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Die Opec

Macht und Ohnmacht des Öl-Kartells

AutorAndreas Goldthau, Jan Martin Witte
VerlagCarl Hanser Fachbuchverlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl306 Seiten
ISBN9783446422049
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR

Nur wenige internationale Organisationen haben es zu einem so hohen Bekanntheitsgrad gebracht wie die Organisation Erdöl exportierender Staaten, kurz OPEC. Sie ist nahezu ein Synonym für das Ölzeitalter, sie ist das Paradebeispiel eines Kartells und fasziniert durch den unermesslichen und zur Schau gestellten Reichtum ihrer prominentesten Vertreter - der Ölscheichs. Im Jahr 2010 wird die OPEC 50 Jahre alt. Aus diesem Anlass beleuchten die Autoren Andreas Goldthau und Jan Martin Witte kritisch die spannende und von Höhen und Tiefen geprägte Geschichte der OPEC und machen sie einem breiten Publikum zugänglich. 

Welche Faktoren haben zur Gründung der OPEC geführt? Was sind die Ziele der OPEC, und wie funktioniert das Kartell im Inneren? Was beeinflusst die Effektivität der OPEC, und wann kann sie ihr Potenzial überhaupt auszuspielen? Wie mächtig war die OPEC wirklich in den zurückliegenden 50 Jahren, und welchen Einfluss wird sie im 21. Jahrhundert haben? Goldthau und Witte beantworten diese und viele andere Fragen zur Geschichte der OPEC - um dann abschließend einen Blick in die Zukunft zu wagen: Welche Rolle wird die OPEC im Kontext des Klimawandels und des Wechsels zu erneuerbaren Energien noch spielen? Die spannende Geschichte einer der einflussreichsten Organisationen der Welt Hat die OPEC eine Zukunft?

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Leseprobe
1 Macht und Ohnmacht der OPEC (S. 1)

Der Beschluss der arabischen Ölförderländer vom 16. Oktober 1973 schlug weltweit wie eine Bombe ein. Mit einem Federstrich verdoppelten die Produzentenstaaten den Ölpreis. Doch damit nicht genug: Gleichzeitig kündigten die Scheichs sukzessive Produktionsrückschnitte für die folgenden Monate an – alle vier Wochen um 5 % –, die den Preis weiter in die Höhe treiben sollten.

Das Sahnehäubchen war das lange Zeit geheim gehaltene selektive Embargo der arabischen Produzenten gegen „feindlich gesinnte" Konsumentenstaaten, insbesondere die USA und die Niederlande, die aufgrund ihrer Unterstützung des Staates Israel komplett von der Versorgung mit Öl abgeschnitten werden sollten.

Nach Bekanntwerden der Entscheidungen der arabischen Produzenten brach auf dem internationalen Ölmarkt Panik aus, der Ölpreis erklomm innerhalb kürzester Zeit astronomische Höhen. Die westlichen Konsumentenstaaten sahen sich gezwungen, dramatische Maßnahmen zu ergreifen, um auf das arabische Embargo zu reagieren und den Ölmarkt zu beruhigen. In Deutschland griff Bundeskanzler Willy Brandt zu unorthodoxen Methoden.

Mit dem Energiesicherungsgesetz vom 9. November 1973 – nur drei Wochen nach den Beschlüssen der Ölförderstaaten vom Deutschen Bundestag in Rekordzeit verabschiedet – verhängte die Bundesregierung Fahrverbote und Geschwindigkeitsbegrenzungen, um damit den Mineralölverbrauch zu mindern. In Erinnerung bleiben vor allem die vier autofreien Sonntage im November und Dezember 1973. Die Deutschen konnten zum ersten Mal in ihrer Geschichte die Autobahnen zu Fuß erkunden. Mit Ausnahme von Taxen, Krankenwagen und Frischtransporten war jeglicher Verkehr von den Straßen verbannt.

Die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der autofreien Sonntage war von Beginn an umstritten. Doch als Symbol der Ölkrise des Herbstes 1973 brannten sie sich ohne Zweifel in das kol- lektive Gedächtnis der Deutschen ein. Die Organisation Erdöl exportierender Staaten (in der englischen Abkürzung: OPEC) spielte zwar nur eine Nebenrolle in dem sich entfaltenden Drama, die wirklichen Protagonisten waren eine kleine Zahl arabischer Produzentenstaaten – allen voran Saudi-Arabien –, die ihren politischen Zielen mit der sogenannten „Ölwaffe" Nachdruck verleihen wollten.

Doch im öffentlichen Bewusstsein zementierte sich das Bild eines machtvollen Kartells, eines illustren Zusammenschlusses aus Scheichs und Despoten, die die Industriestaaten mittels ihres Ölreichtums in politischer Geiselhaft halten konnten. Die OPEC wurde zum Symbol der neuen Macht der Ölproduzenten.

In kurzer Zeit avancierte die zuvor eher obskure internationale Organisation zu einem zentralen Akteur auf der internationalen politischen Bühne. Für viele Beobachter versinnbildlichte der Herbst 1973 somit eine Zeitenwende, den Beginn einer neuen Ära. So konstatierte Willy Brandt in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag: „Man wird ohne nennenswerten Widerspruch feststellen können, dass Ende 1973 und hinübergreifend ins Jahr 1974 ein Einschnitt in der Nachkriegsgeschichte stattgefunden hat.

Nichts wird wieder ganz so sein, wie es vorher war." Das 1960 in Bagdad aus der Taufe gehobene „Kartell" der Ölproduzenten, so schien es, hatte mit einem lauten Knall die Macht im internationalen Ölmarkt übernommen.

Der Ölmarkt ist einer der am meisten politisierten Märkte überhaupt. Dies ist vor allem Konsequenz der elementaren wirtschaftlichen und militärischen Bedeutung des schwarzen Goldes. Öl ist der wichtigste Primärenergieträger der Welt und wird dies laut Projektionen der Internationalen Energieagentur (IEA – einer von den Industriestaaten geschaffenen Organisation mit Sitz in Paris, das Gegenstück zur OPEC auf Konsumentenseite) auch auf lange Sicht bleiben.

Öl ist die Basis für Otto- und Dieselkraftstoffe und somit von größter Bedeutung für den Transportsektor. In der Stromerzeugung hat die Bedeutung von Öl vor allem in Europa in den vergangenen Jahren zwar abgenommen.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt5
1 Macht und Ohnmacht der OPEC10
1.1Der Aufstieg des schwarzen Goldes14
1.2Charakteristika des Ölmarkts18
1.2.1Regionale Konzentration19
1.2.2Hohe Kapitalintensität der Entwicklung von Ölreserven20
1.2.3Der Schweinezyklus21
1.2.4Ein unsteter Markt22
1.3Wie funktioniert die OPEC?24
1.3.1Die Organisation25
1.3.2Ein Kartell?26
1.4Fliehkräfte in der OPEC27
2 Von Masjed Soleiman nach Bagdad: der Weg zur Gründung der OPEC30
2.1Einleitung30
2.2Die Ära des Ressourcenimperialismus34
2.2.1Persien und die d’Arcy-Konzession34
2.2.2Die Turkish Petroleum Company: Gulbenkian & Co.40
2.2.3Schwarzes Gold in der Wüste: die Eroberung der Arabischen Halbinsel48
2.3Förderquoten und Preise vor der OPEC: das System der Sieben Schwestern57
2.3.1Die internationalen Ölfirmen und die Konsumenten: gegenseitige Abhängigkeiten – überlappende Interessen58
2.3.2Zwischen Wettbewerb und Kooperation: Schein und Sein des Kartells der Sieben Schwestern60
2.4Der Weg nach Bagdad66
2.4.1Entkolonialisierung und Emanzipation: Das Fundament der Sieben Schwestern bröckelt67
2.4.2Gamal Abdel Nasser und der Aufstieg des arabischen Nationalismus74
2.4.3Sowjetisches Öl und amerikanische Importquoten77
2.4.4„Ein exklusiver Klub“79
3 Riese auf tönernen Füßen86
3.1Ladehemmungen: die OPEC in den 1960er-Jahren88
3.1.1Ambitionen versus Realitäten: der Kampf um einen Produktionsplan für die OPEC89
3.1.2Moderate Erfolge: Vereinheitlichung von Steuern und Abgaben92
3.1.3Gestutzte Flügel: das gescheiterte Embargo von 196797
3.2Machtwechsel im Ölmarkt100
3.2.1Von Tripolis nach Teheran – und zurück nach Tripolis102
3.2.2Partizipation oder Verstaatlichung?110
3.2.3Der Ölkrieg119
3.3„Auf dem Flug Wien–Algier, Carlos 22-XII-75“133
3.4Revolution in Iran: der zweite Ölpreisschock143
3.4.1Nach der Krise ist vor der Krise: Nachbeben des Ölpreisschocks von 1973143
3.4.2Die islamische Revolution und der zweite Ölpreisschock147
4 Die OPEC nach den Ölschocks: innere Zerrissenheit, neue Konkurrenten und eine neue Weltölordnung156
4.1Kein 20. Geburtstag: Die OPEC ist mit sich selbst beschäftigt158
4.2Der Erste Golfkrieg160
4.2.1Acht Jahre Krieg und kein Gewinner161
4.2.2Folgen für die OPEC und den Ölmarkt163
4.3Der Kampf um die Vormachtstellung in der OPEC in den 1980er-Jahren166
4.3.1Iran oder Saudi-Arabien?167
4.3.2Preisfalken und ?tauben169
4.4Die OPEC als Opfer ihrer eigenen Politik171
4.4.1Sinkende Nachfrage und neue Produzenten171
4.4.2Die Preisfalken verrechnen sich174
4.4.3Das Londoner Abkommen kommt …178
4.4.4… und Saudi-Arabien geht180
4.5Der Ölpreiskollaps von 1986183
4.5.1Eine neue Rolle für Saudi-Arabien und die OPEC184
4.5.2Die OPEC schreibt doch noch Weltgeschichte – ohne es zu wollen190
5 Globalisierung: neue Konkurrenten, neue Märkte und die Ölwelt im Wandel194
5.1Der Zweite Golfkrieg196
5.1.1CNN ist live dabei197
5.1.2Irak verlässt faktisch die OPEC201
5.2Der Run auf den „Wilden Osten“ und eine neue Welle der Privatisierung203
5.2.1Die Oligarchen übernehmen Russlands Öl204
5.2.2Die Kaspische Region steht offen208
5.2.3Venezuela privatisiert211
5.3Das Schicksalsjahr 1998213
5.3.1Die Asien-Krise und eine gravierende OPEC-Fehlentscheidung214
5.3.2Russland geht bankrott217
5.3.3Ein erfolgreiches Zweckbündnis219
5.4Die neuen Regeln der Ölwelt221
5.4.1Der Finanzmarkt triumphiert222
5.4.2Die Ölbranche reagiert226
5.5Das neue Jahrtausend: eine Welt im Wandel229
5.5.1Der „Krieg gegen den Terror“ und der Dritte Golfkrieg230
5.5.2Neue Konsumenten fordern die alten heraus235
5.5.3Ein wieder erstarkter Trend: „Ressourcennationalismus“238
5.5.4Der dritte Ölpreisschock: ein neues Allzeithoch243
5.5.5Ein neues Energieparadigma247
6 Quo vadis OPEC?254
6.1Welche Lehren kann die OPEC aus ihrer Geschichte ziehen?254
6.2Wie wird sich der Markt entwickeln und welche Konsequenzen hat dies für die OPEC?259
6.3Wie schlagkräftig wird die OPEC in der Zukunft sein?265
6.4Wie verhalten sich die wichtigsten Nicht-OPEC-Produzenten?267
6.5Welche Konsequenzen hat der Klimawandel für die OPEC?269
6.6Vielleicht letztendlich doch: ein Produzenten-Konsumenten-Dialog?273
Dank278
Weiterführende Literatur280
Die Autoren287
Tabellen und Grafiken288
Register298

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