„Sage es mir, und ich werde es vergessen.
Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten.
Lass es mich tun, und ich werde es können.“
Konfuzius (551 v. Chr.)
„Airmanship can be defined as:
A sound acquaintance with the principles of flight, the ability to operate an airplane with competence and precision both on the ground and in the air, and The exercise of sound judgment that results in optimal operational safety and efficiency.
It is not simply a measure of skill or technique, but also a measure of a pilot’s awareness of the aircraft, the environment in which it operates, and of his own capabilities. The three fundamental principles of expert airmanship are skill, proficiency, and the discipline to apply them in a safe and efficient manner. Discipline is the foundation of airmanship. The complexity of the aviation environment demands a foundation of solid airmanship, and a healthy, positive approach to combating pilot error.“
Quelle: www.wikipedia.org
Airmanship ist Grundvoraussetzung für jeden Piloten. Erfahrung, Können, Reife, Übersicht, Wissen. Das alles kommt im Laufe der Zeit. Die Einstellung zu gutem Airmanship jedoch wird man vom ersten Flug an beobachten können. Mangelt es einem Flugschüler daran, wird er an irgendeinem Punkt die (militärische) Pilotenausbildung verlassen müssen. Jeder Fluglehrer beurteilt das Airmanship bei jedem Flug. Selbst wenn es mal mit einer Landung nicht so gut klappt, so kann der Flug dennoch bestanden werden, wenn der Schüler ausreichend Airmanship vorweist. Er bekommt dann vielleicht einfach nur noch etwas zusätzliches Training. Aber keine Strafen.
Zentral war und ist das Durchlaufen von acht Stufen, um sich Airmanship anzueignen. Um Airmanship zu erreichen bzw. aus unerfahrenen Flugschülern kompetente und leistungsstarke Piloten zu machen, wird ein Achtstufenplan durchlaufen (Kern 1997). Dieser Plan zeichnet einen immer wieder gleichen zirkulären Weg des Lernens und umfasst das Einschätzen der Situation, das Setzen von Zielen, die Definition der Trainingsanforderungen, die Definition und Lokalisation der Ressourcen, die Kontrolle der Zielerreichung, die erneute Definition der Trainingsanforderungen, Änderung des Verhaltens, Evaluierung des geänderten Verhaltens. Bild 2.1 zeigt die einzelnen Phasen, die ein Flugschüler immer wieder durchlaufen muss, um ausreichendes Airmanship zu erreichen.
Bild 2.1 Airmanship: Acht Stufen, die immer wieder durchlaufen werden
Airmanship gibt es nicht nur für Piloten, sondern auch für Seefahrer, man nennt es dort „Seemannschaft“. Der Autor Heinrich von Littrow hatte die Seemannschaft bereits weit vor der Erfindung von Flugzeugen im Jahr 1859 in seinem Buch Handbuch der Seemannschaft detailliert erklärt.
Airmanship kann auch für Nicht-Piloten zugänglich gemacht werden. Für Führungskräfte, Manager. Für jedermann. Und wenn erfolgreich Ziele erreicht werden sollen, dann ist Airmanship unverzichtbar ? egal, für welchen Bereich.
Bild 2.2 umfasst sechs Wissensbereiche, über die ein Pilot, je nach Situation, Bescheid wissen muss, damit alles reibungslos verläuft. Jede dieser Säulen stellt verschiedene Tools bereit, mit denen Ziele erreicht werden können. In diesem Bild taucht der Begriff „Airmanship“ zwar nicht auf. Es ist allerdings die Blase, die das gesamte Modell umschließt, wenn alles in ausreichendem Maße vorhanden ist. Dann führt alles darin zu Airmanship.
Bild 2.2 Säulen des Wissens (in Anlehnung an Kern 1997)
Wird der Bereich „Luftfahrzeug“ durch „Projekt/Aufgabe“ ersetzt, lassen sich sämtliche Säulen, die auf einem soliden Fundament stehen müssen, direkt auf Führung und Management übertragen.
In den Säulen finden sich Einflüsse bzw. Beteiligungen, die bedacht werden müssen, um überhaupt erst die darüberliegenden Elemente erreichen zu können:
„Ich“ steht für alles, was mich selbst betrifft. Tagesform, Fitness, Müdigkeit etc.
In der Säule „Team“ achten wir auf Einflüsse, die das Team betreffen.
„Luftfahrzeug“ wird durch „Projekt“ ersetzt und repräsentiert dann Betrachtungen, die wir der Aufgabe widmen müssen: Komplexität, Dauer, Art, Erreichbarkeit etc.
„Umwelt“ bleibt gleich. Hier betrachten wir äußere Einflüsse, die oft nur bedingt verändert werden können: Wetter, Räumlichkeit etc.
In der Säule „Risiken“ geht es um Analyse der Gefahren. Dies ist im Grunde eine klassische Risikobewertung, die Piloten aber vereinfacht angehen.
„Mission“ bedeutet Ziel, Absicht. Wir schauen dort im Detail auf die Art und Weise, wie und wann etwas erreicht werden soll.
So weit zu den einzelnen Säulen und dem Fundament, auf dem sie alle stehen. Wissen ist nichts anders, als dass alle relevanten Informationen verfügbar sein müssen. Wissen ist unverzichtbar, das Ziel kann aber nur erreicht werden, wenn sämtliche Beteiligte
diszipliniert sind (Discipline),
notwendige technische Fähigkeiten (Skills) durch Ausbildung/Training mitbringen und
eine gewisse Übung bzw. Routine vorweisen (Proficiency).
Disziplin ist die Basis aller Bemühungen. Fehlt sie, geht im Grunde nichts. Weder bei einem selbst, dem Team noch dem gesamten Unternehmen. Wenn in Ihrem Umfeld an dieser Stelle Verbesserungsbedarf besteht, machen Sie sich erst daran, Disziplin herzustellen, damit Mitarbeiter sich auch tatsächlich an Standards, Procedures und Vorgaben halten. Situational Awareness (SA) ist das Resultat, der Rahmen, die Zusammenfassung, wohin alle Einzelbausteine führen, wenn wir es richtig machen. Das Fundament und die Säulen entscheiden über Erfolg und Misserfolg. Denn stehen sie nicht stabil, tragen sie nicht.
Situational Awareness ist in der Luftfahrt zu jeder Zeit unverzichtbar!
Doch dass SA nur auf diesen drei Fundamentbausteinen beruht, ist nicht das Einzige, was wir aus Bild 2.2 ableiten können. An der Spitze finden wir das Urteilsvermögen. Ein Teil dessen ist der sogenannte gesunde Menschenverstand, auch Common Sense. Piloten haben bei diesem Begriff sofort die Floskel im Kopf: „Common sense is NOT so common!“ Denn nicht jeder Mensch verfügt über den gleichen gesunden Menschenverstand.
Common Sense bedeutet den einfachen und erfahrungsbezogenen, den allgemein geteilten Verstand des Menschen bzw. unser ureigenes natürliches Urteilsvermögen. Wir können ihn als eine Art natürliche Urteilskraft betrachten. Weil der Mensch jedoch auf Basis von Begriffen urteilt, handelt es sich bei Common Sense weder um eine reine Emotion noch um die Intuition an sich. Common Sense bleibt daher auch immer nur ein Teilbereich des gesamten menschlichen Urteilsvermögens. Der weitaus größere Teil resultiert aus dem darunter liegenden Fundament: unserer Disziplin, den individuellen Fähigkeiten, der Übung und Routine und aus den unverzichtbaren sechs Säulen des Wissens.
Anhand der Leadership-Matrix wird Airmanship auf die Anforderungen an eine Führungsperson übertragen. Diese Matrix geht allerdings darüber hinaus und vereinigt alle relevanten Aspekte, die für eine erfolgreiche Führung notwendig sind. Basis sind die elementaren Werkzeuge von Piloten wie Standard Operating Procedure (SOP), Chair Flying und Crew Resource Management (CRM). Das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP) bietet zudem eine umfassende Palette an Persönlichkeitsmerkmalen. Diese Merkmale ergänzen die Matrix und kreieren sozusagen die Master-Lösungen einer erfolgreichen Führungsperson.
Üben, üben, üben
„Üben für den Ernstfall.“ Oder: „Train as you fight!“
Mehr Leistung bei weniger Stress
Piloten haben nicht die Zeit, um den heißen Brei herumzureden. Wenn ich von meinem Einsatzoffizier einen Flugauftrag im Tornado erhielt, dann teilte er mir auch andere Flugzeuge zu. Kampfjets fliegen wegen besserer Verteidigungsfähigkeit und Bündelung ihrer Durchschlagskraft fast immer in Formation. Bevor ich aber den anderen Piloten irgendwelche Missionsziele erklären konnte ? z. B. Aufklärung eines Gebietes oder Zerstörung einer feindlichen Radarstellung ?, musste ich zuallererst etablierte Standards und Procedures auf Einheitlichkeit und Verständlichkeit abklopfen. Also auf die Basiswerte der Mission eingehen.
Ohne die Vorgabe von Minimum und Maximum, von rechter und linker Grenze, neigen Menschen dazu, Informationen um sich herum wie ein Schwamm aufzusaugen. Und das sind dann oft nicht die Informationen, die relevant für die Erfüllung der Aufgabe sind.
Bei einem Flug könnte z. B. Folgendes relevant sein:
Wie ist die Funkordnung?
Wer startet zuerst und wer landet zuerst?
Wie verhält sich meine Formation am Luftbetankungsflugzeug?
In welcher Art und Weise folgen Formationsflieger (Wingmen) dem Leader (also mir)?
In welcher Reihenfolge wird über das Zielgebiet geflogen?
Welches Ziel wird von wem abgearbeitet?
Es muss sichergestellt sein, dass alle Beteiligten nach gleichen Standards und Procedures arbeiten. Nur so ist Verständigung möglich.
Piloten sind sehr gut darin, wiederkehrende Standards und Procedures als allgemeingültig festzulegen. Das hat den Vorteil, dass diese...