3 Die Angst im Körper, in der Seele und im Geist
Nun wollen wir uns etwas intensiver mit der Wirkungsweise der Angst im Körper, der Seele und im Geist beschäftigen. Wir wissen ja bereits, dass beispielsweise Panikattacken starke körperliche Symptome mit sich bringen können, unter anderem starkes Schwitzen oder auch Herzrasen. Was aber sind die Symptome, die unser Seelenleben zu ertragen hat?
Die Angst kann unser gesamtes Gefühlsleben beherrschen. Dies kann so stark ausgeprägt sein, dass die Sicht auf die Realität völlig durch die Angst verzerrt ist. Die Angst nistet sich zunehmend in jeden Winkel unserer Seele ein, bis jeder Aspekt unseres Lebens und unseres Fühlens mit dem Netz der Angst durchzogen ist. Es entsteht ein seelischer Teufelskreis der Angst, der in Panikattacken enden kann oder uns völlig von der Gesellschaft isoliert.
Es bietet sich an, diese bisher wenig greifbaren Erkenntnisse aus der Schulmedizin und der eigenen Beobachtung, belastbarer zu machen. Vor diesem Hintergrund wollen wir uns in den nachfolgenden Kapiteln verschiedene Aspekte in Bezug auf die Funktionen des Gehirns und der Psychologie des Menschen anschauen.
Ergänzt werden diese Fakten unter anderem mit Elementen aus der Anthroposophie und der Theosophie, also Elementen der spirituellen Weltanschauung. Hier wollen wir uns anschauen, wie negative, geistige Einflüsse unser Denken rund um das Thema Angst beeinflussen. Diese Kombination aus Wissenschaft und Spiritualität gibt uns den Auftakt zum wahren Verständnis bezüglich des Wesens der Angst und der Urangst.
3.1 Die Gehirne des Menschen
Unser menschliches Gehirn ist ein Wunderwerk der Natur. Die moderne Wissenschaft versucht, dieses komplexe Gebilde in all seinen Details zu verstehen und setzt auch alles daran, die Vorgänge, Denkmuster etc. mit Computern nachzubilden. Bisher gelingt dies noch nicht so wie gewünscht. Es lässt sich auch nur erahnen, welche verborgenen Potenziale sich noch in unserem Gehirn befinden, die bislang unentdeckt blieben. Doch leider benutzen wir aktuell unser Gehirn nur dazu, uns mit simplen und trivialen Dingen des Lebens zu beschäftigen. So gehören beispielsweise Wunsch- und Tagträume über große materielle Reichtümer zu diesen simplen Gedankenvorgängen. Aber für noch etwas benutzen wir unser Gehirn: für Angst. Wir haben über die Jahre und Jahrzehnte unseres Lebens hinweg erlernt, wie wir Angst haben und uns selbst Angst erdenken können. Doch wie funktioniert das und wo genau findet Angst im Gehirn statt? Dies möchte ich nun ausführen.
Unterteilt man unser menschliches Gehirn grob in drei große Bereiche ein, so erhält man:
- das Reptiliengehirn,
- das limbische System
- und den Neocortex.
Diese drei Bereiche des menschlichen Gehirns wollen wir uns nun etwas genauer ansehen.
Abbildung: Die drei großen Bereiche des menschlichen Gehirns.
Das Reptiliengehirn
Der sogenannte Hirnstamm ist der älteste Teil des menschlichen Gehirns. Man datiert seine Entwicklung auf einen Zeitpunkt von vor 500 Millionen Jahren. Im Hirnstamm sind alle wichtigen Funktionen und Regulationen angesiedelt. So wird von dort aus beispielsweise alles Lebenswichtige, wie die Atmung, der Herzschlag, die Verdauung etc. gesteuert. Von diesen Tätigkeiten bekommen wir im aktiven Bewusstsein in der Regel auch nur wenig mit, außer wir konzentrieren uns aktiv auf unsere Atmung und greifen in diesen sonst automatisierten Prozess ein. Der Hirnstamm ist demnach eine Grundvoraussetzung für das Leben. Jedes Wirbeltier besitzt diesen Hirnstamm. Bei niederen Wirbeltieren und bei Nicht-Säugetieren, wie es beispielsweise die Reptilien darstellen, besteht fast der gesamte Anteil des Gehirns aus diesem Hirnstamm. Andere Zentren des Gehirns sind bei diesen Gattungen nur sehr schwach ausgeprägt. Vor diesem Hintergrund bezeichnet man diese Form des Gehirns auch als Reptiliengehirn. Man unterstellt an diesem Punkt auch, dass Reptilien einzig durch simple Prozesse des Gehirns am Leben gehalten werden. Man schreibt ihnen weder eine ausgeprägte Gefühlswelt noch strukturiertes Denken zu.
Das limbische System
Das limbische System wird manchmal auch als „Säugergehirn“ bezeichnet. Das limbische System kommt in allen Säugetieren vor. Gleichwohl handelt es sich beim limbischen System nicht um einen abgegrenzten, physikalischen Gehirnbereich. Vielmehr verbirgt sich hinter diesem System ein ausgetüfteltes Netzwerk an Verbindungen zwischen verschiedenen Gehirnarealen. Insbesondere für die Verarbeitung von emotionalen Impulsen und Trieben steht das limbische System zur Verfügung. Dem limbischen System wird seit kurzem auch die sogenannte Amygdala (der Mandelkern) zugeschrieben. Die Amygdala ist der Sitz unseres Emotionalen Gedächtnisses. Dort werden alle Erfahrungen in Bezug auf Gefühle und Emotionen, aber auch das Triebverhalten, abgespeichert. Alle Gefühle wie beispielsweise Angst, Furcht, Wut, Hass, Trauer, Liebe, Freude usw. und die damit verbundenen Reaktionen werden dort abgelegt und mit den eintretenden Sinneseindrücken abgeglichen.
Sehen wir ein Objekt, welches in unserem Emotionalen Gedächtnis zusammen mit der Furcht abgespeichert wurde, so erfüllt es uns direkt mit dem Gefühl der Furcht und unser Körper bzw. wir reagieren entsprechend. Dieser Vorgang ist allgemein als emotionale Reaktion bekannt. Hieraus lässt sich einiges an psychologischen Erkenntnissen ableiten, welche allgemein unter dem Begriff der Emotionalen Intelligenz zusammengefasst sind. So ist es leicht nachzuvollziehen, dass wir Erfahrungen aus der Kindheit und der Jugend verinnerlicht haben und diese Erfahrungen, zusammen mit entsprechenden Gefühlen, in unserem Emotionalen Gehirn abgelegt wurden. Das limbische System ist also demnach dafür verantwortlich diese Gedanken und Erfahrungen regelmäßig aus dem Emotionalen Archiv hervorzuholen und mit unseren aktuellen Sinneseindrücken abzugleichen und uns ein Feedback zu geben.
Nun verstehen wir auch, warum wir manchmal reagieren, wie wir eben reagieren. Warum wir nun einmal vor Prüfungssituationen Angst empfinden oder Ekel gegenüber Brokkoli empfinden. Es handelt sich hier um chemische und elektrische Prozesse bzw. Signale, die in unserem Gehirn ablaufen – ganz automatisch.
Der Neocortex
Der letzte Teil unseres Gehirns, den ich besprechen möchte, ist unter dem Namen Neocortex bekannt. Cortex heißt einfach übersetzt „Rinde“ und er umschließt, wenn man so möchte, das gesamte Gehirn mit einem äußeren Gürtel. Die Wissenschaft vermutet, dass der Neocortex zum jüngsten Teil unseres Gehirns zählt. Konkret sitzen hier wichtige Elemente unserer Sinneseindrücke, beispielsweise das Sehen, das Hören, aber auch motorische Fähigkeiten und die Sprache. In unserem Gehirn nimmt der Neocortex mit seinen verschiedenen Bereichen (z. B. Frontallappen, Temporallappen etc.) ca. 90 % unserer Großhirnrinde ein. Nun fragt man sich natürlich, warum denn dieser Teil des Gehirns so jung sein soll, wenn doch auch Reptilien sehen, hören, schmecken und sich bewegen können. Nur wegen der sich entwickelten Sprache? Die Antwort lautet: nein. Im Neocortex und seinen verschiedenen Lappen befinden sich zudem verschiedene Abstraktions- und Assoziationszentren. Dort finden unser strukturiertes, menschliches Denken und unser Wille statt. Dies unterscheidet uns signifikant von der Tierwelt und macht uns demnach zur „Krone der Schöpfung“.
Genau hier liegt auch der Schlüssel zur Lösung unserer Probleme: mit unserem Willen können wir uns frei entscheiden, ob wir Angst haben wollen oder nicht. Der schwierige Teil daran ist es, mit Hilfe unseres Denkens und unseres Willens des Neocortex, unser limbisches System neu zu programmieren. In verschiedenen alternativen Weltbildern ist es hinreichend bekannt, dass es neben dem wachen Bewusstsein noch ein Unterbewusstsein gibt. Es ist auch bekannt, dass mittels des Bewusstseins, dieses Unterbewusstsein (um)programmiert werden kann. Hierzu nutzt man beispielsweise das Positive Denken oder positive Affirmationen, um sein Unterbewusstsein kontinuierlich auf eine positive Denk- und Handlungsweise hin zu konditionieren. Auf eine ähnliche Art funktioniert es auch mit dem limbischen System und dem Emotionalen Gedächtnis, welchen Bereiche des Unterbewusstseins zugeschrieben werden. Wir müssen quasi dem Emotionalen Gedächtnis neue Erfahrungen in Bezug auf Gefühle und Emotionen, gepaart mit den jeweiligen Sinneseindrücken, vermitteln. Dies geschieht dadurch, indem wir bisher angsterfüllte Erfahrungen und Situationen in Situationen ohne Angst, dafür aber mit einem Gefühl der Geborgenheit ersetzen. Wie wir dies tun, erfahren wir in späteren Kapiteln.
Wir sehen also, nichts ist verloren. Der menschliche Körper unterliegt aufgrund der Erfahrung in der Materie ganz einfach materiellen Prozessen, die sich erklären und beschreiben lassen. Die hohe Kunst ist es nun, diese Prozesse durch unseren Willen und unser mentales (Um)denken abzuändern und die eingeschliffenen Denkmuster und Denkprozesse umzubauen.
3.2 Wesensglieder
Wir wollen nun von der rein körperlichen Anschauung hin zu einer geistigen...