3. WIE-Fragen
Wie erkennen Sie Verhaltensmuster und ordnen sie richtig ein?
Sie kennen nun die vier Verhaltensgrundtendenzen. Vielleicht ahnen Sie inzwischen, in welcher DISG-Ecke Sie am ehesten zu Hause sind. Aber fühlen Sie sich auch in der Lage, andere Menschen richtig einzuordnen? Klar ist: Die Klassifizierung ist selten so einfach, wie sich das hier im Buch liest. Ausgeprägten Prototypen läuft man eher selten über den Weg, vielmehr sind Mischtypen der Normalfall.
Keine Roboter
Hinzu kommt, dass die Grundtendenz nicht jedem auf die Stirn geschrieben ist. Menschen sind keine Roboter, bei denen per Knopfdruck stets dasselbe Verhaltensschema abläuft. Häufig braucht es mehrere Begegnungen und Situationen, bevor eine Tendenz sichtbar wird.
Zwei-Dimensionen-Modell
In welchem Verhältnis stehen die vier DISG-Grundtypen zueinander? Gibt es einen inneren Zusammenhang zwischen ihnen? Tatsächlich weisen die vier Typen interessante Überschneidungen in ihren Merkmalen auf. Das ist kein Zufall, man kann die Gemeinsamkeiten wie auch die Unterschiede sogar auf einen gemeinsamen Nenner bringen, genauer gesagt auf zwei gemeinsame Nenner.
Umfeld als Koordinatensystem
Stellen Sie sich Ihr Umfeld als Koordinatensystem vor, versehen mit einer x-Achse und einer y-Achse. Jede Achse soll für ein soziales Grundbedürfnis stehen. Die zwei Achsen (die zwei Nenner) bilden also zwei Grundbedürfnisse ab:
das Bedürfnis nach Beziehungen, dargestellt auf der x-Achse
das Bedürfnis nach Kontrolle, dargestellt auf der y-Achse
Je nach DISG-Typ sind diese beiden Bedürfnisse unterschiedlich stark ausgeprägt. Ein schlaues Prinzip besteht nun darin, die Ausprägung dieser zwei Bedürfnisse im Koordinatensystem zusammen abzubilden.
x-Achse als Beziehungsdimension
Die x-Achse ist die Beziehungsdimension. Sie gibt den Verbundenheitsgrad eines Menschen an und fängt alle Menschen irgendwo auf der Skala zwischen großer Distanz (im Sinne von Eigenständigkeit und Autonomie) und großer Nähe zu den Mitmenschen ein.
Menschen, die ihrem Umfeld skeptisch gegenüberstehen, gehen erst einmal auf Distanz zu ihren Mitmenschen. Sie signalisieren, dass sie souverän agierende Menschen sind, die frei und unabhängig von der Meinung anderer für ihre Überzeugung einstehen. Fachliche Aufgaben sehen sie als dringlich an – diese gilt es zuerst in den Blick zu nehmen, bevor man sich den Menschen zuwenden kann.
Sind Menschen hingegen ihrem Umfeld generell wohlwollend gewogen, gehen sie offen und vertrauensvoll auf ihre Mitmenschen zu. Menschliche Zuwendung sehen sie als dringlich an – diese gilt es zuerst in den Blick zu nehmen, bevor man sich den Aufgaben zuwenden kann.
Das Verhaltungsspektrum auf der x-Achse reicht von „sich distanzieren“ bis zu „sich verbünden“.
y-Achse als Kontrolldimension
Die y-Achse ist die Kontrolldimension. Sie gibt den „Stärke-“ Grad eines Menschen an und bietet allen einen Platz auf der Skala – irgendwo zwischen hohem Kontrollbedürfnis und hohem Anpassungsbedürfnis.
Typ „stärker“ ist eher extrovertiert, er ist präsent, in der Gruppe oft tonangebend. Er möchte sein Umfeld gestalten, beeinflussen und kontrollieren.
Typ „schwächer“ ist eher introvertiert, er wirkt weniger präsent in der Gruppe. Er ist darauf aus, sich in den gegebenen Umständen einzurichten, sich der Situation anzupassen und das Beste daraus zu machen.
Das Verhaltensspektrum auf der y-Achse reicht von „gestalten und beeinflussen“ bis zu „anpassen und abwarten“.
Die Verbundenheitsachse (Beziehungsachse):
Verbünden oder distanzieren?
Offen und aufnahmebereit
Wenn wir mit anderen Menschen zusammentreffen, merken wir schnell, wie stark ihr Bedürfnis nach Verbundenheit ist. Menschen mit einem hohen Bedürfnis nach Beziehungen zeigen sich offen und aufnahmebereit, mit einem freundlichen Gesichtsausdruck. Sie sind aufgeschlossen und lieben Gespräche. Außerdem kümmern sie sich gerne um andere Menschen. Sie bemühen sich um Gemeinsamkeiten, sie wollen mit möglichst vielen Mitmenschen gut auskommen. In einer Gruppe stehen sie ungerne am Rand, mittendrin geht es ihnen besser, sie wollen richtig dazugehören. Lob und Anerkennung bedeuten dem Beziehungsmenschen viel.
Lassen Sie nun die vier Typen aus Kapitel 2 Revue passieren: Die Tendenz zum menschenorientierten Handeln findet sich bei den stetigen und den initiativen Menschen.
Eigenständiges und unabhängiges Handeln
Bei anderen Menschen ist das Bedürfnis nach Verbundenheit weniger stark ausgeprägt. Ihr Ziel ist eigenständiges und unabhängiges Handeln. Sie brauchen nicht so viele Menschen um sich herum, und die gefühlsmäßige Verbundenheit mit anderen spielt eine untergeordnete Rolle. Statt Gefühlsregungen preiszugeben, zeigen sie lieber ihr Pokerface, ihr Tonfall ist geschäftsmäßig-unterkühlt. Logik, Fakten und Zahlen sind ihr Ding. Steht eine Aufgabe an, distanzieren sie sich um der Sache willen weitestgehend von anderen Menschen. Der Fokus liegt ganz auf der rationalen Lösung des Problems. Menschen mit der Tendenz zur Distanz ist die eigene Identität sehr wichtig, und sie sind sehr auf ihren persönlichen Freiraum und ihre Privatsphäre bedacht. Sie tun alles für ihre Eigenständigkeit und ihre Unabhängigkeit. Außerdem lieben sie originelle Ideen und kreatives Arbeiten.
Die Tendenz für aufgabenorientiertes Handeln spiegeln die Typenbeschreibungen der dominanten und der gewissenhaften Menschen wider.
Die Kontrollachse (Reaktionsachse): Kontrollieren oder anpassen?
Auf neue Gegebenheiten einstellen
Menschen mit einem ausgeprägten Kontrollbedürfnis fühlen sich verantwortlich für ihr Umfeld, weshalb sie häufig die Leitung und die Kontrolle für Projekte und Situationen übernehmen. Sie vermögen sich rasch auf neue Gegebenheiten einzustellen und die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Sie gehen gerne mit gutem Beispiel voran und versuchen zu führen, anzuleiten, zu unterstützen und zu beraten. Zielgerichtet agieren und schnell reagieren, wenn neue Herausforderungen um die Ecke schauen – das ist ihr Ding.
Diese charakteristischen Merkmale weisen sowohl auf die dominanten als auch auf die initiativen Menschen hin.
Eher unterordnen
Wer mit einem geringen Maß an Kontrollbedürfnis ausgestattet ist, passt sich gerne an und ordnet sich eher unter. Menschen mit der Präferenz sich anzupassen sind froh, wenn andere im Rampenlicht stehen. Sie verlassen sich gerne auf ihre Mitmenschen, sie suchen Führung und Anleitung. Respekt und Vertrauen bedeuten ihnen viel. Meistens warten sie bei sich abzeichnenden Änderungen erst mal ab, was passiert. Sie reagieren lieber nach dem Motto „Gut Ding will Weile haben“. Diese Menschen arbeiten nicht etwa langsamer oder sind geistige Trödler. Sie bevorzugen vielmehr durchdachte und überlegte Reaktionen.
Diese Merkmale stimmen mit den Verhaltensstilen der stetigen und der gewissenhaften Menschen überein.
Vier DISG-Grundverhaltensstile
Aus der Kombination der beiden Achsen (Dimensionen) ergeben sich die vier DISG-Grundverhaltensstile, wie die folgende Abbildung zeigt.
Dominant: Menschen, die in dieser Dimension zu Hause sind, haben ein hohes Bedürfnis nach Kontrolle und ein geringes Bedürfnis nach Verbundenheit. Als Ergebnis tendieren sie dazu, direkt und entschieden zu handeln. Ihr Fokus liegt auf Logik. Sie übernehmen gerne die Verantwortung für Projekte und Aufgaben. Sie bevorzugen es, Detailarbeit an andere zu delegieren.
Initiativ: Menschen, die sich in dieser Dimension bewegen, haben ein hohes Bedürfnis nach Kontrolle und ein hohes Bedürfnis nach Verbundenheit. Weil sie die Kontrolle haben möchten, versuchen sie andere zu beeinflussen und zu überzeugen. Mit viel Enthusiasmus und einer gehörigen Portion Optimismus bringen sie Mitmenschen in Bewegung. Auch sie sind froh, wenn andere die Detailarbeit übernehmen.
Stetig: Menschen mit dieser Verhaltensdimension haben ein hohes Bedürfnis nach Verbundenheit und ein geringes Bedürfnis nach Kontrolle. Sie sind freundlich, hilfsbereit und unterstützend. Sie haben ein echtes Interesse an ihren Mitmenschen und es erfüllt sie mit Zufriedenheit, andere Menschen mit ihrer Arbeit zu unterstützen.
Gewissenhaft: Menschen in dieser Dimension haben ein geringes Bedürfnis nach Kontrolle und ein geringes Bedürfnis, sich zu verbünden. Infolgedessen arbeiten sie lieber alleine, als dass sie für andere Verantwortung mit übernehmen oder eng im Team zusammenarbeiten. Ihr Fokus liegt auf hoher Qualität, ihre Arbeitsergebnisse sind exakt bis ins Detail.
Drei Annäherungen zur richtigen Einordnung:
Verhalten lesen lernen und die unterschiedlichen Verhaltensstile erkennen können
Verhaltensstile im Alltag erkennen
Wie erkennen Sie nun die einzelnen Verhaltensstile im Alltag? Selbst...