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E-Book

Der gallische Krieg

AutorCaesar
VerlagAnaconda Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783730690642
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
Der römische Heerführer, Schriftsteller und Imperator Gaius Julius Caesar gehört zu den bekanntesten Persönlichkeiten der Weltgeschichte. Sein Kriegsbericht 'De bello Gallico', der in acht Büchern von der Eroberung Galliens im ersten Jahrhundert v. Chr. erzählt, ist das populärste Werk der antiken Geschichtsschreibung. In seiner glänzenden, einfachen Sprache, seiner prägnanten Darstellung der wichtigsten historischen Ereignisse und der lebendigen Schilderung der Lebensweise fremder Völker bietet es bis heute spannenden Lesegenuss.

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Leseprobe

Krieg gegen die Helvetier


1. Gallien im weiteren Sinn zerfällt in drei Teile.1 Den einen bewohnen die Belgier, den zweiten die Aquitaner, den dritten die Völkerstämme, welche in ihrer eigenen Sprache Kelten, in der unseren aber Gallier heißen. Sie alle sind nach Sprache, Verfassung und Gesetzen untereinander verschieden. Die Kelten trennt der Fluß Garonne von den Aquitanern, die Marne und Seine von den Belgiern. Die Tapfersten unter allen sind die Belgier, weil sie sich von der Verfeinerung und Bildung der römischen Provinz ganz fern halten. Überaus selten kommen sie mit fremden Kaufleuten in Berührung, die ihnen Waren zuführen könnten, die eine Erschlaffung der Kraft bewirken; sodann führen sie auch mit ihren Nachbarn, den Germanen des rechten Rheinufers, fortwährend Krieg. Aus demselben Grund sind auch die Helvetier tapferer als die übrigen Gallier, weil sie fast täglich mit den Germanen im Kampf sind, so daß sie dieselben entweder bloß von ihren Grenzen fern halten oder den Krieg auch wohl in ihrem eigenen Land führen. Der eine Teil ihres Gebietes, den nach unserer Angabe die Gallier bewohnen, fängt bei dem Fluß Rhône an und wird von der Garonne, dem Ozean und dem Belgiergebiet eingeschlossen. Auf Seiten der Sequaner und Helvetier berührt er auch den Rhein und dehnt sich nach Norden aus. An die Grenzen von Gallien schließt sich das belgische Gebiet an und läuft bis an den Unterrhein in nordöstlicher Richtung. Aquitanien zieht sich nordwestlich vom Garonnestrom bis an die Pyrenäen und den Teil des Ozeans, welcher bei Hispanien strömt.

2. Bei den Helvetiern war Orgetorix bei weitem der Angesehenste und Reichste. Dieser stiftete aus Begierde nach Alleinherrschaft unter den Konsuln M. Messala und M. Piso2 ein Abkommen unter dem Adel und überredete seine Mitbürger zu einer allgemeinen Auswanderung. Er malte ihnen aus, für sie, das tapferste Volk, würde es ein Leichtes sein, ganz Gallien zu unterjochen. Die Helvetier ließen sich dazu um so eher überreden, als sie von allen Seiten durch Naturgrenzen eingeschlossen sind: auf der einen Seite durch den breiten und tiefen Rhein, die Grenze zwischen den Helvetiern und Germaniern, auf der anderen durch das sehr hohe Juragebirge, das zwischen dem Gebiet der Sequaner und Helvetier liegt, auf der dritten durch den Genfer See und die Rhône, die unsere Provinz von Helvetien trennt. Dieser beschränkten Lage wegen konnte das kriegerische Volk zu seinem großen Mißvergnügen sich nicht so weit ausbreiten und auch nicht so ungehindert seine Nachbarn angreifen. Bei der Größe ihres Volkes und ihrem durch Krieg und Tapferkeit erworbenen Ruhm aber war ihrer Meinung nach ein Land, das nur zweihundertvierzig Millien3 in der Länge und hundertachtzig Millien in der Breite maß, für sie zu klein.

3. Diese Verhältnisse und das Ansehen des Orgetorix brachten sie zu dem Entschluß, alles Erforderliche für die beschlossene Auswanderung herbeizuschaffen, Pferde und Wagen in großer Menge anzukaufen, so viel Feld, wie man konnte, zu besäen, um auf dem Zug einen Vorrat an Getreide zu haben und Frieden und Freundschaft mit ihren Grenzvölkern zu sichern. Eine Frist von zwei Jahren war ihrer Meinung nach hinreichend, dieses zustande zu bringen. Auf das dritte Jahr wurde demnach der Aufbruch durch eine Verordnung festgesetzt; die Ausführung des Ganzen trug man dem Orgetorix auf. Er übernahm die Sendung an die Staaten und überredete auf dieser Reise den Sequaner Casticus, der Sohn des Catamantaloedes, sich der Alleinherrschaft in seinem Staat, die sein Vater früher gehabt hatte, zu bemächtigen. Sein Vater hatte einst viele Jahre lang mit unumschränkter Macht in dem Sequanergebiet geherrscht und vom Senat des römischen Volkes den Ehrentitel eines Freundes erhalten hatte. Auch den Haeduer Dumnorix, einen Bruder des Diviciacus, der um diese Zeit der angesehenste Mann in seinem Staat und beim Volk vorzüglich beliebt war, brachte er zu demselben Entschluß und gab ihm deshalb auch seine Tochter zum Weib. Orgetorix legte ihnen dar, ihr Vorhaben lasse sich gar leicht ausführen, denn er selbst werde den Oberbefehl von seinem Staat erhalten, und die Helvetier seien ja ohne jeden Zweifel unter den gallischen Völkerschaften die mächtigste; er wolle ihnen, so versicherte er, mit seiner Macht und seinem Heer zu unumschränkter Herrschaft verhelfen. Diese Rede wirkte. Jene gaben einander das Wort und eidliche Versicherung und hofften, sobald sie nur erst die Herrschaft in den Händen hätten, durch die drei mächtigsten und tapfersten Völker ganz Gallien unterjochen zu können.

4. Auf die heimliche Anzeige von diesem Vorgang zwangen die Helvetier den Orgetorix, sich in Fesseln zu verantworten, wie es bei ihnen Sitte war. Auf die Verurteilung folgte dann gewöhnlich unmittelbar die Strafe der Verbannung. An dem zur Verhandlung bestimmten Tag ließ Orgetorix alle seine Leibeigenen, zehntausend an der Zahl, von allen Orten her zu dem bevorstehenden Gericht aufbieten und dahin führte er auch seine Schützlinge und Schuldner, deren er nicht wenige hatte. Mit ihrer Hilfe entzog er sich der Verantwortung durch Flucht. Da suchte nun der Staat, hierüber aufgebracht, das Recht mit Gewalt durchzusetzen. Die Beamten zogen eine Menge Menschen vom Land zusammen – plötzlich aber starb Orgetorix, und es läßt sich vermuten, wie auch die Helvetier selbst meinten, daß er sich selbst ermordet habe.

5. Dessenungeachtet versuchten die Helvetier auch nach seinem Tod den einmal gefaßten Entschluß der Auswanderung auszuführen. Als sie die nötigen Anstalten also getroffen zu haben glaubten, zündeten sie alle ihre Städte, etwa zwölf an der Zahl, sowie vierhundert Dörfer samt den übrigen einzelstehenden Wohnungen an; auch alles Getreide, außer dem, was sie mit sich nehmen wollten, wurde verbrannt, damit sie, ohne die Hoffnung, nach Haus zurückzukehren, desto bereitwilliger den Gefahren begegnen würden. Mit Mehl für ein Vierteljahr mußte jeder bei dem Aufbruch versehen sein. Ihre Nachbarn, die Rauracer, Tulinger und Latobriger, wurden zu gleichem Entschluß, Städte und Dörfer zu verbrennen und mitzuziehen, überredet. Auch mit den Boiern, die einstmals am rechten Rheinufer gewohnt und bei ihrem Vordringen ins norische Gebiet einen Angriff auf Noreia gemacht hatten, schlossen sie ein Bündnis.

6. Es gab im ganzen nur zwei Wege, aus dem Land zu kommen; der eine, ein enger und beschwerlicher Paß zwischen dem Juragebirge und der Rhône durch das Sequanergebiet, auf dem kaum einzelne Wagen fortkommen konnten, so nahe am hohen Gebirge, so daß schon sehr wenige Leute ihn leicht versperren konnten; der andere, viel bessere und bei weitem nicht so beschränkte Weg lief durch unsere Provinz; denn an den Grenzen zwischen den Helvetiern und Allobrogern, die erst kurz zuvor unterworfen worden waren, kann man die Rhône an einigen Stellen zu Fuß durchschreiten. Von Genf, der letzten Stadt im Allobroger-Gebiete, ganz nahe an Helvetien, führt eine Brücke ins Helvetische. In ihrem Wahn, der Groll der Allobroger gegen Rom habe sich noch nicht gelegt, hofften die Helvetier, freien Durchzug von ihnen zu erhalten, anderenfalls wollten sie dieselben mit Gewalt zwingen, ihnen den Durchzug durch ihre Grenzen zu gestatten. Alle Zurüstungen zum Ausbruch waren nun gemacht; man bestimmte daher den Tag – es war der 28. März unter dem Konsulat des L. Piso und A. Gabinus4 – an dem sich das ganze Volk an dem Ufer der Rhône versammeln sollte.

7. Auf die Nachricht von der Absicht der Helvetier, durch unsere Provinz ihren Weg zu nehmen, beschleunigte Caesar seine Abreise von Rom und begab sich in größter Eile nach dem jenseits der Alpen gelegenen Gallien. Bei seiner Ankunft in der Gegend von Genf ließ er so viel Truppen wie möglich in der ganzen Provinz aufbieten und die Brücke bei Genf abbrechen. Die Helvetier hatten kaum Caesars Ankunft erfahren, als sie die Angesehensten aus ihrer Mitte als Gesandte zu ihm schickten. An der Spitze dieser Gesandtschaft standen Nammejus und Verucloetius. Sie hatten den Auftrag, zu erklären: Es sei ihre Absicht, ohne alle Feindseligkeiten ihren Durchzug durch unsere Provinz zu nehmen, weil sie keinen anderen Weg hätten, und sie baten, Caesar möge es ihnen gestatten. Caesar fand es nicht zulässig, ihr Begehren zu bewilligen, denn er wußte wohl, daß eben diese Helvetier einst5 den Konsul L. Cassius erschlagen, sein Heer aber besiegt und unter das Joch6 geschickt hatten. Zudem hielt er es auch für unwahrscheinlich, daß ein Volk von so feindlicher Gesinnung sich bei dem gestatteten Durchmarsch des Rechtsverletzung und der Gewalttätigkeit enthalten würde. Jedoch um Zeit zu gewinnen und um die Truppen, die er ausgehoben hatte, zusammenzubringen, antwortete er den Gesandten, er wolle sich Bedenkzeit nehmen. Sie möchten am 13. April, wenn sie wollten, wiederkommen.

8. Caesar ließ inzwischen durch die eine Legion, die er bei sich hatte, und die Truppen, die aus der Provinz zu ihm gestoßen waren, von der Stelle am Genfer See, an der die Rhône fließt, bis ans Juragebirge, das die Grenze zwischen den Sequanern und Helvetiern bildet, einen Mauerwall von neun bis zehntausend...

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