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E-Book

Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?

AutorRudolf Steiner
VerlagRudolf Steiner Verlag
Erscheinungsjahr2022
Seitenanzahl235 Seiten
ISBN9783727485046
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
In diesem Buch zeigt Rudolf Steiner Schritt für Schritt, wie jeder Mensch sich einen Zugang zur spirituellen Welt verschaffen kann. Innerhalb der unzähligen Bücher zum Thema Meditation zeichnet sich Rudolf Steiners Klassiker durch seine sachliche, aller diffusen Schwärmerei abholden Sprache und Einstellung. Eine Einladung, einen spannenden Weg zu beschreiten.

Rudolf Steiner wurde am 27. Februar 1861 in Kraljevec, damals Österreich-Ungarn, heute Kroatien, geboren. Er studierte an der Technischen Hochschule Wien und promovierte an der Universität Rostock mit einer erkenntnistheoretischen Arbeit, die mit dem Satz endet: 'Das wichtigste Problem alles menschlichen Denkens ist das: den Menschen als auf sich selbst gegründete, freie Persönlichkeit zu begreifen.' Diese Überzeugung leitete ihn auch in seiner Tätigkeit als Goethe-Herausgeber in Weimar und als Redakteur, Lehrbeauftragter und Vortragsredner in Berlin, später in Dornach und vielen anderen Orten Europas. Im Unterschied zu den Kulturschaffenden seiner Zeit, mit denen er in intensivem Austausch stand, erlebte Rudolf Steiner noch eine andere Seite der Wirklichkeit, die geistige Welt, die ihm mit den Mitteln der Bewusstseinsforschung so zugänglich war wie den Naturwissenschaftlern die sichtbare Welt mit den Instrumenten der äußeren Forschung. Diese erweiterte Sichtweise ermöglichte es ihm, auf Gebieten der Kunst, der Wissenschaft und der Religion und ihren praktischen Anwendungen im Alltag weitreichende Impulse zu geben, stets mit dem Ziel einer spirituellen Erneuerung der Zivilisation. Er nannte seine Anschauung 'Anthroposophie' (Weisheit vom Menschen). Nach der Trennung von der Theosophischen Gesellschaft, deren Deutschen Sektion er zunächst als Generalsekretär vorstand, wirkte bei der Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft mit. Mit dem Bau des Goetheanum in Dornach bei Basel bekam die Gesellschaft ihr Zentrum als 'Freie Hochschule für Geisteswissenschaft'. Nach der Zerstörung des Doppelkuppelbaus aus Holz durch Brandstiftung stellt sich Rudolf Steiner an die Spitze der neu begründeten Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. Rudolf Steiner starb am 30. März 1925. Sein Werk umfasst neben zahlreichen geschriebenen Büchern Nachschriften von rund 6000 Vorträgen und ist in der 'Rudolf Steiner Gesamtausgabe' zum großen Teil ediert.

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Leseprobe

Die Stufen der Einweihung

Die folgenden Mitteilungen sind Glieder einer geistigen Schulung, über deren Namen und Wesenheit jeder sich klar wird, der sie richtig anwendet. Sie beziehen sich auf die drei Stufen, durch welche die Schule des geistigen Lebens zu einem gewissen Grade der Einweihung führt. Aber nur so viel von diesen Auseinandersetzungen wird man hier finden, als eben öffentlich gesagt werden kann. Es sind dies Andeutungen, welche aus einer noch viel tieferen, intimen Lehre herausgeholt sind. In der Geheimschulung selbst wird ein ganz bestimmter Lehrgang befolgt. Gewisse Verrichtungen dienen dazu, die Seele des Menschen zum bewußten Verkehr mit der geistigen Welt zu bringen. Diese Verrichtungen verhalten sich etwa zu dem, was im folgenden mitgeteilt wird, wie der Unterricht, den man jemandem in einer höheren streng geregelten Schule gibt, zu der Unterweisung, die man ihm gelegentlich auf einer vorbereitenden Schule zuteil werden läßt. Doch kann die ernste und beharrliche Verfolgung dessen, was man hier angedeutet findet, zur wirklichen Geheimschulung führen. Allerdings, das ungeduldige Probieren, ohne Ernst und Beharrlichkeit, kann zu gar nichts führen. – Von Erfolg kann das Geheimstudium nur sein, wenn dasjenige zunächst eingehalten wird, was bereits gesagt worden ist, und auf dieser Grundlage fortgeschritten wird.

Die Stufen, welche die angedeutete Überlieferung angibt, sind die folgenden drei: 1. Die Vorbereitung, 2. die Erleuchtung, 3. die Einweihung. Es ist nicht durchaus notwendig, daß diese drei Stufen sich so folgen, daß man die erste ganz durchgemacht hat, bevor die zweite, und diese, bevor die dritte an die Reihe kommen. Man kann in bezug auf gewisse Dinge schon der Erleuchtung, ja der Einweihung teilhaftig werden, wenn man in bezug auf andere sich noch in der Vorbereitung befindet. Doch wird man eine gewisse Zeit in Vorbereitung zu verbringen haben, bevor überhaupt eine Erleuchtung beginnen kann. Und wenigstens für einiges wird man erleuchtet sein müssen, wenn der Anfang mit der Einweihung gemacht werden soll. In der Beschreibung aber müssen, der Einfachheit wegen, die drei Stufen hintereinander folgen.

1. Die Vorbereitung


Die Vorbereitung besteht in einer ganz bestimmten Pflege des Gefühls- und Gedankenlebens. Durch diese Pflege werden Seelen- und Geistesleib mit höheren Sinneswerkzeugen und Tätigkeitsorganen begabt, wie die Naturkräfte den physischen Leib aus unbestimmter lebendiger Materie mit Organen ausgerüstet haben.

Der Anfang muß damit gemacht werden, die Aufmerksamkeit der Seele auf gewisse Vorgänge in der uns umgebenden Welt zu lenken. Solche Vorgänge sind das sprießende, wachsende und gedeihende Leben einerseits, und alle Erscheinungen, die mit Verblühen, Verwelken, Absterben Zusammenhängen, anderseits. Überall, wohin der Mensch die Augen wendet, sind solche Vorgänge gleichzeitig vorhanden. Und überall rufen sie naturgemäß auch in dem Menschen Gefühle und Gedanken hervor. Aber nicht genug gibt sich, unter gewöhnlichen Verhältnissen, der Mensch diesen Gefühlen und Gedanken hin. Dazu eilt er viel zu rasch von einem Eindruck zum anderen. Es handelt sich darum, daß er intensiv die Aufmerksamkeit ganz bewußt auf diese Tatsachen lenke. Er muß, wo er Blühen und Gedeihen einer ganz bestimmten Art wahrnimmt, alles andere aus seiner Seele verbannen und sich kurze Zeit ganz allein diesem einen Eindrücke überlassen. Er wird sich bald überzeugen, daß ein Gefühl, das in einem solchen Falle durch seine Seele früher nur durchgehuscht ist, anschwillt, daß es eine kräftige und energische Form annimmt. Diese Gefühlsform muß er dann ruhig in sich nachklingen lassen. Er muß dabei ganz still in seinem Innern werden. Er muß sich abschließen von der übrigen Außenwelt und ganz allein dem folgen, was seine Seele zu der Tatsache des Blühens und Gedeihens sagt.

Dabei soll man nur ja nicht glauben, daß man weit kommt, wenn man seine Sinne etwa stumpf macht gegen die Welt. Erst schaue man so lebhaft, so genau, als es nur irgend möglich ist, die Dinge an. Dann erst gebe man sich dem in der Seele auflebenden Gefühle, dem aufsteigenden Gedanken hin. Worauf es ankommt, ist, daß man auf beides, im völligen inneren Gleichgewicht, die Aufmerksamkeit richte. Findet man die nötige Ruhe und gibt man sich dem hin, was in der Seele auflebt, dann wird man, nach entsprechender Zeit, das Folgende erleben. Man wird neue Arten von Gefühlen und Gedanken in seinem Innern aufsteigen sehen, die man vorher nicht gekannt hat. Je öfter man in einer solchen Weise die Aufmerksamkeit auf etwas Wachsendes, Blühendes und Gedeihendes und damit abwechselnd auf etwas Welkendes, Absterbendes lenkt, desto lebhafter werden diese Gefühle werden. Und aus den Gefühlen und Gedanken, die so entstehen, bauen sich die Hellseherorgane ebenso auf, wie sich durch Naturkräfte aus belebtem Stoffe Augen und Ohren des physischen Körpers aufbauen. Eine ganz bestimmte Gefühlsform knüpft sich an das Wachsen und Werden; eine andere ganz bestimmte an das Verwelken und Absterben. Aber nur dann, wenn die Pflege dieser Gefühle auf die beschriebene Art angestrebt wird. Es ist möglich, annähernd richtig zu beschreiben, wie diese Gefühle sind. Eine vollständige Vorstellung kann sich davon jeder selbst verschaffen, indem er diese inneren Erlebnisse durchmacht. Wer oft die Aufmerksamkeit auf den Vorgang des Werdens, des Gedeihens, des Blühens gelenkt hat, der wird etwas fühlen, was der Empfindung bei einem Sonnenaufgang entfernt ähnlich ist. Und aus dem Vorgang des Welkens, Absterbens wird sich ihm ein Erlebnis ergeben, das in ebensolcher Art mit dem langsamen Aufsteigen des Mondes im Gesichtskreis zu vergleichen ist. Diese beiden Gefühle sind zwei Kräfte, die bei gehöriger Pflege, bei immer lebhafter werdender Ausbildung zu den bedeutsamsten geistigen Wirkungen führen. Wer sich immer wieder und wieder planmäßig, mit Vorsatz, solchen Gefühlen überläßt, dem eröffnet sich eine neue Welt. Die Seelenwelt, der sogenannte astrale Plan, beginnt vor ihm aufzudämmern. Wachsen und Vergehen bleiben für ihn nicht mehr Tatsachen, die ihm solch unbestimmte Eindrücke machen wie vorher. Sie formen sich vielmehr zu geistigen Linien und Figuren, von denen er vorher nichts ahnte. Und diese Linien und Figuren haben für die verschiedenen Erscheinungen auch Verschiedene Gestalten. Eine blühende Blume zaubert vor seine Seele eine ganz bestimmte Linie, ebenso ein im Wachsen begriffenes Tier oder ein im Absterben befindlicher Baum. Die Seelenwelt (der astrale Plan) breitet sich langsam vor ihm aus. Nichts Willkürliches liegt in diesen Linien und Figuren. Zwei Geheimschüler, die. sich auf der entsprechenden Stufe der Ausbildung befinden, werden bei dem gleichen Vorgange stets dieselben Linien und Figuren sehen. So gewiß zwei richtig sehende Menschen einen runden Tisch rund sehen, und nicht einer rund und der andere viereckig, so gewiß stellt sich vor zwei Seelen beim Anblicke einer blühenden Blume dieselbe geistige Gestalt. – So wie die Gestalten der Pflanzen und Tiere in der gewöhnlichen Naturgeschichte beschrieben werden, so beschreibt oder zeichnet der Kenner der Geheimwissenschaft die geistigen Gestalten der Wachstums- und Absterbensvorgänge nach Gattungen und Arten.

Wenn der Schüler so weit ist, daß er solch geistige Gestalten von Erscheinungen sehen kann, die sich seinem äußeren Auge auch physisch zeigen: dann wird er auch nicht weit entfernt sein von der Stufe, Dinge zu sehen, die kein physisches Dasein haben, die also dem ganz verborgen (okkult) bleiben müssen, der keine Unterweisung in der Geheimlehre erhalten hat.

Zu betonen ist, daß der Geheimforscher sich nicht in ein Nachsinnen verlieren soll, was dieses oder jenes Ding bedeutet. Durch solche Verstandesarbeit bringt er sich nur von dem rechten Wege ab. Er soll frisch, mit gesundem Sinne, mit scharfer Beobachtungsgabe in die Sinnenwelt sehen und dann sich seinen Gefühlen überlassen. Was die Dinge bedeuten, das soll nicht er mit spekulierendem Verstande ausmachen wollen, sondern er soll es sich von den Dingen selbst sagen lassen.2

Ein Weiteres, worauf es ankommt, ist das, was die Geheimwissenschaft die Orientierung in den höheren Welten nennt. Man gelangt dazu, wenn man sich ganz von dem Bewußtsein durchdringt, daß Gefühle und Gedanken wirkliche Tatsachen sind, genau so wie Tische und Stühle in der physisch-sinnlichen Welt. In der seelischen und in der Gedankenwelt wirken Gefühle und Gedanken aufeinander wie in der physischen die sinnlichen Dinge. Solange jemand nicht lebhaft von diesem Bewußtsein durchdrungen ist, wird er nicht glauben, daß ein verkehrter Gedanke, den er hegt, auf andere Gedanken, die den Gedankenraum beleben, so verheerend wirken kann wie eine blindlings losgeschossene Flintenkugel für die physischen Gegenstände, die sie trifft. Ein solcher wird sich vielleicht niemals erlauben, eine physisch-sichtbare Handlung zu begehen, die er für sinnlos hält. Er wird aber nicht davor zurückschrecken, verkehrte Gedanken oder Gefühle zu hegen. Denn diese erscheinen ihm ungefährlich für die übrige Welt. In der Geheimwissenschaft kann man aber nur vorwärtskommen, wenn man auf seine Gedanken und Gefühle ebenso achtet, wie man auf seine Schritte in der physischen Welt achtet. Wenn jemand eine Wand sieht, so versucht er nicht, geradewegs durch dieselbe durchzurennen; er lenkt seine Schritte seitwärts. Er richtet sich eben nach den Gesetzen der physischen Welt. – Solche Gesetze gibt es nun auch für die Gefühls- und Gedankenwelt. Nur können sie dem Menschen da nicht von außen sich...

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