1 Was Sie erwarten können
Wir entschließen uns gewöhnlich zu einem Trainingsprogramm, weil wir etwas Bestimmtes erreichen wollen – wir gehen ins Fitnessstudio, um den Rücken zu stärken, wir halten Diät, um abzunehmen … Und auch wenn es bei Achtsamkeitsübungen darum geht, gerade nicht ein bestimmtes Ziel zu verfolgen, gibt es doch sehr viele positive Effekte, die sich bei regelmäßigem Üben gewöhnlich einstellen.
1.1 Entspannen, zur Ruhe kommen
Teilnehmer von Achtsamkeitsprogrammen berichten über die verschiedensten positiven Veränderungen, u. a. darüber, dass:
sie sich besser konzentrieren
sie bewusster sich selbst und ihre Umwelt wahrnehmen
sie sich leichter entspannen
sie besser mit Stresssituationen umgehen (»höhere Belastbarkeit«)
sie körperliche (z. B. Schmerzen) und/oder psychische Symptome (z. B. Ängste) lindern können
sie mehr Selbstvertrauen und Selbstakzeptanz entwickeln
sie dadurch liebevoller mit sich selbst und ihrer Umwelt umgehen
sich ihre Beziehungen und ihre Kommunikation verbessern (»emotionale Kompetenz«)
sie sich wieder mehr über Kleinigkeiten freuen (»Genießen des Augenblicks«)
sie mehr Selbsterkenntnis durch Selbsterfahrung erlangen
sie selbstschädigendes Verhalten verändern konnten (z. B. Essverhalten)
sie gelassener, ruhiger und ausgeglichener sind (»innerer Frieden«)
sie weniger unter Infekten leiden (verbesserte Immunantwort)
sie mehr Energie und Leistungsfähigkeit (aufgrund der verbesserten Konzentration) haben
sie bessere Entscheidungen treffen
sie mehr Lebensfreude empfinden und das Leben als sinnhafter erleben
Lassen Sie uns im Einzelnen betrachten, wie sich das begründet und was das für Sie bedeuten könnte.
1.1.1 Sie können sich besser konzentrieren
Das ist sowohl Teil der Technik als auch eine Wirkung der Übungen. Der Übende fokussiert seine Aufmerksamkeit z. B. auf den Atem und versucht, ihn dort längere Zeit zu halten. Schweift er mit den Gedanken ab, bemüht er sich darum, die ursprüngliche Aufmerksamkeit wiederzuerlangen. Wie bei einem Muskel, den Sie trainieren, nimmt also mit der Zeit Ihre Konzentrationsfähigkeit zu.
1.1.2 Sie nehmen sich bewusster wahr
Bei den Achtsamkeitsübungen richtet man oft die Aufmerksamkeit nach innen. Man begibt sich dann wie ein Forscher in die eigene Innenwelt, z. B. der eigenen Gedanken und Gefühle. Dadurch lernt man Aspekte von sich kennen, die vorher unter der Wahrnehmungsschwelle lagen. In der Folge spüren Sie nun sofort, wenn beispielsweise gerade Ärger in Ihnen aufsteigt oder sich eine negative Gedankenspirale in Gang setzt. Mit dem frühzeitigen Gewahrsein können Sie rechtzeitig gegensteuern, also angemessen mit Ihrer Verärgerung umgehen bzw. das Gedankenkarussell stoppen.
1.1.3 Es fällt Ihnen leichter, sich zu entspannen
Ihre Körperwahrnehmung verbessert sich. Sie bemerken Anspannungen früher als sonst und können bewusst gegensteuern und schneller wieder »loslassen«. Auch mental und emotional gelingt Ihnen eine bessere Entspannung, z. B. durch die Grundhaltung der Gelassenheit und Nichtbewertung.
1.1.4 Sie können besser mit Stress umgehen
Durch die Grundhaltung des »Seins« und der Akzeptanz lernt man, Dinge so zu lassen, wie sie sind, und nicht mehr dauernd irgendwelchen Zielen hinterherzulaufen. Also mehr zu sein und weniger zu tun. Ein anderer Effekt der Achtsamkeitsübungen ist die Entschleunigung, die sie bewirken. Durch Ihre bessere Selbstwahrnehmung setzen Sie sich weniger Stress aus. Sie spüren rechtzeitig Ihre Grenzen und achten darauf, dass sowohl Sie selbst als auch andere diese Grenzen respektieren.
1.1.5 Sie lernen, körperliche und psychische Beschwerden zu lindern
Durch Achtsamkeitsübungen können Sie Schmerzen positiv beeinflussen, aber auch Ängste und andere negative Gefühlszustände, wie z. B. Depressionen. Anstatt gegen negative Gefühlszustände anzukämpfen, lernt man, sie zu akzeptieren und ihre subtilen Veränderungen genau zu beobachten. Schmerzen werden z. B. durch Aufmerksamkeitslenkung verändert.
1.1.6 Ihr Selbstvertrauen wächst
Ein zentraler Übungsblock beschäftigt sich mit dem Thema Herzensgüte und Mitgefühl für sich selbst und andere (Metta). Sie nehmen systematisch eine positive Grundhaltung sich selbst gegenüber ein (Wertschätzung), dadurch wächst Ihr positives Selbstwertgefühl.
1.1.7 Sie gehen liebevoller mit sich und anderen um
Wer sich selbst gegenüber eine gesunde (nicht übersteigerte) positive Grundhaltung einnimmt, geht automatisch gütiger und freundlicher mit seiner Umwelt um. Die Herzensgüte, die man sich selbst gewährt, kann man nun anderen viel großzügiger schenken. Sie nehmen eine nicht urteilende Grundhaltung ein, das heißt, Sie klagen weder sich selbst noch andere an. Sie machen sich oder anderen keine Vorwürfe, wenn etwas nicht so gut gelungen ist.
1.1.8 Sie hören achtsamer zu
Ein wesentlicher Aspekt der achtsamen Kommunikation ist das achtsame Zuhören. Während man sonst schnell mit eigenen Meinungen und Ansichten aufwartet, nimmt sich der achtsame Zuhörer mehr zurück und bietet dem Gegenüber einen Resonanzboden. Das heißt, Sie hören in erster Linie mitfühlend zu; eventuell äußern Sie dann, was diese Schilderung in Ihnen auslöst, oder geben eine bestätigende Rückmeldung. »Kluge Ratschläge«, die wir oft vorschnell geben, sind vom Gegenüber meistens gar nicht erwünscht.
1.1.9 Die Freude an den kleinen Dingen kehrt zurück
Anstelle der »Überstimulierung« durch die Medien (»höher, schneller, weiter«) tritt durch die Übungen so etwas wie ein Wiederentdecken der Schönheit des Kleinen und Alltäglichen ein. Durch das Wiederentdecken der Sinneswahrnehmung z. B. wird Schmecken, Riechen oder Hören wieder intensiver. Anstatt Ihr Essen auf die Schnelle im Stehen »hinunterzuschlingen«, setzten Sie sich nun hin, um jeden Bissen zu kosten und zu genießen. Eine bewusst eingenommene, einfache Mahlzeit kann Sie nun beglücken.
1.1.10 Sie entdecken Ihre Stärken und Schwächen
Durch die kontinuierliche Selbsterforschung und das Erkunden der inneren Welt entdeckt der Praktizierende seine Stärken und Schwächen. Teilweise taucht er auch in veränderte Bewusstseinszustände ein, die einen eher philosophischen Charakter haben.
1.1.11 Sie unterlassen selbstschädigendes Verhalten
Ein zentraler Aspekt der Achtsamkeitsübungen ist, sich so wenig wie möglich im »Autopilot-Modus« zu befinden, also achtlos irgendwelchen automatisierten Handlungen nachzugehen, wie z. B. dem achtlosen Essen von viel zu viel Kalorien. Durch Ihre verbesserte Körperwahrnehmung bemerken Sie, wenn Sie satt sind. Sie lenken sich beim Essen auch nicht ab mit Fernsehen oder Plänen für die Zukunft oder Erinnerungen aus der Vergangenheit, sondern genießen den Bissen, den Sie gerade im Mund haben.
1.1.12 Schluss mit »Multitasking«
Wer sich nicht mehr so stark ablenken lässt und mehr bei sich und dem gegenwärtigen Augenblick ist, findet so etwas wie innere Ausgeglichenheit. Sie hasten nicht mehr 1 000 Zielen in einer vergänglichen Welt hinterher. Sie verzetteln sich nicht im »Multitasking«, sondern Sie führen erst das Telefongespräch mit Ihrer Freundin zu Ende, bereiten dann das Mittagessen zu, um sich nach dem Essen mit Ihrem Kind in Ruhe den Hausaufgaben zu widmen – statt mit dem Telefon am Ohr hektisch in der Küche zu wirbeln und Ihrem Kind zwischendurch noch Anweisungen zuzurufen bei dem Versuch, das Telefongespräch, das Essenkochen und die Hausaufgabenbetreuung gleichzeitig zu erledigen, denn dabei werden Sie weder Ihrem Kind, Ihrer Freundin am Telefon noch sich selbst gerecht. Sie werden feststellen, dass Sie viel entspannter und gelassener sind, weil Sie Ihre Energie nicht mehr »achtlos« verstreuen, sondern gezielt einsetzen. Auch die Emotions- und Gedankenregulierung verbessern sich durch Achtsamkeitsübungen; Ihre Gefühle werden nicht mehr so stark schwanken und starkes »Grübeln« unterbleibt.
1.1.13 Weniger Infekte
Ein positiver...