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Zur Geschichte und Chemie der Mineralwässer

Erdig - alkalisch - muriatisch - salinisch

AutorGeorg Schwedt
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl152 Seiten
ISBN9783752890969
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,49 EUR
Nach der Geschichte der Mineralwasser-Untersuchung von Paracelsus bis Fresenius wird über die Gesundbrunnen-Literatur des 19. Jahrhunderts und die Entstehung der Mineralwässer berichtet. Es werden bekannte Mineralwässer und ihre Geschichte in Deutschland vorgestellt. Anschließend wird die medizinische Bedeutung der Mineralwässer mit balneologischen Betrachtungen zur Trinkkur beschrieben. Im Anhang folgen dann noch Beschreibungen der Brunnen- und Bädermuseen.

Prof. Dr. Georg Schwedt war über drei Jahrzehnte als Chemie-Professor in Siegen, Göttingen, Stuttgart und zuletzt an der TU Clausthal tätig. Er ist Autor zahlreicher Fach- und Sachbücher - u.a. auch zu historischen Themen.

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Leseprobe

3. Zur Entstehung von Mineralwässern –
eine Einführung in die Geochemie


Chemiker und Geologen haben sich vor allem im 19. Jahrhundert mit der Frage nach der Entstehung von Mineralwässern beschäftigt. Als einer der Pioniere der GEOCHEMIE, die sich im 20. Jahrhundert zu einem eigenständigen Forschungs- und Lehrgebiet (u.a. an der Universität Göttingen) entwickelte gehört Gustav BISCHOF, bei dem auch FRESENIUS in Bonn studierte.

Karl Gustav Bischof (1792-1870)

und sein Lehrbuch (1847)

„Karl Gustav BISCHOF wurde 1820 als zweiter, zunächst ao. Professor für Chemie und Technologie an die 1818 gegründete preußische Universität Bonn berufen. Nach dem Weggang von Karl Wilhelm Gottlob KASTNER, dem Lehrer von Liebig, nach Erlangen, erhielt er 1822 die o. Professur.

Damit war er bis zur Berufung des bedeutenden Chemikers und Entdeckers der ,Benzolformel' August KEKULÉ von Stradonitz 1867 der einzige Vertreter des Faches Chemie an der Bonner Universität.

Unter den beschränkten Verhältnissen des Chemischen Laboratoriums im Poppelsdorfer Schloss konnte er keine große Schule für zukünftige Chemiker wie Liebig in Gießen entwickeln. Jedoch wurde er zum Pionier einer heute als interdisziplinär bezeichneten Wissenschaft – der GEOCHEMIE.

Er erforschte und analysierte zahlreiche Mineralwasserquellen in der näheren Umgebung – u.a. von Roisdorf, in der Eifel und rund um den Laacher See, an der Ahr, im Taunus (u.a. in Niederselters), auch in Lamscheid im Hunsrück und im heutigen Bad Lippspringe. Aus diesen Forschungen (...) entstand ein für die damalige Wissenschaft grundlegendes Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geologie (1847 bis 1855 in Bonn erschienen). Bereits sein 1824 veröffentlichtes Werk über die vulkanischen Mineralquellen hatte in Fachkreisen ein „gerechtes Aufsehen“ gefunden, wie ein Kollege aus der Geologie, Carl Wilhelm GÜMBEL, 1875 in der Allgemeinen Deutschen Biographie (ADB) schrieb. In der Erforschung der Geochemie zahlreicher Mineralquellen, von denen viele bis heute Mineralwasser liefern, liegt die Bedeutung von BISCHOF als einem erfolgreichem Vertreter der angewandten Chemie.“

(Aus: G. Schwedt, Gustav Bischof – Professor der Universität Bonn, ein Pionier der Geochemie, Reihe Alma Mater. Beiträge zur Geschichte der Universität Bonn 108, Bonn 2017)

BISCHOF wies anhand zahlreicher Analysen nach, dass die Mineralwässer bzw. Quellen in der Eifel vulkanischen Ursprungs sind. Auch lässt sich anhand seiner umfangreichen Arbeiten bereits vereinfacht das heute bekannte Wissen über die Entstehung der Mineralwässer wie folgt zusammenfassen:

Mineralwässer entstehen in einem langen, natürlichen Prozess, in dem Regenwasser über viele Jahre oder sogar Jahrhunderte durch verschiedene geologische Schichten sickert, dort in sehr komplexen Prozessen Mineralstoffe löst bzw. auch als Suspension mitführt, die in Kanälen oder Gesteinporen ausgefiltert werden, wobei auch elektrische Kräfte und Temperatureffekte eine Rolle spielen. In den vulkanischen Kammern spielt das Kohlenstoffdioxid eine wesentliche Rolle, als Lösemittel vor allem der Erdalkalicarbonate und auch als Transportmittel. Auf diesen langen Wegen sammelt es sich schließlich unter einer zunächst undurchdringlichen Deckschicht, bis der Druck zu groß wird oder diese Deckschicht vom Menschen durchbohrt wird.

Nach diesen allgemeinen Angaben wird deutlich, dass Mineralwasser aus dem Wasserkreislauf stammt. Die Geologie spielt verständlicherweise eine entscheidende Rolle im Hinblick auf die charakteristischen Inhaltsstoffe eines Mineralwassers:

Natrium-Chlorid-Wässer stammen aus Salzlagern. In ihnen kommen häufig auch höhere Bromid- und Iodid-Gehalte vor. Schwefelwässer können vulkanischen Ursprungs sein; in den meisten Fällen ist der Gehalt an Schwefelwasserstoff jedoch auf Gipsvorkommen zurückzuführen. Organische Substanzen, wie im Moor und in Ölschiefern vorhanden, reduzieren die gelösten Sulfate zum Sulfid bzw. Schwefelwasserstoff.

Sulfatische Wässer sind wiederum auf Gips- bzw. Anhydritvorkommen zurückzuführen, über denen die Schichten organischer Materialien fehlen. Sie kommen jedoch selten in reiner Form vor; meist zeigen sich zahlreiche Übergänge zu den Hydrogencarbonat-Wässern. Bei den letzteren handelt es sich in der Regel um Säuerlinge, die auch freies Kohlenstoffdioxid enthalten und so meist vulkanischen Ursprungs sind.

Im DEUTSCHEN BÄDERBUCH (1907) schrieb K. Keilhack einleitend im Kapitel

Geologischer Teil,

aus dem auch in der Auflage von 2008 im Hinblick auf die regionale Verteilung der Quellen zitiert wird:

„An zahlreichen Stellen entspringen dem vaterländischen Boden entweder aus natürlichen Öffnungen oder aus Schichten, Stollen und Bohrlöchern Quellen, die teils durch ihre mineralischen oder gasförmigen Beimengungen, teils durch ihre erhöhte Temperatur oder durch beides den Charakter von Heilquellen besitzen. Wir begegnen ihnen sowohl in den ausgedehnten Flachländern des nördlichen und östlichen Deutschlands als auch im mitteldeutschen Hügellande, in den Mittelgebirgen und den deutschen Alpen. Sie brechen hervor aus Gesteinen aller Formationen, von den jüngsten Quartärbildungen bis zu den ältesten Gesteinen unserer Erdrinde, und sie finden sich in gleicher Weise an Sedimente wie an Eruptivgesteine geknüpft. Aber bei genauerer Betrachtung der geographischen Verbreitung ergeben sich alsbald gewisse Gesetzmäßigkeiten sowohl rücksichtlich der Häufigkeit als auch in der chemischen Zusammensetzung und der Temperatur. Sparsam nur begegnen sie uns in den von ausgedehnten Glacialschuttablagerungen erfüllten Gebieten Norddeutschlands. In auffälliger Häufung dagegen sehen wir sie an solchen Stellen unseres Vaterlandes, wo entweder in verhältnißmäßig wenig weit zurückliegenden Zeiten vulkanische Kräfte ihr Spiel trieben, oder wo größere Bruchlinien die Ränder unserer Gebirge begrenzen. Während der Mineralgehalt der im norddeutschen Flachland sich findenden Mineralquellen im wesentlichen Calcium-, Magnesium- und Eisen-Hydrokarbonat sowie auf Alkalichloride sich beschränkt, finden wir wieder andere Gegenden reich ausgestattet mit Quellen, in denen Kohlensäure und Karbonate, Sulfide oder Sulfate die wesentlichste Rolle spielen...“

Wenige Jahre nach dem Erscheinen des DEUTSCHEN BÄDERBUCHES veröffentlichte 1912 der Geologe Konrad KEILHACK (1858-1944), seit 1896 o. Professor an der damaligen Bergakademie Berlin (später TH, heute TU Berlin) sein Standardwerk „Lehrbuch der Grundwasser- und Quellenkunde“ (3. Auflage noch 1935 erschienen).

Konrad Keilhack (1858-1944)

In diesem für lange Zeit grundlegendem Lehrbuch spiegelt sich auch die zuvor dargestellte Umstellung auf Ionenkonzentrationen. Ausführlich finden wir außerdem Darstellungen zur Herkunft „der in Mineralwässern enthaltenen Salze und Gase“, die hier gekürzt in ausgewählten Zitaten aus der Ausgabe von 1912 wiedergegeben werden.

Über die festen, gelösten Bestandteile ist zu u.a. zu lesen:

1. Chloride, (...) finden sich zwar auch als vulkanische Sublimationsprodukte und Aushauchungen und spielen zweifellos unter den im Magma gelösten Salzen (...) eine wichtige Rolle, können demnach in vulkanischen Quellen auftreten. Der weitaus größte Teil der in den Mineralquellen enthaltenen Chlorverbindungen entstammt aber unzweifelhaft den in verschiedenen Sedimentformationen in außerordentlicher Menge sich findenden Lagern von Steinsalz (...).

Mit Chlorverbindungen sind die Alkalichloride gemeint. Und als Regionen werden genannt:

In ganz Nord- und Mitteldeutschland ist die älteste Salz liefernde Schichtengruppe diejenige des Mittleren und Oberen Zechsteins. Von Franken bis Schleswig-Holstein (...) ist die unterirdische Verbreitung der Steinsalzlager der Zechsteinformation an außerordentlich zahlreichen Stellen durch Bohrungen nachgewiesen worden.

2. Sulfate. Für die Herkunft der Sulfate in den Mineralwässern darf man in allererster Reihe die zahlreichen Gipsvorkommnisse in Anspruch nehmen. Teils in ausgedehnten derben Lagern, teils in Schnüren, Knollen und Adern oder einzelnen ausgeschiedenen Kristallen findet sich der Gips in einer ganzen Anzahl unserer Sedimentärformationen. (...)

In den Gipslagern haben wir aber nicht die einzige Ursache des Schwefelsäuregehaltes [gemeint ist Sulfatgehalt, nicht die freie Schwefelsäure] unserer Quellen zu erblicken. Hier kommt als zweiter wichtiger Faktor die leichte Zersetzlichkeit gewisser Sulfide, nämlich des Doppelschwefeleisens [FeS2] in Betracht, welcher als Schwefelkies, Pyrit oder Markasit in vielen, namentlich tonigen Gesteinen eine große Verbreitung in Form von Einzelkristallen, Knollen oder selbst Lagern besitzt.

3. Sulfide (...) sie entstammen zum größten Teile dem Gips, aus dem sie durch Einwirkung organischer Stoffe unter...

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