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Internationale Markteintrittsformen und Marktbearbeitungsformen von Handelsunternehmen

AutorDaniel Schwarz
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl91 Seiten
ISBN9783638581356
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich BWL - Handel und Distribution, Note: 1,70, Universität Trier, 115 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Seit Beginn der neunziger Jahre lässt sich eine rasant zunehmende internationale Dynamik des Handels feststellen. Galt der Handel auf der Absatzseite im Vergleich etwa zu Konsumgüterherstellern lange als traditionell durch eine binnenmarktorientierte Ausrichtung geprägt, haben mittlerweile viele Handelsunternehmen ihr Auslandsengagement stark vergrößert und intensiviert. So erwirtschaften bereits heute einige europäische Handelsunternehmen mehr als ein Drittel ihres Umsatzes außerhalb ihrer Stammländer. Die Geschäftszahlen der METRO für das erste Quartal des Jahres 2006 weisen beispielsweise - bei einem Umsatzrückgang im deutschen Heimatmarkt - ein Umsatzwachstum von 4,8% sowie ein Erlöswachstum von 13,2% im Auslandsgeschäft aus. Das französische Handelsunternehmen CARREFOUR hat seit Jahresbeginn 2006 17 neue Verkaufsstätten in 11 verschiedenen Auslandsmärkten eröffnet. Die Internationalisierung gehört somit aktuell zu den wesentlichen Trends im Handel. Vor dem Hintergrund der stetig zunehmenden Relevanz der Internationalisierung und der damit einhergehenden Notwendigkeit, konkrete Entscheidungen treffen zu müssen, ergeben sich für Handelsunternehmen Problemstellungen, die insbesondere auch länderübergreifende strategische Fragen der Auswahl von Markteintrittsform und der Gestaltung der Marktbearbeitung beinhalten. Gleichzeitig weist die Handelsforschung allerdings - im Vergleich zu anderen Branchen - sowohl in theoretischer als auch empirischer Hinsicht noch einen verhältnismäßig geringen Umfang zu diesem Thema auf. Zielsetzung dieser Arbeit, die aus den vorgestellten Problemstellungen direkt abgeleitet werden kann, ist es, sowohl durch die Analyse bereits bestehender theoretischer Erkenntnisse als auch durch eine empirische Untersuchung folgenden Fragestellungen nachzugehen: •Lassen sich Markteintritt und Marktbearbeitung in ein Gesamtkonzept der Internationalisierung einordnen? •Welche Bedeutung haben theoretische Erklärungsansätze der Internationalisierung für die Wahl der Markteintrittsform und die Marktbearbeitung? •Welche Erkenntnisse zur Markteintrittsform und zur Marktbearbeitung lassen sich aus den Ergebnissen empirischer Studien ziehen? •Welche Faktoren beeinflussen die Ausgestaltung der internationalen Markteintrittsform und der Marktbearbeitung von Handelsunternehmen? •Gibt es bei der Wahl der Markteintrittsform und der Festlegung der Marktbearbeitungsstrategien ideale Gestaltungsoptionen?

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Leseprobe

3. Aspekte des internationalen Markteintritts von Handelsunternehmen


 

3.1. Theoretische Erklärungsansätze zur Wahl der Markteintrittsform


 

Auch bei theoretischen Erklärungsmodellen zur Internationalisierung des Handels besteht noch erheblicher Forschungsbedarf, da auf die theoretische Fundierung von Internationalisierungsstrategien hin entwickelte Konzepte meist erst an handelsspezifische Eigenschaften angepasst werden müssen. Nichtsdestotrotz können sie Erklärungsansätze liefern, die gleichwohl für die konkrete grenzüberschreitende Gestaltung der Absatzaktivitäten eine gewichtige Rolle spielen. In der betriebswirtschaftlichen Literatur existiert zwar keine allgemeingültige Theorie zur Wahl einer bestimmten Markteintrittsform, dennoch besteht eine Vielfalt von teils konkurrierenden, teils sich ergänzenden Ansätzen. Die wichtigsten dieser theoretischen Ansätze werden im Rahmen dieses Abschnittes skizziert.

 

Die Psychische Distanz

 

Das Konzept der Psychischen Distanz kann als theoretischer Ansatz zur Erklärung internationaler strategischer Entscheidungen von Unternehmen dienen. Die Psychische Distanz ist definiert als “the distance between the home market and a foreign market resulting from the perception of cultural and business differences.”[21] In der Fachliteratur basiert das Konstrukt der Psychischen Distanz meist auf der Annahme, dass Unternehmen am erfolgreichsten in Länder expandieren, die ähnlich zum Heimatmarkt sind, d.h. also wenige Unterschiede vor allem in kultureller Hinsicht aufweisen. Hieraus kann bereits eine erste Schlussfolgerung extrahiert werden:

 

„It can be argued that the perception of cultural and business differences will lead to a sense of uncertainty about the foreign market, which will result in a more extensive strategic decision making process.”[22]

 

Als Konsequenz dieses Wahrnehmungs- und Entscheidungsprozesses der Psychischen Distanz resultieren schließlich weitere theoretische Erklärungsansätze und Schlussfolgerungen bezüglich der Markteintrittsformwahl. So scheint es für Handelsunternehmen sinnvoll zu sein, bei wahrgenommenen großen Distanzen eher kosten- und risikominimierende Eintrittsoptionen wie Franchising oder Joint Ventures auszuwählen. Konträr dazu erscheint der Eigenaufbau von Tochtergesellschaften dann sinnvoll, wenn der anvisierte Markt eine geringe Psychische Distanz aufweist, was die Wahrscheinlichkeit hoher finanzieller Risiken beispielsweise durch Unsicherheiten über den Markt verringert.[23] Neben der Tatsache, dass das Konzept der Psychischen Distanz auf die strategischen Fragen der Marktwahl hin angewendet werden kann, liefert es – aufgrund des nachgewiesenen engen Zusammenhangs der Entscheidungsfelder Marktwahl und Markteintrittsform – auch einen Erklärungsansatz in Bezug auf die strategische Gestaltung der Eintrittsoption.

 

Die Stages Theory

 

Die Stages Theory stellt die Bedeutung von Lerneffekten in den Vordergrund der Betrachtung. Eng verbunden mit den strategischen Fragen der Marktwahl wird hierbei ein Stufenmodell propagiert, welches eine Internationalisierung in mehreren Ablaufschritten vorsieht. Zu Beginn wählen viele Handelsunternehmen aufgrund geringer internationaler Erfahrung zunächst kulturell und geografisch ähnliche Zielmärkte aus, bevor sie dann den Schritt in neue, relativ fremde Länder wagen. Die Bedeutung der kulturellen Distanz wird hier offensichtlich: Je größer die kulturelle Distanz, desto größer ist beispielsweise die Bereitschaft der Handelsunternehmen, ein Joint Venture mit einem im Zielland beheimateten Unternehmen einzugehen, da sie sich vom lokalen Partner Erfahrungswerte und damit Lernvorteile für zukünftige Expansionsschritte erhoffen.[24] Jene Unternehmen, die auf eine globale Internationalisierung durch Standardisierung ihrer Betriebstypen zielen, bevorzugen meist den Aufbau von Filialen mit hoher Eigenkontrolle und den damit verbundenen unmittelbaren Erfahrungsgewinn. Im Gegensatz dazu erhalten etwa Unternehmen, die auf Franchising als Expansionsstrategie setzen, nur wenig Informationen, die ihnen bei den nächsten Schritten der Internationalisierung weiterhelfen können.[25] Das Erfahrungswissen kann somit als Erklärungsvariable für die Wahl der Markteintrittsform dienen.

 

Die Principal-Agent Theory

 

Die Principal-Agent Theory oder auch Agency Theory stellt einen theoretischen Überbau dar, der zur Entscheidungsfindung bezüglich der Markteintrittsform herangezogen werden kann. Ausgangspunkt der Theorie ist die Annahme, dass Akteure als rational denkende und handelnde Wirtschaftssubjekte aufgrund von Informationsasymmetrien und Hierarchien in ihrer Entscheidungsfindung beeinträchtigt sind. An der Spitze dieser Hierarchie stehend delegiert der Principal Aufgaben an den Agent,[26] welcher im Gegensatz zum Principal tagtägliche Erfahrungen in operativen Aufgaben und daher einen Wissensvorsprung besitzt. Der Principal erwartet demnach vom Agenten, dass jener sich voll und ganz für die Erfüllung der gestellten Aufgaben engagiert und gleichzeitig aber keine eigenen Ziele verfolgt, da er die konkrete Tätigkeit seines Agenten nicht vollständig kontrollieren kann. In diesem Zusammenhang wird die Informationsasymmetrie zwischen Principal und Agent offensichtlich. Der Agent kann jedoch diese ungleiche Informationsverteilung zu seinen eigenen opportunistischen Zwecken nutzen. Dem Principal entstehen dadurch Kosten der Überwachung des Verhaltens des Agents.[27] Je größer die kulturellen Distanzen zwischen Heimat- und Gastland, umso höher sind die Kosten der Überwachung. Wie Doherty/Quinn feststellen, weist die Beziehung zwischen Principal und Agent deutliche Parallelen zum Verhältnis zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer auf.[28] Übertragen auf die spezifische Situation der Internationalisierung des Handels äußert sich die Informationsasymmetrie meist in Wissensunterschieden zwischen Heimat- und Auslandsmarkt. Zwar ist die bloße Existenz von Informationsasymmetrien kein Problem an sich; da diese fehlenden Informationen über den Auslandsmarkt jedoch oftmals ein Risiko für das internationalisierende Unternehmen darstellen, wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur – ähnlich wie bei dem Konzept der Psychischen Distanz – oftmals die Wahl von Franchising als Eintrittsform mit geringen Kosten und Risiken als konsequente Reaktion dargestellt. Die Psychische Distanz berücksichtigt dagegen eben nicht die Bedeutung von Informationsasymmetrien,[29] die Doherty als „one of the most crucial determining factors influencing the retailer entry mode choice decision”[30] bezeichnet. Da der Franchisenehmer über die Erfahrung im Zielland verfügt, kann das expandierende Handelsunternehmen als Franchisegeber durch den Franchisevertrag die Informationsasymmetrie überwinden und sich gleichzeitig durch detaillierte vertragliche Regelungen vor Moral Hazard und Missbrauch durch den Franchisenehmer absichern. Die Agency Theory plädiert also für die Beibehaltung und vertragliche Absicherung der Kontrolle durch den Franchisegeber, um sich vor den Kosten des Missbrauchs bzw. der Verwässerung seiner „intangible assets“[31] wie z.B. handelsspezifischem und technologischem Know-how zu schützen. Gerade durch die Berücksichtigung und Einbeziehung von Faktoren und Verhaltensweisen wie Moral Hazard, rationellem Handeln sowie insbesondere von Informationsasymmetrien und den dadurch entstehenden Kosten zeigt sich die Bedeutung der Agency Theory.

 

Die Transaktionskostentheorie

 

Die Theorie der Transaktionskosten hat ihren Ursprung in der Neuen Industrieökonomik und ist eine Organisationstheorie, die zu erklären versucht, warum in bestimmten Situationen bestimmte Formen der Transaktion bzw. der Organisation vorteilhaft sind. Auf die Handelsinternationalisierung übertragen steht im Mittelpunkt der Überlegungen der Transaktionskostentheorie die Frage, unter welchen Bedingungen eine bestimmte Markteintrittsform am zweckmäßigsten und damit anderen Optionen vorzuziehen ist. Basisannahme der Transaktionskostentheorie ist, dass jegliches Handeln in einer Marktwirtschaft mit Kosten verbunden ist. So konstatieren Zentes/Swoboda/Schramm-Klein, „dass die unterschiedlichen Betätigungsformen Transaktionskosten, so Kosten zur Anbahnung, Absicherung und Kontrolle der Transaktionen, verursachen.“[32] Die Höhe der Kosten variiert je nach Art der Transaktion und ist darüber hinaus vom Einfluss mehrerer Faktoren abhängig, die in Abbildung 2 in einer Gesamtentscheidungssystematik dargestellt werden.

 

Abb. 2: Transaktionskostentheoretische Fundierung des internationalen Markteintritts

 

 

Quelle: in Anlehnung an Lingenfelder, Michael: Die Internationalisierung im europäischen Einzelhandel: Ursachen, Formen und Wirkungen im Lichte einer theoretischen Analyse und empirischen Bestandsaufnahme, (Duncker & Humblot) Berlin 1996, S. 157.

 

Besonders relevant für die Einschätzung der Transaktionskosten ist das Risiko bezüglich ökonomischer und außerökonomischer Determinanten, welche bei entsprechender Unsicherheit über ihre Ausprägungen bzw. ihren Einfluss die Transaktionskosten erhöhen, da Unternehmen...

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