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Seht, die Wikinger!

Eine Reise zu den Germanen Skandinaviens.

AutorManfred Wirth, Thomas Bauer
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl236 Seiten
ISBN9783844834987
Altersgruppe12 – 
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Mit der Geschichte der Germanen, die vor langer Zeit Europa besiedelt haben, ist die Kultur der Wikinger stark verbunden. Jene Nordmänner waren einst an den Küsten Skandinaviens zu Hause und hatten beinahe 300 Jahre lang weltweit von sich reden gemacht, durch Raub, Handel und ihre Mythologie. Bald aber zogen sich die Wikinger zurück - und verschwanden von den Bühnen der Geschichte im Verlauf der christlichen Revolution. Allerdings muss diese Zeit nicht gleich vergessen bleiben. Der zweite Band der Reihe 'Mensch, Geschichte, Abenteuer.' lässt darum jene Tage Revue passieren und holt die Kultur des Nordens hervor aus den Archiven. Angefangen mit dem Ende der letzten Eiszeit, geht es weiter mit der ersten Besiedelung, den Gebräuchen und großen Abenteuern bis hin zum unvermeidlichen Niedergang, wodurch ein übersichtliches Abbild entsteht, getreu dem Motto: 'Vom Wesen der Wikinger berichte uns, oh Herr!'

'Geschichte ist, was zählt!' - so umschreibt Thomas Bauer, geboren 1982 in Oschatz, seine heimliche Leidenschaft, Jung und Alt für vergangene Zeiten zu begeistern. Als Gründer einer Autorengemeinschaft steht er kreativem Handeln offen gegenüber, und sucht während ausgedehnter Bikertouren nach neuen Möglichkeiten.

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Leseprobe

Im Zeitalter des ewigen Eis


W enn wir über die Wikinger und ihre Epoche, in der sie maßgeblich Geschichte schrieben, sprechen, dann beziehen wir uns auf einen Zeitraum, der mehr als 1 000 Jahren vor uns liegt. Laut der christlichen Kalenderrechnung hat die Ära der Wikinger im achten Jahrhundert ihren Anfang genommen und Mitte des elften Jahrhunderts ihren Niedergang erlebt. Als in halb Europa gerade eine neue Ära anbrechen sollte, nämlich die des hohen Mittelalters, ging die der Wikinger schon wieder zur Neige. So alt ist also die Geschichte der Seekrieger, die sich innerhalb von gut 300 Jahren ereignet und trotz der vergleichsweise kurzen Dauer reichlich Eindruck hinterlassen hat. Über die Wikinger jedenfalls steht sowohl in christlichen als auch in arabischen sowie in nordischen Quellen geschrieben. Die reine Zahl ihrer Schiffsfahrten über das Meer ist beeindruckend. Sie zählen mit Abstand zu den spektakulärsten Unternehmungen des Mittelalters und stehen in ihrem historischen Gegenwert den Ereignissen in anderen Feudalstaaten in gar nichts nach, sondern übertreffen, was die vielen Entdeckungen und Fahrten zur See betrifft, diese sogar bei weitem.

Eine so prägende Zeit wie die der Wikinger kam freilich kaum aus dem Nichts zustande. Sie hat ihre Wurzeln in einer Vorgeschichte; in etwas, das vorangegangen war und sich zumeist aufgrund von Umwelteinflüssen außerhalb der jeweiligen Gemeinschaft ausgebildet hat. Die Geschichte lehrt, dass selbst kleine Geschehen – oft waren es Zufälle und Kleinigkeiten – als ein wichtiger Bestandteil eines gesamthistorischen Verlaufs anzusehen sind. Dieser eine, besondere Bestandteil, dieses Puzzle im großen Ganzen, hatte einen oftmals wesentlichen Einfluss auf die Geschicke ganzer Generationen. Das konnte im Einzelfall zum Beispiel eine epochale Erfindung gewesen sein; die alles bis dahin Vorhandene in den Schatten stellte oder ein gewonnener Konflikt; der alle Widersacher beseitigte – oder aber ein von allen Seiten gesegnetes Land mit optimalen Bedingungen, das aufgrund seiner geographischen Voraussetzungen das Erblühen einer menschlichen Zivilisation mehr als begünstigte und im rechten Moment als Heimat zur Verfügung stand.

Wir wissen sehr wohl, wie wichtig dieser Punkt sein kann. Land war das Einzige, für das es sich zu kämpfen wirklich lohnte! Das lehrt uns zumindest unsere Vergangenheit. Von stets entscheidender Bedeutung – so lautet eine ungeschriebene Bedingung für eine wechselhafte, spannende Geschichte – war eine freie „Keimzelle“ in Form von riesigen und unberührten Landschaften, die nur darauf warteten, von den Menschen eines bestimmten Volkes zuerst besiedelt und später mit allen Vor- und Nachteilen vereinnahmt zu werden. In neudeutscher Sprachgewohnheit ist damit die „Location“ gemeint, der „Place“, wo sich unserer Vorstellung nach unsere Vorfahren denn einst niederließen. Alle längst vergangenen Kulturen unserer Ahnen waren diesem Grundsatz unterworfen, als sie im Frühstadium ihrer Entwicklung aus der Wiege der Menschheit heraus, dem heutigen Afrika, zu einer Reise aufbrachen und den Schritt in eine ferne Zukunft wagten. Ihre Wanderungen haben die Menschheit in alle Himmelsrichtungen und in jede heute bewohnte Region der Welt geführt. Dabei haben unsere Vorfahren vor mehr als 15 000 Jahren alte Landverbindungen passiert, die in diesen Tagen nur noch auf dem Papier existieren, und dadurch andere Kontinente und Gegenden erreicht. Man denke dabei nur an Japan, Amerika oder Neuseeland, die stellvertretend für die Reiselust jener Menschen stehen. Auf die gleiche Art und Weise fanden sehr viel auch die Vorfahren der heutigen Skandinavier auf die nördlichste Halbinsel Europas und in den weithin offenen Gebieten schließlich ihre neue Heimat.

Es liegt dem Menschen einfach im Blut, dass er nicht lange an einem Ort verweilt. Nur so ist die Tatsache zu erklären, dass die Geschichte unserer Urahnen seit jeher schon groß angelegte Wanderungen verzeichnet. Die urafrikanischen Wanderungen, also der Aufbruch der Menschheit aus Afrika, gehört dabei zu den waghalsigsten aller Unternehmungen. Über Tausende Kilometer hinweg machten sich die Stämme auf die Reise ins Unbekannte. Sie waren unterwegs, um sich einen Traum zu erfüllen, auf der Suche nach der letzten aller Grenzen, und unterwegs zu einem Ziel, das sie niemals in einem Leben, sondern erst nach einigen Generationen erreichen sollten.

Zu sehen ist die Halbinsel Skandinavien, das als Ursprungsgebiet der Wikinger gilt. Ebenfalls zu sehen sind einige der zum gesamtskandinavischen Einflussgebiet gehörenden Gegenden wie Island, Dänemark und küstennahe Gebiete von Osteuropa.

Natürlich verlief die frühzeitliche Besiedlung der Erde keineswegs so frei und fröhlich! Es gab Hunderte Gründe, warum etwas schiefgehen konnte, und genau so viele, warum auch etwas schiefgegangen ist. Und selbst nachdem unsere Vorfahren ihren Platz auf der Welt – ihre eigene „Location“ – gefunden hatten, verstrichen viele Tausend Jahre, bis sie ethisch und geistig so entwickelt waren sowie einen solchen Grad an technischen Fortschritt errungen hatten, dass die Völker landauf und landab zu jenen selbständigen Souveränen wurden, wie wir sie heute kennen. Das alles hat in der Frühzeit der Geschichte angefangen, und auch wenn sich die Menschheit noch außerstande sah zu erahnen, wie es ihren Nachkommen einst ergehen würde, so fühlten sie sich in ihrem Unternehmen von höheren Motiven geleitet. Und was den Vorfahren der heutigen Chinesen eben am Gebiet des heutigen China und den urzeitlichen Deutschen eben an Deutschland gefiel, das war auch für jene wilden Stämme wichtig, die einstmals über alte Kontinentalverbindungen nach Norden wanderten und sich in einer der wohl ungezähmtesten Gegend der Welt niederließen.

Dass Skandinavien indirekt nicht nur die Kultur der Wikinger hervorbrachte, sondern zuvor auch mehreren germanischstämmigen Völkern ein Zuhause bot, hatte sich selbst damals schon – ohne die modernen Möglichkeiten der Kommunikation – in der Alten Welt herumgesprochen. Schon die alten Römer hatten von jenem Erdteil gewusst, der mit besonderen geologischen und geographischen Aspekten ausgezeichnet war. Zu Zeiten der Antike gab es mehrere Bezeichnungen für den umgangssprachlich sogenannten „Hohen Norden“. Scantinavia sagten die Römer, Skandza die Goten, und die Hellenen und anderen Völker im Mittelmeerraum glaubten an dieses teils noch sagenumwobene Land nordöstlich von Britannien unter dem geheimnisvollen Namen Thule. Und jenes Thule gibt es im Grunde nach wie vor. An dessen Stelle hatten später zwei große Staaten, nämlich Norwegen und Schweden, ihre Herkunft gefunden und zur Namensfindung Skandinaviens beigetragen. Nach wissenschaftlicher Meinung und wegen einer Vielzahl von Gründen können jedoch Dänemark und Finnland nicht dazu gerechnet werden. Wie dem auch sei: Die Halbinsel der Tausend Seen und Gletscher ist seit mehr als zwei Jahrtausenden ein wohl bekannter Begriff. Sie hat eine anerkannte, einflussreiche Geschichte, ist wunderbar anzusehen und zählt, was den heutigen allgemeinen Lebensstandard angeht, zu den angesehensten Regionen dieser Erde. Skandinavien ist schon seit langer Zeit bewohnt, und die Menschen, die einstmals dort gelebt haben und deren Vergangenheit uns nun in einem gewissen Zeitraum besonders interessiert, das sind jene frühen Skandinavier, die wir heute als Wikinger kennen.

Die Wikinger und ihre alte Kultur erfahren in unseren Breitengraden immer wieder gelegentliche Beachtung. Im Allgemeinen werden mit ihnen eine Vielzahl von Errungenschaften gleichgesetzt, die bei näherer Betrachtung keine andere Gesellschaft in der Geschichte aufweisen kann. Man nehme da zuerst den charakteristischen Wikingerhelm, jene ovale, metallene Kopfbedeckung samt – so nimmt man es zumindest an – den seitlich angebrachten Rinderhörnern. Bekannt, und im Gedächtnis der Nachwelt haften geblieben, sind die Bärenfelle als Kleidung dieser Männer. Die scharfe Streitaxt, das zweischneidige Schwert und das dicke Holzschild dürfen dabei nicht vergessen werden, genauso wenig wie ihr Glaube an alte, heidnische Gottheiten. Lange Haare, ein wild wuchernder Bart, der sie grimmig aussehen ließ, und schließlich ihre schlechten Manieren – all das sind Merkmale der Wikinger. Sie sind ein Beispiel für ihre unnachahmliche Lebensweise, über die mancher den Kopf schütteln mag, die jedoch allen Unkenrufe und einem zuweilen breiten Desinteresse zum Trotz wahrlich Geschichte geschrieben hat, was nicht jeder jeden Tag vollbringen kann.

All das gehört unwiderlegbar zu den Wikingern, und war in dieser Weise auch nur in ihrem Kulturkreis anzutreffen. Dass ihre Waffen und ihr Gebaren zuweilen von anderen Völkern in abgewandelter, veränderter oder sinngemäßer Form verwendet worden sind und dass gewiss ein wechselseitiger Kulturaustausch sowohl den Wikingern als auch ihren Nachbarn zugutekam, liegt zwar nahe, ist durchaus logisch, ändert aber dennoch nichts an der eigenständigen Verwendung jener Güter durch die Mannen im hohen Norden. Kreativität und Einfallsreichtum waren den Wikingern nicht fremd, im Gegenteil. Sich anzupassen, stetig...

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