In der vom Club of Rome 1972 in Auftrag gegebenen Studie „Die Grenzen des Wachstums“ ermittelte der Ökonom Dennis L. Meadows, dass dem Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum durch Umweltverschmutzung, Nahrungsmittel- und Rohstoffknappheit Grenzen gesetzt sind. Aus der folgenden Diskussion wurde die Forderung nach Nachhaltigkeit und dem schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen immer zentraler.[18] Die Enquete-Kommission fordert „Die freiwillige Einführung eines Umweltmanagementssystems“[19] und den „Umweltschutz in alle Aufgabenfelder, Tätigkeiten. Produkte und Produktionen eines Unternehmens zu integrieren“.[20]
Für die Wirtschaft kann jedoch Umweltschutz und Nachhaltigkeit in der Regel kein Oberziel sein. Unternehmen streben nach Gewinn, den sie unter zu definierenden Nebenbedingungen zu maximieren versuchen. Eine solche Nebenbedingung kann der Umweltschutz sein, der entweder durch rechtliche Rahmenbedingungen, aus Imagegründen oder individuelle Wertvorstellungen, das Oberziel Gewinnerzielung unterschiedlich stark beeinflusst. Dabei sind rechtliche Richtlinien, Auflagen und Besteuerungen nicht unproblematisch und oftmals in der Diskussion.[21] Wachsender Wettbewerbsdruck insbesondere durch die Globalisierung ist einer der Gründe, dass teure Umweltschutztechnologien nicht oder nur langsam in den Produktionsprozess implementiert werden. Die Politik muss zwischen Nachhaltigkeit und Schutz der heimischen Wirtschaft stets abwägen, um im internationalen Vergleich konkurrenzfähig zu bleiben. Z.B. lehnen die USA bis heute die Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls ab, um die heimische Wirtschaft nicht zu schwächen.[22]
Spangenberg / Verheyen sehen als Ursache der Ressourcenausbeutung und Umweltverschmutzung die Fehlallokation von Faktoren. Dies wird dadurch hervorgerufen, dass Preise am Markt, im Gegensatz zur „idealen Marktwirtschaft“ nicht tatsächliche Knappheiten widerspiegeln und somit Umweltfaktoren zu stark beansprucht werden.[23] Als Gründe für die aktuellen Preise nennt er: [24]
Zukünftige Knappheiten beeinflussen aktuelle Preise nicht signifikant.
Öffentliche Güter haben keinen (Knappheits-)Preis.
Nachfrage, die keine Kaufkraft besitzt (z.B. zukünftige Generationen), ist nicht preiswirksam.
Angebote, die nicht mit Geldtransfers verbunden sind, haben keinen Preis.
Gewinne fließen dem Unternehmen zu, ein Teil der Kosten wird jedoch von der Allgemeinheit getragen (externe Kosten).
Preise werden durch Monopole und Oligopole verzerrt.
Als Folge gibt es eine Differenz zwischen betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Kosten. Die Folge sind Rohstoffverschwendung und Übernutzung der Natur. Dies wird durch die aktuelle Steuerpolitik noch verschärft. Während im Jahre 1993 die steuerlichen Einnahmen aus Nutzung der Natur in den OECD-Ländern bei ca. 9 % lagen, wurden 62 % aus dem Faktor Arbeit eingenommen. Die Folgen konnten in den vergangenen Jahren beobachtet werden. Arbeit wurde durch andere Produktionsfaktoren substituiert. Folglich wurde das Einsparpotential im Materialeinsatz in den vergangenen Jahrzehnten nur wenig beachtet, obwohl eben das Material im Durchschnitt 56 % der Herstellkosten für das produzierende Gewerbe ausmacht.[25]
Der genaueren Betrachtung von Materialflüssen widmet sich das Energie- und Stoffstrommanagement. Da der Umweltaspekt nur eine Nebenbedingung für Unternehmen ist, soll besonderes Augenmerk der betriebswirtschaftlichen Seite des aus der Umweltökonomie stammenden Ansatzes gelten. Dieser erhebt den Anspruch, Ökologie und Ökonomie verbinden zu können.[26]
Gaeth / Michels definieren Energie- und Stoffstrommanagement (ESSM) als
„eine tief greifende Analyse und gezielte Optimierung von Material- und Energieströmen, die bei der Herstellung von Produkten und Dienstleistungen entstehen.“[27]
Als Stoffstrom versteht die Enquete-Kommission:
„der Weg eines Stoffes von seiner Gewinnung als Rohstoff […] bis zu seiner Entsorgung“[28]
Diese Definition schließt aber innerbetriebliche Stoffströme nicht mit ein, weshalb ihr im Rahmen dieser Arbeit nicht entsprochen werden kann. Eine offenere Definition benutzen Gaeth und Michels:
„alle Materialbewegungen durch Gewinnung, Verarbeitung, Produktion, Verbrauch, und Verwertung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Energie, Produkten und Abfällen!“[29]
Der Definition folgend, werden alle Materialien, Güter, Energie und Emissionen als Stoffe verstanden, und das Fliessen eine Veränderung von Ort (Bewegung) oder Zusammensetzung (z.B. im Rahmen der Produktion) darstellt.[30] Aus Grießhammers Definition des Stoffstrommanagements
„Stoffstrommanagement ist also das aktive und effiziente, an anspruchsvollen Umweltzielen orientierte, produktlinien- und medienübergreifende Beeinflussen von Stoffströmen. Stehen die Ziele fest, umfasst das Stoffstrommanagement im engeren Sinne die Schritte Stoffstromanalyse, Stoffstrombewertung, Strategieentwicklung, Umsetzung und Erfolgskontrolle, wobei die Aufgaben den beteiligten Akteuren klar zugeordnet sind bzw. werden.“[31]
lassen sich zwei Hauptmotive identifizieren:
Zum einen kann ein ökologisch motiviertes Stoffstrommanagement herausgelesen werden, das seinen Fokus auf den Umweltschutz legt. Das verwundert nicht, da der Ansatz aus der Umweltökonomie stammt. Zum anderen hat sich das ökonomisch motivierte Stoffstrommanagement entwickelt, dass aus betriebswirtschaftlicher Sicht versucht, Kosteneinsparpotentiale aufzudecken. Damit erhebt es nicht den Anspruch, möglichst umweltfreundlich zu sein, sondern durch geeignete Maßnahmen Kosten einzusparen, die auch die Umwelt schonen.
Aus diesen Gründen ist neben der unterschiedlichen Zielvorgabe auch der Betrachtungsgegenstand ein sehr unterschiedlicher. Während das ökonomische ESSM hauptsächlich betrieblich- und prozessorientierte Stoffströme untersucht, hat das ökologisch motivierte ESSM eine überbetriebliche Betrachtungsweise.[32] Der Betrachtungsgegenstand (System) unterscheidet sich folglich vor allem durch die gesetzten Systemgrenzen. Im Rahmen dieser Arbeit soll das ökologisch motivierte ESSM vernachlässigt werden, da grundsätzlicher Unterschied nur in den Systemgrenzen und Vollständigkeit der Umweltschutzmaßnahmen besteht. Zudem bedarf eine überbetriebliche Stoffstromanalyse Informationen, die für ein Unternehmen teilweise nicht zu beschaffen sind. Dazu sind die Daten aller vor- und nachgelagerten Produktionsstufen "von der Wiege bis zur Barre"[33], also von der Entnahme von Rohstoffen aus der Natur, bis zum endgültigen Rückfluss des Produkts als Abfall. Daher werden auch Softwarelösungen zum Produkt-Life-Cycle-Management, die grundsätzlich auch unter dem Bearbeitungsthema verstanden werden können, hier nicht weitergehend behandelt.
Stoffstrommanagement unterteilt sich fünf Phasen:[34]
Zielfestlegung
Stoffstromanalysen
Stoffstrombewertung
Strategieentwicklung
Durchführung und Kontrolle
Innerhalb der Zielfestlegung wird das zu erfassende System und Stoffströme definiert. Darauf aufbauend müssen alle Materialmengen erfasst werden, die mit den festgelegten Stoffströmen zusammenhängen. Die Bewertung anschließend hängt von den Schutz- und Gestaltungszielen ab, die sich ein Unternehmen setzt. Eine Abwägung zwischen Ökologie, Ökonomie oder anderen Zielen wie Sozialverträglichkeit muss nun vorgenommen werden.[35] Aus der Stoffstrombewertung sind Strategien zur Beeinflussung zu entwickeln, die nach Umsetzung einer Erfolgskontrolle zu unterziehen sind. Stoffstrommanagementsoftware kann keine der fünf Phasen alleine lösen, aber helfen, den Aufwand zu reduzieren und eine größere Übersichtlichkeit herzustellen. Zentraler Ansatzpunkt ist die Erfassung und Bewertung der Stoffflüsse.
Das Flusskostenmanagement ist ein Kostenrechnungsansatz, der die Materialflüsse als Kostentreiber betrachtet und ordnet daher die Kosten diesen zu.[36] Das ermöglicht eine neue Sicht, die bessere Einblicke auf die Materialverlusten erlaubt. Die wurden bislang nicht vollständig...