Risikowahlmodell
Das Risikowahlmodell beschreibt, wie die Leistungsmotivation von der Erfolgswahrscheinlichkeit und dem Anreiz des Erfolges bestimmt wird. Es besagt, dass die Wahrscheinlichkeit des Erfolges mit zunehmender Aufgabenschwierigkeit sinkt. Ist eine Aufgabe extrem schwierig, ist es praktisch aussichtslos sie zu Ende zu führen. Aus diesem Grund sinkt die Motivation zusammen mit der Wahrscheinlichkeit auf Erfolg. Der Anreiz des Erfolges dagegen wird umso größer, je schwieriger die Aufgabe ist.[9] Die Lösung einer extrem leichten Aufgabe, wird nicht als erfolgreich wahrgenommen, da sie keine Herausforderung darstellt. Die Lösung einer schwierigen Aufgabe dagegen ist höchst reizvoll, da man durch den Erfolg, etwas Schwieriges geschafft hat.
Es ergeben sich demnach zwei gegenläufige Geraden für die Motivierung. Mit ansteigender Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs steigt die Motivation einerseits, allerdings sinkt gleichzeitig der Anreizwert der Aufgabe und somit die Motivation ebenfalls. Die Motivation etwas zu leisten ist also von zwei Bedingungen abhängig: zum einen von der Zuversicht, einen Erfolg erreichen zu können und zum anderen von der Bewertung des Erfolges. Ein Leistungsmotivierter wird nicht solche Aufgaben wählen, die hoffnungslos zu schwer sind. Aber er wird auch keine Aufgaben wählen, die unter Berücksichtigung seines Leistungsstandes viel zu leicht sind. Um Unter- oder Überforderung zu vermeiden, richtet sich die Leistungsmotivation auf Aufgaben mit mittlerem Schwierigkeitsgrad. Diese Aufgaben wirken besonders anreizend, da Erfolg und Misserfolg gleichermaßen möglich sind. Somit ist die Aufgabe einerseits an sich reizvoll, da sie dem Grad der eigenen Fähigkeiten entspricht und andererseits auch reizvoll, da der Erfolg die Aufgabe gelöst zu haben nicht selbstverständlich ist. Als besonders motivierend gelten Handlungen, die einem mittleren Anspruchsniveau entsprechen. Unter Anspruchsniveau versteht man, „was sich die Person zu schaffen vornimmt“[10], es ist „dasjenige Niveau der zukünftigen Leistung bei einer bekannten Aufgabe, welches eine Person, der ihr vergangenes Leistungsniveau bei dieser Aufgabe bekannt ist, explizit zu erreichen versucht“[11]. Ob ein Anspruchsniveau als mittelschwer empfunden wird, hängt von der Wahrscheinlichkeit auf Erfolg, der Aufgabenschwierigkeit und den subjektiven Fähigkeiten ab, aufgrund derer Schwierigkeitsgrade von Aufgaben beurteilt werden.[12] Um mit einer Handlung zufrieden zu sein, muss das Anspruchsniveau mindestens erreicht werden.
Atkinson macht darauf aufmerksam, dass neben dem Anspruchsniveau die Richtung des Leistungsmotives ausschlaggebend für die Motivierung in einer Leistungssituation sei. Er unterscheidet zwischen den beiden unabhängigen Leistungsmotiven Hoffnung auf Erfolg und Furcht vor Misserfolg. Je nach dem welches Motiv überwiegt, ist das Motiv insgesamt erfolgserreichend oder misserfolgsmeidend orientiert. Leistungsmotivation resultiert demnach aus einem emotionalen Konflikt zwischen Hoffnung auf Erfolg und Furcht vor Misserfolg.[13] Für Erfolgsmotivierte bzw. Misserfolgsmeidende fällt die oben beschriebene Kurve der Motivation in Leistungssituationen unterschiedlich aus.
Bei Erfolgszuversichtlichen ergibt sich in der Regel, die oben beschriebene umgekehrte U-Funktion, bei welcher die mittelschweren Aufgaben die höchste Motivation hervorrufen.[14] Bei Menschen, die misserfolgsmeidend motiviert sind, ergibt sich eine andere Funktion.[15] Menschen, die vor allem aus Furcht vor Misserfolg handeln, werden dazu neigen, Extremaufgaben zu wählen. Misserfolgsängstliche meiden mittelschwere Aufgaben, da diese im Gegensatz zu extrem leichten bzw. extrem schweren Aufgaben als bedrohlich angesehen werden. Bei extrem leichten Aufgaben, kann Misserfolg gemieden werden, da die Wahrscheinlichkeit des Erfolges sehr hoch ist. Bei extrem schwierigen Aufgaben, bei denen die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges praktisch null ist, ist ein Versagen nicht weiter schlimm, da die Aufgabe „eh so schwierig wahr“ und man sie von vornherein nicht schaffen konnte. Die nach unten geöffnete U-Kurve der Erfolgszuversichtlichen dreht sich bei den Misserfolgsmeidenden um, und wird zu einer nach oben geöffneten Parabel, bei welcher vor allem die Extreme motivierend wirken. Die für Erfolgsmotovierten am meisten förderlichen Bedingungen sind demnach gleichzeitig „die für Mißerfolgsmotivierte am meisten beeinträchtigenden und umgekehrt“[16].
Ursachenerklärung von Erfolg und Misserfolg
Die zugrundeliegende Annahme der Theorien von Ursachenerklärungen von Erfolg und Misserfolg ist, „daß Menschen motiviert sind, ihre Umwelt kausal zu erklären, also wissen wollen, warum ein Ergebnis eingetreten ist.“[17] Je nachdem, welche Ursachen und Gründe man für Erfolg bzw. Misserfolg verantwortlich macht, kann sich diese sogenannte Kausalattribution positiv oder negativ auf die Motivation auswirken. Es wird zwischen internalen bzw. externalen und stabilen bzw. nicht stabilen Ursachen unterschieden. Im Allgemeinen werden vier Ursachen zur Erklärung von Erfolg und Misserfolg herangezogen, die sich nach den beiden Dimensionen Lokalität und Stabilität unterscheiden lassen. Die Faktoren sind Begabung, Anstrengung, Aufgabenschwierigkeit und Zufall.
Internale bzw. externale Ursachenzuschreibung bezieht sich darauf, ob man ein Handlungsergebnis sich selbst oder irgendwelchen außerhalb von einem selbst liegenden Bedingungen zuschreibt. Bei internaler Attribution liegen die Ursachen für Erfolg bzw. Misserfolg innerhalb der eigenen Person, z.B. in der eigenen Fähigkeit oder Anstrengung, bei der externalen Attribution liegen die Ursachen außerhalb der Person wie zum Beispiel bei anderen Personen, Umwelteinflüssen und äußeren Faktoren, wie der Aufgabenschwierigkeit und dem Zufall.
Unter stabilen Ursachen versteht man Faktoren, die zeitüberdauernd sind, unter nicht stabilen Faktoren, Ursachen, die situativ veränderbar sind. An der zeitlichen Stabilität der Ursachen hängt die Erwartung, ob die Ursachen sich ändern können und wie das zukünftige Abschneiden in vergleichbaren Situationen ausfällt.[18] Zu den stabilen Faktoren zählen der internale Faktor Fähigkeit und der externale Faktor Schwierigkeit, zu den nicht stabilen Ursachen zählen Anstrengung und Zufall.
Die Ursachenzuschreibung bestimmt die Erfolgserwartung und den Selbstbewertungsaffekt. Je nach Lokation (internal oder external) und Stabilität (stabil oder variabel) der Ursachen, „die man für das eigene Abschneiden verantwortlich macht“[19], unterscheidet sich die Erfolgserwartung in zukünftigen Situationen und die Bewertung der eigenen Person. Die Stabilitätsdimension beeinflusst vor allem die Erwartungsänderungen und die Lokationsdimension selbstwertbezogene Gefühle.[20]
An der Zuschreibung der Ursachen an internale oder externale Faktoren hängt der Selbstbewertungsaffekt, d.h. ob man die Ursachen bei sich oder bei seiner Umwelt sucht. Je nach Kausalattribution kann sich diese Zuschreibung positiv oder negativ auswirken. Wird Erfolg internal begründet, also den eigenen Fähigkeiten oder der eigenen Anstrengung zugeschrieben, wird „besonders intensiv Freude und Zufriedenheit nach Erfolg“ empfunden. Wird Erfolg dagegen externalen Ursachen zugeschrieben, wie zum Beispiel Glück und Zufall, kann diese Zufriedenheit nicht im gleichen Maße erlebt werden, da man nicht Stolz auf die eigene Tüchtigkeit sein kann. Wird Misserfolg internal begründet, lässt dies die eigene Selbstbewertung sinken, da man seine eigenen Fähigkeiten für gering einschätzt. Wird Misserfolg external begründet, wie zum Beispiel durch Pech, leidet die Selbstbewertung nicht unter der Attribution, da nicht die eigenen Fähigkeiten Schuld am Misserfolg waren. Für die Motivation ist es geeignet, wenn Erfolg internalen und stabilen Faktoren und Misserfolg externalen zugeschreiben wird. Besonders vorteilhaft ist es, „wenn jemand Erfolg auf den stabilen Faktor Fähigkeit, Mißerfolg dagegen auf den variablen Faktor Anstrengung zurückführt, ersteres stärkt das Selbstbewußtsein und die künftige Erfolgsgewißheit, letzteres erhält die Zuversicht, durch größere Mühe dennoch Erfolg haben zu können“[21].
Erfolgsmotivierte und Misserfolgsmotivierte unterscheiden sich in ihrer bevorzugten Ursachenzuschreibung. Während Erfolgsmotivierte Misserfolg vor allem externalen und variablen Ursachen zuschreiben, die in zukünftigen Situationen veränderbar sind, fallen Kausalattributionen von Misserfolgsmeidenden meist entmutigend aus, da Erfolg external und Misserfolg internal und stabil begründet werden.
Selbstbewertung
Die Selbstbewertung ist ein wichtiger Faktor der Leistungsmotivation. Je nachdem wie man sich selbst in Bezug auf seine Leistung bewertet, kann dies motivierend wirken. Die Selbstbewertung der eigenen Leistung hängt von drei Teilprozessen ab, dem Vergleich eines Resultats mit einem Standard, der Kausalattribution des Resultats und dem Selbstbewertungsaffekt von Zufriedenheit mit der eigenen...