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Auswirkungen der Schwangerschaft
Die Schwangerschaft ist eine aufregende Zeit voller Vorfreude und Vorbereitungen. Und sie ist eine Zeit bedeutender körperlicher Veränderungen. Das betrifft nicht nur die Hormone, sondern auch Körperhaltung und -ausrichtung sowie Muskeln, Bänder und Gewebe ebenso wie Atmung und Energie. Der Körper hat eine Menge zu tun, um ein neues Leben hervorzubringen, und all diese Veränderungen können sich auch auf Geist und Gemüt der werdenden Mutter niederschlagen. Vermutlich macht Ihr Geist gerade Überstunden, und alles wird schnell zu viel. Energieschwankungen, Sorgen um die äußere Erscheinung und die Unsicherheiten der Mutterschaft, mit alldem heißt es, sich auseinanderzusetzen. Dazu der immer näher rückende Geburtstermin, der womöglich Panik- und Angstgefühle hervorruft. Heute weiß man, dass Sport Stress bewältigen hilft und die Stimmung positiv beeinflusst. Sport ist für uns alle wichtig, besonders aber für Schwangere, weil er den Körper unterstützt, ein gesundes Baby entstehen zu lassen, die damit einhergehenden Veränderungen zu verkraften, und weil er den Geist zur Ruhe kommen lässt.
Mit der Schwangerschaft gehen einige unübersehbare körperliche Veränderungen einher. Größere Brüste und der wachsende Bauch sind die auffälligsten, doch auch im Körperinnern passiert eine Menge. Subtile Haltungsänderungen, ein veränderter Hormonspiegel, die Dehnung bestimmter Muskeln und Gewebe und ein sich verlagernder Schwerpunkt sind nur einige der weniger sichtbaren. Bewegung und Sport helfen, dass es während dieser Zeit nicht zu übermäßiger Gewichtszunahme, Schwangerschaftsdiabetes oder Schmerzen und Unbehagen kommt. Eine Auswertung verfügbarer Daten zeigt, dass Frauen, die während der Schwangerschaft Sport treiben, das Risiko von Schwangerschaftsdiabetes um fast 50 Prozent und für Präeklampsie um fast 40 Prozent senken. Selbst mäßige Bewegung während der Schwangerschaft verminderte das Risiko von Schwangerschaftdiabetes um mehr als 30 Prozent. Wurden die Übungen während der gesamten Schwangerschaft durchgehalten, sank das Risiko um weitere sechs Prozent (Dempsey, Butler und Williams, 2005).
Darüber hinaus wirkten die durch die Übungen ausgeschütteten Endorphine positiv auf die Psyche, was angesichts all der körperlichen Veränderungen sehr hilfreich ist. Sport sollte essenzieller Bestandteil jeder Geburtsvorbereitung sein. Während Wehen und Geburt häufig als passiv dargestellt werden, sind sie tatsächlich ein recht dynamischer und aktiver Prozess, der wie jeder andere körperliche Prozess umso leichter absolviert wird, je besser man darauf vorbereitet ist.
Werfen wir einen näheren Blick auf die Auswirkungen der Schwangerschaft auf unseren Körper, wie man ihn durch Übungen unterstützen sowie auf Wehen und Geburt vorbereiten kann.
Hormonelle Veränderungen
Dass Hormone bei Empfängnis, Schwangerschaft, Wehen und nach der Geburt eine entscheidende Rolle spielen, ist kein Geheimnis. In diesem Abschnitt werfen wir einen Blick auf jene Hormone, die den schwangeren Körper am meisten beeinflussen.
HUMANES CHORIONGONADOTROPIN (HCG)
Dieses Hormon wird mit dem Urin ausgeschieden und kommt bei Schwangerschaftsschnelltests zum Tragen. Die Aufgabe von hCG ist es, unserem Körper mitzuteilen, dass es Leben in ihm gibt und der Körper sich auf dessen Ernährung umstellen muss. Das Hormon hCG befiehlt auch den Eierstöcken, ihre Produktion vorerst einzustellen. Der hCG-Spiegel steigt stetig, bis er gegen Ende des ersten Trimesters eine Spitze erreicht, die typischerweise mit dem Ende der Übelkeit zusammenfällt. Auch wenn die Ursache der Morgenübelkeit noch nicht mit 100-prozentiger Sicherheit ermittelt wurde, glauben viele Mediziner, dass diese mit hCG zu tun hat. Das Hormon ist verantwortlich für die vermehrte Durchblutung des Beckens und wohl auch für das häufigere Signal zum Entleeren der Blase.
In den ersten Schwangerschaftswochen und -monaten kann Sport wegen der Übelkeit eine Herausforderung sein. Leichte Spaziergänge, Dehnübungen sowie leichtes Gewichtstraining (falls es vertragen wird) sind tolle Optionen, bis man sich wieder besser fühlt. Bei manchen Frauen können frische Luft und Bewegung die Symptome lindern, während andere Schwangere besser in der Nähe der Toilette bleiben.
Übelkeit ist der häufigste Grund, weshalb man in der Nähe einer Toilette bleiben sollte, doch falls sich auch Ihre Blase meldet, sollten Sie wissen, dass diese nicht immer unbedingt voll ist. Eine Blase sollte alle zweieinhalb bis vier Stunden ein Leerungssignal geben. In der Schwangerschaft kann dieses Signal hormonell bedingt oder wegen des größeren Drucks auf die Blase sehr viel häufiger kommen. Und die Blase kann sich schnell daran gewöhnen, dieses Signal auch nach der Schwangerschaft auszusenden, obwohl sie leer ist. Deswegen sollten Sie sich nach der Geburt um die Umgewöhnung Ihrer Blase kümmern. In Kapitel 3 wird davon noch die Rede sein.
PROGESTERON
Progesteron sorgt für eine entspannte Uterusmuskulatur, da sie deren Kontraktion verhindert. Außerdem spielt das Hormon eine Rolle im Immunsystem, denn es ermöglicht dem Körper, fremde DNA (die des Fötus) zu tolerieren. Schon ganz früh wird es vom Corpus luteum im Eierstock gebildet, während im zweiten Schwangerschaftsdrittel dann die Plazenta diese Aufgabe übernimmt. Weil es auch alle glatten Muskeln, wie etwa die Darmmuskulatur, entspannt, kann es die Passage der Nahrung durch den Darm verlangsamen und Verstopfung begünstigen.
Verstopfung ist eine unerfreuliche Nebenwirkung des Progesterons, die zu Verkrampfungen führen kann, was wiederum schlecht ist für den Beckenboden (die Muskelgruppe an der Beckenbasis). Dieser ist während der Entbindung gewaltigen Strapazen ausgesetzt, sodass man nicht noch zusätzlichen Stress durch chronische Verstopfung braucht. Achten Sie auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr und ballaststoffreiche Ernährung (lösliche wie nicht lösliche Faserstoffe), um den Stuhlgang zu fördern. Auch Sport und Bewegung sind hilfreich: Planen Sie einen Spaziergang täglich ein. Gehen ist gut für den Beckenboden und natürlich auch fürs mentale Wohlbefinden. Emotionaler Stress und niedriger Blutdruck können zu Müdigkeit führen. Achten Sie daher immer darauf, wie Sie sich fühlen.
Ein allgemeines Erschöpfungsgefühl während der Schwangerschaft kann, ebenso wie eine ungewöhnliche Kurzatmigkeit nach leichten Anstrengungen, dem Progesteron zugeschrieben werden. Progesteron macht den Körper überempfindlich für Kohlendioxid im Blut und bewirkt, dass man tiefer atmet und auf diese Weise sowohl den eigenen Sauerstoffbedarf als auch den des Babys deckt.
Der frühe Einfluss des Progesterons kann das erste Trimester zu einer großen physischen, mentalen und emotionalen Herausforderung werden lassen. Für aktive Frauen sind die ständige Übelkeit, Müdigkeit und Verstopfung eine Qual, und viele Frauen wünschen sich nur, dass es schnell vorübergeht.
Aktiv werden
Die hormonelle und emotionale Achterbahn der Schwangerschaft zu ertragen kann manchmal sehr anstrengend sein. Für den Abbau von Stesshormonen (Cortisol, Noradrenalin) und die Erhöhung der Serotonin- und Dopaminspiegel (der Wohlfühlhormone) kann Schwangerenmassage wahre Wunder bewirken. Auch in nicht schwangeren Zeiten schwanken die Werte dieser Hormone, doch Schwangerschaftssorgen können die Stresshormonspiegel erhöhen. Kommen die sonstigen hormonellen Schwankungen hinzu, haben viele Frauen das Gefühl, nicht mehr sie selbst zu sein. Pränatale Massage fühlt sich nicht nur gut an, sondern steigert auch das emotionale Wohlbefinden. Es stabilisiert die Hormonspiegel und kann auch das Risiko von Depressionen senken (Field, Figueiredo, Hernandez-Reif, Diego, Dees und Ascencio, 2008).
ÖSTROGEN
Die Östrogenproduktion vollzieht sich nur während der frühen Schwangerschaft in den Eierstöcken. Bereits vor dem zweiten Trimester übernimmt diese Aufgabe die Plazenta. Während der gesamten Schwangerschaft steigen die Östrogenspiegel langsam und stetig, bis sich die Produktion zum Ende hin beschleunigt. Aufgabe des Östrogens ist nicht nur, die Hormonproduktion in der Nebenniere des Fötus sowie deren Wachstum anzuregen, sondern auch Ihren Uterus vorzubereiten und zu vergrößern, sodass er bei der bevorstehenden Geburt auf das Oxytocin reagieren kann. Erhöhte Östrogenspiegel können nicht nur Übelkeit bewirken, sondern auch den Appetit steigern.
Im zweiten Trimester spielt Östrogen eine Hauptrolle bei der Entwicklung der die Brüste vergrößernden Milchgänge. Die größeren Brüste führen zur Veränderung von Körperhaltung und -ausrichtung. Das Becken kippt...