STREIFZÜGE
Stromab – Von Altona nach Övelgönne
Die Route finden Sie in der ausfaltbaren Karte grün eingezeichnet.
Die Landungsbrücken sind der Ausgangspunkt für unsere Stadttour in die HafenCity, bieten aber auch in entgegengesetzter Richtung, stromab, eine attraktive Alternative. Gleich neben dem langen Piergebäude fällt ein tempelartiger Bau mit großem Kuppeldach auf: der Eingang zum Alten Elbtunnel K7/8. 24 Meter unter dem Strom verlaufen zwei mit Steingutreliefs verzierte Röhren, 426 Meter lang hinüber zum Südufer. Der Tunnel steht unter Denkmalschutz, ist aber immer noch ganz normal im Einsatz, offen für Fußgänger, Radfahrer und Autos, die mit Spezialfahrstühlen hinab und hinauf geliftet werden.
Kunstausstellung in der gekachelten Röhre: Der Alte Elbtunnel kann für Veranstaltungen gemietet werden
Ein paar Schritte weiter stehen oberhalb der Straße am Ufer die bunt bemalten Häuser der Hafenstraße J7, die in den 1980er Jahren von linken Gruppen besetzt wurden und heute von einer Genossenschaft verwaltet werden. Man kann die einst schlagzeilenträchtigen Häuser von unten aus gut sehen und fotografieren. Unmittelbar am Ufer verläuft ein als Promenade gestalteter Schutzdamm gegen Hochwasser − Ebbe und Flut der 100 Kilometer entfernten Nordsee sind in Hamburg noch wirksam. Die Route führt auf die historische Fischauktionshalle K6 zu. Sie ist heute eine Veranstaltungsstätte; auf dem Platz drumherum findet der berühmte sonntägliche Fischmarkt statt.
Legendär: der sonntägliche St.-Pauli-Fischmarkt
Frische Fische, gackernde Hühner und grüne Palmen
ST.-PAULI-FISCHMARKT
Hamburg
Legendär: die brüllenden Verkäufer auf dem St.-Pauli-Fischmarkt.
Immer wieder sonntags: Lautstark bieten Aale-Dieter, Blumenkönig Saarloos und Käse-Tommi ihre Ware an. Auf dem Fischmarkt kann es passieren, dass man innerhalb von zehn Minuten stolzer Besitzer einer ganzen Tüte mit Käse ist oder mit einem Arm voller Palmen und Gummibäumen dasteht. Denn die Rappos, so heißen hier die Marktschreier, verstehen ihr Handwerk. Mit frechen Sprüchen und Schlagfertigkeit bringen sie ihre Ware in Rekordzeit an den Mann. In aller Herrgottsfrühe werden außer Fischen und Krabben auch Blumen, Obst und jede Menge Nippes verkauft. Wer möchte, kann sogar ein kuscheliges Zwergkaninchen erstehen. Übern Tisch wird dabei aber niemand gezogen. Den Tausenden von Besuchern gefällt die direkte Ansprache, der Wocheneinkauf wird zu einem Erlebnis. Ob Feinschmecker oder Souvenirjäger – auf dem Hamburger Fischmarkt gibt es nichts, was es nicht gibt.
Wer dabei sein will, muss allerdings sehr früh aufstehen. Bloß bis 9.30 Uhr dürfen die Händler verkaufen, dann verkündet eine Lautsprecherstimme das Ende der Marktzeit. Um 10 Uhr müssen die Händler ihre Stände geschlossen haben. Die frühe Uhrzeit legte schon vor über 300 Jahren eine Verordnung der Altonaer Stadtväter fest: Zum einen sollten die kühlen Morgenstunden im Sommer den Fisch vor dem Verderben schützen und zum anderen die Fischer den Gottesdienst nicht verpassen. Heute kommen die Meerestiere aber nicht mehr frisch vom Kutter, sondern werden vor allem über Bremerhaven angeliefert.
In der lang gestreckten Fischauktionshalle wird schon lange kein fangfrischer Fisch mehr versteigert. Seit den 1980er Jahren ist die historische Halle direkt am Elbufer ein beliebtes Kultur- und Veranstaltungszentrum. Sonntags früh ist es hier immer voll bei Livemusik und Frühschoppen.
Das Gebäude wurde 1895 nach dem Vorbild einer römischen Markthalle im Stil einer Kathedrale mit Hauptschiff und Seitenschiffen unter einer mächtigen Kuppel angelegt. Außen schmücken Fischmotive die damals hochmoderne Eisen-Glas-Konstruktion. Bei geöffneten Türen sieht der Besucher Ozeanschiffe vorbeiziehen.
INFO: Am Elbufer zwischen Hafenstraße und Großer Elbstraße gelegen. INFO ST.-PAULI-FISCHMARKT: www.hamburg.de/fischmarkt, Öffnungszeiten So 5–9.30, Nov.–März ab 7 Uhr. INFO FISCHAUKTIONSHALLE: Große Elbstr. 9, 22767 Hamburg, www.fischauktionshalle.com.
Auch weiter stromab haben sich in alten Lagerhäusern und Neubauten – der »Hamburger Perlenkette« in der Maklersprache – Restaurants und Cafés angesiedelt. Die spektakulärste Architektur bietet das Bürohaus Dockland K5, das auf einem Pier des alten Fischereihafens in Form eines Parallelogramms entstand. Die eine Spitze ragt wie ein Schiffsbug 40 Meter über das Wasser hinaus. Am anderen Ende des sechsstöckigen Gebäudes – nach einem Entwurf des Hamburger Architektenbüros Bothe Richter Teherani entstanden – kann man über eine Freitreppe auf die Dachplattform steigen und sich für die Stufen mit einem Prachtblick über Strom und Hafen belohnen. Am Fischereihafen befindet sich auch der zweite Kreuzfahrtterminal der Stadt; Nummer drei liegt in Steinwerder.
Nächstes Ziel ist der Museumshafen Övelgönne K2, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, ausgediente »Berufsschiffe« zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So liegen hier Dampfschlepper, Kutter, Kräne, Polizeibarkassen und auch das älteste seegängige Feuerschiff der Welt vor Anker. Vor allem Freunde des Dampfantriebs kommen bei gelegentlichen Ausfahrten mit Gästen auf ihre Kosten – auch im schwimmenden Restaurantschiff im Museumshafen.
Ein besonderer Brocken ist der dampfgetriebene Eisbrecher »Stettin«, der zwar einem eigenen Verein gehört, hier aber oft festmacht. Mit nahezu 2000 PS ging der maritime Kraftprotz einst auf die Eisplatten los, heute können die Gäste an Bord verfolgen, wie im Bauch des fast 80 Jahre alten Schiffs Freiwillige bis zu 1500 Kilo Kohle pro Stunde in die Öfen schaufeln, um die zwei Kessel unter Dampf zu halten.
Ein paar Schritte weiter beginnt die Reihe der ehemaligen Lotsenhäuser K2, an denen ein bei schönem Wetter stark frequentierter Spazierweg vorbeiführt. Einige Restaurants und Cafés erfreuen auch im Winter die Besucher. Die bekanntesten sind wohl das weiße haus am Museumshafen, einst mitgegründet vom inzwischen ausgeschiedenen Starkoch Tim Mälzer, und die Strandperle K2, eine Art Strandbude mit Kultstatus, wo man Bier und Bockwurst bekommt, Kaffee, Kuchen und Sekt. Damit setzt man sich dann auf den Elbstrand und schaut den ein- und auslaufenden »Pötten« auf der Elbe zu. Övelgönne hat auch einen Anleger für die Hafenfähren, wer mag, kann hier also bequem zurückschippern und von Bord die Villen oberhalb der Uferwege an der Elbchaussee begutachten.
Stark frequentiert: die »Strandperle« am Elbstrand in Övelgönne
Wer noch eine größere Dosis Strand und Strom sucht, trottet weiter – zum Alten Schweden westl. K1, einem 217 Tonnen schweren Findling, der 1999 beim Ausbaggern der Fahrrinne in der Elbe gefunden und geborgen wurde. Und wie kam der steinerne Riese zu seinem Namen? Wissenschaftler haben anhand von Gesteinsproben festgestellt, dass der Granit aus dem schwedischen Småland stammt. »Hamburgs ältester Einwanderer« ist vor mindestens 320 000 Jahren mit dem Eis der Eiszeit so weit südlich gelangt.
Endstation dieses Streifzugs soll der Anlegesteg von Teufelsbrück westl. K1 sein. Der liegt dort, wo die Elbe bei Sturmfluten schnell über die Ufer tritt. Von einer Brücke aus kann man dem stürmischen Schauspiel noch mit relativ trockenen Füßen zuschauen – deshalb kommen vor allem Neu-Hamburger gern zum Sturmflutgucken hierher.
Hamburg bei Nacht – Auf der Reeperbahn
St. Pauli und Reeperbahn J7/8, das steht seit Generationen für anrüchige Rotlicht-Vergnügungen, auch wenn der Stadtteil größtenteils ziemlich bürgerlich besiedelt ist und selbst im Hurenquartier immer schon neben den Bordellen recht brave Etablissements zu finden waren. So überrascht es nicht, dass gleich auf den ersten Metern der Reeperbahn das Stage Operettenhaus J8 auf sein jüngstes Musical hinweist. Hier begannen 1986 die »Cats« von Andrew Lloyd Webber ihre Deutschland-Eroberung, hier behaupteten sie 15 Jahre lang die Bühne. Nach Publikumsmagneten wie dem Udo-Jürgens-Musical »Ich war noch niemals in New York« und »Hinterm Horizont« von Udo Lindenberg steht aktuell »Tina – das Tina Turner Musical« zur Lebens- und Musikgeschichte der »Queen of Rock« auf dem Spielplan.
Gala zum 20-jährigen Bestehen von Schmidts Tivoli (2011)
Vergnügen auf der Reeperbahn: »Monika Bar« Hamburg St. Pauli
Hamburger Flair und käufliche Liebe
REEPERBAHN
Hamburg
Die Große Freiheit, eine Seitenstraße der Reeperbahn.
Mit der Vergnügungsmeile der Reeperbahn (umgangssprachlich Kiez) im Stadtteil St. Pauli macht Hamburg seinem Ruf als Seefahrerstadt alle Ehre. Dort, wo früher die Taumacher (Reepschläger) arbeiteten, ist nun das Herz des Rotlichtmilieus – mit all seinen Glanz- und Schattenseiten. Zu den bekannteren Etablissements auf dem Kiez...