Wasser des Lebens
Kokoswasser hat mir das Leben gerettet!
Der Kapitän des Schiffes traute seinen Augen nicht: Da draußen auf der winzigen, trostlosen Insel stand ein Mann, der sich offenbar in größter Not befand. Er trug nur seine Unterwäsche, aus Hemd und Hose hatte er sich eine Flagge gebastelt. Die schwang er nun in der verzweifelten Hoffnung, die Schiffsbesatzung auf sich aufmerksam zu machen.
Wochen zuvor hatte ein schweres Erdbeben vor der indonesischen Küste einen riesigen Tsunami ausgelöst, der die Küste über mehrere Tausend Kilometer hinweg verwüstet hatte. Viele kleine Inseln waren buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht. Michael Mangal, der einsame Überlebende, war ins Meer gerissen worden, als die erste Welle des Tsunamis zurückwich. Eine zweite, noch größere Welle, hatte ihn wieder ans Ufer geworfen. Sein Dorf war völlig zerstört, niemand außer ihm hatte überlebt. Trotz seiner Verletzungen kämpfte er um sein Leben. Sämtliche Nahrungsmittel waren ruiniert, er befand sich in Lebensgefahr. Das einzig Essbare waren Kokosnüsse, die auf dem Boden herumlagen oder noch an den übrig gebliebenen Bäumen hingen. In den folgenden 25 Tagen ernährte sich Mangal ausschließlich von diesen Kokosnüssen. Alles Trinkwasser auf der Insel war mit Meerwasser und Schutt verseucht. Daher blieb ihm zum Trinken nur das Wasser aus den Kokosnüssen.
Bei seiner Rettung war Mangal trotz der durchgemachten Qualen und trotz des Mangels an Essen und Wasser bei relativ guter Gesundheit. Die Kokosnüsse lieferten Nahrung und Flüssigkeit, die sein Körper zum Überleben brauchte. Ein Mensch übersteht mehrere Wochen ohne Essen, aber nur wenige Tage ohne Wasser. Mangals Überleben hing also davon ab, dass er eine Quelle trinkbaren Wassers fand. 25 schreckliche Tage lang gab es für ihn nur das Wasser aus den Kokosnüssen. Das Erlebte kommentierte er später nur mit dem einen Satz: »Kokoswasser hat mir das Leben gerettet!«
Nach dem Erdbeben vom 26. Dezember 2004 und dem anschließenden Tsunami gab es viele ähnliche Schicksale. Menschen mussten von dem leben, was sie vorfanden. Kokosnüsse, die von einer harten schützenden Schale umgeben sind, gibt es in der Gegend in Massen, sie waren praktisch die einzige Quelle von Nahrung und Flüssigkeit, die es nach der Katastrophe noch gab. Fernsehen und Zeitungen brachten viele Geschichten von Überlebenden. Menschen wurden ins Meer gerissen und überlebten, weil sie sich an herumschwimmende Trümmer klammerten, Kokosnüsse aus dem Wasser fischten und mit den Zähnen öffneten. Andere durchstreiften wochenlang die Gegend, auf der Suche nach Essen und Wasser, das ihnen die Kokosnuss lieferte. Die Kokosnuss hat buchstäblich das Leben Tausender Menschen gerettet, deren Häuser und Dörfer zerstört worden waren.
Der Wert der Kokosnuss als Quelle von Essen und Trinken ist den Menschen auf den tropischen Inseln dieser Welt wohlbekannt. Dank der Kokosnuss konnten ihre Vorfahren Tausende Seemeilen über das Meer fahren. Die Kokosnüsse lieferten die benötigte haltbare Nahrung. Auf vielen kleinen Inseln, besonders auf den Pazifik-Atollen, ist der Boden zu porös, um Frischwasser speichern zu können. Die einzige Quelle trinkbaren Wassers ist die Kokosnuss. Menschen haben monate-, manchmal sogar jahrelang mit kaum etwas anderem überlebt als Kokosnussfleisch und Kokoswasser.
Lebendiges Wasser
Die Kokospalme ist eine ganz erstaunliche Pflanze, für die es angeblich tausend Verwendungsmöglichkeiten gibt. Jeder Teil der Pflanze kann genutzt werden – als Nahrungsmittel, Getränk und Medizin, aber auch als Baumaterial für Häuser, Boote, Angelgeräte, für Seile, Netze, Körbe, Schüsseln, Bodenbelag und Matratzen oder Kleidung und noch vieles mehr. Würden Sie auf einer verlassenen Insel stranden und hätten nichts zur Verfügung als Kokospalmen und das Wissen, wie sie genutzt werden können, Sie könnten überleben. Die Kokospalme ist für das Leben der Menschen auf den Inseln von so großer Bedeutung, dass sie der »Baum, der alles zum Leben Notwendige liefert« oder einfach »Baum des Lebens« genannt wird.
Die Kokosnuss ist die Frucht dieses Baumes des Lebens. Darin eingeschlossen befindet sich eine ganz besondere Flüssigkeit: das Kokoswasser. Es ist »lebendiges« Wasser. Dabei ist »lebendiges Wasser« keine leere Redewendung, es ist tatsächlich lebendig. 1 Und das bleibt es auch noch Monate, nachdem die Kokosnuss vom Baum getrennt wird. Wasser aus der Leitung, einem Fluss, einem Brunnen oder selbst durch umgekehrte Osmose gereinigtes Wasser ist leblos. Kokoswasser ist der Lebenssaft einer lebendigen Pflanze. Aus dem Kokoswasser und dem Fruchtfleisch zieht eine neue Kokospalme die Energie und Nahrung, zu keimen und zu einem turmhohen Baum heranzuwachsen.
Kokoswasser ist ein Superfood, bepackt mit Mineralstoffen, Vitaminen, Aminosäuren, Zucker, Enzymen und Wachstumshormonen. Seine heilenden Eigenschaften sind kaum zu erfassen. Auf der ganzen Welt wird es mittlerweile eingesetzt, um Leben zu retten. Besonders wertvoll ist es für die Behandlung der Cholera – eine in vielen Gegenden der Welt auch heute noch auftretende grausame Krankheit, die sich so schnell entwickeln und so heftig verlaufen kann, dass der Patient innerhalb von zwölf Stunden stirbt. Die Einnahme von Kokoswasser erhöht die Überlebensrate der Cholera-Opfer um bis zu 97 Prozent. Genauso nützlich ist das Kokoswasser bei der Bekämpfung von Grippe, Ruhr, Salmonellen und Kolibakterien. Dabei tötet es nicht notwendigerweise die Viren oder Bakterien, die die Krankheit verursachen, sondern es liefert Flüssigkeit und Nährstoffe, die den Körper in die Lage versetzen, selbst mit den Erregern fertig zu werden. Es wirkt ausgleichend und gibt dem Körper einen Energieschub, sodass er Krankheiten besiegt. Ebenfalls ist bekannt, dass es bei Erschöpfung, Verstopfung, Austrocknung, Nieren- und Blasenbeschwerden, Glaukom und grauem Star hilft. Man sagt, das Kokoswasser könne gewissermaßen die Zeit zurückdrehen, indem es den Alterungsprozess umkehrt oder zumindest verlangsamt. Angeblich kann es sogar die Libido steigern. Die Kokosnuss ist hypoallergen, Menschen mit Lebensmittelallergien können sie in der Regel bedenkenlos genießen. Besonders sicher ist das Wasser wegen seines niedrigen Eiweißgehalts. Darüber hinaus wirkt es im Körper alkalisierend, trägt somit dazu bei, die Wirkung säuernder Lebensmittel auszugleichen, die in unserer heutigen Ernährung allgegenwärtig sind.
Besonders zeichnet sich das Kokoswasser durch sein chemisches Profil und seinen Mineralstoffgehalt aus. Die wichtigen Mineralstoffe oder Elektrolyte im Kokoswasser sind weitgehend dieselben wie im menschlichen Blut. Aus diesem Grund haben es Ärzte auch zur intravenösen Rehydrierung verwendet, das heißt, sie haben es direkt in den Blutstrom gegeben. Es ist aber auch ein ganz ausgezeichnetes Rehydrierungsgetränk. Ob intravenös oder oral verabreicht, Kokoswasser hat Tausende Leben gerettet, vor allem das Leben von Kindern in unterentwickelten Ländern.
Die Ähnlichkeit des Kokoswassers mit den Körperflüssigkeiten und seine Nützlichkeit als intravenös oder oral verabreichtes Rehydratationsmittel hat auch das Interesse von Sportlern geweckt. Mit Eigenschaften, die in mancherlei Hinsicht denen der handelsüblichen Sportgetränke überlegen sind, wird Kokosnusswasser jetzt bei Amateuren und Profisportlern als natürliches Rehydratationsgetränk immer beliebter. Und auch unsportliche Verbraucher entdecken die vielen Vorzüge des Kokoswassers.
Die junge Kokosnuss
Die Kokospalme ist eine Tropenpflanze, die am besten in einer heißen, feuchten Umgebung in Meeresnähe gedeiht. Sie liebt sandigen Boden und brackiges Wasser und wächst deshalb auf tropischen Inseln und entlang vieler Küsten auf der Welt. Es ist die klassische Vorstellung eines tropischen Paradieses: unter einer Kokospalme am Strand zu liegen und genüsslich durch einen Strohhalm das Wasser aus einer frischen jungen Kokosnuss zu saugen.
Zunächst aber sollten Sie beachten, dass Kokoswasser nicht dasselbe ist wie Kokosmilch. Viele, die außerhalb der Tropen leben und nicht daran gewöhnt sind, frische Kokosnüsse zu essen, neigen dazu, diese Begriffe zu verwechseln. Wenn Sie jemals eine Kokosnuss in der Hand gehalten und geschüttelt haben, so haben Sie gehört, wie darin eine Flüssigkeit hin und her schwappt. Diese Flüssigkeit wird häufig als Kokos-»Milch« bezeichnet. Zu Unrecht, denn die Flüssigkeit in der Kokosnuss heißt in Brasilien »Aqua de Coco«, übersetzt ins Englische coconut water, also richtig »Kokoswasser«. Um an das Kokoswasser zu kommen, brauchen Sie die Kokosnuss nur zu öffnen und es auszugießen. Kokosmilch ist ein hergestelltes Produkt, zu dessen Gewinnung Kokosfleisch zerstoßen und die Flüssigkeit abgepresst wird. In Geschmack, Konsistenz, Aussehen und Nährstoffgehalt sind die beiden völlig verschieden. In Europa ist die Bezeichnung Kokoswasser eher irreführend. Viele verstehen darunter ein mit Kokosaroma aromatisiertes Wasser. Daher wird Kokoswasser häufiger und auch nach deutschsprachiger Definition richtig als Saft, also Kokossaft bezeichnet. Kokosmilch dagegen ist eine dicklich-cremige weiße Masse, die der Kuhmilch ähnlich sieht. Sie wird in Dosen abgefüllt im Lebensmittelgeschäft angeboten. Dieses Buch beschäftigt sich mit den gesundheitlichen Aspekten des Kokoswassers.
Kokospalmen können dreißig Meter hoch wachsen und bis zu siebzig Jahre alt werden. Botanisch gehört die Kokosnuss zu den Steinfrüchten – eine Frucht mit einem Samenkorn. Auch Kirschen, Pflaumen und Oliven sind Steinfrüchte. Im Fall der Kokosnuss ist das Fleisch, das den Samen umgibt, ungenießbar. Es wird als...