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E-Book

Ja, ich lebe jetzt MEIN Leben

Ich brauchte Krebs, um zu meinem ICH zurückzufinden

AutorCornelia Kuppe
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl200 Seiten
ISBN9783739287638
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
"Ja, ich lebe jetzt mein Leben!" lautet der Titel des ersten Buches der Autorin Cornelia Kuppe. Es handelt sich hierbei um die Autobiographie einer Krebspatientin. Das Leben überraschte Cornelia Kuppe im Jahr 1999 mit der Diagnose Eierstockkrebs. Sie wählte zunächst mit allen Konsequenzen den schulmedizinischen Weg, bis ein Rückschlag sie zum Innehalten bewegte und für andere Wege öffnete. In ihrem Buch beschreibt Cornelia Kuppe ihre Erfahrungen und macht Zusammenhänge deutlich, wie sie sich ihren Krebs selbst erschaffen hat. Die Autorin motiviert den Leser, für sein Schicksal und sein eigenes Leben die Verantwortung selbst zu übernehmen. Mit der Veröffentlichung ihrer ganz persönlichen Geschichte macht sie Menschen Mut, sich und seine eigenen Bedürfnisse wichtig zu nehmen. www.CorneliaKuppe.de

Cornelia Kuppe ist am 7. März 1959 in Hamburg geboren. Seit 2005 lebt die Autorin und Künstlerin in Unterfranken und findet dort Erfüllung im Schreiben und Malen. Informationen zu ihren Werken und ihrem Wirken sind auf der Website zu finden. www.CreativesAtelier.de

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Leseprobe

XII.


… Heilung im Außen …

… schien gelungen, aber wie sah es in meinem Inneren aus?

Am Samstag, dem 25. März wurde ich nach Hause entlassen.

Ich hatte schon am Freitag mit meiner Entlassung gerechnet, aber am Donnerstag hatte die Abschlussuntersuchung ergeben, dass ein Polyp der Gebärmutter die Ursache für meine Blutungen war. So war ich am Freitag noch einmal mit einer Vollnarkose in den Operationssaal geschoben worden. Obwohl ich von der Narkose noch völlig benommen war, drängelte ich auf meine Entlassung, denn ich wollte unbedingt nach Hause; vierzehn Tage Krankenhaus reichten mir.

Meine Narbe sah von außen sehr gut aus und mein Bauch war sichtlich flacher, die Schwellungen ließen langsam nach.

Zu Hause angekommen, packte ich meine Taschen aus und fing sofort an zu waschen. Schwäche ließ ich nicht aufkommen bzw. nicht zu. Beim ersten Spaziergang mit unserem Hund spürte ich allerdings ein heftiges Ziehen in der Narbe, wenn Bosley an der Leine zog. Am Sonntag kamen mein Vater und seine Freundin zu Besuch. Mein Vater hatte seit Sommer 1999 eine Freundin. Ich freute mich darüber, dass er nach dem Tod meiner Mutter seine Lebensfreude wieder gefunden hatte, dennoch tat es weh. Ich dachte häufig an meine Mutter und daran, wie sehr sie sich dieses Leben gewünscht hatte, welches die beiden jetzt führten. Ein Leben, in dem es nicht in erster Linie um das Geschäft und die Arbeit ging, sondern um andere Qualitäten. Ich konnte meine Gefühle nicht verbergen und die Situation wurde häufig Thema. Mein Vater meinte, ich hätte ein Problem mit seiner Freundin, aber das war es nicht. Ich hatte ein Problem damit, die Gefühle meiner Mutter zu fühlen. Ich meinte, sie zu fühlen. Ich identifizierte mich ständig mit meiner Mutter und merkte immer noch nicht, wie sehr ich in ihre Rolle schlüpfte und nicht mein eigenes Leben lebte. So spürte ich Eifersucht gegenüber der neuen Frau im Leben meines Vaters und fühlte mich irgendwie um etwas betrogen.

Nach dem Tod meiner Mutter hatte ich gedacht, ich würde jetzt irgendwie aufrücken, um die Liebe meines Vaters zu bekommen, die ich mir immer gewünscht hatte. Ich dachte: „Jetzt bin ich dran, jetzt bin ich als Tochter dran, die ganze Aufmerksamkeit meines Vaters zu genießen.“

Aber das war ein Trugschluss, denn nun war die „Neue“ dran. Mein Kopf sagte mir, es war gut, dass mein Vater jemanden gefunden hatte, denn ich war aus der Verantwortung raus, aber mein Herz schmerzte.

An diesem Wochenende kamen die beiden und halfen uns, meinen Schreibtisch und Computer aus dem Laden zu uns nach Hause zu transportieren. Sehr fürsorglich wiesen sie mich immer wieder darauf hin, achtsam mit mir umzugehen und nichts zu tragen. Für mich war die OP erledigt, denn nach außen hin war alles verheilt. Wie wund es noch im Bauch aussah, daran dachte ich nicht.

Acht Tage nach meiner Entlassung gaben mein Vater und seine Freundin eine Party mit vielen Gästen, es war der 1. April 2000, ein April-Scherz? Es sollte eine Party werden, um offiziell ihre Freundschaft bekannt zu geben. Mein anfängliches Gefühl war Unbehagen. Mein Vater plante eine Party und seine Tochter hatte Krebs, den Termin fand ich unpassend, überlegte zunächst, nicht hinzugehen; dann sprach aber mein Kopf: „Ich bin stark, habe die OP geschafft und werde allen zeigen, wie gut ich drauf bin, ich habe damit kein Problem.“ Äußerlich war es auch kein Problem.

Als Ben und ich auf der Feier ankamen, durchfuhr es mich wie ein Blitz, als ich mir dann von der Freundin meines Vaters anhörte, sie hätte mir zu Ehren ein Kleid meiner Mutter an. Ich war geschockt. Mir zu Ehren? Das konnte doch wohl nicht sein. Ich fand es pietätlos, doch ich schwieg und lächelte, denn schließlich ging es mich ja nichts an. Es war allein eine Angelegenheit zwischen meinem Vater und seiner Freundin.

Auf der Feier verausgabte ich mich absolut, tanzte was das Zeug hielt und wollte auf gar keinen Fall zeigen, dass ich innerlich doch so schwach und zerbrechlich war. Mein Körper signalisierte es mit starken Blutungen, selbst die nahm ich nicht ernst. Der nächste Tag zeigte meine Verausgabung und ich lag den ganzen Tag flach. Ich hatte mich absolut überfordert, sowohl körperlich als auch seelisch. Ich fühlte mich nicht verstanden, verstand ich mich selber? Wohl kaum, denn alle Anzeichen meines Körpers verdrängte ich, jedes aufkommende Gefühl zerredete ich, denn ich war ja stark.

Ein wenig Frust konnte ich in der Gesprächstherapie ablassen, aber verstand Frau Sch. mich? Nein, ich hörte mir an, dass ich ja froh sein könnte, dass es meinem Vater gut gehe, dass er glücklich sei. Das sagten alle um mich herum, und das war ich ja auch. Ich gönnte ihm sein Glück. Es ging hier um etwas Anderes – um mich. Keiner verstand es. In der Therapie gab ich nun das erste Mal zu verstehen, wie unglücklich ich war. Ich sagte, dass ich so nicht weitermachen würde, wenn sich in meinem Leben nichts ändern würde. Damit meinte ich, dass ich nun dran sein wollte. Ich äußerte mein Unwohlsein hinsichtlich Bens Trinkverhalten. Es war ein zögerlicher Ausdruck, aber ich weiß noch, dass ich sagte, dass ich es so, wie es jetzt sei, nicht mehr lange aushalten würde. Jedes Wochenende war Ben unterwegs. Freitagabend – pünktlich um 18.30 Uhr – ging er zum Knobeln und der Frühschoppen am Samstag um 11.00 Uhr ging häufig bis in die Abendstunden. Wie oft hatte ich gehofft, gemeinsam mit ihm etwas zu unternehmen, zusammen loszugehen. Wenn wir uns für den Abend verabredeten, war er schon nicht mehr nüchtern. Mir machte es keinen Spaß, denn ich war nur damit beschäftigt, ihn zu beobachten, jedes Wort, was er sagte, zu überprüfen, um festzustellen, wie angetrunken er war. Ben stritt es eifrig ab, obwohl es doch so offensichtlich war. Ich spielte das Spiel mit, nur wie lange noch, dass war die Frage.

Am 1. Mai 2000 erhielt ich die sechste und letzte Chemotherapie. Ich war glücklich darüber und hatte das sichere Gefühl, es zu schaffen. Nach diesem Zyklus kam ich langsam wieder zu Kräften. An einem Nachmittag, es war ein wunderschöner Sonnentag, lag ich im Garten und fühlte wieder Lebenslust. Ich fühlte die Lust, jetzt richtig zu leben.

Ich wünschte mir so sehr, dass dieses Gefühl der Lebensfreude anhielt. Es war ein Gefühl von Freiheit, welches ich vernahm. Bei dem Gedanken, bald wieder meine eigenen Haare zu tragen, konnte nichts mehr dagegen sprechen zu leben. Ich genoss es, mich mit dem zu kleiden, auf das ich Lust hatte, endlich mal eine Auswahl im Schrank zu haben, die nicht dadurch eingegrenzt wurde, dass sie wieder einmal nicht passte.

Schon wenige Tage später sah es anders aus. Es war wieder ein Freitagabend und ich freute mich über den Teilerfolg, bis zu Bens Eintreffen um 2 Uhr 22 tief und fest geschlafen zu haben. Aber dann kam sie – die Angst – sie stieg in mir hoch und überwältigte mich. Ich hatte plötzlich unsagbare Angst, nicht vollkommen gesund zu werden, denn nichts hatte sich wirklich zum Positiven geändert. Ich war tief traurig und verzweifelt. Am nächsten Morgen sprach ich über meine Angst und weinte. Ben konnte noch nie mit meinen Tränen umgehen, das wusste ich ja, und so beruhigte ich mich selber, in dem ich mir sagte, meine Traurigkeit hatte nur mit mir zu tun. „Soll er tun, was er zu seinem Glücklichsein braucht, auch wenn es der Alkohol und lange Nächte sind!“, dachte ich. Nur ich wollte auch glücklich sein und fragte mich, wie ich wohl diesen Zustand erreichen könnte.

Ich konnte Ben nicht verändern, das ist mir bewusst gewesen, doch ich gab die Hoffnung nicht auf, dass er sich von selber ändern würde. Wie lange würde meine Geduld noch reichen? Ich tröstete mich immer wieder damit, dass er ein guter Mensch sei, einen guten Kern habe, mit Schwächen wie andere auch. Ich erinnerte mich daran, dass ich mir meinen Mann selbst ausgesucht hatte und daran, wie wir uns kennen lernten.

Es war August 1983, ich machte mit meiner Mutter in Grömitz Urlaub und da sah ich ihn. Ich wusste nicht, wie es um mich geschah. Ich fühlte, dass er der Richtige war. Ich setzte alles daran, ihn kennenzulernen und überredete meinen Vater, mir doch noch eine Woche unbezahlten Urlaub zu gewähren. Es klappte, ich lernte Ben kennen und schon im Oktober darauf zog er bei mir ein. Wir waren absolut verschieden, aber irgendetwas in mir gab mir die Gewissheit, dass Ben genau der Mann sei, den ich brauchte. Kurze Zeit nach unserem Kennenlernen erkannte ich, dass Ben genau den Teil lebte und verkörperte, den ich nicht lebte. So sah ich uns beide zusammen als Ganzes. Wir ergänzten uns prima.

Die Rollen waren verteilt, nicht typisch für Mann und Frau, aber es war okay. Ich konnte weiterhin „meinen Mann“ im Beruf stehen und mich um alles kümmern, was es zu Hause zu tun gab. Ben ließ mir in allem freie Hand und genoss die Bequemlichkeit. Es war zwar immer ein Wunsch von mir, einen Mann zu haben, der alles im Griff haben würde, wie mein Vater, aber so abhängig wie meine Mutter wollte ich nicht sein. Also übernahm...

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