Verfolgt man die geschichtliche Entwicklung des Menschen in den letzten 2000 Jahren, kommt man zu der Erkenntnis, daß Wissen schon immer einen wichtigen Bestandteil im Entwicklungsprozeß darstellte. Auch in den grauen Anfängen der Zivilisationen war es vor allem das Wissen eines Stammes oder Volkes, welches das Überleben sicherte.
Im ständigen Kampf um Territorien und Lebensräume waren es die Völker, die durch einen Wissensvorsprung in der Waffentechnik anderen Völkern überlegen waren.[2] Das galt der Überlegenheit von Eisen- über Bronzewaffen, genauso wie den verbesserten Angriffstechniken des Dschingis Khan oder der Römer bis in die heutige Zeit.
Völker, die den großen Wissensvorsprung nicht transportieren konnten, waren unterlegen (Maya- und Inka-Kultur). Zum Erhalt der militärischen Eroberungen war jedoch das Wissen über Politik und Wirtschaft, zum Erhalt und Ausbau der Lebensräume, von entscheidender Bedeutung.
Die Problematik der Wissensverteilung setzte aber auch fortschrittliche Zivilisationen unter Druck. Die Fähigkeit, neues Wissen zu erlangen und dieses schnell zu verteilen und es somit zur rechten Zeit am rechten Ort bereitzustellen, stellte eine hohe Herausforderung dar. Vor allem große Gesellschaften waren nicht in der Lage, aktuelles Wissen zügig zu den Entscheidungsträgern zu transportieren, um entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Beispiel: Die Germanen setzten bei ihren Angriffen zu Pferd eine einfache Art des heute bekannten Steigbügels ein, um nicht so schnell aus dem Sattel gestoßen werden zu können. Diese neue Technologie wurde von den römischen Befehlshabern vor Ort schnell als entscheidender Nachteil für das römisches Herr erkannt. Es fehlten jedoch die entsprechenden Kommunikationskanäle, um dieses Wissen an die Führungspersonen weiterzuleiten.
Ein Mangel des Kommunikationssystems, der gerade bei fortschrittlichen Zivilisationen zu einer Vielzahl von strategischen Fehlentscheidungen führte.
Defizite dieser Art versuchten Menschen daher immer zu kompensieren. Dabei handelte es sich in den Anfängen der Kommunikationstechnik lediglich um den Transport von Daten, allerhöchstens von Informationen. Telegraf, Telefon und nicht zuletzt das Fernsehen sind die unbestrittenen Wegbereiter der heutigen Informationstechnologie. Mit dem Voranschreiten der globalen Vernetzung verlagerten sich auch zunehmend die Problembereiche von dem reinen Transport zurück auf die Lokalisierung und Verteilung von Wissen. Spätestens mit dem Durchbruch des Internets und der großflächigen Verbindung von Millionen Computern und Menschen hat sich Wissen als Ware etabliert und dadurch ein nicht umkehrbare gesellschaftliche Entwicklung in Gang gesetzt.
Die Folge einer zunehmenden Globalisierung und Vernetzung der Weltwirtschaft war und ist das Zusammenbrechen veralteter Strukturen und Hierarchien. Zahlreiche Unternehmen, die in den 60er, 70er und 80er Jahren zu den führenden Größen der Wirtschaft gehörten und auch auf eine langjährige Tradition zurückblicken konnten, schrumpften zu reinen Importeuren (z.B. Fa. Anker) oder existieren heute überhaupt nicht mehr.[3] In der dabei neu entstehenden Wirtschaftsordnung sind es nicht mehr die natürlichen Ressourcen oder die reine Arbeitskraft, die zu Wohlstand verhelfen, sondern zunehmende das Wissen und der Austausch von Wissen.[4]
Während der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert waren es die erstaunlichen Erfindungen, die zusammen mit den Faktoren Kapital und Boden einen Umbruch in der Weltwirtschaft einleiteten. Mehrfach wurde in dieser Zeit der Faktor Arbeit durch Kapital in Form von innovativen Maschinen ersetzt. Eisen und Stahl waren die Symbole eines rasanten Wachstums und der ungeheuren Entwicklung dieser Epoche. Es war die Zeit der „formlosen“ Massenproduktion und der Kapitalakkumulation zum Zwecke der Unternehmensexpansion.
Der Automobilbau spiegelt diese Entwicklung wie keine andere Branche am deutlichsten wieder. Verlierer dieser Epoche waren das Kleinhandwerk und Kleinunternehmen, die sich diesen Herausforderungen aus den unterschiedlichsten Gründen nicht stellen konnten. Im allgemeinen brachte diese Phase jedoch ein höheres Lebensniveau für die Mittelklasse der Industrieländer.
Vieles spricht dafür, den Aufbruch in das neue Jahrhundert mit den Veränderungen, welche die industrielle Revolution bewirkte, zu vergleichen.
Es ist nicht die Zeit Einzelner, die durch reichhaltige Ölfunde oder Stahlproduktionen zu unermeßlichem Reichtum gelangen, sondern die Zeit der Akteure, die Produkte oder Dienstleistungen verkaufen, welche man in der Regel nicht einmal anfassen kann. Beispielsweise die millionenschweren Mitarbeiter (Inhaber von Unternehmensaktien) der Firma Microsoft[I]. Dieses Unternehmen besitzt keine Fabriken, in denen etwas produziert wird, und dennoch gehört es zu den TOP 50 – Unternehmen der Welt.[5]
Strukturelle Veränderungen finden heute weltweit in der Wirtschaft und Gesellschaft aller Industriestaaten statt. Konflikte sowohl innerhalb der Unternehmen als auch der Gesellschaft sind vorprogrammiert. Den traditionellen Bedürfnissen der Menschen und den gewachsenen Hierarchien in den Unternehmen stehen nun die Anforderungen einer modernen Informationsgesellschaft gegenüber. Immer häufiger orientieren sich die Menschen an immateriellen Werten, wie Bildung, Kultur und Gesundheit.
Vor 100 Jahren waren es das Automobil und die Eisenbahn, die eine neue Ära der Wirtschaft begründeten. Heute sind es Informationen und Wissen, sowie die erforderlichen Informations- und Kommunikationstechnologien.[6]
In der Regel ist es der wirtschaftliche Konkurrenzdruck, der die Unternehmen zwingt, den Wissensgehalt in ihren Produkten oder Dienstleistungen zu erhöhen, um entweder die Produkte preiswerter bzw. schneller als andere anbieten zu können, oder aber dem Kunden einen erkennbaren Zusatznutzen bieten zu können.
„Wir sind Zeugen, wie Produkte und Dienstleistungen immer stärker miteinander verschmelzen“.[7]
Zu wissen, was Kunden anzieht und wie man mit Hilfe von Informationstechnologie und Mitarbeiterwissen (Erfahrungen) Geschäftsprozesse optimiert, kann im Wettbewerb helfen, den Erfolg zu sichern. Die Erkenntnis, welche Strukturen notwendig sind, um Wissen zu aktivieren und die sich daraus ergebenden Herausforderungen an die Unternehmensorganisation, im Hinblick auf die kulturelle und soziale Situation, sind Voraussetzungen für das Bestehen in der Informationsgesellschaft.
Die Schnelligkeit, in der Informationen verarbeitet werden können und der Zeitfaktor für Entwicklung und Produktion gewinnen zunehmend an Bedeutung.[8] Somit geraten an der Schwelle des Informationszeitalters, wie damals die großen und mächtigen Zivilisationen, Unternehmen heute unter Druck, die neuen Kommunikationsmöglichkeiten effektiv einzusetzen. Nicht die Anhäufung von Kapital oder die niedrigsten Produktionskosten sind die Garanten für ein erfolgreiches Unternehmen, sondern die Fähigkeit, das Wissen innerhalb und außerhalb der Unternehmensgrenzen zu erfassen, zu verteilen und gewinnbringend zu nutzen.
Bereits in die Benennung der Unternehmensstrategie muß eine entsprechende „Wissensstrategie“ mit einfließen. Voraussetzung dafür ist, den Umfang des vorhandenen Wissens im Unternehmen erkennen und erfassen zu können. Es gilt, die „Skills“ seiner Mitarbeiter transparent zu machen, denn „nur wer weiß, was er bereits weiß, weiß auch, was er nicht weiß.“[9]
Im Wesentlichen lassen sich die heutigen Herausforderungen wie folgt darstellen:
Es sind Voraussetzungen für den erfolgreichen Umgang mit Wissen zu schaffen. Wissen stellt eine strategische Ressource dar, die sich nach Gebrauch weder abnutzt, noch bei Veräußerung dem Unternehmen verloren geht.
Wissen ist ein wertvolles Gut, welches sich nicht ohne weiteres gewinnen und bewahren läßt, daher bildet die Bereitschaft der Wissenseigner an einem Wissensaustausch teilzunehmen das Fundament für das Wissensmanagement.
Fehlt die Beteiligung der Mitarbeiter, wird jede Konstruktion, ist sie auch noch so technisch durchdacht, dem eigentlich Zweck, der Bereitstellung und dem Transport von Wissen, nicht gerecht werden.
Werden die Mitarbeiter aktiv am Prozeß des Wissensmanagements und seiner Einführung beteiligt und wird die Anerkennung der Bedeutung des Wissens im Unternehmen durch die Unternehmensleitung offen kommuniziert,...