Durch die Konstellation und Struktur eines MBOs sind verschiedene Akteure mit jeweils individuellen Motiven beteiligt. Abbildung 11 zeigt eine typische MBO-Struktur mit den jeweiligen Beteiligten und deren wechselseitigen Beziehungen. Die Hauptakteure sind der Alteigentümer als Verkäufer, das Management, das als Käufer und zukünftige Unternehmensleitung agiert und der Finanzinvestor, der als Käufer neben der Bereitstellung von Eigenkapital auch umfangreiches Know-how über derartige Transaktionen mitbringt.[114] Weitere Beteiligte sind Berater, die mit ihrer Expertise zur Seite stehen, sowie Banken, die die Akquisitionsfinanzierung strukturieren (vgl. Kapitel 3.2.2.3.2). Bei der Nachfolgeregelung spielt die Familie im Hintergrund ebenfalls eine wesentliche Rolle, da durch den Kaufpreis u.a. die Alterversorgung gesichert werden soll.[115]
Abbildung 11 Struktur und Beteiligte eines Nachfolge-MBOs
Quellen: eigene Darstellung in Anlehnung an Wolf/Hill/Pfaue (2003), S. 130; Diem (2005), S. 3;
Kühn (2006), S. 40.
Die Initiative für einen Nachfolge-MBO geht i.d.R. von dem Alteigentümer selbst aus, da ein Generationswechsel innerhalb der Familie nicht durchsetzbar war und evtl. weitere unternehmensexterne Varianten verworfen wurden und er sich letztendlich für den Verkauf des Familienunternehmens an das Management entschließt.[116]
Das primäre Ziel ist die Erzielung eines angemessenen Kaufpreises bei einer Minimierung der Steuerlast.[117] Der Verkaufserlös, der in Summe oder in mehreren Raten gezahlt werden kann, dient der finanziellen Absicherung der Familie und der Altersversorgung.[118] Zudem hat der Familienunternehmer den Wunsch nach dem Fortbestand des Unternehmens und der Wahrung der Unternehmenstradition; Arbeitsplatzabbau oder gravierende Umstrukturierungen sollen vermieden werden.[119] Eine Abwägung der Ziele zwischen Maximierung des Kaufpreises und der Sicherung des Unternehmens und der Arbeitsplätze ist insbesondere vor dem Hintergrund der Wahl des PE-Investors zu treffen.[120]
In einer Studie zu Nachfolge-MBOs hat das Finance-Magazin Familienunternehmer nach den Kriterien für die Wahl des Finanzinvestors befragt. Dieser sollte vor allem ein gutes Verständnis für die Unternehmenssituation sowie Erfahrungen mit der Unternehmensnachfolge aufweisen. Ausgeprägtes Branchen- und Finanzierungs-Know-how und der Anlagehorizont sind weitere Entscheidungsparameter auf Seiten des Familienunternehmers bzw. des Managements.[121]
Eine vertrauliche Behandlung der Verkaufsabsichten ist ebenfalls wichtig für den Familienunternehmer, um eine Verunsicherung von Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern zu vermeiden.[122] Der Alteigentümer hat bei einem MBO zudem die Wahl sich über eine Reinvestition (vgl. hierzu Kapitel 3.2.2.3.2) an dem Unternehmen zu beteiligen, um an der zukünftigen Wertsteigerung zu partizipieren und sich somit schrittweise von seinem Unternehmen zu lösen.[123]
Durch den Verkauf des Unternehmens an das Management ist die Fortführung des Unternehmens im Sinne des Alteigentümers am wahrscheinlichsten. Im Vergleich zu dem Verkauf an einen Wettbewerber (strategischen Investor), bei dem zur Nutzung von Synergien ggf. Stellenabbau, Neufirmierung und Standortschließungen einhergehen, bleibt die grundlegende Struktur des Unternehmens bestehen; Produktionsstandorte, Firmennamen und Betriebsgeheimnisse werden i.d.R. bewahrt.[124] Allerdings ist der strategische Investor durch den zusätzlichen strategischen Nutzen häufig bereit, einen höheren Kaufpreis für das Unternehmen zu zahlen.[125]
Finanzinvestoren machen die Investitionsentscheidung überwiegend von vier Kriterien abhängig: erwartete Rendite, mögliches Risiko, Qualifikation des Managements und Geschäftsmodell des potentiellen Zielunternehmens.[126] Das primäre Motiv des Finanzinvestors ist die Wertsteigerung des finanzierten Unternehmens, um die eingegangene Beteiligung mittelfristig mit einer möglichst hohen Rendite zu veräußern.[127] Die Renditeerwartungen der Finanzinvestoren liegen zwischen 20 – 35 % p.a.[128] bzw. bei dem 2,5 bis 3 fachen des eingesetzten Eigenkapitals[129] (interner Zinsfuss oder IRR, vgl. hierzu Kapitel 3.4.2). Die Kaufpreishöhe spielt bei der erzielbaren Rendite demnach eine entscheidende Rolle.[130] Auf eine Verzinsung der Einlage bzw. Gewinnausschüttung wird i.d.R. verzichtet, um eine möglichst schnelle Tilgung des Kaufpreisdarlehens zu erzielen und das Unternehmen wieder verkaufsfähig zu machen.[131] Der Fokus des Finanzinvestors ist schon zu Beginn der Transaktion auf ein mögliches Exitszenario innerhalb von ca. 3 – 7 Jahren und die erwartete Renditeerzielung gerichtet.[132] Dies soll durch gezielte Maßnahmen wie u.a. die Neuausrichtung der Produkt- oder Marktstrategie, Umstrukturierungsmaßnahmen, Änderungen in der Personalstruktur und in der Managemententlohnung sowie konkrete Maßnahmen im Fertigungs- oder Absatzbereich erzielt werden.[133] Der Finanzinvestor stellt hierzu umfangreiche Branchenkenntnisse, sein persönliches Netzwerk und Beratungsleistungen zur Verfügung.[134]
Die Motive des Managements beziehen sich auf die Verbindung von Kapitalbeteiligung und Übernahme der Unternehmensleitung des Familienunternehmens. Durch den MBO wird das Management zum selbständigen Unternehmer und kann die zukünftige Unternehmensstrategie eigenverantwortlich gestalten. Durch die Beteiligung am Kapital des Unternehmens partizipiert der Manager unmittelbar am Unternehmenserfolg und erhält einen entsprechenden Anreiz zur Wertsteigerung.[135] Die hohe interne Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals der Buy-out-Manager bildet zusätzlich einen starken finanziellen Anreiz.[136] Das sog. Sweet Equity gewährt dem Management gegen eine geringe Einzahlung in die Kapitalrücklage der Erwerbergesellschaft einen relativ hohen Anteil an dem Unternehmen im Verhältnis zum Beteiligungsverhältnis und dient als zusätzliche Anreizvergütung.[137]
Der Manager verfügt über detaillierte unternehmensinterne wie marktbezogene Kenntnisse, wodurch er den zukünftigen Unternehmenserfolg gut abschätzen kann. Sein unternehmerisches Risiko lässt sich im Vergleich zu einer originären Gründung reduzieren.[138] Außerdem ist für eine Neugründung in einem reifen Markt ein hohes Startkapital notwendig, um die notwendige Betriebsgröße zu erreichen.[139]
Hauptmotive befragter Geschäftsführer für einen MBO, die im Rahmen von Studien von Forst und Jacoby ermittelt wurden, sind der Wunsch nach unternehmerischer Freiheit, monetäre Anreize sowie die Aussicht auf langfristige Erfolgsmöglichkeiten. Zusätzliche Gründe sind eine erwartete höhere Arbeitszufriedenheit, Prestigegewinn sowie ein geringeres Risiko im Vergleich zu einer Neugründung.[140]
Ein Buy-out-Prozess wird in vier Phasen durchgeführt: die Anbahnungs-, die Transaktions-, die Durchführungs- und die Desinvestitionsphase. Abbildung 12 gibt einen Überblick über die einzelnen Phasen und deren zeitlichen Rahmen.
Abbildung 12 Phasen des Buy-out Prozesses
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Wolf/Hill/Pfaue (2003), S. 143; Nathusius (2003), S. 386; Schmeisser/Lesener/Tscharntke (2007), S. 64; Betsch/Groh/Lohmann (2000), S. 317 ff.
Jeder MBO beginnt mit der Aufnahme der ersten Gespräche (Anbahnungsphase). Darauf folgt die Transaktionsphase, deren Schwerpunkt die Analyse und Strukturierung des MBOs ist. In der Durchführungsphase werden Wertsteigerungsmaßnahmen absolviert. Die Desinvestitionsphase umfasst die verschiedenen Exitszenarien des Finanzinvestors sowie die Messung der Zufriedenheit mit dem Buy-out der Beteiligten.[141] Die eigentliche Unternehmensnachfolge und Nachfolgefinanzierung ist mit dem Ende der Transaktionsphase abgeschlossen. Um die Motive des Finanzinvestors auf ihre Erfolgsfaktoren zu überprüfen, werden die Durchführungs- und Desinvestitionsphase ebenfalls dargestellt. Für das Management zeigt sich ebenfalls erst in diesen Phasen, inwiefern der MBO erfolgreich war.
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