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E-Book

Okkult belastet oder psychisch krank

Ein Leitfaden für Kirche, Gemeinde und Beratung.

AutorMichael Großklaus
VerlagGerth Medien
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl128 Seiten
ISBN9783961223725
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Seelsorgerlich hilfreich, theologisch ausgewogen und wissenschaftlich kompetent beschreibt der erfahrene Autor in diesem Leitfaden die Hintergründe, Unterscheidungskriterien sowie die Erkennungsmerkmale zwischen okkult belasteten und psychisch kranken Menschen. Er zeigt außerdem Schritte auf, wie man praktisch helfen kann. Aufklärung und Ausgewogenheit ziehen sich wie ein roter Faden durch dieses Buch. Gegliedert ist es in drei Hauptteile: fachlich-wissenschaftlich, biblisch-theologisch und seelsorgerlich-praktisch. Dies ermöglicht einen leichten Zugriff auf die Kerninhalte. Dabei steht immer die Wertschätzung des Menschen im Mittelpunkt und die Frage, wie Hilfe in der Not gelingen kann.

Dr. Michael Großklaus ist Pastor, Psychologe, Dozent, Supervisor und Coach. Er leitet die psychologische Beratungsstelle Villingen-Schwenningen (BVS) und hält zahlreiche Vorträge im deutschsprachigen Raum.

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Leseprobe

2. Teil: Biblisch-Theologisches

Für Christen ist die Bibel nicht irgendein Buch. Die Heilige Schrift ist Gottes Wort in Menschenwort an uns. Neben dem fleischgewordenen Wort (Jesus) offenbart sich Gott durch das schriftliche Wort des Alten und Neuen Testaments.23 Die Bibel ist das wichtigste Dokument für alles, was unseren Glauben betrifft. Und so finden wir auch Geschichten von übernatürlichem Wirken Gottes und übernatürlichem Wirken des Teufels darin. Mit Begrifflichkeiten aus dem ersten Teil dieses Buches formuliert: Die Bibel kennt paranormale Phänomene zur Genüge.24

In diesem zweiten Teil soll zunächst der Schriftbefund zu dem Thema und dem Begriff Besessenheit dargestellt werden, dann wird ein grober Abriss der Kirchengeschichte zeigen, wie man mit dem Thema und dem Begriff Besessenheit über die Jahrhunderte umging. Und schließlich werden aktuelle theologische Positionen dargestellt, diskutiert und kommentiert.

Dämonenglaube im Alten Testament

Paranormale Phänomene werden im Alten Testament häufig berichtet. Auch die Existenz des Teufels wird im Alten Testament mehrfach erwähnt. Seine Herkunft, sein Stolz und sein Fall werden in Jesaja 14 und Hesekiel 2825 beschrieben. Exorzismus taucht im Alten Testament jedoch an keiner Stelle explizit auf. Im theologischen Begriffslexikon sind hinsichtlich des Dämonenglaubens im Alten Testament eine Anzahl von Beispielen aufgeführt: Hier scheint es so zu sein, dass es sich um eine Auflistung von Dämonenbezeichnungen handelt. Es finden sich Hinweise auf einen allgemeinen Volksglauben (z. B. 1.Sam. 28,13; Jes. 8,19). Als dämonische Gestalten werden unter anderem die schedim, s`irin, lilit, azälal (Jes. 13,32; Jes. 34,14) genannt. Gemäß 5.Mo. 18,11; 3.Mo. 19,31 und 1.Sam. 28,3 war die Totenbeschwörung in Israel verboten, ebenso das Opfer für böse Geister (3.Mo. 17,7). Im Zusammenhang mit Israels Götzendienst ist von Dämonen die Rede, außerdem werden die heidnischen Götter verächtlich Dämonen genannt (5.Mo. 32,17; 2.Chr. 11,15; Ps. 106,37). Im Alten Testament herrscht die Absicht vor, den Dämonenglauben auszuschalten, etwa wenn in 1.Mo. 1 die in der alttestamentlichen Umwelt als Dämonen gefürchteten und verehrten Gestirne als Lampen bezeichnet werden oder wenn das Unheilvolle und Böse in 1.Sam. 16,1426 und 2.Sam. 24,1 auf Gott zurückgeführt wird. Die Engel Jahwes vermitteln zwischen Gott und Menschen, nicht Dämonen. Der Israelit soll sich an keine Macht außerhalb Jahwes wenden, insbesondere hat er sich der Magie zu enthalten. In der LXX27 kommt der Begriff Dämon nur einmal, nämlich in Jes. 65,11, vor. Der Dämonenglaube breitete sich langsam aus, obwohl der Jude sich nie so stark durch Dämonen bedroht gefühlt hat wie die Menschen der umliegenden Religionen. Zudem ließen sich die Schriftgelehrten auf den Dämonenglauben ein. Die Bezeichnungen für Dämonen sind vielfältig: „schedim“ = Gewaltige, Herren, Dämonen; „mazziqin“ = Schädigende; „mechabilim“ = Verderber; „pega`im“ = Anfallende; „s`irin“ = Bocksgestaltige; „ruach ra`ah“ = böser Geist; „ruach“ = Geist. In vorheriger Zeit wurde geglaubt, dass nach 1.Mo. 6,1 die Dämonen aus der Verbindung der gefallenen Engel mit menschlichen Frauen hervorgegangen sind. Eine geläufige Ansicht über die Herkunft der Dämonen war die, dass ein Teil der Menschen während des Turmbaus zu Babel in Dämonen verwandelt wurde; andere vermuteten, die Dämonen seien aus dem Geschlechtsverkehr Adams und Evas mit weiblichen oder männlichen Geistern entstanden. Wieder andere glaubten, dass Dämonen ein besonderes Schöpfungswerk Gottes seien. Allgemein galt in der Zeit des AT: Dämonen sind zwar Geister, haben jedoch körperliche Organe (Flügel), brauchen Essen und Trinken, können sich fortpflanzen und auch in menschlicher Gestalt erscheinen. Ihre Zahl ist unendlich groß und sie bevölkern die Welt. Der Dämonenfürst Aschmedai steht an ihrer Spitze, unter dem kleinere Fürsten stehen. Die Dämonen haben Zugang zum Himmel, durch den sie Gottes Ratschläge erfahren können. Ihre Aufenthaltsorte sind auf der Erde sowie in der Luft, insbesondere in Wüsten, Ruinen und an unreinen Orten wie beispielsweise Friedhöfen. Gott erteilt ihnen Vollmacht, Strafen zu vollstrecken, die über Sünder verhängt wurden, und auch zu töten. Nach 1.Mo. 4,26 begann ihre Macht in den Tagen des Enosch und wird in den Tagen des Messias enden. Ihr Hauptziel ist die Verführung der Menschen zur Sünde. Sie sind Verursacher von vielen Krankheiten. Gott und seine Engel, Gottes Wort, Gebotserfüllung, Amulette, Beschwörungen usw. gebieten und gewähren Schutz vor den Dämonen, so die Vorstellung. Im Volk Israel, aber auch bei Rabbinern existierte eine Vielzahl von Zaubereipraktiken. Im Unterschied zur griechischen Vorstellung sind vor hebräischem Hintergrund Dämonen nicht Zwischenstufen zwischen Gott und den Menschen, auch nicht Geister von Toten; es wird scharf zwischen Engeln und Dämonen unterschieden.28 Hier ist deutlich zu erkennen, dass die Bibel bereits im Alten Testament die Existenz von Teufel und Dämonen voraussetzt und ausdrücklich erwähnt.

Dämonenglaube im Neuen Testament

Das Neue Testament setzt ebenfalls die Existenz von Dämonen voraus. Jesus praktizierte Teufelsaustreibung (Exorzismus29) häufig in der Verbindung mit der Heilung bestimmter Krankheiten.30 Der Evangelist Markus berichtet am meisten über Teufelsaustreibungen (Exorzismen) Jesu31. Er lässt Jesu öffentliches Wirken mit Exorzismus beginnen: „Und er zog durch ganz Galiläa, predigte in den Synagogen und trieb die Dämonen aus.” 32 Weiter wird sofort berichtet, wie Jesus einem Besessenen33 den Dämon bzw. die vielen Dämonen (Legion) austrieb.34 Auch Jesu Jünger erhielten die Vollmacht, Dämonen auszutreiben.35 Im Missionsbefehl des Markus, am Ende seines Evangeliums, wird das Zeichen der Dämonenaustreibung als erstes Zeichen derer erwähnt, die glauben: „Diese Zeichen aber werden denen folgen, die glauben: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben.36 In der nachösterlichen Zeit der Apostelgeschichte sind die Apostel Petrus und Paulus mit dem Dienst des Exorzismus vertraut. Zwei Begriffe tauchen im Neuen Testament im Falle der Dämonisierung von Menschen auf: δαιμονιζομαι und εχηειν δαιμονιον. Der Begriff δαιμονιζομαι kommt im Neuen Testament und dort in den Evangelien dreizehnmal vor. Er bedeutet von einem Dämon besessen sein37, von einem Dämon geplagt sein38 oder an/unter einem Dämon leiden39. εχηειν δαιμονιον heißt wörtlich übersetzt einen Dämon haben40. Dieser Begriff taucht neunmal in den Evangelien auf. Lukas verwendet ihn parallel zu δαιμονιζομαι (vgl. Mt. 8,28 und Luk. 8,27). Manche Ausleger vermuten deshalb eine synonyme Bedeutung beider Begriffe und übersetzen immer mit besessen. Der Anthropologe Charles Kraft führt dazu aus, dass die Übersetzung eines oder gar der beiden Begriffe mit von Dämonen besessen nicht gerechtfertigt ist, auch wenn das Ansinnen der biblischen Autoren darin lag, mit δαιμονιζομαι einen etwas stärkeren Grad der dämonischen Kontrolle aufzuzeigen als εχηειν δαιμονιον. Diese Übersetzung beinhalte zu viel Kontrolle, wie Kraft darlegt.41 Basierend darauf wird der Begriff δαιμονιζομαι von manchen Bibelauslegern und Übersetzern mit dämonisiert wiedergegeben, was dem griechischen Begriff deutlich gerechter wird und unterschiedliche Grade der Dämonisierung – analog der unterschiedlichen Fülle mit dem Heiligen Geist – beschreibt. Der Heilige Geist ist zwar eine göttliche Person, dennoch beschreibt das Neue Testament, dass es eine Fülle des Geistes gibt. Paulus ermutigt die Christen in Ephesus, nicht voll Weines zu sein, sondern immer wieder voll Heiligen Geistes zu werden (Eph. 5,18).

In der Religionswissenschaft wird Besessenheit als eine Inbesitznahme des Menschen durch einen Geist beschrieben. Die Frage, die sich daraus für Christen und die christliche Theologie ergibt, lautet: Spricht die Bibel auch von einer Besitzergreifung und Inbesitznahme eines Menschen durch Dämonen? Zu dieser Frage liegen keine einheitlichen Antworten vor und häufig werden bei ihrer Beantwortung innerhalb der evangelikalen Christenheit42 unterschiedliche Auffassungen vertreten. Dass ein Mensch von dämonischen Mächten in Besitz genommen werden kann, steht außer Frage, aber ob dies immer der Fall ist, darf nicht vorausgesetzt werden. Im Falle des sogenannten besessenen Gadareners in Mt. 8,28-34 ist es offensichtlich, dass dieser Mensch unter der Kontrolle des Teufels stand. Das Beispiel der Frau, die einen Geist der Schwäche hatte43, ist nicht eindeutig einer vollständigen Erfüllung mit bösen Mächten...

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