Das Seeleninterview
Katja schwebte im Tunnel dem Licht entgegen, als eine Stimme zu ihr sprach „Du möchtest also mit mir reden, Zash?“ fragte die Seele Katja.
Katja war verwirrt, wusste nicht, ob sie gemeint war und blickte sich um. Niemand außer ihr war in diesem Tunnel.
„Ja, Du mein Geschöpf, komm’ setz’ Dich zu mir!“, forderte ihre Seele sie auf.
Katja kam etwas näher und setzte sich.
„Zash ist Dein Name in unserer Seelenwelt, liebes Menschengeschöpf. Wie wäre es mit einem kleinen Plausch?“
„Ja, wenn Du etwas Zeit für mich hast?“, antwortete Zash.
Ihre Seele lächelte mild: „Meine Zeit ist ewig. Welche Fragen hast Du denn auf dem Herzen?“
Und aus Zash sprudelte es hervor: „Warum fühle ich mich immer wie ein Versager? Warum halte ich lieber an Gedanken oder Gewohnheiten fest, obwohl ich weiß, dass sie mir nicht gut tun? Warum fühlt sich mein Leben an, als ob ich das Leben eines Fremden führe? Warum werde ich permanent manipuliert und kritisiert, obwohl ich mein Bestes gebe, die Erwartungen zu erfüllen? Und warum fühle ich diese unbändige, ständig wachsende Sehnsucht in mir, die sich durch nichts stillen lässt? Und für die mir die Worte fehlen, sie zu beschreiben?“
„Ui, das sind viele Fragen auf einmal und sehr wichtige zudem!“ antwortete Zashs Seele. „Selbstbilder, Gedanken oder Gewohnheiten entstehen unter anderem durch Deine Meinung, liebe Zash.
Leider können viele Menschen nicht unterscheiden, ob ihre Meinung das Ergebnis ihrer eigenen Schöpfung ist oder ob es die Meinung anderer Menschen ist, die sie irgendwann einmal von diesen übernommen haben.
Wenn Du das Gefühl hast, auf der Stelle zu treten und Du Meister im Erfinden von Ausreden bist... Kann es vielleicht sein, dass das, was Du tust oder glaubst erreichen zu müssen, gar nicht DEINES ist?
Nicht Dein Leben,
nicht Deine Ziele,
nicht Dein Anliegen,
weder Dein Weg noch Deine Art und Weise?
Das würde Dein Empfinden erklären, dass Du das Leben eines Fremden führst.
Ist es möglich, dass Du in dem was Du tust oder mit wem Du bist, keine Erfüllung mehr findest, weil Du Erwartungen hattest, die nicht Deine waren? Oder weil Du Ziele hattest, die zu leicht zu erreichen waren? Oder hast Du Angst davor, sie zu erreichen, weil Du nicht weißt, was es mit Dir macht und was danach kommt?
Kann es sein, dass diese Sehnsucht, die Du nicht in Worte fassen kannst, die Sehnsucht nach Deiner Würde ist? Ein Zustand, in dem Du Dein höchstes Selbstbild erreicht hast und Dein Anliegen kennst, das Dich mit Glück erfüllt und täglich neu über Dich hinauswachsen lässt? Dass Du Deinen Sinn, Deine Aufgabe gefunden hast? Und das unerschütterliche Wissen, dass Du alles bewältigen kannst, egal was wann auch immer auf Dich zukommt? Diese unfassbare Gefühl, Dich verbunden und dennoch frei zu fühlen?
So wirklich glücklich war Zash mit diesen Antworten ihrer Seele nicht. Denn die „Antworten“ ihrer Seele waren ja genau genommen ja nur weitere Fragen. Und gleichzeitig fühlte sie in ihrem Bauch einen kurzen „Glücks-Lupfer“, als die Seele das Wort „Würde“ erwähnte, als Antwort auf ihre Sehnsucht.
Zash grübelte so angestrengt, dass sich auf ihrer Stirn tiefe Falten bildeten.
Nach einer Weile fragt die Seele: „Du bist so still mein Kind. Was beschäftigt Dich?“
„Meine liebe Seele, ich möchte Dich nicht kritisieren, aber Du hast mir auf meine Fragen keine Antworten gegeben, sondern mir neue Fragen gestellt.“
„Als Deine Seele, mein liebes Kind, bin ich nicht Deine Datenbank für Antworten, sondern Deine unerschöpfliche Quelle der Möglichkeiten, aus denen Du frei wählen kannst, um Dir Deine Lösungen selbst zu gestalten. Damit Du Dir aus dieser Seelenvielfalt heraus DEINEN Weg pflasterst heraus aus den Krisen und Problemen hinein in Deine Selbsterfüllung.
„Ah. Das hat mir bisher noch niemand gesagt“, stellte Zash etwas ernüchtert fest. „Gibt es denn noch etwas, das ich Deiner Meinung nach wissen sollte?“
„Vielleicht“, antwortete die Seele. „Ist Dir aufgefallen, dass all Deine Fragen mit ‚warum’ beginnen?“
„Jetzt, wo Du es sagst! Hab’ ich schon wieder was falsch gemacht?“
„Daran ist nichts falsch. Was wäre, wenn es gar kein richtig oder falscht gibt? Sondern nur Wirkungen, die zielführender sind als andere?“
„Aaaah, das fühlt sich so viel erleichternd an!“ atmete Zash tief ein und aus.
„Die meisten ‚Warum-Fragen’ drehen sich um das Problem und das, was ist bzw. was eigentlich schon vergangen ist. Daher lösen die Antworten darauf auch keine Handlungsimpulse aus, etwas zu verändern.
Es gibt einen Spruch:
Das WARUM zementiert Mauern, das WIE öffnet Türen.“
„Hm, hast Du da vielleicht ein Beispiel für mich, bitte?“
„Gern. Nehmen wir doch mal Deine erste Frage, warum es Dir schwer fällt..., möchtest Du mal probieren, sie in eine ‚wie-Frage’ umzudrehen?“
„Puh, Seelengespräche hab ich mir viel entspannender vorgestellt. Aber das hier artet ja langsam echt in Arbeit aus!“ dachte Zash bei sich...
„Wie ist es möglich, dass ich nicht meiner Gewohnheit...!“, hier unterbrach sich Zash. „Moment, ich hab’ mal gelernt, keine Negationen zu verwenden...!“
Die Seele nickte weise.
„Alsooo, wie ist es möglich, meine Gewohnheiten loszulassen und meine Meinung zu ändern, um endlich voranzukommen?“
„Wow! Für den Anfang ist das schon fabulös!“ jubelte die Seele euphorisch.
„Wie könntest Du Dich jetzt noch stärker als Person oder Schöpfer in diesen Satz integrieren?“, versuchte die Seele Zash einzuladen, es nochmal zu probieren.
Zash probiert es: „Wie ist es möglich, dass ich meine Gewohnheiten loslasse und meine Meinung ändere, damit ich endlich vorankomme?“
„Ja ...!“
„Moment!“, unterbrach Zash ihre Seele, „ich krieg’s noch besser hin!“ Nun war sie kaum zu bremsen.
„Wie kann es mir jetzt gelingen, dass ich meine Gewohnheiten loslasse und meine Meinung ändere, damit ich endlich vorankomme?“
„Hallejulia!“, die Seele konnte vor Freude über diesen Lernerfolg kaum an sich halten!
„Zash, nicht Julia!“, korrigierte Zash, die damit versuchte, ihre Unsicherheit über diese ausufernde Freude ihrer Seele auszugleichen.
„Was fällt Dir jetzt auf?“ fragte die Seele Zash.
„Es geht um mich. Ich bin nicht mehr auf Antworten von anderen oder wie Du es gesagt hast „auf die Vergangenheit und das Problem fixiert“, sondern auf mögliche Lösungen und die Zukunft. Ich bin nicht mehr abhängig von den Antworten anderer, sondern kann in mir selbst die Lösungen finden, die zu mir passen.
Das ist ... neu und ungewohnt. Und dennoch ... ziemlich beeindruckend!
ABER, WIE finde ich jetzt die Lösungen?“, wandte sich Zash an ihre Seele.
„Sie finden Dich!“
„Häh? Sie finden MICH? Wie das denn?“, wollte Zash wissen.
„Je häufiger und kraftvoller Du solche Fragen stellst, desto mehr Antennen stellen sich auf und desto sensibler wird Deine Wahrnehmung für die Lösungen und Wege!“ erklärte die Seele.
„Okaaaaay! Und das kann ich mit allen Fragen machen?“
„Logisch!“
Sie verfielen in gemeinsames tiefes Schweigen. Irgendwann meldete sich die Seele zu Wort und fragte Zash: „Gibt es noch etwas, das Du mich fragen möchtest?“
„Ja, liebe Seele. Was ist WÜRDE?“
„Oh, welch eine wunderbare Frage, mein liebes Kind!“, freute sich die Seele.
„Würde ist die ‚all-in-one-Erfüllung’ all Deiner Sehnsüchte, die Du nicht in Worte fassen kannst. Sie ist wie ein Gewand aus Lichtfäden, in das sich Deine Seele kleidet.
Immer, wenn Du Deine Talente lebst, Deinem Anliegen folgst und dabei über Dich hinauswächst, entsteht ein neuer Lichtfaden, der Dich strahlen lässt, Dich nährt, Dich in Deinem SEIN stärkt und Deine Seele schützt!“
„Wow, das klingt sooooo schön. Habe ich auch so ein Gewand?“ wollte Zash wissen.
„Ja, mein Kind, alle Menschen haben eines, aber die meisten „vergessen“ es schon als kleine Kinder. Irgendwann merken sie dann meist später, dass ihnen irgendetwas fehlt und sie begeben sich auf die Suche. Aber wie sollen sie etwas finden, von dem sie nicht einmal wissen, dass sie danach suchen? Viele glauben, dass es Liebe sei. Kein Wunder, Eure Gedichte, Lieder, Fernsehsendungen und Zeitschriften sind ja voll davon. Aber Liebe ohne Würde endet meistens in Enttäuschung oder Krieg oder beidem!“, bedauerte die Seele.
„Und ich, trage ich mein Seelengewand? Trage ich meine...