit stellt sich abschließend die Frage:
Forschungsfrage 3
Wie wirkt sich das Wissen um Hypes und den Entwicklungsverlauf von Emerging Technologies auf Managemententscheidungen aus?
Die Herleitung des Forschungsdesigns basiert auf den von YIN (2009) entwickelten Prozess (siehe Abb. 2). Dabei ist in der Planungs-Phase die Forschungsfrage herauszuarbeiten und welche Methodik sich für die Beantwortung dieser am besten eignet. Im Fall dieser Arbeit kommt der Forschungsfrage 2 eine zentrale Rolle zu. Die Wahl der geeigneten Methodik bezieht sich demnach auf die Beantwortung der zweiten Forschungsfrage.[2]
Abb. 2: Prozess einer Fallstudienanalyse nach Yin (2009)[3]
Tab. 1: Faktoren zur Auswahl einer geeigneten Forschungsmethode
Grundarten von Designs einer Fallstudie[4]
Drei Faktoren sind entscheidend, um die passende Methodik ausfindig zu machen (siehe Tab. 1): 1) Die Art der Forschungsfrage, 2) die Kontrolle des Forschers über betrachtete Ereignisse und 3) der Fokus auf gegenwartsnahe Ereignisse. Die Fragestellung (siehe Kapitel 1.2) zeichnet sich durch ein „Wie“ aus. Da die betrachteten Ereignisse nicht vom Forscher beeinflusst werden können, sowie eine gegenwartsnahe Betrachtung stattfindet, weist dies auf die Möglichkeit einer Fallstudienanalyse hin.[5] Der Kriterien zu Folge können ebenso eine Umfrage oder Archivanalysen in Betracht gezogen werden. Aus Gründen zu geringer Datenqualität bzw. -verfügbarkeit, sowie die von Yin (2009) beschriebenen Vorteile der Methodik einer Fallstudie, können diese abgelehnt werden. Fallstudien eignen sich hingegen sehr gut, da sie Zusammenhänge über Zeiträume hinweg betrachten und verschiedenartige Quellen quantitativer und qualitativer Natur erlauben.[6]
In der Design-Phase zur Entwicklung des Forschungsdesigns beschreibt Yin (2009) fünf essenzielle Komponenten:
Forschungsfrage(n)
Propositionen
Analyseeinheiten
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