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Reaktive Planung in der chemischen Industrie

Verfahren zur operativen Plananpassung für Mehrzweckanlagen

AutorUlf Neuhaus
VerlagGabler Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl230 Seiten
ISBN9783834997371
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis47,65 EUR
Ulf Neuhaus entwickelt ein reaktives Planungssystem, das den bestehenden Ablaufplan verändern kann, indem gezielte Anpassungen an die sich ändernden Ausgangsbedingungen vorgenommen werden.

Dr. Ulf Neuhaus promovierte bei Prof. Dr. Hans-Otto Günther am Institut für Betriebswirtschaftslehre, Fachgebiet Produktionsmanagement, an der Technischen Universität Berlin.

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Leseprobe
4. Entwicklung einer systemgestützten Reschedulingmethodik (S. 62-63)

Die Aufgabe eines reaktiven Schedulingverfahrens liegt in der Anpassung eines bestehenden Produktionsplans an veränderte Rahmenbedingungen in einem dynamischen Produktionsumfeld. Im Vergleich zu rein statischen Schedulingverfahren ist dieser Planungsansatz weitaus praxisnäher. Dieser Anspruch erhebt allerdings auch eine Reihe von zusätzlichen Anforderungen an die Funktionalität der reaktiver Verfahren.

So muss beispielsweise bei einer dynamischen Plananpassung die aktuelle Situation der Produktionsumgebung berücksichtigt werden, so dass neben den eigentlichen Planungsverfahren auch Funktionen zur Analyse der Planungssituation und Aufbereitung der Ausgangsdaten für die nachfolgende Plananpassung notwendig sind. Die Bewertung der Verfahren erfolgt nicht allein durch rein statische Effektivitätskennzahlen, sondern zusätzlich durch die Auswertung der Plannervosität, die sich aus der Häufigkeit und dem Umfang der notwendigen Planänderungen ergibt.

Eine geeignete Bewertungsgrundlage für reaktive Planungsverfahren besteht demnach nur bei deren Anwendung innerhalb einer ihrem Einsatzzweck entsprechenden dynamischen Planungsumgebung, die einem realen Produktionsumfeld in geeigneter Weise nahe kommt. Um für die in dieser Arbeit vorgeschlagenen reaktiven Planungsverfahren ein geeignetes Planungsumfeld zu schaffen, wurde eine Entwicklungs- und Testumgebung entworfen und in Form eines Reaktiven Schedulingsystems implementiert.

Die Funktionalität und das Zusammenwirken der einzelnen Komponenten dieses Systems sind Inhalt des folgenden Kapitels. Basierend auf den theoretischen Grundlagen aus Kapitel 3, wurde im Abschnitt 3.6 beschrieben, durch welchen Planungsansatz dem Auftreten von Unsicherheiten in der Planung begegnet werden soll. Der Einsatzrahmen und die grundlegenden Annahmen, auf denen das Reaktive Schedulingsystem basiert, werden im nächsten Abschnitt erläutert. Die Architektur des Systems und das Zusammenwirken der Einzelkomponenten sind Inhalt des Abschnitts 4.2.

4.1 Einsatzrahmen und grundlegende Annahmen

Die Anwendungsumgebung für das reaktive Schedulingsystem ist die Produktion von Spezialchemikalien, die in Batchproduktionsweise, auf Mehrzweckanlagen hergestellt werden.121 Die Planungsunterstützung soll auf der Ebene der Anlagenbelegungsplanung erfolgen, so dass der Planung ein Horizont von einigen Tagen bis zu einer Woche zu Grunde liegt. Die im Planungshorizont zu erzeugenden Mengen der Endprodukte können sich sowohl aus konkreten Kundenaufträgen als auch den Vorgaben der übergeordneten Kampagnen- bzw. standortübergreifenden Netzwerkplanung ergeben. Da der Anlagenbelegungsplanung auf einem sehr detaillierten Niveau erfolgt, besteht deren Hauptaufgabe darin, die zur Erzeugung dieser Produktionsmengen notwendigen Prozessaufträge den konkreten Anlagen zuzuordnen und deren Start- und Endtermine zu bestimmen.

Es wird die Annahme getroffen, dass mit der Zielsetzung einer möglichst hohen Anlagenauslastung, die maximale Batchgröße produziert werden soll. Als primäre Zielsetzung ist die Minimierung der Gesamtdurchlaufzeit anzusehen. Falls ein Auftrag nicht termingerecht bereitgestellt werden kann, soll eine verspätete Lieferung möglich sein, wobei das Auftreten von Verspätungen vermieden werden sollte. Falls aufgrund einer auftretenden Störung Plananpassungen erforderlich werden, sollten nur Planänderungen ausgeführt werden, die notwendig sind, um den bisherigen Plan der aktuellen Planungssituation anzupassen.

Als Ursachen einer Plananpassung sollen sowohl zufällig auftretende Anlagenausfälle als auch kurzfristig eintreffende Eilaufträge berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist vorgesehen, den Planungshorizont im Rahmen einer rollierenden Planung fortzuschreiben. In der industriellen Praxis dient ein solches reaktives Schedulingsystem der Planungsunterstützung, so dass der ermittelte Plan nachträglich, im Rahmen einer interaktiven Planung, angepasst werden kann. Somit besteht eine wichtige Anforderung darin, eine zulässige Lösung, die hinsichtlich der vorgegebenen Zielfunktionskriterien ein akzeptables Ergebnis aufweist, in kurzer Rechenzeit bereitzustellen. Eine mathematische Optimalität der gefundenen Lösung ist nicht zwingend erforderlich.
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort6
Vorwort8
Inhaltsverzeichnis9
1. Einleitung18
1.1 Motivation18
1.2 Untersuchungsgegenstand20
1.3 Vorgehen21
2. Produktionswirtschaftliche Grundlagen der chemischen Industrie23
2.1 Branchencharakteristika der chemischen Industrie23
2.2 Typologische Merkmale chemischer Produktionsanlagen27
2.3 Produktionsplanung in der chemischen Industrie33
2.4 Zusammenfassung43
3. Reaktive Anlagenbelegungsplanung44
3.1 Abgrenzung von prädiktiver und reaktiver Planung45
3.2 Ursprung und Wirkung von Störungen46
3.3 Anforderungen an reaktive Planungsverfahren53
3.4 Systematisierung der Verfahren zur Berücksichtigung von Unsicherheit55
3.5 Bewertungskriterien64
3.6 Zusammenfassung77
4. Entwicklung einer systemgestützten Reschedulingmethodik79
4.1 Einsatzrahmen und grundlegende Annahmen80
4.2 Architektur des reaktiven Schedulingsystems81
4.3 Zusammenfassung106
5. Entwicklung alternativer reaktiver Planungsverfahren108
5.1 Modell mit diskreter Zeitführung108
5.2 BPS-Dekomposition117
5.3 Verfahrensabwandlungen zur Generierung des Ausgangsplans153
5.4 Zusammenfassung153
6. Praktische Erprobung156
6.1 Betrachtete Testprobleme156
6.2 Demonstration eines Planungslaufes159
6.3 Lösungsqualität Dekompositionsansatz163
6.4 Szenarien mit rollierender Planung167
6.5 Zusammenfassung220
7. Schlussbetrachtung und Ausblick224

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