Sleepy Hollow (1999; Regie: Tim Burton)
oder: „Köpfe werden rollen“ – Alles andere
als ein kopfloses Meisterwerk…
Anmerkung: Mein Dank gehört an dieser Stelle meiner Frau Claudia, die sich intensiv mit der Handlung, der Thematik und den Motiven des Films auseinandergesetzt hat und von deren Ausarbeitungen ich hier profitiere!
Ich kann mich noch gut erinnern, als ich zum ersten Mal den Namen des Film-Regisseurs Tim Burton gehört habe. Das war 1989, ich war Hauptschüler, und die (Film-)Welt war gerade im Batman-Fieber.
Jack Nicholson, Michael Keaton und Kim Basinger waren allgegenwärtig - und der Film, der heute sogar zum „erweiterten Kreis“ meiner All-Time-Favourites zählt, war: damals eine herbe Enttäuschung für mich! Zu groß war wohl meine, durch die Dauerwerbung hervorgerufene, Erwartungshaltung, zu wenig ausgeprägt noch der Blick für die subtileren Aspekte (Nicholsons letztendlich, bei aller Nicholson-üblicher-Überzeichnung, tolle Psychopathen-Darstellung etc.) des Films.
Heute, wie gesagt, sehe ich alles anders, und, „Joker“ Heath Ledger hin oder her, Regisseur Christopher Nolan hin oder her, mit anderen Worten: The Dark Knight (2009) hin oder her, Jack Nicholson ist und bleibt mein „Lieblings-Joker“ und Tim Burtons Film aus 1989 mein „Lieblings-Batman-Film“.
Da ich 1989 im TV eine Dokumentation über die Dreharbeiten verfolgte, in der natürlich auch Tim Burton zu Wort kam, war er der dritte Regisseur, neben und nach Steven Spielberg und Alfred Hitchcock natürlich, dem ich somit ein Gesicht zuordnen konnte.
Ich muss zugeben, ich hätte damals nicht gedacht (na ja, zugegeben, ich war damals, mit 13, doch noch sehr jung für solche Gedanken :-)), dass Tim Burton eine fixe Größe in der Filmwelt bleiben würde und auch heute noch zu den großen Regisseuren und generell Filmkünstlern dieser Welt zählt!
Der Schauspieler, mit dem Burton in der Folge dann am öftesten gearbeitet hat, war aber bekanntlich nicht Jack Nicholson, sondern natürlich Johnny Depp.
7-mal gab es bisher diese außergewöhnliche Kombination zweier Ausnahme-Talente auf der Leinwand zu betrachten, wobei für die meisten dieser Filme sicherlich auch das Wort bestaunen angemessen ist (1990: Edward Scissorhands/dt.: Edward mit den Scherenhänden; 1994: Ed Wood; 1999: Sleepy Hollow; 2005: Charlie and the Chocolate Factory/dt.: Charlie und die Schokoladenfabrik; 2007: Sweeny Todd: The Demon Barber Of Fleet Street/dt.: Sweeny Todd – Der teuflische Barbier aus der Fleet Street; 2010: Alice in Wonderland/dt.: Alice im Wunderland; 2012: Dark Shadows; die Alice in Wonderland-Fortsetzung von 2016 zählt natürlich nicht, da Burton hier nicht Regie führt...).
Bevor ich aber jetzt wirklich zu der ganz hervorragenden Burton-Depp-Zusammenarbeit Sleepy Hollow aus 1999 komme, einem Film, der sich auch kommerziell, also auch an den Kinokassen, so richtig rentiert hat (vor allem Tim Burton hatte ja nach dem Flop Mars Attacks im Jahre 1997 - im Übrigen ein Flop, der ihn seinerzeit angeblich in wirklich schwerere Depressionen gestürzt hat - wieder einen Hit bitter nötig! Burtons sozusagen absichtliche „Schwarz/Weiß-Art-House-Entgleisung“ Ed Wood hingegen, in der Depp, wie weiter oben schon erwähnt, ebenfalls die Hauptrolle spielte, hatte ihm Hollywood nach dem Blockbuster Batman Returns aus 1992 ja noch irgendwie vergeben), noch ein paar Worte zu meinem Verhältnis zu dem Schauspieler Johnny Depp, der, laut Wikipedia, seit 2008 zu den „bestbezahltesten Charakterdarstellern Hollywoods“ zählt.
Heute, wo ich so etwas wie ein deklarierter Fan von dem mittlerweile auch schon fast 53-jährigen Johnny Depp bin und eine ganze IKEA-Kiste voller DVD-Ausgaben seiner Filme besitze, kommt es mir ein wenig seltsam vor, dass ich mich sooo(!) lange nicht so richtig für ihn begeistern habe können.
Irgendwie konnte ich mich wohl mit seinem über ein Jahrzehnt anhaltenden Ausnahmestatus in Hollywood, als eine Art Zwitterwesen, angesiedelt zwischen Hollywood- und irgendwie auch Art-House-Film-Star, nicht so richtig anfreunden.
Sicherlich, ich kannte What`s Eating Gilbert Grape (1993; Gilbert Grape - Irgendwo in Iowa; Regie: Lasse Hallström), Emir Kusturicas exzellentes Arizona Dream (1993), Tim Burtons wirklich berührendes Schwarzweiß-Bio-Pic Ed Wood sowie Don Juan DeMarco (mit Marlon Brando!!!; 1994; Regie: Jeremy Leven), Jim Jarmuschs phänomenales Dead Man (1995) und vielleicht noch den möglicherweise damals überbewerteten Mafia-Film Donnie Brasco (mit Al Pacino!!; 1997; Regie: Mike Newell), aber so richtig wollte, wie man so schön sagt, der Funke nicht überspringen...
Erst ein paar Jahre nach seinem Megaerfolg als mittlerweile ikonischer „Captain Jack Sparrow“ in Pirates of the Carribean: The Curse of the Black Pearl (2003; Fluch der Karibik; Regie: Gore Verbinski) habe ich mich wieder für ihn zu interessieren begonnen und bin schließlich, letztendlich auch durch das schräg geniale Sleepy Hollow, zu einem Fan geworden.
Ein Fan bin ich aber mittlerweile nicht nur vom guten „Johnny“ :-), sondern auch ein Fan des Films Sleepy Hollow im Allgemeinen!
Warum Fan des Films?
Nun, schätzt man beim ersten Ansehen noch den reinen Unterhaltungswert, die mitreißende (Horror-)Geschichte und die ausgefeilte Künstlichkeit der Bilder (Anm.: Diese Bilder wurden sogar künstlich nachgebleicht, um den von Tim Burton gewünschten Effekt, die von ihm gewünschte Atmosphäre, zu erzielen!), so merkt man, desto analytischer man sich mit dem Film auseinandersetzt (ich weiß, „analytisch“ klingt ein bisschen nach unlustiger „akademischer Schwerarbeit“ :-), ist aber de facto hier ebenfalls ein reines Vergnügen), dass er auf vielerlei Arten lesbar ist und so einige, teilweise wirklich erstaunliche, Zusatzebenen zu bieten hat.
Letztendlich ist Sleepy Hollow, Regisseur Tim Burton und Drehbuchautor Andrew Kevin Walker (1995: Seven/dt.: Sieben; 1999: 8mm - Eight Millimeter/dt.: 8MM - Acht Millimeter) sei Dank, ein Film über die Angst, über Ängste und über Angstverarbeitung und Angstbewältigung.
Es ist die, glücklicherweise sehr weit über Washington Irvings literarische Vorlage („The Legend of Sleepy Hollow“) hinausgehende, Geschichte eines Mannes, Constable Ichabod Crane (Johnny Depp), der sich sowohl den im Städtchen „Sleepy Hollow“ gerade kursierenden Ängsten als auch seinen eigenen Ängsten und Traumata stellen muss, dabei immer wieder auch an seine Grenzen gerät (in Ohnmacht fällt etc.), letztendlich aber von Anfang an als Einziger gewillt ist richtig hinzuschauen und somit auch den „ganzen Spuk“ beendet.
Zunächst aber zur spektakulären Machart des Films und zur Filmsprache.
Die Bewegung der Romantik, genauer: der schwarzen Romantik (mit ihrer Rückbesinnung auf das Mittelalter und die „Gothic“), hat hier zweifellos Pate gestanden!
Überreale Bilder und die vorherrschende düstere Farbgebung mit viel Grau sowie Blau zeugen davon. Auch die Natur scheint belebt, vor allem die zahlreichen Bäume.
Die Gotik ist ja heute noch, wie ohnehin die meisten wissen werden, eine gar nicht so unbeliebte Bewegung in der Mode und im Life-Style-Bereich.
Was die Musik betrifft, so stellt diese eine teilweise schon fast klassische Untermalung der Horror-Handlung dar, die eben rund um das hässliche, gotische, graue Dorf „Sleepy Hollow“ passiert, und erzeugt dementsprechend auch eine unheimliche, bedrohliche Atmosphäre.
Ichabod Crane, der Ermittler, ist ein sehr schrulliger Typ (Johnny Depp, der in dem Film wirklich toll, wenn nicht sogar, man muss es auch als Mann leider zugeben, schön aussieht, kann hier wirklich immer wieder seinem komischen Talent freien Lauf lassen!), aber andererseits auch ein Verfechter moderner, beinahe schon forensischer und korrekter Ermittlungsmethoden (auch die zahlreichen wissenschaftlichen Instrumente, die er mit sich herumträgt, die modernere Ermittlungsmethoden garantieren sollen, geben bei der Bevölkerung meist nur Anlass zum Staunen und zu Gelächter)!
Da er in New York des Jahres 1799 mit seiner Sherlock Holmes-artigen Vorgehensweise, auch bei seinen Vorgesetzten, aber alles andere als gut ankommt, wird er strafversetzt.
Seine Reise in das besagte...