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Faktoren des verlässlichen Handelns

Leistungspotenziale von Organisationen in Hochrisikoumwelten

AutorPeter Mistele
VerlagDUV Deutscher Universitäts-Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl242 Seiten
ISBN9783835054363
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis54,99 EUR
Aufbauend auf einer explorativen Untersuchung in medizinischen Rettungsdiensten, Spezialeinheiten der Polizei und Feuerwehreinheiten entwickelt Peter Mistele ein Modell, welches individuumsbezogene, teambezogene und strukturelle verlässlichkeitsbeeinflussende Faktoren von Organisationen in Hochrisikoumwelten und damit Ansatzmöglichkeiten zur Leistungsverbesserung zusammenfasst.

Dr. Peter Mistele promovierte bei Prof. Dr. Peter Pawlowsky am Lehrstuhl Personal und Führung der Technischen Universität Chemnitz. Er arbeitet als Senior Consultant bei einem internationalen Unternehmen im Bereich Human Capital - Learning and Development.

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Leseprobe

Teil A: Hintergrund und Perspektive der Arbeit (S. 1)

1 Einleitung

1.1 Ausgangssituation


Organisationen, seien es z. B. Softwareunternehmen, Automobilhersteller, Energiekonzerne, Krankenhäuser oder Einheiten der Polizei, sind heute zunehmend mit unbestimmten und dynamischen Umwelten konfrontiert. Ihre Mitglieder müssen häufig in neuen und unbekannten Situationen weitreichende Entscheidungen treffen. Hierfür fehlen oft die notwendigen Informationen. Erschwerend kommen Stress und Zeitdruck hinzu (vgl. zu diesen Handlungsbedingungen z. B. Sutcliffe und Weber 2003:68, St. Pierre et al. 2005:5, Böhle 2004:37, Hofrage und Reimer 2004, Dörner und Schaub 1995:35, Strohschneider 2003:V).

Gleichzeitig wird von den Organisationen und ihren Mitglieder erwartet, dass sie eine zuverlässige Leistung im Hinblick auf die jeweiligen Zielstellungen erbringen und sich nicht durch unerwartete Situationsveränderungen, die durch die hohe Umweltdynamik hervorgerufen werden, in ihrer Handlungs- und Leistungsfähigkeit beeinträchtigen lassen (vgl. Gray 2003:3). Insbesondere Organisationen wie Kernkraftwerke, petrochemische Unternehmen, zivile Luftfahrt, medizinische Einrichtungen oder Spezialeinheiten der Polizei, zählen zu Organisationen, die in sog. Hochrisikoumwelten (high risk environments) agieren. Das sind Umwelten, in denen Fehler zu einer überdurchschnittlichen Gefahr für die Gesundheit und das Leben von Menschen oder Gefahren für die Umwelt führen (vgl. Dietrich und Childress 2004b:1).

Diese Organisationen sind bisweilen mit unvorhergesehenen Situationen konfrontiert, in denen sie handeln müssen. Von ihnen wird erwartet, dass sie den ihnen gestellten Herausforderungen gewachsen sind, möglichst keine Fehler machen und zuverlässig arbeiten. Begründet liegt dies darin, dass Fehler in diesen Organisationen Zwischenfälle oder Unfälle nach sich ziehen, die katastrophale Folgen für Mensch und Umwelt haben, wie z. B. der Unfall von Tschernobyl im Jahr 1986 zeigt (vgl. Helmreich und Sexton 2004:15).

Menschen sind jedoch nicht unfehlbar. Selbst den besten Experten und erfahrensten Menschen unterlaufen mitunter Fehler, die in der Folge zu weitreichenden Konsequenzen führen können (vgl. Reason 1997:61, 2000a:768, St. Pierre et al. 2005:6). Untersuchungen von Organisationen in Hochrisikoumwelten, u. a. in der Luftfahrt, der Handelsschifffahrt oder dem medizinischen Bereich, zeigen, dass über 70 Prozent von Zwischenfällen und Unfällen auf menschliches Versagen zurückzuführen sind (vgl. z. B. Helmreich und Foushee 1993, Flin 1995, Helmreich 1997, Klampfer et al. 2000, Hansis und Hart 2001, Helmreich et al. 2001, St. Pierre et al. 2005).

Interessanterweise gelingt es manchen dieser Organisationen in Hochrisikoumwelten, trotz der individuellen Fehlbarkeit und der unbestimmten und dynamischen Umweltsituationen zuverlässig und leistungsfähig zu arbeiten und die an sie gestellten Erwar- tungen zu erfüllen. Obwohl diese Organisationen häufig mit kritischen Situationen1 konfrontiert sind, in denen sie unter Zeitdruck entscheiden, handeln und ein hohes Leistungsniveau aufrechterhalten müssen, sind sie in der Lage, überwiegend mit einem geringen Fehleraufkommen zuverlässig zu agieren und die an sie gestellten Erwartungen zu erfüllen (vgl. Weick und Sutcliffe 2003:30, Roberts 1990a:101, Vogus und Welbourne 2003:878).

Ausgehend von dieser Tatsache stellen sich die forschungsleitenden Fragen: Wie gelingt es Organisationen in Hochrisikoumwelten, diese Leistungsfähigkeit im Sinn eines sicheren und zuverlässigen Handelns zu erzielen? Lassen sich hierfür bestimmte Faktoren identifizieren?

Inhaltsverzeichnis
Geleitwort6
Vorwort8
Inhaltsübersicht10
Inhaltsverzeichnis14
Abkürzungsverzeichnis18
Abbildungsverzeichnis20
Tabellenverzeichnis21
Teil A: Hintergrund und Perspektive der Arbeit22
1 Einleitung22
1.1 Ausgangssituation22
1.2 Zielstellung der Arbeit27
1.3 Forschungsverständnis der Arbeit28
1.4 Gang der Arbeit29
2 Bereiche und Perspektiven der Hochleistungsforschung32
2.1 Der Hochleistungsbegriff32
2.2 Bereiche von Hochleistung34
2.2.1 Hochleistungsorganisationen34
2.2.2 High Performance Work Systems35
2.2.3 Dynamikrobuste Höchstleister36
2.2.4 Hochleistungsteams37
2.3 Perspektiven und Gestaltungsebenen der Hochleistung40
2.4 Resümee: Verlässlichkeitsorientierte Hochleistungsforschung42
Teil B: Theoretische Grundlagen der verlässlichkeitsorientierten Hochleistungsforschung44
3 Verlässlichkeitsorientierte Forschungen46
3.1 Betrachtete Organisationen46
3.1.1 Organisationen in Hochrisikoumwelten46
3.1.2 Hochverlässlichkeitsorganisationen51
3.2 Handlungsbeeinflussende Kontextfaktoren54
3.3 Erkenntnisinteresse: Zuverlässiges Handeln58
3.3.1 Zuverlässigkeit im Sinn von Sicherheit58
3.3.2 Fehler und Fehlermanagement61
3.4 Forschungen zu High Reliability69
3.4.1 Entstehungshintergrund, Begriff und Ziel70
3.4.2 Verlässlichkeitsbeeinflussende Merkmale: Das Konzept der gemeinsamen Achtsamkeit74
3.4.3 Resümee: Forschungen zu High Reliability82
3.5 Forschungen zu Human Factors/Crew Resource Management83
3.5.1 Entstehungshintergrund, Begriff und Ziel84
3.5.2 Anwendungsbereiche des Crew Resource Management89
3.5.3 Verlässlichkeitsbeeinflussende Faktoren: Nicht-fachliche Fähigkeiten95
3.5.4 Berücksichtigung des Naturalistic Decision Making98
3.5.5 Crew Resource Management-Training: Grundkonzeption106
3.5.6 Resümee: Forschungen zu Human Factors/Crew Resource Management108
3.6 Zwischenbetrachtung: Verlässlichkeitsorientierte Forschungen110
3.6.1 Faktoren des verlässlichen Handelns110
3.6.2 Erklärungsdefizit Lernen114
Teil C: Empirische Untersuchung119
4 Untersuchte Organisationen122
4.1 Medizinische Rettungsdienste124
4.2 Spezialeinheiten der Polizei125
4.3 Feuerwehreinheiten127
5 Methodik der explorativen Untersuchung130
5.1 Methode der Datenerhebung131
5.2 Inhaltliche Ausgestaltung der Datenerhebung133
5.3 Probleme der Datenerhebung135
5.4 Vorgehen der Datenauswertung136
6 Situative Handlungsbedingungen der untersuchten Organisationen140
6.1 Handeln in Einsatzsituationen140
6.2 Dynamische Umweltsituationen141
6.3 Zeit- und Entscheidungsdruck142
6.4 Intransparente Einsatzlagen143
6.5 Suboptimale Informationsversorgung143
6.6 Stress145
6.7 Hohe Eigengefahr148
6.8 Resümee: Situative Handlungsbedingungen der untersuchten Organisationen148
7 Verlässlichkeitsbeeinflussende Faktoren der untersuchten Organisationen152
7.1 Ziele152
7.1.1 „Unklare Ziele – trifft eher nicht zu“152
7.1.2 Gemeinsame Zielwahrnehmung und Zielorientierung156
7.2 Teamhandeln158
7.2.1 Das Team als „Trumpf-As“158
7.2.2 Handeln im Team162
7.3 Offenheit163
7.3.1 „Einsatzerfahrung […] preiszugeben, ist bei uns eine Lebensversicherung“163
7.3.2 Offenheit im Umgang mit Erfahrungen und Fehlern166
7.4 Erfahrungsbasiertes Lernen166
7.4.1 „Es ist wichtig, dass man sich bespricht“166
7.4.2 Ausgeprägte Reflexionsprozesse im Rahmen der Einsatznachbereitungen171
7.5 Struktur und Führung175
7.5.1 „Die Einsatzhierarchie ist eine ganz andere als die administrative“175
7.5.2 Flexible Einsatzorganisation und Führung177
7.6 Rollenkonzept179
7.6.1 „Es gibt eine ganz klare Rollenverteilung“179
7.6.2 Akzeptiertes Rollenkonzept181
7.7 Fachliche Kompetenzen182
7.7.1 „Das Basiswissen ist unerlässlich“182
7.7.2 Redundante fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten185
7.8 Wahrnehmung187
7.8.1 „Wahrnehmung spielt eine ganz große Rolle bei uns“187
7.8.2 Ausgeprägte Wahrnehmungsfähigkeit188
7.9 Motivation und organisationales Commitment191
7.9.1 „Es war schon ein Kindheitstraum…“191
7.9.2 Hohe Motivation und Einsatzbereitschaft193
7.10 Ergebniszusammenfassung und -diskussion195
7.10.1 Teambezogene Faktoren197
7.10.2 Strukturelle Faktoren199
7.10.3 Personenbezogene Faktoren199
7.10.4 Ganzheitliche Betrachtung der Faktoren201
Teil D: Lernen in den untersuchten Organisationen207
8 Einsatzbezogenes Lernen als Möglichkeit zum Erwerb von Handlungskompetenz208
8.1 Die Fähigkeit, kompetent zu handeln208
8.2 Das Konzept des arbeitsbezogenen Lernens209
8.2.1 Arbeitsbezogene Lernformen212
8.2.2 Arbeitsbezogene Lerntypen218
8.2.3 Resümee: Arbeitsbezogenes Lernen221
8.3 Einsatzbezogenes Lernen in den untersuchten Organisationen222
8.3.1 Lernräume des einsatzbezogenen Lernens222
8.3.2 Einsatzbezogene Lernformen224
8.3.3 Einsatzbezogene Lerntypen226
8.4 Resümee: Einsatzbezogenes Lernen zum Erwerb von Handlungskompetenz230
9 Zusammenfassung und Ausblick234
9.1 Zusammenfassung234
9.2 Ausblick239
Literaturverzeichnis244

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