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E-Book

Beitrag zur Charakterisierung anthocyanhaltiger Alterungsprodukte in Buntsäften

AutorPeter Quast
VerlagCuvillier Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl214 Seiten
ISBN9783736926196
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,30 EUR
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit Alterungsvorgängen in anthocyanhaltigen Fruchtsäften (Buntsäften). Die wichtigsten Ziele dieser Arbeit waren die Bestimmung des Gehaltes an gealterten, polymeren Pigmenten und die chemische Charakterisierung dieser Verbindungen. In diesem Zusammenhang wurden die Veränderungen der zur Charakterisierung herangezogenen Parameter während der Herstellung und Lagerung untersucht. Die Charakterisierung umfasste auch die optischen Eigenschaften dieser Verbindungen. Zusätzlich zu den polymeren Alterungsprodukten wurden die Carboxypyranoanthocyane als monomere, durch Alterungsvorgänge gebildete Pigmente, untersucht. Für diese Untersuchungen standen verschiedene Produkte aus Weintrauben, Schwarzen Johannisbeeren, Sauerkirschen, Erdbeeren, Holunderbeeren und Brombeeren zur Verfügung. Die Bestimmung des Gehaltes an polymeren Pigmenten erfolgte mittels HSCCC. Hierzu wurden die phenolischen Bestandteile der Säfte und Konzentrate zunächst mittels XAD-7-Festphasenextraktion isoliert. Die so gewonnenen Extrakte wurden einer HSCCC-Trennung unterzogen. Aufgrund der hohen Polarität der polymeren Verbindungen konnten sie in der ersten Fraktion (Durchbruchsfraktion) isoliert und gravimetrisch quantifiziert werden. Überprüfung mittels Dialyse und Ultrafiltration zeigte, dass die Durchbruchsfraktion fast ausschließlich polymere Verbindungen enthält. Somit erlaubte die HSCCC die Bestimmung des Polymergehaltes mit einer guten Reproduzierbarkeit. Anhand der auf diesem Wege erhaltenen Daten konnten die Veränderungen des Polymergehaltes während Herstellung und Lagerung gut dokumentiert werden. Ein weiterer Vorteil dieser Methode war die hohe Ausbeute an aufgereinigten Polymeren und monomeren Anthocyanen, die so für weitere Untersuchungen zur Verfügung standen. Der Polymergehalt wurde unter anderem von frischen Früchten, Säften und Konzentraten der unterschiedlichen Fruchtsorten bestimmt. Im Fall der Schwarzen Johannisbeere stand Probenmaterial aus verschiedenen Herstellungs- und Lagerungsstufen derselben Charge zur Verfügung. Des Weiteren konnten drei verschiedene, unterschiedlich lang gelagerte, sortenreine Traubensäfte (Spätburgunder, Dunkelfelder und Rotberger) untersucht werden. Grundsätzlich konnte gezeigt werden, dass der Polymergehalt von frischen Früchten im Vergleich zu verarbeiteten und gelagerten Säften deutlich geringer ist. Nicht verarbeitete Früchte weisen einen Polymergehalt von unter 25 % auf. Bei verarbeiteten Säften und Konzentraten ist der Gehalt an polymeren Pigmenten in der Regel höher. Hier war allerdings ein erheblicher Einfluss der technologischen Parameter bemerkbar. So konnte am Beispiel der Schwarzen Johannisbeere gezeigt werden, dass eine technisch veraltete Konzentratanlage im 155 Vergleich zu einem modernen Modell einen deutlich höheren Polymergehalt verursacht. Das auf der älteren Anlage hergestellte Produkt wies einen Polymergehalt von über 60 % auf und war somit in Bezug auf das chemische Alter mit einem ein Jahr gelagerten Saft vergleichbar. Ein Anstieg des Polymergehaltes während der Herstellung ist aufgrund der vielen kaum kontrollierbaren chemischen Prozesse im zerkleinerten Fruchtmaterial bei der Herstellung nicht zu vermeiden. Allerdings sollte eine sorgfältige Auswahl der Prozessparameter zu einer schonenden Herstellung und somit zum Erhalt des originären Anthocyan- und Phenolspektrums beitragen. Die weiteren Ergebnisse machten deutlich, dass die Lagerung einen wesentlich höheren Einfluss auf den Polymergehalt hat, als die eigentliche Herstellung. Innerhalb von 20 Monaten steigt der Polymergehalt bei Lagerung im Dunkeln bei Raumtemperatur auf über 60 % an. Die Bestimmung des Polymergehaltes mittels HSCCC funktioniert sehr zuverlässig, ist allerdings für den Einsatz in der Routineanalytik zu aufwändig. Daher wäre eine photometrische Schnellmethode, die bei Wareneingangskontrollen eingesetzt werden kann, wünschenswert. Zu diesem Zweck wurde überprüft, in wieweit sich die Methode zur Bestimmung des “Monomerindex” für die Bestimmung des Polymergehaltes modifizieren lässt. Es zeigte sich, dass die Methode zwar im begrenzten Maße Aussagen über das chemische Alter von anthocyanhaltigen Produkten zulässt, der genaue Polymergehalt kann aber nicht aus den Ergebnissen abgeleitet werden. Zur chemischen Charakterisierung der gefärbten Polymere wurde der Gesamtphenolgehalt photometrisch nach Folin-Ciocalteu bestimmt und die Phenole selbst mittels säurekatalysierter Degradation in Gegenwart von Nucleophilen (Phloroglucinol, Benzylmercaptan) in Hinblick auf ihren mittleren Polymerisationsgrad analysiert. Des Weiteren wurden die Kohlenhydratbestandteile charakterisiert und der Proteinanteil bestimmt. Um weitere Informationen über die Zusammensetzung der Polymere zu erhalten, wurden mit einigen Polymerfraktionen MALDI-TOF-MS-Analysen durchgeführt. Der Gesamtphenolgehalt der Polymerfraktionen liegt zwischen 21 % und 50 %. Die Gehalte in den Polymerfraktionen sind grundsätzlich niedriger als in den korrespondierenden XAD-7-Extrakten. Somit konnte anhand dieses Summenparameters belegt werden, dass in den polymeren Pigmenten neben phenolischen Verbindungen weitere Substanzklassen vertreten sein müssen. Erdbeeren, Holunderbeeren und Sauerkirschen weisen mit ca. 30 % geringere Gesamtphenolgehalte auf als Weintrauben, Schwarze Johannisbeeren oder Brombeeren (ca. 40 %). Wesentliche Veränderungen in Bezug auf den Phenolgehalt konnten mit dieser Methode während der Lagerung nicht festgestellt werden. Allerdings zeigten die Ergebnisse von 1H-NMR-Experimenten, dass der Gehalt an Phenolen während der Verarbeitung und Lagerung ansteigt. Anhand der Bestimmung des mittleren Polymerisationsgrades konnte gezeigt werden, dass unabhängig von der Fruchtsorte die beteiligten Flavan-3-ole ausschließlich aus di- und trihydroxylierten Verbindungen (Epi-/Catechin, Epi-/Gallocatechin) bestehen, wobei die sterochemisch auf Epicatechin basierenden Flavan-3-ole häufiger vorkommen. Galloylierte Flavan-3-ole konnten nicht nachge wiesen werden. Anthocyan-Tannin-Addukte sind nach der Spaltungsreaktion mittels HPLC-ESI-MS nachweisbar, sind aber quantitativ ohne Bedeutung. Die ermittelten Polymerisationsgrade (Kettenlängen) lagen zwischen ca. 2 und ca. 20. Während der Lagerung kommt es zu starken Schwankungen des nDP. Allerdings ist eine Tendenz zu niedrigeren Kettenlängen zu erkennen. Dies ist entweder auf eine tatsächliche Verkleinerung der Tanninstrukturen zurückzuführen oder aber auf eine zunehmende Komplexität der Polymere. Letzteres könnte dafür sorgen, dass aufgrund sterischer Effekte trotz gleich bleibender Kettenlänge nur noch Teile der Ketten für die Spaltungsreaktion zur Verfügung stehen. Die Untersuchung der an den Polymeren beteiligten Kohlenhydrate mittels HPAEC nach Hydrolyse ergab, dass Reste von im Produkt enthaltenen Zellwandbestandteilen an den polymeren Strukturen beteiligt sind. Als Monosaccharide wurden Arabinose, Glucose, Rhamnose, Galactose und Xylose nachgewiesen. Des Weiteren war in allen Proben Galacturonsäure vorhanden. Dies beweist, dass im Saft kolloidal vorliegende Hemicellulosen und Pektine in die Polymerstrukturen eingebaut werden. Der hydrolysierbare Anteil dieser Verbindungen beträgt ca. 6 – 7 %. Da diese polymeren Verbindungen von Anfang an im Produkt vorhanden sind, ist anzunehmen, dass sie zur Entstehung der polymeren Pigmente maßgeblich beitragen. Als weitere schon originär vorhandene Polymere konnten Proteine in den Produkten nachgewiesen werden. Der Proteingehalt wurde mittels Elementaranalyse über den Stickstoffgehalt näherungsweise berechnet. In allen Polymeren sind Proteine in unterschiedlichen Mengen nachweisbar. Die Gehalte lagen zwischen 2,4 % und 16,6 %, wobei Sauerkirschen im Mittel die geringsten und Erdbeeren die höchsten Gehalte aufwiesen. Während der Lagerung kommt es zu starken Schwankungen des Proteingehaltes. Dennoch ergaben sich Hinweise darauf, dass der Proteinanteil in den gefärbten Polymeren anteilig sinkt. Als weitere Merkmale der polymeren Pigmente wurde die antioxidative Kapazität mittels TEAC-Test und der mit SO2 nicht bleichbare Anteil bestimmt. Auf diesem Weg konnten Veränderungen in der Reaktivität während Herstellung und Lagerung dokumentiert werden. Die antioxidative Kapazität der Polymerfraktion lag zwischen 1,1 und 3,5 mmol Trolox/g. Dies entspricht ca. 30 – 50 % der Aktivität von Ascorbinsäure und ca. 40 – 75 % der Aktivität von Cyanidin-3-glucosid. Die Polymeren weisen also noch eine deutliche antioxidative Aktivität auf. Während der Lagerung kommt es nicht zu nennenswerten Veränderungen. Im Gegensatz zur antioxidativen Aktivität konnten mit Hilfe des nicht bleichbaren Anteils sehr deutliche Unterschiede zwischen Früchten, verarbeiteten Produkten und gelagerten Produkten aufgezeigt werden. Der nicht bleichbare Anteil des gesamten XAD-7-Extrakts ist bei allen Früchten noch sehr gering (< 20 %). Bei einer schonenden Verarbeitung ändert sich dieser Wert nicht wesentlich. Die Polymerfraktionen lassen sich grundsätzlich deutlich schlechter bleichen als die Gesamtextrakte. Während der Lagerung steigt der nicht bleichbare Anteil sowohl beim XAD-7-Extrakt als auch bei der Polymerfraktion an. Nach 24-monatiger Lagerung beträgt der nicht bleichbare Anteil des gesamten Extrakts bei Traubensäften über 50%, bei Schwarzem Johannisbeersaft 30 %. Die Werte von Polymerfraktion und Extrakt gleichen sich während der Lagerung an, wobei der nicht bleichbare Anteil der Polymerfraktion sich weitaus langsamer verändert. Hier wurde deutlich, dass die polymeren Pigmente wesentlich farbstabiler sind als die originären Anthocyane. Zur weiteren Charakterisierung wurden die optischen Eigenschaften der Polymere und der XAD-7- Extrakte mit Hilfe des CIELab-Systems analysiert und die optischen Schwellenwerte ermittelt. Hier zeigte sich der große Einfluss der Lagerdauer auf die Farbe. Sowohl der Bunttonwinkel als auch die Brillanz verändern sich erheblich während der Lagerung. Die Brillanz nimmt ab, der Farbtonwinkel verändert sich. Insgesamt werden die Produkte heller und verlieren somit ihre typische Farbe. Wie auch beim nicht bleichbaren Anteil ähneln sich mit fortgeschrittener Lagerdauer der XAD-7-Extrakt und die Polymerfraktion mehr und mehr. Die Polymere selbst verändern sich nur wenig. Es wurde deutlich, dass bereits nach einem Jahr Lagerung die Polymere den größten Beitrag zu Gesamtfarbe eines Saftes oder Konzentrats liefern. Die optischen Schwellenwerte gemäß dem Farbaktivitätskonzept nach Hofmann [1998a,b] zeigten deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Fruchtsorten. Erdbeerpolymere wiesen mit deutlichem Abstand die geringste Farbaktivität auf. Mit 3,1 mg/L lag der Schwellenwert wesentlich höher als bei den anderen Früchten. Bis auf Holunder wiesen die anderen Früchte Schwellenwerte von ca. 1 mg/L auf. Holunderpolymere hingegen haben einen Schwellenwert von unter 0,5 mg/L . Somit kann durch den Zusatz von Holunderprodukten zu farbschwachen Säften ein farbstabilisierender Effekt erzielt werden, da die Polymere relativ alterungsstabil sind. Zusätzlich zu den polymeren Produkten der chemischen Alterung stellte sich als Ziel dieser Arbeit die Untersuchung der Proben auf das Vorhandensein monomerer Alterungsprodukte. Es konnten in gelagerten Säften nach Anreicherung mittels HSCCC unabhängig von der Fruchtsorte Carboxypyranoanthocyane nachgewiesen werden. Diese Addukte aus Anthocyanen und Brenztraubensäure waren bislang primär in Rotwein nachgewiesen worden, da dort während der Gärung deutliche Mengen an Pyruvat als Stoffwechselintermediat entstehen. Allerdings waren die in den Säften gefundenen Gehalte für eine quantitative Bestimmung zu gering. Zur weiteren Charakterisierung wurden daher diese Verbindungen synthetisch hergestellt. So konnten aus allen Säften mittels HPLC-DAD bzw. -ESI-MS spektrale bzw. massenspektrometrische Daten zu den Carboxypyrano-Derivaten der jeweiligen Hauptanthocyane erhalten werden. Einige Vertreter dieser Substanzklasse konnten nach einer Anreicherung mittels HSCCC nach der Synthese durch präparative HPLC soweit aufgereinigt werden, dass NMR-Spektren aufgenommen werden konnten. Des Weiteren konnte aufgrund der geringen Menge und der geringen Farbaktivität ausgeschlossen werden, dass die Carboxypyranoanthocyane einen relevanten Farbbeitrag in gelagerten Säften leisten können. Die polymeren Alterungsprodukte konnten quantifiziert und charakterisiert werden. Es konnten sowohl Veränderungen während der Lagerung dokumentiert werden als auch Rückschlüsse auf die Zu sammensetzung gezogen werden. Des Weiteren wurden Carboxypyranoanthocyane als monomere Alterungsprodukte erfasst. Die wesentlichen analytischen Ziele dieser Arbeit wurden somit erreicht. Allerdings konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht die Frage geklärt werden, in wieweit die gelagerten Säfte noch die vom Verbraucher aus ernährungsphysiologischer Sicht gewünschten Eigenschaften haben. Eine Stabilisierung der Farbe erscheint durch gezielten Zusatz von Säften mit farbstabilen Polymeren wie z.B. Holundersaft möglich. Wichtig ist aber auch die Klärung der Frage, in wieweit ein gelagerter Saft mit hohem Polymergehalt aus ernährungsphysiologischer Sicht noch mit einem frisch hergestellten Produkt vergleichbar ist. Dazu besteht dringender Forschungsbedarf, denn eine stabile Farbe ist nur ein Parameter, wichtiger ist jedoch die Frage, ob durch mit polymeren Verbindungen stabilisierte Säfte dem Verbraucher nicht ein Produkt angeboten wird, welches eine bessere Beschaffenheit als die tatsächliche vortäuscht. Es ist zu erwarten, dass die polymeren Verbindungen deutlich schlechter resorbiert werden als die monomeren Anthocyane. Daher sollte geklärt werden, ob zu den “charakteristischen Eigenschaften” eines Lebensmittels im Sinne des § 7 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung auch die zu erwartenden physiologischen Eigenschaften zählen. Da diese Eigenschaften während der Haltbarkeitsdauer erhalten bleiben müssen, wären in diesem Fall die gängigen Mindesthaltbarkeitsdaten von bis zu zwei Jahren wesentlich zu lang.

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