Die modernen Sozialwissenschaften leiden unter zunehmender Spezialisierung. Die Spaltung des Wissens in verselbständigte Rationalitäten droht die gemeinsame Ausrichtung auf das Ziel der Vernunft zu verlieren. Dabei sollte die Wissenschaft seit der Aufklärung mit ihren modernen Mitteln der Erkenntnis eigentlich zu möglichst vernünftigen Entscheidungen beitragen. Die Autoren verstehen Wissenschaft als methodisch angeleitete Entscheidung über Wissensfragen mit dem Ziel, eine vernünftige Praxis anzuleiten. Wissenschaft ist nicht nur Wahrheitssuche. Sie muss sich auch bei rein deskriptiver Analyse der Wirklichkeit mit den normativen Vernunftdimensionen Wert und Gerechtigkeit auseinandersetzen. Daher soll eine Wissenschaftstheorie entwickelt werden, welche die spezialisierten Rationalitäten in einen interrationalen Diskurs integriert, in welchem über Wahrheit, Wert und Gerechtigkeit aller vertretenen Positionen argumentiert werden kann. Dadurch sollen die blinden Flecken der partikulären Rationalitäten erkannt und die Positionen auf das Ziel eines vernünftigen Ganzen ausgerichtet werden. Zu diesem Zweck ist jeder wissenschaftliche Diskurs so zu verfassen, dass er sämtliche rationalen Positionen aufnimmt, diese aber auf ihre interrationale Vertretbarkeit hin prüft.
Philippe Mastronardi (*5. Juni 1946) promovierte in Bern auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft und arbeitete 20 Jahre lang in den Parlamentsdiensten des Bundes, davon 16 Jahre als Sekretär der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (parlamentarische Oberaufsicht über Regierung und Verwaltung). Nach seiner Habilitation für Staatstheorie, Staatsrecht und Verwaltungsrecht war er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2011 Ordinarius für Öffentliches Recht an der Universität St. Gallen. Seine Forschungsinteressen gelten den Übergängen zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Seine wichtigsten Publikationen beschlagen das juristische Denken, die Verfassungslehre und die Rechtstheorie.
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