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Beim Sterben geht es um mehr als den Tod

Inspirationen aus der Weisheit des Buddhismus

AutorLama Shenpen Hookham
VerlagKamphausen Media GmbH
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783958832954
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Dies sind die zeitlosen Unterweisungen der tibetisch-buddhistischen Lehrerin Lama Shenpen Hookham zum Umgang mit Sterben und Tod. Sie zeigt, wie wir uns darauf vorbereiten können, durch Meditation, in der Sterbebegleitung und mit ganz konkreten Vorbereitungen auf den Tod. Die Anregungen sind für alle hilfreich, die an einer Auseinandersetzung mit dem (eigenen) Tod und Sterben und damit auch an einer tiefen Erfahrung von Lebendigkeit interessiert sind.

Die Engländerin Lama Shenpen Hookham praktiziert seit über 40 Jahren in der tibetisch-buddhistischen Tradition und ist eine der wenigen weiblichen Lehrenden. Sie hat die Awakened Heart Sangha gegründet und lehrt weltweit.

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1


Wie Meditation uns hilft, den Tod zu verstehen


Meditation ist für viele eine Methode, sich zu entspannen und inneren Frieden und Ruhe zu finden. Vom buddhistischen Standpunkt aus handelt es sich aber nicht nur um eine ausgeklügelte Übung, die der Entwicklung von Ruhe dient, sondern Meditation ist ein Vorgang des genauen Sehens, so dass wir aus unserer grundlegenden Verwirrung heraustreten können. Unser ganzes Leiden, im Leben wie im Tod, geht auf diese grundlegende Verwirrung zurück, die uns davon abhält, unsere wahre Natur zu erkennen. Das Heilmittel besteht darin, uns mit unserer wahren Natur in Einklang zu bringen. Diese entdecken wir im Laufe der Meditation. Haben wir gelernt, sie vollständig und direkt zu erfahren, müssen wir lernen, ihr zu vertrauen und uns auf sie zu verlassen, So können wir mit Zuversicht und Leichtigkeit leben und sterben.

Folglich bilden Buddhismus und Meditation einen Weg, etwas zu entdecken, indem wir unsere direkte Erfahrung anschauen. Manch einer spricht gern von direkter Erfahrung, bei näherem Hinschauen stellt sich diese aber als nichts anderes als eine Art der Täuschung oder als bloßer Glaube an etwas heraus. Einige unterscheiden nicht zwischen ihren religiösen Glaubensvorstellungen und direkter Erfahrung und sehen Erstere dann als Beweis für ihren Glauben an.

Auch ich habe so gedacht, bis ich dem Buddhismus begegnete. Damals war ich nicht auf der Suche nach anderen religiösen Glaubensvorstellungen, denn ich hatte schon meinen christlichen Glauben. Ich war lediglich daran interessiert, verschiedene Aspekte zu vergleichen, und neugierig, wie sich buddhistische Glaubensvorstellungen mit meinen vergleichen ließen. Was mir aber von Anfang an auffiel, war, dass sich die buddhistische Sicht der Wirklichkeit nicht nur auf bloße Glaubensvorstellungen stützt, sondern auf die Wahrheit, die der Buddha selbst entdeckt hatte, indem er die Natur seiner direkten Erfahrung erforschte. Das, was mit »direkter Erfahrung« gemeint war, faszinierte mich. Am Anfang stand da etwas so Unmittelbares, Einfaches und Unwiderlegbares wie: »Der Geist ist unbeständig.« Das war etwas, was ich aus eigener Erfahrung tatsächlich kannte; mein Geist tat nicht immer das, was ich wollte.

Für mich war es bestechend, dass der Buddhismus solcherart mit der Wirklichkeit und der Wahrheit verbunden war, dass er von etwas so Einfachem wie meiner Erfahrung eines unsteten Geistes ausgehen konnte. In dem Moment, in dem ich davon hörte, wusste ich, dass es wahr war. Aber die wirkliche Bedeutung dieser Aussage entdeckte ich erst durch Meditation. Seitdem habe ich herausgefunden, dass jede Veränderung, jedes Flackern und jede Bewegung des Geistes uns etwas mitteilt und eine Möglichkeit in sich birgt, das Herz immer weiter zu öffnen. Die Herzensöffnung kann uns zeigen, was das Unwandelbare unseres Wesens ist: eine zeitlose Wirklichkeit, die nicht geboren wurde und die nie stirbt.

Bevor ich dem Buddhismus und der Meditation begegnete, war ich der Auffassung, dass niemand wirklich die Wahrheit über die letztendliche Natur der Wirklichkeit kannte oder kennen konnte. Doch als ich ihm begegnete, ahnte ich, dass diese Wahrheit vielleicht längst entdeckt worden war. Ich konnte jetzt zu jemandem hingehen und sie oder ihn darum bitten, mir zu zeigen, wie ich diese Wahrheit selbst für mich entdecken konnte. Als Christin war ich mir nie ganz sicher, ob ich eine Sünderin war oder ob es Gott wirklich gab. Es war immer Raum für Zweifel. Aber hier gab es dafür keinen Raum, denn ich konnte ja sehen, dass mein Geist in der Tat unbeständig war! Ich habe die Herausforderung, selbst nachzuforschen, angenommen und habe es nie bereut. Noch heute entdecke ich Neues in meiner Erfahrung. Es gibt noch viel Grundlegenderes als die Unbeständigkeit meines Geistes. Je elementarer die Entdeckung, desto tiefer und weitreichender sind meiner Erfahrung nach ihre Auswirkungen und ihre Bedeutung.

Ich finde das wunderbar. Wir wissen einfach nicht, was wir übersehen, bis wir hinschauen, und wir kommen nicht darauf hinzuschauen, bis jemand uns darauf hinweist, dass es etwas Bedeutungsvolles gibt, das sich anzuschauen lohnt.

Das Versprechen eines Weges, der auf vollkommener Ehrlichkeit beruht und darauf, meine Aufmerksamkeit auf die Genauigkeit meiner eigenen Erfahrung zu richten, hat mich sofort am Buddhismus angezogen und mich seither nicht mehr losgelassen. Es ist dieser Weg, der mich in den Buddha, den Dharma und den Sangha vertrauen lässt. Auf dieses Vertrauen möchte ich bauen, wenn ich sterbe. Ich folge damit den Fußspuren des Buddha und derjenigen, die ihm nachgefolgt sind. Sie lehrten aus Mitgefühl eine Generation von praktizierenden Buddhisten nach der anderen, wie man dem Pfad des Erwachens durch die Praxis der Meditation folgt.

Die grundlegende Natur des Gewahrseins


Meditation ist der Weg, der davon handelt, unsere direkte Erfahrung kontinuierlich und systematisch zu erforschen und darüber nachzudenken. Die Früchte dieses Forschens nehmen wir tief in unser Leben auf. Dadurch entdecken wir nach und nach unsere wahre Natur und bewegen uns auf dem Pfad des Erwachens zu ihr hin. In dem Maße, wie unsere Erkenntnis und unser Gewahrsein sich vertiefen, wächst das Vertrauen, das wir in sie, in die tiefgründige Natur unseres Seins, haben. Was immer wir erfahren, wie beunruhigend und erschreckend es auch sein mag, es wird uns durch dieses Vertauen besser gelingen, uns dem mit Gelassenheit zuzuwenden, statt zu versuchen, ihm zu entfliehen. Darin besteht das innere Vertrauen, das sich in der Furchtlosigkeit angesichts des Lebens wie des Todes ausdrückt.

In diesem Kapitel werde ich ergründen, wie Meditation uns helfen kann, das Wesen von Leben und Tod zu verstehen. Durch die Meditation beginnen wir zu begreifen, wie wir in unserem Leben unablässig Geburt und Tod erfahren. Das geschieht sogar von Moment zu Moment, wenn wir in Gedanken und Träume eintauchen und wieder daraus auftauchen. Der Tod des Körpers ist dann eine dramatischere Variante von dem, was wir eigentlich die ganze Zeit erfahren. Aus buddhistischer Sicht besteht der Hauptunterschied darin, dass wir bei unserem körperlichen Tod nicht wieder in einen anderen Moment dieses Lebens geboren werden. Stattdessen werden wir dieses Leben verlassen und uns in einem ganz anderen Leben wiederfinden.

Alles, was wir im Leben wissen, ist unsere eigene Erfahrung. Wenn wir über Leben und Tod sprechen, dann sprechen wir nur über Erfahrung. Der Tod ist die letzte Erfahrung in diesem Leben, und aus buddhistischer Sicht gibt es keinen Grund anzunehmen, dass Erfahrungen mit dem Tod aufhören. Die grundlegende Natur des Gewahrseins, die Basis all unserer Erfahrung, ändert sich mit dem Tod ebenso wenig, wie sie sich während dieses Lebens von Moment zu Moment, von einem Gedanken zum anderen, von Traum zu Traum verändert. Der einzige Unterschied liegt darin, was im Gewahrsein auftaucht.

In der buddhistischen Tradition erwächst dieses Wissen aus der Meditationspraxis und aus der Betrachtung unserer Erfahrung. Dadurch ist es möglich, die grundlegende Natur des Gewahrseins zu verstehen. Haben wir erkannt, dass Gewahrsein etwas Grundlegendes und Unveränderliches ist, können wir auch verstehen, dass Geburt und Tod lediglich Erscheinungen im Gewahrsein sind, ähnlich Bildern in einem Spiegel. Das eröffnet die Möglichkeit, problemlos vom Leben in den Tod hinüberzugehen. Wir können schon in diesem Leben flüchtige Einblicke in diese Wahrheit erhalten, und sie könnten ausreichen, um uns Vertrauen in den Pfad des Erwachens zu schenken. Dieses Vertrauen wiederum trägt uns dann durchs Leben wie durch den Tod.

Sich in Gedanken verlieren


Was geschieht eigentlich, wenn wir uns entschließen zu meditieren? Bei den Meditationsanweisungen, die wir erhalten, geht es im Wesentlichen darum, wach und bewusst bei unserer Erfahrung zu bleiben, ob es nun der Atem oder ein anderes Objekt ist. Warum? Weil wir naturgemäß abschweifen. Zu lernen, immer wieder zurückzukommen, ist daher eine gute Übung, um die direkte Erfahrung des Geistes zu bemerken. Wir stellen dann unweigerlich fest, wie wir uns in einen Gedanken nach dem anderen verwickeln lassen. Manche Gedanken sind glücklich und handeln von scheinbar nützlichen Dingen, andere sind wahrscheinlich unglücklich, erfüllt von Ärger oder Schmerz. Auf jeden Fall aber tauchen viele Gedanken auf. Wenn wir uns an diesen Prozess gewöhnt haben, können wir beginnen, uns zu entspannen und uns zu fragen, was das alles bedeuten soll. Was sind Gedanken? Was ist das für ein Prozess, der dazu führt, dass wir uns in ihnen verlieren?

Wenn wir in dieser Weise nachforschen, dann steigt eine Ahnung davon in uns auf, was das für die Frage nach Geburt und Tod bedeuten könnte. Wir sehen, dass jeder Gedanke, der auftaucht, einem Tor gleicht, das uns einlädt, in seine Welt zu einzutreten, ähnlich dem Sterben in der einen Welt und der Geburt in einer anderen.

Normalerweise ist mit einem Gedanken, der uns interessiert, ein Gefühl verbunden. Dieses Gefühl packt uns, und wenn wir nicht wach und entschlossen genug sind, gehen wir durch dieses Tor hindurch. Wir...

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