Kapitel 1
Ernüchternde Fakten, erschreckende Zahlen – ein Interview
Frage: Diabetes ist eine der Erkrankungen moderner Zivilisationen, die in den letzten Jahrzehnten rasant zugenommen haben. Inzwischen findet man in den meisten Ländern dieser Erde Diabetes auf den Ranglisten der schweren Erkrankungen fast immer unter den ersten vier. Neben den oftmals schnell und tödlich verlaufenden Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall und den gefürchteten Krebserkrankungen ist zwar der Verlauf von Diabetes milder. Die Diagnose bedeutet aber dennoch für die Betroffenen oftmals ein einschneidendes Ereignis für ihr Leben. Häufig verbunden mit einer Vorahnung: »Das werd ich nie mehr los« oder »Das ist der Anfang vom Ende«. Ist das auch Ihre Erfahrung?
Uwe Karstädt: Jedenfalls geht mit der Diagnose Diabetes oft ein Gefühl des Verlustes einer bestimmten Unbekümmertheit einher, und der nicht unbegründete Verdacht, ab jetzt immer aufpassen zu müssen. Viele Menschen denken sofort an ihre Angehörigen, die ständig beim Essen Kalorien zählen und Pillen einnehmen müssen oder sich in den Finger stechen und dann Insulin spritzen. Für das Gefühl von Unabhängigkeit und Freiheit ist diese Krankheit ein Dämpfer und ein ständiges »auf der Hut sein«. Dieses Gefühl könnte ja auch durchaus positive Auswirkungen haben. Wer realisiert, dass man so nicht weitermachen kann und man sich nicht einfach naiv in den destruktiven Lebensstil einer Gesellschaft eingliedern muss, wird auch aufhören, einfach wie ein Schaf der Schafherde zu folgen. Wobei so manches Schaf intelligenter handelt, als viele Menschen es tun. Das Aufwachen aus dieser Massenhypnose, in der man alles tun, essen, trinken und gegen jede Vernunft leben kann, ohne sich bewusst zu sein, was man damit in Kauf nimmt, muss aufhören – es sei denn, man ist bereit, die Konsequenzen zu tragen. So verantwortungslos ist man aber nur, wenn man nicht weiß, was hier wirklich auf einen zukommt. Wer Eigenverantwortung und ein Gefühl für »Richtig und Falsch« für den eigenen Körper an der Tür der Arztpraxis abgibt, darf sich nicht wundern, von einer Medizin nur verwaltet anstatt geheilt zu werden. Selbstverständlich wird den Patienten das ganz anders vermittelt. Der mündige Bürger, der nachfragende Patient oder der Selbstverantwortliche wird als resistent und aufmüpfig abgetan. »Machen Sie genau das, was ich sage, sonst werden Sie nicht alt« wird Ihnen dann gesagt. Solche anmaßenden Aussagen der »Götter in weißen Kitteln« höre ich tagtäglich in meiner Praxis. Wer aber nur den schwarzen Peter an die etablierte Medizin abgibt, wird der gesamten Situation nicht gerecht. Es braucht eben auch den bequemen, gutgläubigen Patienten, der sich nicht kümmern will und damit in Kauf nimmt, mit den geheimen Abmachungen einer Medizin und den Pharmakonzernen nicht nur nicht optimal, sondern auch falsch behandelt zu werden. Diese Verschleierung einer Medizin, die vorgibt, alles im Griff zu haben, nach dem Motto: Kopfweh, verstopfte Nase?? Da hab ich was für Sie!
Ist es nicht verblüffend, dass heute an sich alle Informationen über die modernen Medien zur Verfügung stehen, aber sich diese Desinformation so hartnäckig hält? Wer heute »Diabetes« googelt oder ganz konventionell in einen Buchladen geht, findet doch schon mal ganz gute Ansätze, wie man mit Diabetes ganz anders umgehen kann, als es die konventionelle Medizin vorschreibt. Das ist doch richtig, oder?
Karstädt: Was ich seit Jahren mit großer Sorge sehe, ist eine Verschleierung von Fakten und die Nebelkerzen einer gezielten Fehlinformation in all den alten und neuen Medien. Das geht los bei den verschiedenen Blättchen aus der Apotheke, in denen nicht unbedingt ganz falsche Informationen stehen. Die Fehlinformationen werden eher geschaffen durch das – man kann das nur vermuten – gezielte Weglassen von neuen Alternativen, Methoden und vor allem Lebensweisen. Mit solchen Informationen gefüttert, klammern sich die meisten Diabetiker entweder an den Glauben an eine omnipotente Medizin mit ihren pharmazeutischen Medikamenten oder versinken in einem schwarzen Loch an Hilflosigkeit. Sie haben keine Ahnung, dass ihre Situation reversibel ist, und vor allem auch, wie sie denn aus dem angebotenen Medikamenten-Zyklus wieder rauskommen können. Typ-2-Diabetes ist nicht nur absolut vermeidbar, sondern auch zu einem sehr hohen Prozentsatz reversibel, sprich umkehrbar. Es ist nicht das »ob«, sondern das »wie«. Dazu muss dann das: »ich will« kommen.
Leider kenne ich nicht so viele Menschen, die Diabetes hatten und es dann überwunden haben. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Karstädt: Viele Diabetiker sind sich nicht im Klaren, in welcher Gefahrenzone sie sich befinden. Viele Betroffene denken oft: »Ach, so ein bisschen Diabetes ist ganz gut medizinisch einzustellen und behandelbar.« Jeder kennt eine Tante oder Großmutter, die zwar etwas unbeweglich ist, aber doch noch ganz gut zurechtkommt. Weit gefehlt! Wenn dann die Füße oder Beine absterben und amputiert werden müssen, das Augenlicht versagt, die Demenz einsetzt und das Risiko für Schlaganfälle steigt, wird vielen plötzlich klar, dass dies kein Spiel ist, sondern bitterer Ernst. Dies sind keine unumkehrbaren und als Alterserscheinung hinzunehmenden Wehwehchen. Hier geht es letztendlich um Leben und Tod, oder wenn man es etwas milder formulieren will: um vitaleres Leben und früheren Tod. Bei Diabetes geht es eben langsamer als beim Herzinfarkt. Das ist wie beim berühmten Experiment mit den Fröschen im Kochtopf. Wenn das Wasser langsam erhitzt wird, springen die Frösche nicht raus. Wenn der Temperatur-Schock aber plötzlich und groß ist, springen sie. Viele Schlaganfälle passieren aufgrund von Diabetes, viele Herzinfarkte aufgrund von Diabetes, ein Großteil der Demenzkranken werden erst dement aufgrund von Diabetes. Man sollte nicht der Illusion verfallen, dass die Folgeerkrankungen mit der ursprünglichen Erkrankung – also dem Diabetes – nichts zu tun hat.
Wenn das ein so schleichender Beginn ist, kann es ja durchaus sein, dass man selbst gar nicht darauf kommt, zur Diabetiker-Gruppe zu gehören. Wie merkt man denn, dass man Diabetes hat?
Karstädt: Das ist ein großes Dilemma. 28 Prozent der Menschen, die schon ganz handfest als Diabetiker Typ 2 diagnostiziert werden würden, wissen von ihrer Erkrankung nichts. Dementsprechend sehen sie sich auch nicht veranlasst, etwas zu unternehmen. Noch schlimmer beziehungsweise größer ist der Prozentsatz der Menschen, die man als Prädiabetiker einstuft. Prädiabetiker sind Menschen, die noch keinen Diabetes entwickelt haben, aber schon in der Grauzone zwischen Normal-Gesund und Diabetes angesiedelt sind. Prädiabetiker können zu einem hohen Prozentsatz damit rechnen, dass sie bei gleichem Lebensstil und gleichen Voraussetzungen in die Diabetes-Zone rutschen, wenn sie keine geeigneten Maßnahmen ergreifen. Der Prozentsatz der Prädiabetiker, die sich darüber nicht bewusst sind, liegt bei erschreckenden 90 Prozent. Das bedeutet, dass sich neun von zehn Menschen, die sich schon in Gefahr befinden, zum Diabetiker zu werden, sich dessen nicht bewusst sind. Hier braucht es unbedingt Aufklärung. Deswegen ist dieses Buch so wichtig. Deswegen begrüße ich auch dieses Interview!
Sie erwähnten ein Zunehmen dieser Erkrankung über die letzten Jahrzehnte. Wie kann man sich das in Zahlen vorstellen?
Karstädt: In Amerika spricht man von einer Zunahme von ca. 700 Prozent in den letzten 50 Jahren. In Nordamerika schätzte man die Prozentzahlen für Menschen mit Prädiabetes 1980 noch auf 11,2 Prozent und prognostiziert für 2020 auf ca. 37 Prozent. Hier müssen für jeden Arzt, für jede Krankenkasse und jeden Staat die Alarmsirenen in Dauerbetrieb laufen. Denn: Den Prädiabetikern stehen ja schon jeweils ein Drittel Diabetiker an der Seite, die bereits von dieser Krankheit betroffen sind. Das sind 2020 ca. zwölf Prozent. Im Übrigen gab es Prognosen aus dem Jahr 2001 über Zahlen, die man erst für 2050 erwartete. Sie sind zum jetzigen Zeitpunkt schon erreicht (2016). Alles nicht sehr ermutigend!
Wenn man diese beiden Zahlen – zwölf Prozent und 37 Prozent – zusammenzählt, sind also in ein paar Jahren knapp 50 Prozent der Bevölkerung von Diabetes und seinen Vorstufen betroffen. Erschreckt Sie das auch so sehr wie mich?
Karstädt: Erschreckend sind die Konsequenzen für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft. Derzeit geht man davon aus, dass jeder Dritte im Laufe seines Lebens Diabetiker wird. Die Belastung für den Staat und die Krankenkassen ist enorm. Man rechnet pro Diabetiker mit einer Therapiebelastung durch die Medizin von ca. 120 000 Euro im Laufe dieses Diabetikerlebens. Wenn man dies mal mit den sechs Millionen Diabetikern in Deutschland hochrechnet und auf die ca. 30 Jahre Lebenserwartung teilt, kommt man auf eine enorme Summe. Das muss so ein Staat erstmal stemmen und stemmen wollen. Die medizinische Industrie hat momentan mit solch hohen Summen kein Problem. Je höher die Summen, desto höher der Profit. Weltweit sprechen wir also von einer finanziellen Belastung von ca. zwei Billionen Dollar – jährlich!!! Das sind Zahlen mit zwölf Nullen oder anders gesagt 2000 Milliarden Dollar.
Das sind erstaunliche Zahlen, sowohl die epidemische Ausbreitung als auch die astronomischen Summen, die dieses Krankheitsbild verschlingt. Dann müssten diese Profiteure ja auch eher ein Interesse daran haben, dass sich daran auch möglichst wenig ändert?
Karstädt: Das Erstaunliche ist ja auch, dass so viele Millionen Menschen mit...