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Urbex-Fotografie

Industriebrachen, verlassene Orte, unterirdische Hohlräume und Roofing

AutorPhilippe Sergent
Verlagdpunkt
Erscheinungsjahr2019
ReiheIm Fokus 
Seitenanzahl178 Seiten
ISBN9783960885795
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,95 EUR
Das Wort 'Urbex', eine Kontraktion aus 'Urban' und 'Exploration', ist eine Bewegung, die in den 1990er Jahren begann. Diese Aktivität - oft unerlaubt - besteht darin, Orte zu erforschen, die für die Allgemeinheit nicht zugänglich sind. Die Stadt wird dabei zum Spielplatz im großen Stil. Urbex-Fotografen berichten mit ihren Bildern von ihren Erkundungen und bieten Einblicke in unbekannte Welten. Systematisch erklärt der erfahrene Urbexer Philippe Sergent, welche Vorbereitungen für eine Urbex-Fototour erforderlich sind, welche Ausrüstung, Kenntnisse und Aufnahmetechniken zu eindrucksvollen Fotos verhelfen und wie sie in der Bildbearbeitung optimiert werden können. In zahlreichen Making-ofs stellt er verlassene Orte in Frankreich, Belgien und Deutschland vor und eröffnet dem Leser Einblicke in die Entstehungsgeschichte der Fotografien. Abgerundet wird das Buch von Gastbeiträgen fünf weiterer Fotografen und ihren fotografischen Arbeiten. Aus dem Inhalt: - Ausrüstung und Zubehör - Planung und Recherche der Locations - Aufnahmetechnik, Fokussierung und Belichtung (Langzeitbelichtung) - Bildbearbeitung (Raw-Entwicklung, HDR, Schwarzweiß) - 16 Fotos und ihre Making-ofs - Gastbeiträge fünf weiterer Urbexer

Philippe Sergent ist leidenschaftlicher Fotograf und praktiziert seit 2011 das Urban Exploring und Fotografieren von Lost Places. Er ist durch ganz Europa gereist, von Frankreich bis zur Ukraine, durch Deutschland, Italien, Belgien und England, um neue Welten zu entdecken und unbekannte, verlassene Orte zu erschließen (Tschernobyl, Schlösser, Herrenhäuser, Industrieanlagen, Kriegsschiffe etc.). Seine Faszination gilt dem Vergehen der Zeit und der 'Deindustrialisierung' Europas.

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Leseprobe

1Die Urbex, eine Welt für sich


Die Urbex-Bewegung, zusammengezogen aus Urban Exploration – also auf Deutsch in etwa »Erkundung der Stadt«,1 – nahm ihren Anfang in den 1990er Jahren mit dem Kanadier Jeff Chapman, alias Ninjalicious. Diese meist illegale Tätigkeit besteht darin, Orte zu erkunden, zu denen die Öffentlichkeit keinen Zutritt hat (stillgelegte Fabriken, Tunnel, Baustellen, Dächer …). Die Stadt wird zu einem riesengroßen Abenteuerspielplatz. Der Urbex-Fotograf berichtet von seinen heimlichen Erkundungen und bietet einen anderen Blick darauf. Der Verstoß gegen die Regeln ist kein Selbstzweck. Von den Kellern bis zu den Dächern der Gebäude sind die Entdecker getrieben vom Hunger nach geschichtsträchtigen Orten, die den anderen Städtern meist verborgen bleiben – und doch entfaltet sich das Schauspiel nur wenige Schritte unter ihren Füßen oder über ihren Köpfen …

1.1Urbex oder Urban Exploration, was ist das?


Die Urban Exploration ist ein weit gefasster Begriff, der viele Aktivitäten umfasst, von der Besichtigung städtischer Kanalisationen bis zum Einschleichen in eine Fabrik, die noch in Betrieb ist. Mit der Entwicklung des Internets und folglich der Verbreitung von Fotos im Web wächst das Interesse in den sozialen Netzwerken und Medien an dieser Disziplin, weshalb diese Bewegung seit 2010 einen wachsenden Zulauf erlebt.

Im Großen und Ganzen umfasst die Urbex drei Felder:

  • Die Erforschung von Industriebrachen und verlassenen Orten (Landsitze, Wohnhäuser, Kirchen, Schulen, Gefängnisse …).
  • Das »Roofing«, d. h. die Erkundung von Dächern, Kränen und Hochhäusern, in der Regel bei Nacht. Der Besuch dieser Orte ermöglicht es, das Panorama zu betrachten und einen anderen Blick auf die Stadt zu werfen.
  • Die Kataphilie – frz. »Cataphilie«2 – bezeichnet die Erkundung von unterirdischen Hohlräumen, die von Menschenhand geschaffen wurden (Steinbrüche, Bergwerke, Keller, Versorgungstunnel), im Gegensatz zur Speläologie (Höhlenkunde), die natürliche Höhlen erforscht. Der Begriff »Kataphile« bezieht sich auf den Besuch der Katakomben in Paris, von denen nur ein kleiner Teil für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Viele Geschichten und Legenden umranken diese Orte, einschließlich der von Philibert Aspairt, der sich 1793 in den Katakomben von Paris verirrte. Sein Skelett wurde elf Jahre später entdeckt …

DIE KATAPHILENBEWEGUNG

Die Kataphilenbewegung begann in den 1970er Jahren mit dem Abstieg von Neugierigen in die Katakomben von Paris, um dort zu feiern. Heute sehr aktiv, zieht diese Pariser Community eine große Anzahl von Enthusiasten an. Seit den 1980er Jahren ist das Tunnelnetz über die berühmten »Chatières« (Klappen) auf einer Eisenbahnbrache oder über andere Zugänge auf öffentlichen Straßen zugänglich. Dies sind schwierige und sehr enge Einstiege, die nur kriechend durchquert werden können und damit den Zugang zu den Katakomben erheblich erschweren.

Berühmt sind auch die unterirdischen Anlagen der Stadt Lyon, darunter das Netz, das sich vom Croix-Rousse ausbreitet und als »les arêtes de poisson« (die Fischgräten) bekannt ist.

Die Urban Explorer werfen einen anderen Blick auf die Stadt, indem sie ständig nach neuen Spielplätzen im Zentrum oder eher außerhalb suchen. Diese halten sie dann geheim und geben ihnen sogar Codenamen. Das Abenteuer beginnt an Orten, denen die Menschen keine Beachtung mehr schenken. Einmal unterwegs, sobald der erste Schritt getan, die verbotene Grenze überschritten worden ist, hinter einer Tür, einem Zaun oder einem Schild »Zutritt verboten«, fängt das Entdecken an.

Bevor wir uns den technischen und praktischen Aspekten dieses Foto-genres zuwenden, ist es wichtig, daran zu erinnern, dass die Durchführung eines solchen Abenteuers nicht ohne Risiko erfolgt. Im Gegenteil, sowohl bezüglich der körperlichen Unversehrtheit des Fotografen als auch der Risiken auf der Ebene des Gesetzes ist alles eine Frage der Vorbereitung und der Vorausschau.

Ehemalige Büros einer der reichsten Familien Frankreichs. Heute steht das Gebäude unter Denkmalschutz und wartet auf seine zukünftige Sanierung.

Tauben scheinen Billard zu mögen … Es ist nie angenehm, sich mitten im Taubenkot zu bewegen. Sie sind obendrein Träger von Krankheiten, sogar durch bloßes Einatmen.

Eine heimliche Praxis, eine illegale Tätigkeit3

Ein privates Gelände, sogar ein verlassenes, ohne Genehmigung des Eigentümers zu betreten, ist ein Einbruch, der meistens folgenlos bleibt, außer im Falle von Vandalismus. Wenn die Polizei Sie vorübergehend festgenommen hat, darf der Eigentümer eine Strafanzeige wegen Verletzung von Privateigentum erstatten. Denn selbst wenn diese Orte verwahrlost sind und der Zugang nicht versperrt ist, gibt es immer einen privaten oder öffentlichen Eigentümer.

Die Urbex ist eine heimliche Aktivität, aber nicht immer völlig illegal. Denn wenn der Hausfriedensbruch auch durch das Gesetz bestraft wird, liegt das Eindringen in privates Gelände in einer rechtlichen Grauzone.

Dieses Schild ist nicht wirklich abschreckend, sondern eher lustig … Der Wächter dieser verlassenen Burg duldet keine Eindringlinge und ruft jedes Mal die Polizei, wenn er einen Fotografen entdeckt …

Das Strafmaß richtet sich nach der Art des Ortes. Einbruch oder Sachbeschädigung sind erschwerende Umstände, unter denen aus einer einfachen Personalienfeststellung ein Polizeigewahrsam mit anschließendem Verfahren werden kann. Der Hausfriedensbruch wird jedoch häufig als erschwerendes Kriterium angesehen, wenn der Ort beschädigt wird (wenn Sie beispielsweise den Zutritt mit Gewalt erzwingen). Die Strafe beträgt dann ein Jahr Gefängnis und 15.000 Euro Bußgeld gemäß § 226-4 des Strafgesetzbuches.

Sie müssen mit Sachkenntnis erkunden und verantwortungsbewusst handeln. Sie betreten tatsächlich privates Gelände von Eigentümern, die nicht geneigt sind, Sie willkommen zu heißen.

Die ehemaligen Militärstandorte, die bei den Urbex-Fotografen hoch im Kurs stehen, sind Gegenstand eigener Gesetze. Gemäß § 413-5 des Strafgesetzbuches gilt:

»Sich ohne die Genehmigung der zuständigen Behörden Zutritt zu einem Grundstück, einem Gebäude oder einer Maschine zu verschaffen, die der Militärbehörde unterstellt ist oder ihrer Aufsicht untersteht, wird mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 15.000 Euro Bußgeld bestraft.«

§ R645-2 desselben Strafgesetzbuches sieht außerdem eine zusätzliche Geldbuße oder sogar die Beschlagnahme von Material vor, wenn Bilder gemacht werden:

»Zeichnungen, Vermessungen, Bild- oder Tonaufnahmen jeglicher Art sowie des Nachrichtenverkehrs in einem von der Militärbehörde festgelegten und mit besonderen Schildern versehenen Verbotsgebiet, ohne Genehmigung dieser Behörde, werden mit einer Strafe der 5. Klasse bestraft. Diejenigen, die sich der in diesem Paragraf vorgesehenen Zuwiderhandlung schuldig gemacht haben, müssen zusätzlich mit der Beschlagnahme des Materials und der Geräte rechnen, die zur Begehung der Straftat verwendet wurden oder bestimmt waren, sowie ihrer Ergebnisse. Die Wiederholung der in diesem Paragrafen vorgesehenen Zuwiderhandlung ist gemäß § 132-11 strafbar.«

Im Jahr 2016 haben Parkour-Enthusiasten (eine Sportart, die Laufen, Springen und Klettern verbindet, um eine Folge von urbanen Hindernissen mit schnellen und geschickten Bewegungen zu überwinden) eine Beschwerde von der französischen Marine erhalten, nachdem ihre Bilder im Lokalfernsehen ausgestrahlt wurden. Die Gruppe hatte tatsächlich ein Jahr zuvor ein altes Schiff als Trainingsplatz benutzt. Bei dieser Gelegenheit erinnerte die Marine daran, dass nach jedem Eindringen in eine Militäranlage eine Strafanzeige gestellt werde und sie erinnerte gleichermaßen an die Gefahren, weil diese Schiffe nicht länger gewartet würden. Dasselbe gilt auch für die SNCF (staatliche französische Eisenbahn), die darauf hinweist, dass »das Eindringen in ein Eisenbahngelände streng verboten ist. Die Geldbuße beträgt 3.750 Euro sowie eine sechsmonatige Haftstrafe.«

An einem verbotenen Ort riskieren Sie, sogar noch vor der Ankunft der Polizei, möglicherweise eine Konfrontation mit den Eigentümern oder Wachleuten des Orte s, die im Allgemeinen wenig empfänglich für den Charme der Urbex und Ihres künstlerischen Vorhabens sind. Sie müssen oft sehr vorsichtig bei Ihren Erkundungen sein, weil die Besitzer auch Kameras oder stille Alarmanlagen installiert haben können. Eine weitere Gefahr besteht darin, dass einige Wächter...

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