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Der öffentliche Kosmos

Kunst und wissenschaftliches Ambiente in italienischen Städten des Mittelalters und der Renaissance

AutorOliver Götze
VerlagHerbert Utz Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl586 Seiten
ISBN9783831640065
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Mosaike und Fresken mit astrologischen, enzyklopädischen und geographischen Inhalten ermöglichen wegen ihrer Ortsgebundenheit oftmals konkrete Einblicke in die einstigen Interessen lokaler Gelehrtengruppen. Sie haben daher einen besonderen Wert für die Wissenschaftsgeschichte. Ausgehend von mehr als 275 relevanten Programmen bietet die vorliegende Studie eine Einführung in die gelehrte Kunstproduktion Italiens zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert. Bekannte und weniger bekannte Kunstwerke werden in Text und Katalog zusammengeführt, den lokal nachweisbaren wissenschaftlichen Tätigkeiten gegenübergestellt und auf diese Weise erstmals zu einem Panorama der italienischen Wissenschaftslandschaften verwoben.

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Leseprobe
5. Schluss (S. 383-384)

5.1. Kernziele der Untersuchung


[1] In der vorliegenden Untersuchung wurden drei unterschiedlich anspruchsvolle Ziele verfolgt, um die Wissenschaftslandschaften Italiens mit Hilfe überkommener künstlerischer Zeugnisse eingehender als in früheren Studien zu charakterisieren. Gegliedert nach Staaten und Regierungsformen sollten beispielsweise in einem ersten Schritt jene Freskenund Skulpturenzyklen beschrieben werden, welche wegen eines kosmologischen, enzyklopädischen oder astronomischen Sujets für den Wissenschaftshistoriker von Bedeutung sein könnten. Um anschließend auf einer breiten empirischen Grundlage Aussagen zu den Entstehungsumständen und den thematischen Vorlieben zu verfassen, wurden etwa 275 Fresken- und Skulpturenzyklen aus der Zeit vor 1600 berücksichtigt.

Der Forschungsstand war der Programmvielfalt entsprechend heterogen: Während gut ein Drittel aller besprochenen Kunstwerke in der wissenschaftshistorischen Fachliteratur schon diskutiert wurde und ein weiteres Drittel zumindest unter Kunsthistorikern als besprochen gilt, war ein Viertel aller Objekte bislang nur zu Vergleichszwecken erwähnt worden. Jedes zwanzigste Programm wurde hier sogar zum ersten Mal überhaupt thematisiert, so die bedeutenden Zyklen in Lomello, Manta, Ravenna (Säulen), Bologna (San Michele in Bosco) und Palombara.

Da eine einzelne Studie für einen zeitlichen Rahmen von knapp fünf Jahrhunderten weder zureichend noch unfehlbar sein kann und zudem zu hoffen bleibt, dass auf die hier publizierte Neu- oder Wiederentdeckung mancher Kunstwerke weitere Forschungsarbeiten folgen, wurde auf die Erarbeitung eines Kataloges Wert gelegt, dessen Zusammensetzung selbst für jene Leser von Interesse sein dürfte, welche den übrigen Ausführungen zu den thematischen Vorlieben und Wesenszügen nicht folgen möchten. Der Analyse der entsprechenden Stammdaten soll deshalb in den Schlussbetrachtungen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

[2] Eine zweite Dimension der vorliegenden Studie entstand aus der Gegenüberstellung von Kunst und Ambiente. Nachdem die Programme der Conti in Rom und Anagni nicht nur als bildnerische Zeugnisse enzyklopädischer oder mikrokosmischer Vorstellungen, sondern zusätzlich als Repräsentanten eines städtischen Ambiente aufgefasst wurden, sollte überprüft werden, welche weiteren wissenschaftshistorisch relevanten Programme mit lokal nachweisbaren kosmologischen oder quadrivialen Interessen in Verbindung gebracht werden können.

Da die Beziehungen zwischen Kunst und Wissenschaften zumindest für Florenz und Venedig schon partiell untersucht worden waren und der vergleichende Ansatz somit realisierbar erschien, wurden für zwei Drittel aller Programme mit hoher Relevanz Übereinstimmungen mit dem jeweiligen lokalen Ambiente erwartet und zusätzlich für zwei Drittel aller Staaten Aussagen über entsprechende thematische Vorlieben erhofft.

Es wird Aufgabe dieser Schlussbetrachtungen sein, zu ermessen, inwieweit diese Erwartungen erfüllt wurden und welche der erarbeiteten Vorlieben für eine dritte Dimension dieser Arbeit herangezogen werden konnten. Ermutigt durch die Forschungen Kellers sollte die Studie schließlich nicht auf thematische Präferenzen beschränkt bleiben, sondern einen Einblick in jene regionaltypischen Handlungsschemata und Entwicklungsstadien ermöglichen, welche sich fachunabhängig für verschiedene Zeiträume nachweisen lassen. Im Folgenden sollen diese als Wesenszüge definierten Charakteristika zusammengetragen und wenn möglich chronologisch angeordnet werden, bevor die Studie mit einem kurzen Ausblick auf weitere Anwendungsmöglichkeiten der erarbeiteten Methodik beschlossen wird."
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Vorwort8
Inhalt10
1. Einleitung14
1.1. Thematischer Zugang: Die Programme der Conti14
1.1.1. Die Aula gotica im Kloster Santi Quattro Coronati14
1.1.2. Die Krypta der Kathedrale von Anagni18
1.1.3. Wissenschaft, Politik und Kunst in der Mitte des 13. Jahrhunderts23
1.1.4. Kunstwerke als Präsentabilien des wissenschaftshistorischen Erfahrungsraums27
1.2. Methodischer Zugang: Kunst und Ambiente29
1.2.1. Methodik und Rahmen der Studie29
1.2.2. Vorarbeiten und Forschungsstand40
2. Der öffentliche Raum: Kunst und Ambiente in den Kommunen und Republiken48
2.1. Das 12. und 13. Jahrhundert: Kommunen und Kathedralen48
2.1.1. Der Aufstieg der Kommunen48
2.1.2. Der Kirchenbau der Kommunen: Das Portal51
2.1.3. Der Kirchenbau der Kommunen: Der Innenraum57
2.1.4. Sakraler Weltenraum und städtisches Ambiente68
2.2. Das 13. und 14. Jahrhundert: Ratspaläste und Ordenspropaganda73
2.2.1. Politische Zersplitterung und städtische Bauten73
2.2.2. Programme mit enzyklopädischen Elementen75
2.2.3. Programme mit kosmographischen oder astrologischen Elementen82
2.2.4. Programme und städtisches Ambiente im Trecento87
2.2.5. Die Ordenspropaganda der Augustiner und Dominikaner105
2.2.6. Das Sphärenmodell in Kirchenräumen des 14. und 15. Jahrhunderts114
2.3. Kunst und lokales Ambiente in den Republiken des 14. und 15. Jahrhunderts120
2.3.1. Niedergegangene Zentren120
2.3.2. Anmerkungen zur Republik Siena125
2.3.3. Das Florentiner Ambiente128
2.3.4. Die Universitätsstädte Perugia und Bologna155
2.3.5. Die Universität Padua und das venezianische Ambiente164
2.3.6. Ausblick: Venedig nach den Italienischen Kriegen192
3. Der halböffentliche Raum (1): Kunst und Ambiente an den Fürstenhöfen Italiens206
3.1. Die Fürstenhöfe Ober- und Mittelitaliens und ihre repräsentativen Programme206
3.1.1. Die Entstehung der Signorien206
3.1.2. Frühe signoriale Programme mit kosmologischen Elementen208
3.1.3. Die Blütezeit der fürstlichen Programme (1450-1485)211
3.1.4. Späte Programme (1485-1525)228
3.2. Fürstenhöfe als wissenschaftliche Zentren: Thematische Gemeinsamkeiten238
3.2.1. Frühe astronomische Zentren238
3.2.2. Die Hofastrologie248
3.2.3. Mathematische und kosmographische Interessen259
3.3. Fürstenhöfe als wissenschaftliche Zentren: Strukturelle Unterschiede270
3.3.1. Saluzzo, Mantua und Rimini270
3.3.2. Neapel unter den Aragonesen274
3.3.3. Urbino unter den Montefeltro und della Rovere278
3.3.4. Ferrara und die Este281
3.3.5. Mailand unter den Visconti und Sforza291
3.4. Ausblick: Die italienischen Fürstentümer im Cinquecento298
3.4.1. Mailand nach dem Sturze der Sforza298
3.4.2. Copernicus und die Krise der Astronomie304
3.4.3. Neue Fürsten, neue Programme?309
4. Der halböffentliche Raum (2): Rom und die Päpste322
4.1. Papst, Kurie und Landadel als Auftraggeber repräsentativer Programme322
4.1.1. Der Niedergang Roms322
4.1.2. Repräsentative Programme des Landadels323
4.1.3. Die repräsentativen Programme der Päpste325
4.1.4. Weitere Programme in Rom337
4.2. Das römische Ambiente343
4.2.1. Vorbemerkungen343
4.2.2. Das Ambiente der Frührenaissance: Von Martin V. bis Paul II.345
4.2.3. Das Ambiente der Hochrenaissance: Von Sixtus IV. bis Clemens VII.355
4.2.4. Ausblick: Rom nach den Italienischen Kriegen369
5. Schluss384
5.1. Kernziele der Untersuchung384
5.2. Zeitliche Verteilung: Die Epoche der Bilder385
5.3. Regionale Verteilung: Die Wissenschaftslandschaften Italiens389
5.4. Strukturelle Verteilung: Etappen und Entwicklungslinien394
5.5. Ausblick402
Literaturverzeichnis404
Katalog470
Hinweise zur Nutzung des Kataloges470
AB: Region Abruzzen472
AN: Mark Ancona473
BO: Provinz Bologna475
CM: Landschaft Südlatium (Campagna di Roma)476
FL: Romagna olim Flaminia (ohne Ravenna - RV)491
FR: Region Friaul Julisch-Venetien492
HU: Provinz Pesaro und Urbino (Herzogtum Urbino)497
LU: Provinz Lucca499
MI: Herzogtum Mailand:503
MO: Region Molise508
PI: Stadt Pisa516
PP: Provinzen Parma und Piacenza522
RF: Region Toskana (Republik Florenz)530
RV: Stadt Ravenna540
Fama Victoria565
VE: Stadt Venedig und Umgebung (Venezia Lagunale)569
Abbildungsverzeichnis580
Planeten, Tierkreiszeichen und Jahreszeiten582
Nacht-häuser Tag-häuser582
Enzyklopädische Elemente582

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