Während Historiker bei der Beschäftigung mit den großen Philosophen, Staatsmännern und Künstlern der Antike in vielen Fällen ein detailliertes Bild zu deren Leben und Persönlichkeit aus zeitgenössischen Quellen entwerfen können, muss sich der rechtsgeschichtlich interessierte Romanist mit nicht viel mehr als einem Namen zufrieden geben. Denn neben einigen kargen Fakten über Herkunft und politische Karriere ist uns von den römischen Juristen nichts als der Niederschlag ihrer Entscheidungstätigkeit überliefert. So stellt die Untersuchung dieser Texte auf ihre rhetorischen und methodischen Eigenarten die einzige Möglichkeit dar, den Autoren als Rechtswissenschaftlern und individuellen Charakteren ein Stück weit näher zu kommen. Doch hat sich in den vier Jahrzehnten nach Horaks großer Studie zu den Entscheidungsbegründungen der veteres das Verhältnis der rechtsgeschichtlichen Abhandlungen mit methodologischen Bezügen im Vergleich zu den vielen Arbeiten »über minuziöse Teilprobleme« nicht wesentlich verändert, ist der erhoffte »Wandel des Interesses« an Methodenfragen ausgeblieben. Zu Leben und Werk des im zweiten nachchristlichen Jahrhundert unter Antoninus Pius und den divi fratres tätigen Konsiliarjuristen Ulpius Marcellus ist das Wenige, was aus den juristischen und sonstigen Quellen geschlossen werden kann, an anderer Stelle bereits festgehalten und noch einiges mehr spekuliert worden. Die vorliegende Arbeit widmet sich der Erforschung seines Vorgehens bei der Begründung einer juristischen Entscheidung. Sie soll in erster Linie als Ergänzung der Arbeiten über die Argumentationsweise der älteren Jurisprudenz, des Iuventius Celsus und des Salvius Iulianus verstanden werden. Aus der Einleitung
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