3 Wir sind,
was wir essen
Wer wünscht es sich nicht, gesund alt zu werden? Wie wir uns ernähren hat nicht nur Einfluss auf unser Gewicht, sondern auf unser gesamtes körperliches Wohlbefinden und unsere Gesundheit.
Bis ins hohe Alter geistig und körperlich fit zu bleiben dürfte der Traum vieler Menschen sein. Doch die berechtigte Angst vor altersbedingten Krankheiten sitzt uns im Nacken. Das Schreckgespenst unserer Zeit, das metabolische Syndrom mit all seinen Folgeerkrankungen, klopft bei immer mehr Menschen in immer jüngerem Alter an die Tür.
3.1 Das metabolische Syndrom
Übergewicht, Bluthochdruck, Insulinresistenz und ein gestörter Fettstoffwechsel sind die Symptome, die unter dem Begriff »metabolisches Syndrom« zusammengefasst werden. Sie bilden den optimalen Nährboden für weitere Erkrankungen wie Diabetes, Herzinfarkt und Krebs. Dabei gilt: Je mehr Faktoren zusammenkommen, umso größer ist das Risiko einer Folgeerkrankung. Ein Blick auf die Statistik ist alarmierend, denn jeder zweite Erwachsene in Deutschland trägt mindestens einen Risikofaktor mit sich herum: Übergewicht! Dabei ist es manchmal nicht nur das äußerlich sichtbare Übergewicht – auch schlanke Menschen können durch eine schlechte Verteilung von Muskel- zu Fettanteil zur Risikogruppe der Übergewichtigen gehören. Stichwort »skinny fat«, also schlank und doch fett.
Schon in den 1950er-Jahren, als Herzinfarkte häufiger wurden, suchte man nach Ursachen und glaubte, im Nahrungsfett den Schuldigen gefunden zu haben. Ein Trugschluss, der sich fatalerweise bis heute hält. Trotz eindeutiger Studienlage, die das Fett, inkl. der gesättigten Fette, freispricht, sitzt die Angst vor Fett tief in unseren Köpfen.
3.2 Fettphobie und ihre Folgen
Doch wohin hat uns die Fettphobie geführt? Sind wir gesünder, schlanker und weniger anfällig für Herzinfarkte geworden? Statistiken sprechen eine andere Sprache. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die am häufigsten diagnostizierten Krankheiten und Todesursache Nr. 1 und die Zahl der Übergewichtigen wächst stetig. Leider geht es vielen Menschen wie mir – das, was allgemein als Königsweg zu mehr Gesundheit empfohlen wird, half bei mir nicht nur nicht, es verschärfte mein Problem. Welche Alternative haben wir? Mein (und der vieler anderer) Weg raus aus den Problemen war und ist LCHF. Was hat es nun mit diesem LCHF auf sich? Warum sind viele Menschen so erfolgreich mit dieser Art von Ernährung? Dafür müssen wir uns zunächst ein paar grundsätzliche physiologische Zusammenhänge anschauen.
3.3 Glukose und Insulin – der normale Weg der Energieversorgung
Nehmen wir eine »normale« Mahlzeit, bestehend aus einer Portion Kartoffeln, etwas magerem Fleisch in wenig Fett zubereitet, zum Dessert einen gezuckerten Kaffee und einen Keks. Die Nahrung wird im Verdauungstrakt in ihre Bestandteile zerlegt. Besonders anschauen wollen wir uns die Kohlenhydrate aus den Kartoffeln (darin als Stärke enthalten) sowie die in Kaffee und Plätzchen in Form von Zucker. Kohlenhydrate werden in Einfachzucker (Glukose) zerlegt und ins Blut abgegeben. Dort erhöhen sie den Blutzuckerspiegel und warten auf ihren weiteren Einsatz. Geweckt durch den höheren Blutzuckerspiegel beginnt die Bauchspeicheldrüse schnell (dauert nur wenige Minuten!) mit der Produktion des Hormons Insulin.
Das Insulin soll den überwiegenden Teil des Blutzuckers an seine Zielorte bringen, nämlich in Leber und Muskulatur. Insulin dockt an die entsprechenden Rezeptoren an den Zellen an und ermöglicht so der Glukose den Eintritt. In den Zellen von Leber und Muskulatur wird die Glukose entweder direkt zur Energieversorgung weitergegeben oder in Glykogen umgewandelt und für später gespeichert. Sobald die Zellen in Leber und Muskulatur gefüllt sind, wird aller Überschuss in die Fettzellen ausgelagert (daher nennt man Insulin auch »fettspeicherndes Hormon«). Von den Fettzellen aus wird die Energie später wieder bereitgestellt, und zwar mithilfe von Glukagon, dem Gegenspieler des Insulins. Glukagon ist ebenfalls ein in der Bauchspeicheldrüse produziertes Hormon und mit seiner Hilfe werden also die Energiespeicher angezapft – zum einen die in Leber und Muskulatur, zum anderen die Energie, die in unseren Fettspeichern steckt. Aus dem Fettgewebe bildet die Leber sogenannte ▶ Ketone, die dafür sorgen, dass alle Zellen mit Energie versorgt werden. Die Fettverbrennung kommt in Gang.
Insulinresistenz
Sie nehmen vor allem am Bauch immer mehr zu? Obwohl Sie sich fettarm und kalorienreduziert ernähren, nehmen Sie nicht ab? Grund dafür könnte eine Insulinresistenz sein.
Die Sache mit dem Heißhunger
Neben der Bereitstellung von Energie hat die Konzentration des Blutzuckerspiegels noch einen anderen Effekt auf uns – den bei vielen wohlbekannten Heißhunger. Nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit, die überwiegend aus »leeren« Kohlenhydraten wie Weißmehl und Zucker besteht, steigt der Blutzuckerspiegel sehr hoch und fällt kurze Zeit später rasant ab, oft unter das vorherige Niveau. Heißhunger meldet sich; wir haben das Gefühl, schnellstmöglich Nachschub zu benötigen, und essen erneut, ohne dass es physiologisch nötig wäre. Das führt bei einem Überangebot an Nahrung zwangsläufig auch zu einer Überernährung mit allen bekannten negativen Folgen. Mit einer kohlenhydratarmen Ernährung steigt der Blutzuckerspiegel langsam an, Heißhunger wird vermieden. Die Insulinausschüttung bleibt im normalen Rahmen und einer gesunden Fettverbrennung steht nichts mehr im Wege.
Rundherum ist Insulin ein lebenswichtiges und spannendes Hormon; daher nimmt es sich auch die Freiheit heraus, in dem Drama »Fettsucht« die Hauptrolle zu spielen … Der Bösewicht hat dann einen Namen: pathologische Insulinresistenz, mit der wir uns nun näher beschäftigen werden.
Auf den vorigen Seiten haben wir gesehen, wie die Energiegewinnung aus Stärke und Zucker funktioniert. Wir nehmen Nahrung auf, die im Verdauungstrakt zerlegt wird. Stärke und Zucker werden in Glukose (Traubenzucker) zerlegt und ins Blut abgegeben. Der Blutzuckerspiegel steigt, und um ihn zu senken, wird Insulin ausgeschüttet. Im Normalfall dockt das Insulin an die entsprechenden Rezeptoren an den Zellen von Leber und Muskulatur an und schleust so die Glukose (sowie Aminosäuren und Fette) in die Zellen, wo sie dann entweder direkt verwertet oder für später in Form von Glykogen im Fettgewebe gespeichert werden. Solange Insulin im Blut ist, findet jedoch kein Fettabbau statt!
Der Blutzuckerspiegel sinkt und in Folge auch das Insulin. Damit sind die Tore der Fettspeicher wieder geöffnet und das gespeicherte Glykogen kann zur Energiegewinnung herangezogen werden. Was aber passiert, wenn der Weg des Insulins gestört wird? Was, wenn der Insulinspiegel dauerhaft erhöht ist? Sie ahnen es schon – der Fettabbau wird eingeschränkt. Wie kommt es dazu?
Krankhafte Insulinresistenz
Aus Gründen, die wir uns noch ansehen werden, werden die Zellen in Leber und Muskulatur krankhaft insulinresistent gestellt. Das bedeutet, dass die Zellen nicht mehr empfindlich genug auf das Insulin reagieren und entsprechend auch die im Blut zirkulierende Glukose nicht mehr so schnell aufnehmen. Nach einer Mahlzeit steigt also der Blutzuckerspiegel und die Produktion von Insulin kommt in Gang. Das Insulin kann aber nicht andocken, der...