1 Das Wesen des Managements
Um zu verstehen, was es bedeutet, ein effektiver Manager zu sein, benötigen wir eine praktische, nützliche Definition des Begriffs »Management«. In einfachsten Worten bedeutet Management: »Mitarbeiter dazu bringen, Ziele zu erreichen.« Sie als Manager tun demnach, was immer nötig ist, um sicherzustellen, dass Ihre Mitarbeiter – und damit auch Ihre Organisation – bestimmte Ziele erreichen. Dazu muss es aber einen Plan geben, der festlegt, wer wofür verantwortlich ist, was man erreichen will und was bis wann zu tun ist. Anders ausgedrückt: Sie delegieren Aufgaben an Ihre Mitarbeiter und behalten im Blick, ob alles nach Plan läuft und ob die Deadlines eingehalten werden. Darüber hinaus sind Sie verantwortlich dafür, dass Ihre Mitarbeiter eine adäquate Förderung erhalten (Stichwort Mitarbeiterentwicklung, siehe Kapitel 5), denn Sie brauchen Mitarbeiter, die motiviert an die Arbeit gehen (mehr dazu in Kapitel 7).
Vorturnen ist nicht Ihre Aufgabe!
In der Regel machen Manager Karriere, weil sie in ihrer Funktion und Fachverantwortung erfolgreich sind und solide Ergebnisse generiert haben. Als »Leader« ist Fachwissen dann allerdings weniger gefragt und veraltet zudem rasend schnell. Doch das ist vielen Managern leider nicht bewusst. Sie fühlen sich in ihrem Fachgebiet extrem wohl und gehen als überengagierte Mikromanager ihren Mitarbeitern bald auf die Nerven, weil sie der Versuchung erliegen, diesen immer wieder etwas vorzuturnen. Das ist aber keine Managementaufgabe. Im Gegenteil: Managen heißt, Ergebnisse durch Mitarbeiter zu generieren. Gefragt sind daher echte Delegation und die Schaffung einer Unternehmenskultur, welche die Motivation der Mitarbeiter fördert. Die emotionale Intelligenz des Managers, also seine soziale Kompetenz, sowie seine Vision und sein Charisma sind hierfür extrem wichtig. Doch nicht wenige Manager überschätzen sich und pflegen eine selbstbewusste Aura, die einem Faktencheck in vielen Fällen leider nicht standhält.
In meiner beruflichen Laufbahn bin ich des Öfteren an Chefs geraten, die meiner Meinung nach ziemlich überflüssig waren, weil sie Prozesse komplizierter, Entscheidungen langsamer und die Ergebnisse schlechter machten. Solche Typen kennen Sie sicher auch aus eigener Erfahrung, oder? Das wollte ich selbst natürlich unbedingt anders machen! Gute Manager reden nicht permanent und sie stellen sich nicht in den Mittelpunkt. Sie hören vor allen Dingen gut zu.
Denken Sie daran: Gute und richtige Entscheidungen werden da gefällt, wo die Kompetenz sitzt: am Computer, am Band, nah am Kunden.
Neuer Posten – geänderte Aufgaben
Egal ob Sie Softwareentwickler, Verkäufer, Ingenieur, Marketingprofi, Beschaffungsspezialist oder Buchhalter sind: Als frischgebackener Manager wurden Sie in Ihren neuen Posten befördert, eben weil Sie in Ihrem jeweiligen Bereich so extrem erfolgreich waren. Klare Sache, das haben Sie sicher verdient, herzlichen Glückwunsch! Doch nun stehen Sie plötzlich vor ganz neuen Herausforderungen wie etwa Mitarbeiterführung und -entwicklung, Koordination von Aufgaben, strategischen Entscheidungen et cetera – also klassischen Managementaufgaben, mit denen Sie bisher herzlich wenig am Hut hatten. Die Angst vor dem Scheitern ist groß, in manchen Fällen durchaus zu Recht: Denn der bisherige Erfolg als Experte führt nicht automatisch zum Erfolg als Manager – das muss ich ganz klar betonen.
Ohne entsprechende Vorbereitung, Schulung und Entwicklung verliert das Unternehmen sogar in zweierlei Hinsicht: Erstens geht ihm ein hervorragender Experte verloren und zweitens bekommt die Firma einen Manager, der keinen Plan hat, was er da eigentlich tut.
Wie lässt sich ein solches Desaster am besten vermeiden? Bei Beförderungen sollten meiner Meinung nach folgende Kriterien gelten:
- •Mitarbeiter sollten für ausgezeichnete Leistungen belohnt werden, keine Frage. Aber ohne angemessene Schulung sollten sie auf keinen Fall zum Manager befördert werden. Das hat noch nie einen guten Manager hervorgebracht und wird es auch nie! Daher müssen im Unternehmen Möglichkeiten zur Schulung geschaffen werden, zum Beispiel mit Mentoring-Programmen – oder Sie schicken Ihre frisch beförderten Managementneulinge auf entsprechende Seminare, um sie auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten.
- •Eine Beförderung kann nicht die Lösung für eine unzureichende Besetzung oder eine unangemessene Arbeitslast des Managements sein. Expertenaufgaben sind fair und angemessen aufzuteilen, und das Management trägt die Verantwortung dafür, Probleme so zu lösen, dass es allen Mitarbeitern und dem Unternehmen am besten dient.
- •Im Management sollten Beförderungen ausschließlich auf Basis der erbrachten Leistung erfolgen. Denn Mitarbeiter, die nur deshalb Karriere machen, weil sie ihren Vorgesetzten immer zustimmen und nach dem Mund reden, bringen das Unternehmen nicht weiter. Der besonders in Familienunternehmen gern gesehene vorauseilende Gehorsam ist eine weitverbreitete Krankheit. Manager brauchen intelligente und kritische Mitarbeiter, die gelernt haben, mit Rückgrat ihre Position zu begründen und zu vertreten. Mit anderen Worten: Kriecher sind out!
Jeder Experte, der in die Managementebene und damit in einen anderen Verantwortungsbereich befördert wird, muss sich eine entscheidende Frage stellen und diese ehrlich für sich beantworten: Bin ich bereit, einen (mehr oder weniger großen) Teil meiner früheren Aktivitäten aufzugeben – und zwar komplett? Das kann schon ein großes Opfer sein, denn im eigenen Spezialgebiet fühlt man sich wohl, da ist man zu Hause.
Klar, als engagierter Mitarbeiter möchte man vorankommen, die Karriereleiter erklimmen, und es ist schmeichelhaft, wenn das Unternehmen diese Bemühungen bemerkt, die erbrachte Leistung anerkennt und mit einer Beförderung belohnt. Doch ohne die erforderliche Managementschulung wird daraus oft genug eine Bestrafung und der unvorbereitete frischgebackene Manager ist zum Scheitern verurteilt. Entweder kommt er mit der zusätzlichen Arbeitsbelastung nicht klar, wenn er seine Expertenaufgaben nicht loslassen kann, oder er bringt doch irgendwie alles unter einen Hut, überarbeitet sich dabei aber dauerhaft dermaßen, dass er irgendwann erschöpft und ausgebrannt endet. Die Folge: ineffektives Management. Das ist nicht gut – nicht für den Manager, nicht für die Mitarbeiter und auch nicht für das Unternehmen. Ich betone es gerne noch einmal: Es liegt in der Verantwortung des Managers, Mitarbeiter zu schulen (Stichwort Mitarbeiterentwicklung!), bevor er Verantwortlichkeiten auf einen zum Manager beförderten Mitarbeiter überträgt.
Alles eine Frage der Zeit(einteilung)
Alle Manager – unabhängig von der Managementebene, auf der sie sich befinden – haben zwei wesentliche Verantwortungsbereiche: Managementaufgaben und Expertenaufgaben. Das bedeutet, dass Sie Ihre Arbeitszeit angemessen zwischen diesen Bereichen aufteilen müssen. Dabei gilt: Der wesentliche Beitrag von Managern zur Produktivität ist immer die Fokussierung auf Managementaufgaben bei gleichzeitiger Delegation von Expertenaufgaben (siehe Abbildung 2). Je höher Sie auf der Managementkarriereleiter klettern, desto weiter entfernen Sie sich von Ihren Expertenaufgaben, da Ihre Managementaufgaben entsprechend zunehmen.
Während Sie in der unteren Führungsebene noch relativ wenige Arbeitsstunden für Managementaufgaben aufwenden müssen, verbringen Sie als Topmanager fast Ihre gesamte Arbeitszeit damit. Das sollte jeder, der ins Management aufsteigen möchte, sich klipp und klar vor Augen führen! Wenn Sie sich mit diesem Gedanken nur schwer anfreunden können, sollten Sie ernsthaft überlegen, ob der Managerposten im Hinblick auf Ihre Zufriedenheit und Ihre Karriere wirklich die richtige Wahl ist. Man muss schon Manager sein wollen, um ein guter, ein effektiver Manager zu sein. Wer halbherzig oder missmutig an diese verantwortungsvolle Aufgabe herangeht, ist meiner Meinung nach im Management fehl am Platz.
Abbildung 2: Verhältnis zwischen Management- und Expertenaufgaben – je nach Hierarchieebene
Ein adäquates Verhältnis zwischen Management- und Expertenaufgaben – das ist wieder so ein Idealbild, das sich erst einmal dem Realitätscheck stellen muss. Denn das Problem in der täglichen Praxis ist doch (das zeigt auch meine langjährige Erfahrung): Insbesondere neuen Managern, die also frisch die Karriereleiter hinaufbefördert worden sind, fällt es schwer, den Managementaufgaben ausreichend Zeit zu widmen. Vor allem wenn diese Manager keine angemessene Entwicklung erfahren haben und daher nicht so recht wissen, wie sie ihre geliebten Expertenaufgaben loslassen sollen, haben sie mitunter große Schwierigkeiten damit. Sie hängen in ihrer Komfortzone fest, denn in ihrem bisherigen Verantwortungsbereich als Experte konnten sie stets glänzen.
Mein Expertenwissen – meine Entscheidung
Oft genug sieht die Zeitaufteilung zwischen Management- und Expertenaufgaben so aus wie in Abbildung 3. Auf den ersten Blick wird schon klar, dass das auf Dauer nicht funktionieren kann. Die Managementaufgaben kommen hier viel zu kurz, der Fokus liegt zu stark auf den Expertenaufgaben.
Abbildung 3: Klammernde Manager – Fokus auf Expertenaufgaben
Warum halten Manager bloß so verbissen an ihren Expertenentscheidungen fest? Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Es kann zum...