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E-Book

Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen in staatlichen Planungs- und Zulassungsverfahren

Leitfaden für die Praxis

AutorMartin Gellermann, Matthias Schreiber
VerlagSpringer-Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl506 Seiten
ISBN9783540690979
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis86,99 EUR

Rechtliche und naturschutzfachliche Fragen des Artenschutzes bei Verfahren der Fachplanung, der kommunalen Bauleitplanung sowie der Zulassung von Eingriffsvorhaben. Mit internationalen und europäischen Bestimmungen und den normativen Anforderungen des nationalen Artenschutzrechts, des gesetzlichen Biotopschutzes und der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Typische Fallkonstellationen, praktikable Problemlösungen, umfangreicher Anhang.

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Leseprobe

§14 Umsetzung des Urteils des EuGH vom 10.01.2006 (S. 215-216)

Auch wenn derzeit noch nicht sicher ist, in welcher Art und Weise der Gesetzgeber auf die im Vertragsverletzungsverfahren erfolgte Verurteilung durch den EuGH reagieren wird, zeichnet sich doch bereits ab, dass der in Orientierung an entsprechenden Regelungen des Landesrechts entwickelte Vorschlag einer Integration des europäischen Artenschutzrechts in die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung kaum Aussicht auf Verwirklichung hat. Bereits in ihrem Eckpunktepapier betonte die Bundesregierung zu Recht, die artenschutzrechtlichen Defizite dort beheben zu wollen, wo sie entstanden sind. Hiermit übereinstimmend sah der erste Referentenentwurf des BMU aus dem Oktober 2006 verschiedene Änderungen im Regelungskontext der §§ 42 ff. BNatSchG vor.545 Der aktualisierte und dem Vernehmen nach zwischen den Bundesressorts noch nicht abschließend abgestimmte Entwurf aus dem Dezember 2006 hält daran unverbrüchlich fest.546 Mögen die Weichen damit auch in die richtige Richtung gestellt sein, gibt die konkrete Ausgestaltung der geplanten Regelungen doch zu Bedenken Anlass.

A. Thematisch einschlägige Regelungen des Referentenentwurfs im Überblick

Ausweislich seiner Begründungserwägungen zielt der Entwurf darauf ab, den Beanstandungen des EuGH im Rahmen einer 1:1-Umsetzung des Urteils vom 10.01.2006 zu genügen. In Ansehung der hier interessierenden Thematik547 sind vor allem die beabsichtigten Änderungen der §§ 42, 43 und 62 BNatSchG (im Folgenden: BNatSchGE) von Belang.

Während noch im Oktober 2006 die Zeichen auf Streichung der den „Stein des europarechtlichen Anstoßes" bildenden Vorschrift des § 43 Abs. 4 BNatSchG standen, soll es nunmehr mit einer europarechtlich veranlassten Modifikation der Legalausnahme sein Bewenden haben. Nach § 43 Abs. 4 BNatSchGE gelten die weiterhin in § 42 Abs. 1 BNatSchGE normierten artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote „für Eingriffe in Natur und Landschaft … nur, soweit es sich um in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten und europäische Vogelarten handelt". Diese Regelung bringt es mit sich, dass die Zugriffsverbote keinerlei Steuerungswirkung (mehr) im Hinblick auf Eingriffsvorhaben entfalten, die „nur" Individuen oder Lebensstätten der ausschließlich nach Maßgabe des nationalen Rechts besonders oder streng geschützten Tier- und Pflanzenarten in Mitleidenschaft ziehen.

Änderungen sind überdies beabsichtigt, soweit es die Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG anbetrifft. Während § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchGE die Verbote des direkten Zugriffs (Jagd, Fang, Tötung etc.) in sich aufnimmt, untersagt es § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchGE, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören. § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchGE verbietet unter Übernahme entsprechender Begrifflichkeiten des Art. 12 Abs. 1 lit. d FFH-RL die Naturentnahme, Beschädigung und Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten wild lebender Tiere der besonders geschützten Arten. § 42 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchGE schließlich sichert wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten einschließlich ihrer Standorte vor menschlichem Zugriff ab.

Da die modifizierte Legalausnahme des § 43 Abs. 4 BNatSchGE nicht von der Beachtung der Zugriffsverbote in Fällen der Betroffenheit von Arten des Anhangs IV FFH-RL sowie europäischer Vogelarten entbindet, sucht der neue § 42 Abs. 5 BNatSchGE unter Anknüpfung an die auf Gemeinschaftsebene entwickelten Vorstellungen548 für eine Flexibilisierung des Umgangs mit den artenschutzrechtlichen Verboten bei der Zulassung von Eingriffsvorhaben Sorge zu tragen. Ausweislich des Satzes 1 dieser Bestimmung verstoßen nach § 19 BNatSchG zugelassene Eingriffe nicht gegen das zum Schutz der Fortpflanzungs- und Ruhestätten bestimmte Verbot des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchGE, „soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werden kann".

Inhaltsverzeichnis
Vorwort6
Inhaltsverzeichnis7
Abkürzungen15
Einführung20
A. Artenschwund und seine Ursachen20
B. Artenschutz in staatlichen Planungs- und Genehmigungsverfahren21
C. Praktische Probleme im Umgang mit dem Artenschutzrecht22
Erster Teil: Artenschutz aus rechtlicher Perspektive24
§ 1 Thematisch einschlägiges Artenschutzrecht im Überblick26
A. Internationales und europäisches Artenschutzrecht26
I. Einschlägiges Konventionsrecht27
II. Europäisches Artenschutzrecht32
B. Artenschutzrecht in der Bundesrepublik Deutschland34
I. Naturschutzrecht des Bundes und der Länder35
II. Sonstiges artenschutzrelevantes Recht37
§ 2 Artenschutzrecht in der vorhabenbezogenen Fachplanung40
A. Fachplanung – Eingrenzung und Überblick40
B. Die Funktionssicherungsklausel des § 63 BNatSchG41
C. Allgemeines Artenschutzrecht42
I. Landesrecht im Rahmen des § 41 Abs. 1 BNatSchG42
II. Weitergehende Verbote des Landesrechts43
D. Besonderes Artenschutzrecht45
I. Privilegierung der Fachplanung durch die Legalausnahme des § 43 Abs. 4 BNatSchG45
II. Besonderes Artenschutzrecht im Entscheidungsprogramm der Fachplanung50
III. Die Verbotstatbestände51
IV. Ausnahmen und Befreiungen84
V. Artenschutz in „Natura 2000-Gebieten“101
E. Artenschutz und Eingriffsregelung102
I. Das Abwägungsmodell des § 19 Abs. 3 S. 2 BNatSchG103
II. Das Verweisungsmodell107
F. Gesetzlicher Biotopschutz108
I. Gesetzlicher Biotopschutz im Überblick108
II. Die Ausnahmeregelungen und das europäische Artenschutzrecht113
G. Artenschutz durch sonstige Rechtsvorschriften113
I. Spezielle Anforderungen einzelner Fachplanungsgesetze114
II. Artenschutz und rechtsstaatliches Abwägungsgebot115
§ 3 Artenschutz in der Bauleitplanung124
A. Relevanz des Arten- und Biotopschutzrechts125
I. Bauleitplanung als Zulassungsakt – der planfeststellungsersetzende Bebauungsplan125
II. Biotop- und Artenschutzrecht in der Angebotsplanung125
B. Der „vollzugsunfähige“ Bauleitplan127
I. Allgemeines Artenschutzrecht128
II. Besonderes Artenschutzrecht als dauerhaftes Hindernis128
III. Gesetzlicher Biotopschutz als dauerhaftes Hindernis137
C. Artenschutz und Abwägungsgebot139
§ 4 Artenschutz in staatlichen Genehmigungsverfahren142
A. Zulassung baulicher Anlagen143
I. Vorbemerkung143
II. Bauliche Vorhaben im Außenbereich (§ 35 BauGB)144
III. Bauliche Vorhaben im Innenbereich147
IV. Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans148
B. Rechtsfragen ausgewählter Zulassungsverfahren150
I. Artenschutz in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone – dargestellt am Beispiel der Zulassung von Seeanlagen151
II. Artenschutz im bergrechtlichen Betriebsplanverfahren156
III. Wasserrechtliche Erlaubnis und Bewilligungen162
Zweiter Teil: Naturschutzfachliche Fragestellungen168
§ 5 Besonders und streng geschützte Tier- und Pflanzenarten170
A. Das gesetzlich geschützte Artenspektrum170
I. Material und Methode171
II. Das Artenspektrum174
B. Gefährdungsstatus der geschützten Arten175
§ 6 Gesetzlich geschützte Lebensstätten178
A. Brut- und Niststätten179
I. Räumliche Dimensionen bei der Bemessung von Brut- und Niststätten179
II. Mittelbare Auswirkungen auf Brut- und Niststätten181
III. Zeitliche Dimensionen bei der Bemessung von Brut- und Niststätten183
B. Wohn- und Zufluchtstätten189
I. Funktionale Begrenzung von Wohnstätten190
II. Räumliche und zeitliche Dimensionierung von Wohn- und Zufluchtstätten.192
C. Standorte wild lebender Pflanzen193
§ 7 Das Tötungsverbot196
§ 8 Störungen198
A. Allgemeines198
B. Zeitliche Erstreckung201
C. Räumliche und zeitliche Erstreckung des Störungsverbotes203
D. Überlappungen zwischen Beschädigung von Lebensstätten und Störungen205
§ 9 Erweiterter Artenschutz in der Eingriffsregelung?208
§ 10 Artenschutz und Natura 2000-Gebiete210
§ 11 Besonders geschützte Arten –Sachverhaltsermittlung212
A. Einführung212
B. Ermittlung des Artenspektrums213
I. Der geographische Ansatz213
II. Der ökologische Ansatz213
III. Der wirkungsbezogene Ansatz214
IV. Grenzen der Vorab-Einschränkung215
C. Ausdehnung des Untersuchungsraumes215
D. Untersuchungstiefe für das Artenspektrum216
I. Ermittlung der Betroffenheit lediglich anhand der Literatur218
II. Ermittlung des Artenspektrums anhand eigener Geländeerhebungen219
III. Untersuchung des Artenspektrums, Ermittlung des Status der Arten, ihrer Verteilung und der von Nist-, Brut-, Wohnund Zufluchtstätten im Planungsraum219
IV. Besonderer Untersuchungsaufwand bei streng geschützten Arten und europäischen Vogelarten220
§ 12 Bewertung und Gewichtung der Artenschutzbelange222
A. Allgemeine Bewertungsansätze222
B. Eingeschränkte Bewertung223
§ 13 Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung226
A. Allgemeines226
B. Vorgezogene Kompensationsmaßnahmen227
C. CEF-Maßnahmen227
Dritter Teil: Perspektiven des besonderen Artenschutzrechts232
§ 14 Umsetzung des Urteils des EuGH vom 10.01.2006234
A. Thematisch einschlägige Regelungen des Referentenentwurfs im Überblick234
B. Würdigung der Regelungsvorstellungen236
C. Vorschläge zur Neuregelung241
I. Streichung des § 43 BNatSchG241
II. Anpassung der Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG241
III. Schaffung einer neuen Ausnahmeregelung242
IV. Klärung des Verhältnisses242
V. Fazit243
§ 15 Neue Wege des Artenschutzes in Planungs- und Zulassungsverfahren244
A. Anlass zum Umdenken244
B. Neugestaltung des Artenschutzes in Planungs- und Zulassungsverfahren245
Vierter Teil: Fallbeispiele250
Fall 1: Die Ortsumgehung252
Fall 2: Der Freizeitpark262
Fall 3: Windkraft und Artenschutz268
Literatur274
Sachverzeichnis286
Anhang292
Legende und Anmerkungen zum Anhang293

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