Detox – Lifestyle, Unsinn oder gesunde Maßnahme?
Negative Einflüsse auf die Selbstreinigungsmechanismen des Körpers
Wir leben in einer Überflussgesellschaft, sodass es uns – äußerlich gesehen – an nichts fehlt. Die verbesserte Hygiene und die Fortschritte in der Medizin haben mit dazu beigetragen, dass sich unsere Lebenserwartung erhöht hat. Banale Infektionen, an denen man noch vor einigen Jahrzehnten gestorben ist, stellen keine gesundheitliche Bedrohung mehr dar. Die Lebenserwartung hat sich erhöht, doch gleichzeitig wird auch die Anzahl kranker Menschen immer größer. Viele der verbreiteten Krankheitsbilder weisen einen Zusammenhang mit einem ungesunden Lebensstil auf.
Unser Körper ist an sich ein wunderbares, sich selbst reinigendes System. In jedem Augenblick vollbringt er wahre Wunder und erneuert sich ständig selbst. In einer Sekunde sterben etwa 50 Millionen Zellen und fast genauso viele werden wieder gebildet. Aber eben nur »fast« – das ist auch der Grund, wieso wir altern. Es dauert beispielsweise nur eine Woche, bis die gesamte Magenschleimhaut erneuert ist. Die Hautzellen bilden sich alle zwei bis vier Wochen neu. Sogar so etwas Festes wie Knochengewebe wird bei jungen Menschen in etwa zehn Jahren erneuert, bei älteren dauert dieser Prozess mehr als doppelt so lange.
Der Körper kann auch alles, was wir essen, in mikroskopisch kleinste Teilchen zerlegen. Daran ist eine Vielzahl von Prozessen beteiligt, die gewährleisten, dass die etwa 100 Billionen Zellen, aus denen unser Körper besteht, möglichst optimal mit Energie versorgt werden. Die Drüsen der Magenschleimhaut sondern Sekrete ab, die die Nahrung zersetzen und verflüssigen. Der Dünndarm mit seiner Oberfläche von etwa 100 Quadratmetern entzieht dem Nahrungsbrei Nährstoffe und leitet sie ins Blut. Wir verfügen über verschiedene Eiweißbausteine, die Hormone, Antikörper und Enzyme produzieren und unseren Stoffwechsel in Gang halten.
Die Leber ist das zentrale Organ des Stoffwechsels und gleichzeitig die größte Drüse unseres Körpers. Sind wir gesund, macht sie einen exzellenten Job: Sie baut Alkohol, Medikamentenreste und andere Schadstoffe ab, macht Krankheitserreger unschädlich und produziert Galle. Wenn wir aber ein Übermaß an Alkohol, Medikamenten oder sehr fettreiches Essen zu uns nehmen, kann das ihre Kapazität beeinträchtigen und ihre Leistung dauerhaft einschränken. Gewisse gefährliche Umweltgifte wie z. B. Quecksilber oder Dioxin kann die Leber nicht abbauen, stattdessen werden sie im Körper (z. B. im Fettgewebe) gespeichert. Bei stark übergewichtigen Menschen entwickeln sich die Fettzellen zu riskanten Giftmüllhalden. Da in ihnen zudem Hormone hergestellt werden, kann der Hormonhaushalt aus der Balance geraten und die Gesundheit beeinträchtigen.
An die 1500 Liter Blut durchfließen die Nieren in 24 Stunden und werden über ein Filtersystem von Schadstoffen befreit. Die kleinsten Filtereinheiten (Nephrone) haben eine Gesamtlänge von 24 Kilometern. Sie regulieren u. a. den Wasser-, Elektrolyt-, Mineral- und Säure-Basen-Haushalt. Aber auch die Niere filtert nicht grenzenlos. Gerade Menschen, die über längere Zeit Eiweiß im Übermaß zu sich nehmen, überlasten ihren Organismus mit Harnsäure, Harnstoff und Schwefel. Wenn dann auch noch zu wenig getrunken wird, kreisen diese Substanzen länger im Blut, belasten den Stoffwechsel und fördern u. a. Krankheiten wie Gicht und Osteoporose.
Ist der Darm etwas träge, lagern die mit Giftstoffen belasteten Verdauungsendprodukte länger als nötig im Körper, werden wieder aufgenommen oder greifen die Darmschleimhaut an und können nach neusten Forschungen vielleicht sogar Krebs begünstigen.
Mit steigender Belastung nehmen die Mikronährstoffe ab – z. B. Zink und Selen, die die Organe bei der Befreiung von Schadstoffen unterstützen. Das führt u. a. dazu, dass zu wenig Antioxidantien produziert werden, die die sogenannten »freien Radikale« im Körper unschädlich machen können, die den Alterungsprozess sowie Krankheiten wie Krebs, Alzheimer, Diabetes mellitus und Arteriosklerose beschleunigen können. Freie Radikale entstehen auch bei Stress, zu viel Sonnenbestrahlung oder Nikotineinwirkung, bei hohen Cholesterinwerten oder einem gestörten Fettstoffwechsel.
Mit Detox-Maßnahmen den Körper entlasten
Doch was geschieht mit diesen fein aufeinander abgestimmten Prozessen, wenn wir unserem Körper zu viel Eiweiß, Fett, Zucker und Drogen zumuten? Kann es sein, dass dieser ausgeklügelte Mechanismus einfach überlastet ist mit dem ständigen »Zuviel« von allem? Dass wir uns deshalb manchmal wie gerädert fühlen, auch wenn wir genug geschlafen haben? Wir unkonzentriert sind und anfällig für Krankheiten? Durch Stress, Bewegungsmangel, eine ungünstige Ernährung und die Überlastung durch Umweltgifte, Schwermetalle, Pestizide und Chemikalien in Luft, Wasser, Nahrungsmitteln, Haushalts- und Kosmetikprodukten kann es also passieren, dass unser Körper nicht alle Stoffwechselprodukte und Schlacken (Rückstände) ausscheiden kann. Werden mehr Schlacken angehäuft, als über den Darm, die Nieren, die Atmung und die Haut wieder ausgeschieden werden können, werden diese Säuren mit basischen Mineralstoffen neutralisiert und sozusagen »eingelagert« – zuerst im Bindegewebe, später in den Gelenken oder Blutgefäßen. Alte, abgelagerte Schlacken- und Giftstoffe machen müde, krank und beschleunigen den Alterungsprozess. Zudem können die Regulationsmechanismen des Körpers nicht mehr optimal greifen und seine Fähigkeit zur Selbstheilung wird kontinuierlich sabotiert.
Gerade nach Phasen extremer Belastung wie den Weihnachtsfeiertagen, nach all den Geschäftsessen und Familienfeiern, nach all den Zimtsternen und Marzipankugeln, nach Rinderbraten, Gänsekeule, Käsefondue und reichlich Wein und Sekt merken wir, dass die Völlerei, verbunden mit viel zu wenig Bewegung, ihren Tribut fordert und wir uns nicht mehr wohlfühlen. Dann stellen wir uns die Frage, was wir dem Körper Gutes tun und wie wir ihn entlasten können.
Wir alle »detoxen« regelmäßig, ja sogar mehrmals täglich: Wir putzen unsere Zähne, duschen, waschen uns die Haare. Doch die Anforderungen unseres immer dichter und schneller werdenden Alltags und die hohe Lebenserwartung können es erforderlich machen, die natürlichen Entgiftungsvorgänge des Körpers noch zusätzlich zu unterstützen.
»Detox« kommt aus dem Englischen, »to detox« heißt so viel wie »entfernen von giftigen Substanzen«, »entgiften«. Bei einer Detox-Yoga-Kur geht es – einfach gesagt – darum, alle Belastungen weitestgehend einzuschränken und das Immunsystem bestmöglich zu unterstützen.
»Detox« kann bedeuten, allem Möglichen zu entsagen, nicht nur der körperlichen Nahrung, sondern auch Konsumgütern wie Handy, Auto, Fernseher, Internet u. v. m. Beim bewussten Verzicht stellt sich die Frage, was gereinigt werden soll. Der Geist, der Körper oder gar alle beide? Gerade wenn unser Alltag so »überladen« ist, kann das »Weglassen« auch mental eine heilende Wirkung erzielen und die Seele kann aufatmen.
Schulmedizin vs. Naturheilkunde
In der Literatur, die sich auf alternative Heilverfahren stützt, können wir lesen, dass der Grund für unser Unwohlsein Verdauungsrückstände, Gifte und Schlacken sind, die beim Stoffwechsel entstanden sind und sich im Körper abgelagert haben. Schulmediziner/-innen hingegen vertreten den Standpunkt, dass es keine Schlacken gibt. Natürlich entstehen Stoffwechselendprodukte, diese werden aber normalerweise ausgeschieden, sodass bei Entlastungskuren nicht zusätzlich ausgeleitet wird.
Schulmediziner/-innen verwenden den Begriff »Entgiften« in der Regel für den körperlichen Entzug von Alkohol, Drogen und suchterzeugenden Medikamenten. Die Alternativmedizin sieht das naturgemäß anders. Da werden Begriffe wie »Verdauungsfeuer« und »Verdauungskraft« verwendet, die einen Verbrennungs- und Umwandlungsprozess von Nahrung in Energie beschreiben. Bei Störungen in diesem Prozess entstehen aus der Sicht der Naturheilmethoden die »Schlacken«, Abfallprodukte des Stoffwechsels, die der Körper aufgrund einer Überlastung nicht weiterverwerten oder abtransportieren kann. Die Stoffe werden im Körper eingelagert, z. B. als überschüssige Harnsäure in den Gelenken, welche Gicht erzeugt, als erhöhte Blutfette oder erhöhte Cholesterinwerte. In der Alternativmedizin spricht man dann auch von Übersäuerung.
Die Gemüter der Ärzte/-innen, Wissenschaftler/-innen und Alternativmediziner/-innen scheiden sich also bei der Detox-Frage. Hier die alternative Heilkunde, deren Methoden vor allem auf Erfahrung gründen oder auf Annahmen, die noch nicht wissenschaftlich nachgewiesen sind, die aber auf hervorragende Erfolge bei ihren Patienten/-innen verweisen. Dort die Vertreter/-innen der sogenannten evidenzbasierten Medizin, die nur akzeptieren und anerkennen, was sich in Studien, die strengen Anforderungen genügen, als wirksam erwiesen hat. Ein Naturheilverfahren kann allerdings helfen, auch wenn seine Grundlagen nicht wissenschaftlich bewiesen sind.
Ballast abwerfen, eine Auszeit nehmen
Unser Leben, hier in den Industriestaaten, ist gekennzeichnet von einem permanenten »Zuviel« auf allen Ebenen. Deshalb erstaunt die tiefe Sehnsucht der Menschen nach Leichtigkeit und der Wunsch, Lasten abzuwerfen, nicht und kann auch nicht mit wissenschaftlichen Studien aufgefangen und befriedigend beantwortet werden. Es ist ja nicht das Verlangen nach Wissenschaftlichkeit, gesicherten Daten und Fakten oder medizinischem Nutzen, das uns auf die Suche schickt....