2. Ergebnisse: Zielerreichung motiviert
„Es ist nicht gesagt, dass es besser wird, wenn es anders wird.
Wenn es aber besser werden soll, muss es anders werden!“
(Georg Christoph Lichtenberg)
Ein Meeting, das nur wenige oder diffuse Ergebnisse hervorbringt, wird von der Mehrzahl der Eingeladenen als Zeitdieb wahrgenommen. Und wie oft werden Entscheidungen vertagt, nicht getroffen oder, nachdem sie überstürzt getroffen wurden, im Nachgang gleich wieder infrage gestellt?
Unklare oder unzureichend verdeutlichte Ziele oder eine geringe Ergebnisorientierung in der Moderation sind häufig die Ursache für frustrierende Meeting-Erfahrungen. Zudem führen diffuse Gesprächsverläufe, die dem Zufall oder Meinungsführern überlassen werden, schnell zu einer Erlahmung der Gesprächsdynamik.
Verbindlich getroffene Entscheidungen hingegen oder Resultate, die einen unmittelbaren Wert für die Beteiligten haben, beflügeln und motivieren alle. Als Besprechungsleitung sollte deshalb für Sie die Klärung des Ziels zuvorderst im Fokus stehen.
Stellen Sie sich vorbereitend immer diese Frage: „Warum sollten die Teilnehmer meiner Einladung überhaupt folgen und bis zum Ende des Meetings mitmachen?“ Schaffen Sie es dann, gleich zu Beginn Ihrer Besprechung eine Antwort auf diese Frage zu liefern, verliert der Griff zum Laptop oder Smartphone für die Anwesenden seinen Reiz, denn nun wird etwas Relevantes passieren. Die volle Aufmerksamkeit ist auf Sie gerichtet und ist beim Thema der Besprechung.
Entscheidend ist also eine ergebnisorientierte Haltung, aus der sich folgende Qualitätsmerkmale für eine lebendige Meetingkultur ergeben:
- Die Ergebnisse werden von allen erarbeitet, damit sie in der Umsetzung auch von allen getragen werden. Sonst hat man ein schnelles Ergebnis erzielt, welches aber nicht umgesetzt wird.
- Die Ergebnisse spiegeln die Expertise aller Teilnehmer wieder.
- Die Ergebnisse werden transparent und nachvollziehbar produziert, damit bei der Ergebnisfindung nicht das Recht des Stärkeren gilt.
Eines sollten Sie außerdem berücksichtigen: Ein Meeting dient nicht allein der Präsentation von Ergebnissen und ist etwas anderes als ein Vortrag zu einem Fachthema. Zwar können diese Formen Bestandteile eines Meetings sein, aber niemals sein Kern. Wenn doch, ist es kein Meeting, sondern eine Informationsveranstaltung.
Auch um eine bereits getroffene Entscheidung im Nachgang zu legitimieren, ist kein Meeting erforderlich. Sie können dann besser eine Informationsveranstaltung durchführen oder einfach eine Mail mit dem Inhalt der entsprechenden Entscheidung an alle Beteiligten senden.
Ihre zweite Kernaufgabe als Besprechungsleitung besteht darin, Ihre Teilnehmer bei der Erarbeitung konkreter und relevanter Ergebnisse zu unterstützen. So entsteht Motivation fast von alleine.
2.1 Bevor Sie loslegen: souverän kommunizieren
Es gibt ein Kommunikationsmodell, das Ihnen entscheidende Hinweise darüber liefert, wie sich Motivation und Beteiligung Ihrer eingeladenen Teilnehmer schnell steigern lassen. Es handelt sich um die von Eric Berne begründete Transaktionsanalyse (siehe Große Boes & Kaseric 2018). Das Modell erklärt auch, wann dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt ist.
Der für unsere Belange wichtigste Begriff steckt schon im Namen des Modells: Transaktion. Darunter versteht man einen von einem Menschen ausgehenden Reiz, eine Äußerung. Der zweite Teil der Transaktion ist die Reaktion des Gegenübers, z. B. eine Erwiderung. Diese Reaktion kann zum Auslöser einer weiteren Reaktion der ersten Person werden. Transaktionen können dazu beitragen, dass ein Gespräch weitergeht oder dass die weitere Kommunikation blockiert wird.
In den 1960er-Jahren fand Berne heraus, dass jeder erwachsene Mensch auf drei verschiedenen Ebenen agiert und reagiert. Diese Ebenen nannte er Ich-Zustände und gab ihnen die Namen Eltern-Ich, Erwachsenen-Ich und Kind-Ich. In der Kommunikation mit anderen befinden wir uns laut Berne immer in einem dieser Ich-Zustände bzw. wechseln wir, je nach Gesprächsverlauf, von einem Ich-Zustand in den anderen.
Abbildung 5: Die drei Ich-Zustände in der Transaktionsanalyse
Die Ebene des Eltern-Ichs wird dominiert von Wertvorstellungen, Normen und Regeln, die es einzuhalten gilt. Wer sich auf dieser Ebene befindet, weiß nach eigener Wahrnehmung mehr als seine Umwelt und neigt dazu, zu drohen, strafen oder mahnen.
Ob Besprechungsteilnehmer im Eltern-Ich sind, erkennen Sie an Aussagen wie: „Ist ja alles schön und gut, aber durch dieses Meeting wird sich auch nichts ändern. Das können Sie mir glauben.“
Auf der Ebene des Erwachsenen-Ichs stehen der Austausch von Informationen und Erfahrungen mit anderen im Vordergrund. Befinden sich Gesprächspartner auf dieser Ebene, treten sie angemessen selbstbewusst auf und evozieren ein solches Verhalten bei ihrem Gegenüber. Es fällt ihnen aufgrund ihrer Sicherheit nicht schwer, z. B. Wissenslücken zuzugeben und sich hieraus ergebende Fragen zu stellen. Es geht ihnen nicht um Dominanz, sondern um Beteiligung.
Teilnehmer im Erwachsenen-Ich erkennen Sie an Aussagen wie „Das war mir ehrlich gesagt gar nicht klar. Könnten Sie uns allen noch einmal erklären, was es mit diesem Problem auf sich hat? Womöglich finden wir ja gemeinsam eine kluge Lösung.“
Auf der Ebene des Kind-Ichs stehen die Gefühle im Zentrum. Wer aus diesem Ich-Zustand heraus agiert, ist vielleicht schüchtern, defensiv oder (zumindest vordergründig) angepasst. Diese Ebene kennt aber auch emotionale, provozierende oder der Situation unangemessene Äußerungen.
Teilnehmer im Kind-Ich erkennen Sie an Aussagen wie: „Wie soll das denn funktionieren? War ja klar, dass die Abteilung dafür keine Lösung liefert. Jetzt müssen wir wieder ran.“
Im Verlauf eines Gesprächs zeigen sich in verschiedenen Transaktionen die Kombinationen aus diesen Ebenen; je nachdem wie sie aufeinander folgen, kann sich das Gespräch günstig oder ungünstig entwickeln. Einer (oft belehrenden) Aussage aus dem Eltern-Ich folgt nicht selten eine (entweder trotzige oder gehorsame) Antwort aus dem Kind-Ich. Auch selbstbewussten Menschen fällt es schwer, nicht trotzig oder schmollend ins Kind-Ich zu fallen, wenn sie autoritär oder strafend von einem Gegenüber, z. B. einem Besprechungsleiter, aus dem Eltern-Ich heraus angesprochen werden. Genauso wird ein sehr deutlich „kindliches“ Verhalten früher oder später eine „elterliche“ Reaktion (mahnend oder drohend) provozieren.
Lösungen, die Sie mit Ihren Besprechungsteilnehmern auf der Erwachsenen-Ebene erarbeiten, sind in der Regel nachhaltiger als „über Kreuz“ zwischen Eltern- und Kind-Ebene ausgehandelte. Gerade, wenn Teilnehmer eine Besprechung im Kind-Ich verlassen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sich die Umsetzung des Besprochenen verzögert oder gar nicht stattfindet, aus purem Trotz.
Das Modell kann Ihnen zur Selbstreflexion und Selbststeuerung in der Sitzung dienen: Treten Sie souverän, eben im Erwachsenen-Ich, auf? Oder erwarten Sie absoluten Gehorsam von Ihren Teilnehmern? Dann befinden Sie sich im Eltern-Ich und erzielen wahrscheinlich auf Ihrer Gegenseite ein Verhalten aus dem Kind-Ich heraus: Ihre Teilnehmer tuscheln, sagen nicht, was sie wirklich denken, und blicken bei der Vergabe von Aufgaben trotzig drein.
Bleiben Sie also möglichst auf der Erwachsenen-Ebene. Darin liegt der Schlüssel zu einer souveränen Moderationsleistung, auch in schwerem Fahrwasser. Das kann durchaus herausfordernd sein, weil die Angebote Ihrer Mitstreiter wahrscheinlich nicht immer aus dem Erwachsenen-Ich kommen. Wenn Sie aber Ihre Meetings lebendiger gestalten wollen, ist die konsequente Beibehaltung der Erwachsenen-Ebene hierfür eine Voraussetzung.
2.2 Das Ziel im Fokus halten
Damit Ihre Teilnehmer tatsächlich wahrnehmen, dass es eine Veränderung in der Meetingkultur gibt, ist eines entscheidend: Das Ziel des Meetings muss in den Fokus rücken. Wenn alle von Anfang an wissen, um was es geht, ist es viel einfacher, den Fokus für die Dauer der Veranstaltung auf dem Ziel zu halten.
Ganz wichtig ist, dass Sie als Besprechungsleitung das Ziel gleich zu Beginn des Meetings explizit benennen. Unterstützend können Sie es visualisieren, indem Sie es auf ein Flipchart, ein Whiteboard, auf Moderationskarten oder Slickynotes schreiben. Gehen Sie aber bitte nicht davon aus, alle wüssten, um was geht, schließlich habe das in der Einladung gestanden. Das ist in der Praxis selten der Fall und auch von Ihren Teilnehmern, die womöglich einen täglichen Besprechungsmarathon zu absolvieren haben, nicht unbedingt zu erwarten. Daher sollten Sie in Ihrer Rolle Ihren Eingeladenen eine kurze Orientierung bieten und für Klarheit sorgen, indem Sie das Ziel zu Anfang der Besprechung formulieren.
Beispiel: „In den nächsten 60 Minuten möchte ich mit Ihnen der Frage auf den Grund gehen, wie der aktuelle Ausschuss von 15 % in der Produktion entsteht. Nachgelagert überlegen wir dann Gegenmaßnahmen. Um aber zu fundierten Lösungen zu kommen, möchte ich als Ziel dieses Meetings allein die Analyse der Problematik ins Auge fassen.“
Was genau können Ziele eines Meetings sein? Hierzu einige Beispiele, von denen jedes ein legitimes Ergebnis einer Besprechung sein könnte:
- eine Idee bzw. mehrere Ideen entwickeln,
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