Einsatz von Home Automation im Enterprise-Umfeld
Smart Office
Paul Lajer
Home Automation und Smart Home – zwei Begriffe, die mehr und mehr an Aufmerksamkeit gewinnen und das Versprechen geben, über die einfache Integration von neuen und bestehenden Elementen (Lichtschalter, Steckdosen, Heizkörper etc.) den Komfort in den eigenen vier Wänden zu erhöhen und nebenbei durch eine sukzessive Kontrolle die Kosten zu optimieren. Um dieses Versprechen zu halten, haben einzelne Unternehmen und speziell dafür gegründete Konsortien Lösungen entworfen, die am Markt platziert werden. Doch wie sieht es mit der Akzeptanz dieser Out-of-the-box-Lösungen aus? Und gibt es nicht offene Alternativen, die einen Einsatz rechtfertigen? Vielleicht nicht nur im privaten Umfeld, sondern auch im Unternehmen?
Möchte man der Werbung Glauben schenken, ist der Mensch aufgrund der digitalen Transformation in einer neuen, smarten Welt angekommen. Jegliche angebotenen Prozesse und Services können online, zu jeder Zeit und natürlich ortsunabhängig durch mobile Geräte ausgeführt, gesteuert und überwacht werden. So ist es nun auch seit einiger Zeit für jede Person möglich, Owner und somit aktiver Teil einer selbst erschaffenen digitalen Transformation zu werden – durch den Einsatz einer Home-Automation-Lösung in einem von ihm genutzten Immobilienobjekt. Energiedienstleister, Produkthersteller und dafür gegründete Konsortien bieten seither unterschiedliche Pakete an, um die Möglichkeit einer vollständigen Kontrolle über das genutzte Objekt und der darin befindlichen Elemente zu erteilen. Doch welche Einfluss- und Akzeptanzfaktoren können auf angebotene Lösungen einwirken? Die nachfolgenden Punkte beschreiben aus meiner Sicht einen Ausschnitt der möglichen Kriterien:
- Lösungsanbieter (Integrationsplattform): Wird der Markt aus Sicht eines Lösungsanbieters/Konsortiums betrachtet, existieren nur wenige Hersteller, die eine ganzheitliche Basisarchitektur und Infrastruktur (Plattform) für Home Automation anbieten können. Die verfügbaren Lösungen bedienen sich proprietärer Protokolle und lassen sich somit nicht durch Geräte andere Hersteller oder Lösungsanbieter erweitern oder kombinieren. Als Konsequenz müssen daher Endgeräte derselben Hersteller geordert und integriert werden. Somit steigt die Abhängigkeit zum Produktportfolio des Lösungsanbieters, da nur dieser passende Erweiterungen für die Plattform zur Verfügung stellen kann.
- Endgerätehersteller: Eine Lösungsplattform ist nur dann erfolgreich, wenn auch eine breite Unterstützung und Akzeptanz für diese stattfindet. Unterstützt werden kann dies somit nur durch ein zahlreiches Angebot an sinnvollen Endgeräten, die sich in die Plattform integrieren und über diese steuern lassen. Wird das aktuelle Angebot an Endgeräten betrachtet, kann festgestellt werden, dass nur rudimentäre Geräte (Funksteckdosen, Lichtschalter, Sensoren etc.) verfügbar sind. Andere Arten von Geräten (Kaffeemaschinen, Waschmaschinen etc.) sind entweder nur teilweise oder auch gar nicht verfügbar. Des Weiteren kann man nur dann von „Smart“ sprechen, wenn die Kernfunktionen eines Endgeräts durch die Plattform adressiert werden. Somit sollte auf dem Tablet nicht nur die Möglichkeit existieren, eine Kaffeemaschine an- und auszuschalten, sondern auch alle angebotenen Heißgetränke zuzubereiten. Dies ist jedoch mangels fehlender Standards sowie Schnittstellen oft nicht möglich.
Neben proprietären Plattformen existieren auch Lösungen aus dem Open-Source-Bereich, die bereits über einen sehr hohen Reifegrad verfügen. Diese unterstützen in der Regel offene Kommunikationsstandards und bieten durch verfügbare Konnektoren die Möglichkeit, Gerätetypen zu integrieren, die diese Protokolle unterstützen – herstellerunabhängig. Aufgrund einer hohen Erweiterbarkeit können auch diese Plattformen durch neue, bisher unbekannte Gerätetypen erweitert werden. Der Nachteil liegt jedoch in der Bedienbarkeit des Systems: Benutzer ohne abgeschlossenes Informatikstudium werden es schwer haben, eine Zielplattform aufzubauen und zu integrieren. Eine hohe Abhängigkeit zu proprietären Plattformen von unterschiedlichen Lösungsanbietern, erkauft mit einem einfachen Integrations- und Bedienkonzept, steht einer offenen Plattform mit zahlreichen Konnektoren zur Anbindung von unterschiedlichen Endgeräten für IT-Affine und Bastler gegenüber.
Einsatz im Enterprise-Umfeld
Wenn man für den beschriebenen Home-Automation-Ansatz den Kontext ändert und „Home“ durch „Office“ ersetzt, stellt man fest, dass die Ziele und Ansätze weitgehend identisch sind. Unternehmen möchten einerseits den Komfort für die eigenen Mitarbeiter steigern, dadurch andererseits die Effizienz erhöhen und parallel die Kosten senken. Gleichzeitig ändern sich jedoch die Rahmenbedingungen für den Einsatz einer solchen Lösung:
- Performance: Da in einem Unternehmen mehrere Objekte (Standorte, Areale, Gebäude etc.) zu verwalten sind, bedingt es einer performanten Plattform, die ohne Verzögerung eine Ansteuerung der Elemente innerhalb eines Objekts vornimmt und auf (parallele) Aktionen der Benutzer reagiert.
- Skalierbarkeit: In Abhängigkeit der Menge an zu verwaltenden Objekten muss das System skalieren können. Eine intelligente Lastverteilung muss garantiert werden, sodass einzelne Objekte von unterschiedlichen Subplattformen verwaltet werden, ohne jedoch die Konsistenz im Setup und Gesamtsetup zu verlieren. Zusätzlich müssen Konzepte existieren, die eine Ausfallsicherheit garantieren, wobei Subsysteme die Objekte von anderen, ausgefallenen Subsystemen übernehmen.
- Erweiterbarkeit: Home-Automation-Plattformen unterstützen in der Regel bereits out of the box Gerätetypen, die durch entsprechende Konnektoren angeboten werden. In Unternehmen können aber auch Geräte zum Einsatz kommen, die nicht unterstützt werden, sodass eine Plattform eine Schnittstelle zum Anbinden von neuen Geräten und Gerätetypen anbieten muss. Des Weiteren muss sichergestellt werden, dass neue Gerätetypen und deren Funktionen auch innerhalb der darauf aufbauenden Smart-Office-App auf dem Tablet oder Smartphone abgebildet werden können.
- Anpassungsfähigkeit: Die Plattform muss an die Anforderungen und Gegebenheiten eines Unternehmens angepasst werden können. Somit muss es möglich sein, in den Code einzugreifen und das System dadurch zu ändern oder durch neue Eigenschaften zu ergänzen.
Aufgrund der oben genannten Kriterien und der dafür zur Verfügung stehenden IT-Ressourcen können die im Home-Bereich gültigen Rahmenbedingungen der einfachen Integration und benötigten Standards vernachlässigt werden, sodass im Enterprise-Umfeld eine Open-Source-Plattform als Basis zum Einsatz kommen kann. Ebenso kann der Kostenaspekt in dieser Betrachtung vorerst außer Acht gelassen werden. Als geeignete Beispiele sind die openHAB- oder Eclipse-Smart-Home-Plattformen zu nennen, die diese Rahmenbedingungen sehr gut erfüllen und fortan als Basis für die aufgeführten Beispiele dienen.
Basis für eine smarte Plattform
Die beiden nachfolgenden Abschnitte definieren den möglichen Ansatz einer technischen Lösung für eine Smart-Office-Plattform, basierend auf der Open-Source-Lösung openHAB. Die Herausforderung bei dieser Lösung ist es, die Basisobjekte, d. h. die Gebäude, Stockwerke und Räume im System abzubilden. Je nach Plattform müssen dazu Konfigurationsdateien erstellt und nach vorgegebenen Regeln des Systems angepasst werden. Zusätzlich zu den Objekten müssen auch die darin zu steuernden Elemente verankert werden, damit diese in einer darauf aufbauenden Smart-Office-App korrekt abgebildet und durch den Benutzer bedient werden können. Neben den Angaben über den Gerätetyp muss auch der Standort des Geräts definiert werden. Beides setzt ein technisches Verständnis der Plattform durch IT-Ressourcen voraus und erfordert bisher eine Implementierung im System durch den Einsatz von Code. Ein Lösungsansatz für eine benutzerfreundliche Implementierung des Systems (Aufbau der Objekte) und der fortlaufenden Integration von neuen Elementen und Geräten in das System würde eine Verschiebung der Verantwortlichkeiten bedeuten. Nicht das System ist für die Integration verantwortlich, sondern das Objekt, das integriert werden soll. Somit müssen alle erforderlichen Informationen mit dem Endgerät an das System übermittelt werden, das in Abhängigkeit dieser Informationen die Registrierung vornimmt, eine selbstständige Aktualisierung durchführt und den Zugriff auf die neu erstellten Elemente erlaubt. Möglichkeiten werden durch den Einsatz von QR-Codes oder RFID-Chips gegeben, die diese Informationen beinhalten und übermitteln. Bezogen auf ein Gebäude wären dies etwa die Anzahl der Stockwerke, die Bereiche je Stockwerk (Flur, sonstiger Abschnitt) und die zu überwachenden Räume je Bereich. Durch das Übermitteln der Daten konfiguriert sich das System selbstständig und stellt die Basis für die konkrete Smart-Office-Plattform her. Für die Integration von neuen Endgeräten gelten dieselben Regeln. Abbildung 1 verdeutlicht dies anhand eines Funksteckers. Die relevanten Informationen sind im Stecker (z. B. über einen aufgeklebten QR-Code oder RFID-Chip) abgelegt und werden von einer Administrations-App ausgelesen. Nachdem das Gerät und seine Funktionen erkannt wurden, muss der Administrator lediglich den Standort des Geräts definieren, um die Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Anschließend schreibt die Administrations-App auf Basis der übermittelten...